KAPITEL 9
Anna hatte jegliches Gefühl dafür verloren, wie lange sie dort schon standen und sich gegenseitig in die Augen sahen, aber schließlich räusperte Viper sich, und seine dunklen Augen schimmerten, als er ihre unbeabsichtigte Zuneigungsbezeugung beobachtete.
»Dies sind meine Privatgemächer. Ihr werdet hier nicht gestört werden«, versprach er ihnen. »Falls ihr mich braucht, müsst ihr nur die Nummer fünf auf dem Telefon drücken. Das ist eine Direktverbindung mit meinem Büro.«
Cezars Blick blieb unverwandt auf Annas Gesicht gerichtet. »Vielen Dank, amigo
Es war das Geräusch der sich mit einem leisen Klicken schließenden Tür, das Anna endlich aus ihrer merkwürdigen Trance riss. Doch es dauerte noch ein paar Augenblicke, bevor sie ihr Gehirn davon überzeugen konnte, dem Befehl zu gehorchen, sich von diesem hypnotisierenden Blick abzuwenden. Ihr Körper wusste, was er wollte. Er wollte in der Nähe von Cezar bleiben. Sehr, sehr nahe bei Cezar. Nahe, nackt und verschwitzt …
Ihr Verstand war sich allerdings nicht besonders darüber im Klaren, was er wollte. Das hätte wohl ausgereicht, um jede Frau unbekannten Ursprungs und Spezies etwas reizbar werden zu lassen. Sie rieb sich die plötzlich kalten Arme und sah sich in dem eleganten Wohnzimmer um. »Leben alle Vampire dermaßen verschwenderisch?«, fragte sie.
Sie hörte, wie Cezars frustriertes Fauchen die Luft in Bewegung brachte, aber als er antwortete, war seine Stimme so mild und dunkel wie Schokolade.
»Ja, die meisten, obwohl Styx beispielsweise jahrhundertelang feuchtkalte Höhlen im Süden der Stadt bevorzugte. Er befände sich wahrscheinlich noch immer dort, wenn …«
Sie drehte sich wieder zu ihm um, als seine Worte abrupt abbrachen. »Wenn was?«
»Wenn Viper nicht verlangt hätte, dass der Anasso etwas Angemesseneres brauchte«, fuhr er fort.
Anna stemmte die Hände in die Hüften. Dachte Cezar etwa, sie sei so dämlich? »Schon wieder eine Lüge, Cezar? Du kriegst wohl nie genug davon, was?«
Ungeduldig griff Cezar nach dem Lederband in seinem Haar, um es herauszuziehen. Der dunkle Vorhang seiner Mähne floss ihm nun wie ein Fluss aus Ebenholz um das schmale, schöne Gesicht. Oh … verdammt. Sie hatte noch nie etwas Schöneres gesehen.
Cezar, der glücklicherweise nicht bemerkte, dass ihr das Herz fast stehen geblieben war, fuhr sich mit den Fingern durch die seidigen Strähnen. »Anna, es gibt einfach Dinge, die ich dir nicht erzählen kann«, gestand er schließlich mit einem merkwürdigen Unterton in der Stimme.
»Warum? Weil du mich dann töten müsstest?«
»Weil jemand anders das tun würde.«
Sie war erstaunt über seine unverblümten Worte, konnte sie aber nicht recht glauben. »Aber sicher doch.«
Ohne Vorwarnung stand er plötzlich direkt vor ihr und nahm ihr Gesicht in seine Hände. »Dir ist die Dämonenwelt noch neu, sonst würdest du meine Worte keine Sekunde lang in Zweifel ziehen!«
Sie musste sich selbst daran erinnern weiterzuatmen, als seine Daumen ihre Wangen in sanfter Liebkosung streichelten. O ja, das war genau das, was ihr Körper wollte. Brauchte. Seine Berührung. Sonst nichts. »Was soll das heißen?«, brachte sie mühsam hervor.
»Es bedeutet, dass wir nicht menschlich sind, obgleich viele von uns so wirken.Wir leben nicht nach den gleichen moralischen Grundsätzen und Regeln wie Menschen, und wir zögern nicht zu töten, wenn wir das Gefühl haben, dass es nötig ist.«
Sie sah ihn prüfend an, fand aber in seinen fein geschnittenen Gesichtszügen nicht den geringsten Hinweis darauf, dass er diese Tatsache irgendwie bedauerte. »Na, das ist ja wirklich ein Trost.«
»Es tut mir leid, querida. Ich habe nicht die Absicht, dich zu erschrecken, aber du musst verstehen, dass es Gefahren gibt, die über Morgana le Fay hinausgehen.« Seine Hände umschlossen ihr Gesicht fester. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dich zu beschützen, auch wenn das bedeutet, dass ich die Wahrheit geheim halten muss.«
Sie bemühte sich hastig, sich ein Gegenargument einfallen zu lassen. Irgendeinen Grund, darauf zu bestehen, dass er endlich alle Karten auf den Tisch legte, sodass sie sich nicht mehr die ganze Zeit so fühlen musste, als wandere sie mit verbundenen Augen durch ein Minenfeld! Aber wenn er recht hatte … Wenn die Wahrheit sie wirklich umbringen konnte, dann sollte sie vielleicht noch einmal über ihre Einstellung nachdenken. Vielleicht war es dann gar nicht einmal so schlecht, im Dunkeln zu tappen.
Bevor sie zu irgendeiner Schlussfolgerung kommen konnte, war plötzlich ein hartes Klopfen an der Tür zu hören. Cezar drehte sich mit dem leisen Knurren um, das sie allmählich als Verärgerung (oh, und manchmal auch als »Gott-das-fühlt-sich-gut-an«) zu erkennen begann, und überquerte den gefliesten Boden. Er öffnete die Tür gerade weit genug, um hindurchzuschlüpfen, und wechselte ein paar Worte mit jemandem, bevor er wieder den Raum betrat und die Tür schloss. »Deine Tasche«, murmelte er und streckte ihr den Lederkoffer hin, bis sie schließlich einen Schritt auf ihn zuging, um ihn anzunehmen. Als ob er sich selbst nicht traute, sich ihr zu nähern. »Wenn du möchtest - im Badezimmer gibt es einen Whirlpool. Ich werde dir Abendessen bestellen, während du ein Bad nimmst. Was hättest du denn gerne?«
Obwohl Essen das Letzte war, was Anna gerade wollte, wusste sie, dass sie versuchen sollte, etwas zu sich zu nehmen. »Gibt es hier etwas zu essen?«
»Viper verfügt über eine vollständige Küchenbelegschaft, um die Elfen zu versorgen.«
Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Und was ist mit dir? Willst du etwas … essen?«
In den dunklen Augen blitzte ein roher, pulsierender Hunger auf, der Anna mit der Wucht eines Schlages traf. »Ist das ein Angebot?« Seine Fangzähne glitzerten im Licht des Kronleuchters.
Anna wich zurück. Und zwar nicht, weil sie schockiert von seinen Worten war, sondern weil sie es, im Gegenteil, überhaupt nicht war. Sie war nicht einmal zusammengezuckt. Stattdessen prickelte ihr Körper, und sie empfand etwas, das nur … Erregung sein konnte. Und Verlangen. Verlangen, das in ihr tobte wie ein plötzliches flammendes Inferno. Lieber Gott, wie erinnerte sie sich an das Gefühl, als diese Vampirzähne in ihr Fleisch eingedrungen waren! Als er ihr Blut gesaugt hatte und ihr Körper von dermaßen glückseligen Erschütterungen erfasst worden war, dass sie gedacht hatte, sie sei bestimmt gestorben und in den Himmel gekommen …
»Anna?« Urplötzlich stand er so dicht vor ihr, dass sie spüren konnte, wie seine kühle Macht sie streifte. Seine dunklen Augen enthielten eine unwiderstehliche Hitze, als er leicht mit den Fingern über die nackte Haut ihrer Arme strich. »Wirst du mir erlauben, von dir zu trinken?«
»Nein«, sagte sie, eher, um ihren lustvollen Gedanken ein Ende zu bereiten, als um seine Frage zu beantworten.
Sein Kiefer spannte sich an, bevor er eine verschlossene Miene aufsetzte und einen Schritt nach hinten machte. »Dann werde ich mein Blut an anderer Stelle finden müssen.«
Anna reagierte, ohne nachzudenken. In einem Moment hörte sie noch, wie seine Worte seinen Mund verließen, und gleich darauf regten sich ihre Kräfte, sodass Cezar rückwärts gegen die Tür geworfen wurde. »Nichts da!«, zischte sie.
Mit einem Stirnrunzeln strich sich Cezar die Haare aus dem Gesicht und starrte sie zornig an. »Wofür war das denn, zum Teufel?«
Sie deutete in seine Richtung. »Du willst zu diesen Elfen, nicht wahr? Du willst ihr Blut saugen und …«
Erstaunlicherweise entspannte sich sein Gesicht, und ein kleines Lächeln überzog nun seine Lippen. »Und …?«
Anna wandte sich von ihm ab. Sie wusste nicht, was ihr Gesicht offenbarte, aber sie war sich sicher, dass sie nicht wollte, dass Cezar es las. »Ich habe doch gesehen, was in diesen Räumen vor sich geht«, flüsterte sie, und ihre schwer zu bändigenden Kräfte drohten allein bei dem Gedanken daran, wie Cezar sich mit einer schönen Elfe in einen der Glasräume zurückzog, wieder hervorzubrechen. Einer Elfe, die ihm ohne jeden Zweifel mit Freuden eine ganze Menge mehr bieten würde als bloß ihr Blut.
»Welche Rolle würde das schon spielen, querida? Du machtest es doch mehr als deutlich, dass du mich nicht zum Liebhaber willst.« Als sie nicht antwortete, löste er sich von der Tür und durchquerte den Raum, um sie an den Schultern zu packen. Mit einem unerbittlichen Ruck zwang er sie, sich umzudrehen und seinem Blick zu begegnen. »Anna, weshalb bist du so zornig?«
»Ich bin nicht zornig!«
»Soeben schleudertest du mich gegen die Tür! Wenn du imstande warst, deine Kräfte für einen Moment so zusammenzunehmen, dann müssen deine Emotionen … erregt worden sein.«
Erregt? O Gott, sie glühte, als ob ein Fieber in ihrem Körper tobte!
»Könnte es sein, dass du eifersüchtig bist, meine kleine Spitzmaus?«, wollte er wissen.
Ja. Natürlich war sie eifersüchtig. Eingetragen, staatlich geprüft und beglaubigt: über alle Maßen eifersüchtig.
Trotz all des Ärgers, den sie die ganze Zeit für Conde Cezar gehegt hatte, hatte es einen Teil von ihr gegeben, der ihn als zu ihr gehörig angesehen hatte. Er war ihr erster und einziger Liebhaber gewesen. Cezar hatte es geschafft, die ganzen vergangenen beiden Jahrhunderte lang in ihren Gedanken herumzuspuken! Es war kein Wunder, dass sie etwas besitzergreifend war. Oder auch enorm besitzergreifend.
»Ich dachte, wir sollten die Elfen meiden?«
»Ihre Mächte sind in diesem Gebäude begrenzt.« Allmählich begann er zu lächeln und glitt mit seinen Fingern an ihrem Hals nach oben. »Du hast meine Frage nicht beantwortet, querida. Bist du eifersüchtig?«
»Ich …« Sie zögerte und musste sich räuspern. »Ich werde mal nach diesem Whirlpool suchen.«
Die dunklen Augen glühten. »Der Whirlpool kann warten. Ich nicht.«
Sein Kopf stieß herab, und bevor sie seine Absicht erraten konnte, küsste er sie mit der Art von ungeduldigem, mächtigem Hunger, der sie selbst so lange gequält hatte. Das hier war keine sanfte Verführung, kein Flehen, kein vorsichtiges Vorspiel. Nur nacktes Verlangen, das ihre Knie weich und ihren Kopf schwindelig werden ließ. Köstliche Gefühle, die so intensiv waren, dass sie dadurch fast in die Knie gezwungen wurde, durchfluteten sie.
Cezar schlang die Arme um sie und zog sie mit einem Ruck an sich, während er seine Zunge in ihren Mund gleiten ließ und die Fangzähne gegen ihre Lippen presste. Anna gab ein leises Geräusch von sich, das zwischen Keuchen und Stöhnen lag, und hob die Hände, um seine Arme zu umklammern. Irgendeine leise Stimme in ihrem Hinterkopf versuchte noch, sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich daran erinnern sollte, warum das eine schlechte Idee war. Warum sie eigentlich Nein sagen sollte. Die leise Stimme war allerdings nicht die geringste Konkurrenz für die glühende Hitze, die sich in ihrem Körper ausbreitete und in ihrer Magengrube sammelte. Anna schloss die Augen, als seine Lippen über ihr erhitztes Gesicht wanderten und seine Zunge eine feuchte Spur auf ihrer Kieferlinie hinterließ.
»Du schmeckst immer noch nach Feigen, die in Honig getaucht wurden«, wisperte er.
»Nach Feigen?«
»Reife.« Er biss ihr leicht ins Ohr. »Runde.« Er schabte mit seinen Fangzähnen über ihren Hals. »Süße Feigen.«
Sie stöhnte auf, als seine Zunge den Puls berührte, der an ihrer Kehle pochte. »Cezar, wir sollten nicht …«
»Doch, wir sollten!«, unterbrach er sie mit rauer Stimme und drängte sie mühelos nach hinten, bis sie gegen die Wand gepresst war. »Wir sollten es wirklich tun.«
Erinnerungen an das letzte Mal, als sie von diesem Mann gegen die Wand gedrückt worden war, blitzten in ihrem Kopf auf. Das hätte das Fieber abkühlen sollen, das wie ein weiß glühendes Feuer in ihr brannte. Es hätte sie warnen sollen, dass sie im Begriff war, den gleichen Fehler zu begehen, der damals zu einer Katastrophe geführt hatte. Stattdessen konnte sie sich nur an das Gefühl seiner Hände erinnern, die über ihre Haut glitten, und an den dunklen Genuss seines Bisses.
Ihr Kopf schlug gegen die Wand, und ihre Hände rissen ihm das Seidenhemd auf, um die glatte, haarlose Haut darunter zu finden. Es mochte ja zahllose Gründe geben, warum das alles eine sehr schlechte Idee war, aber im Moment gab es nur einen Grund, der zählte: Ihr Körper sehnte sich danach. Sehnte sich danach mit einer ungeheuren Macht, die alles andere in den Schatten stellte.
Seine Hände strichen über ihre Taille und griffen unter ihre Bluse, um auf atemberaubende Art wieder nach oben zu wandern und ihre Brüste zu umfassen. Ihre Haut erzitterte unter seiner leichten Berührung, und als sie ausatmete, war es eine kleine Explosion, da seine Daumen über ihre festen Brustwarzen streichelten.
»Sag mir, dass dir das gefällt, Anna«, stöhnte er und zog ihr ungeduldig die Bluse über den Kopf, bevor er ihr den Spitzenbüstenhalter herunterriss. »Sag mir, dass es sich gut anfühlt!«
Sie grub ihre Fingernägel in seine Schultern. »Ja«, stöhnte sie. »Es fühlt sich gut an.«
Er murmelte leise etwas vor sich hin und beugte den Kopf nach unten, sodass er einen Nippel zwischen seinen Zähnen gefangen nehmen und ihn gnadenlos mit seiner Zunge reizen konnte. Anna keuchte auf. Du lieber Gott. Ganz egal, wie lebendig ihre Erinnerungen und Träume auch sein mochten, nichts war mit dem wirklichen Gefühl zu vergleichen!
Während er seinen Angriff auf ihre Brüste fortführte, ließ Cezar seine Hände weiter nach unten wandern. Schnell öffnete er den Reißverschluss ihrer Jeans und zog sie nach unten, sodass Anna sie, zusammen mit ihren Sandalen, abstreifen konnte, damit sie ihr nicht mehr im Weg waren. Ihr Slip folgte auf dem Fuß. Seine Finger hinterließen einen Pfad aus Feuer, als sie die Haut an der Innenseite ihrer Schenkel erkundeten. Cezar liebkoste ihre Brustwarze ein letztes Mal, dann hob er den Kopf und vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. »Wenn du nein sagen willst, querida, dann solltest du das bald tun«, sagte er mit rauer Stimme, und sein Körper erzitterte, als seine Fangzähne die Arterie an ihrem Hals streiften. »Mein Hunger nach dir ist zu groß, um damit zu spielen.«
Nein? Es gab nicht den Hauch einer Chance, dass sie jetzt Nein sagen würde. Sie konnte schon die Anspannung fühlen, die sich tief in ihrem Inneren aufbaute. Konnte fast die ersehnte Erlösung schmecken, die fast in greifbarer Nähe auf sie wartete. »Nicht aufhören«, keuchte sie und hantierte ungeschickt mit der Hand an dem Reißverschluss seiner Jeans herum. »Wage es ja nicht aufzuhören!«
Er knurrte und trat einen Schritt zurück, um seine Kleider ablegen zu können.
Seine Bewegungen waren so schnell, dass Anna dem Striptease kaum mit den Augen folgen konnte. Zu schade, denn sie hätte Stunden damit verbringen können, den Anblick dieser bronzefarbenen Haut und dieses Muskelspiels zu genießen.Verdammt, sie erhaschte ja kaum einen Blick auf seine große, perfekte Erektion, bevor er sich erneut gegen sie presste!
Das war aber gar nicht so schlecht, wie sie bald herausfand. Sehen war gut und schön, aber es gab schließlich auch noch andere Sinne. Sinne, die das Gefühl seines harten Schaftes genossen, der ihren Unterleib berührte, die den würzigen Duft genossen, der von ihrer Nase aufgenommen wurde, und die den Geschmack seiner Lippen genossen, die ihre in einem groben, fordernden Kuss gefangen nahmen. Sie schlang die Arme um seine Taille und streichelte über die weiche Haut seines Rückens.
Cezar erschauderte, und sein Knurren grollte durch die Luft. »Du hast mich so lange gequält«, flüsterte er und streichelte erneut mit den Fingern über die Innenseite ihrer Schenkel, bis er schließlich die feuchte Spalte zwischen ihren Beinen erreichte. »Nacht um Nacht hungerte ich nach dir, sehnte mich danach, dich in meinen Armen zu halten … von deinem Blut zu kosten.«
Annas Kopf sank nach hinten, und sie drängte ihn stumm, sich das zu nehmen, was er sich wünschte.
Sein Finger tauchte in ihren Körper ein, und sein Daumen fand die Quelle ihrer tiefsten Lust. Langsam drang der Finger mit einer Streichelbewegung immer tiefer und tiefer ein. Anna wölbte sich ihm entgegen, als der heraufziehende Sturm auszubrechen drohte, und holte keuchend Luft. Sie brauchte mehr! Sie musste ihn in sich spüren, wenn die Explosion ausbrach. »Cezar, bitte«, stöhnte sie leise und umfasste seine Hüften mit den Händen.
»Was, querida? Was willst du von mir?«
Sie war nicht mehr in der Lage, einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen, geschweige denn, diesen auch noch über die Lippen zu bringen, also griff sie nach seinem Schopf und drückte sein Gesicht gegen ihren Hals. »Bitte …«
Er erbebte. Sein Hunger war so intensiv, dass sie spüren konnte, wie seine Wogen ihre Haut versengten. »Dios, ich will dich kosten«, sagte er, und seine Stimme klang eigenartig angestrengt.
»Dann tu es!«, befahl sie und schlang das Bein um seines, um sich in einer unverhohlenen Geste seiner Penetration zu öffnen.
Cezar fauchte. Ein Teil von ihm wusste, dass er für diese herrliche Stunde büßen würde. Anna mochte im Augenblick von ihrer Lust überwältigt sein, aber sobald ihr Verstand zurückkehrte, würde sie sich an all die Gründe erinnern, weshalb sie Abstand von ihm gehalten hatte, und dann würde sie hundert Mittel finden, ihn zu bestrafen. Wahrscheinlich sogar mehr als hundert. Und natürlich konnte es immer noch sein, dass die Orakel sich dafür entscheiden würden, ihn für dieses Anklopfen an die Tür des Paradieses zu foltern. Das war ja schon einmal geschehen.
Glücklicherweise konnte es dieser kleine rationale Teil von ihm nicht mit der Lust aufnehmen, die in ihm tobte. Er war sein ganzes Leben lang ein Krieger gewesen. Ein Jäger, der sich das nahm, was sich ihm bot, ohne lange über die Konsequenzen nachzudenken (zumindest, bis die Orakel ihn dafür bestraft hatten). Und das, was er wollte, war Anna Randal. Jetzt.
Während er seine schwachen Gewissensbisse gewaltsam verdrängte, öffnete Cezar den Mund und grub mit einer einzigen ruhigen Bewegung seine Fangzähne tief in ihren Hals.
Anna zuckte zusammen und stöhnte dann, wobei sie ihre Nägel tief in sein Fleisch bohrte. Der kurze Schmerzensschrei intensivierte den Genuss noch, als der süße, mächtige Geschmack ihres Blutes seine Kehle hinunterglitt. Cezar schwelgte förmlich darin. Er saugte immer weiter, und seine Hände glitten an den Rückseiten von Annas Beinen entlang nach unten, um sie zu spreizen. Dann hob er sie mit einer kraftvollen Bewegung hoch. Anna, die schnell verstand, was er wollte, schlang die Beine bereitwillig um seine Körpermitte.
Cezar wich ein Stück zurück, um ihrem Blick zu begegnen, als er sie langsam und gleichmäßig auf seine Erektion schob. Ein Schrei entrang sich beiden, als er schließlich so tief in sie eingedrungen war, wie er nur konnte. Ihr feuchtes Fleisch pulsierte in der intimsten vorstellbaren Liebkosung um ihn. Einen Augenblick lang hielt Cezar vollkommen still und nahm einfach nur das unglaubliche Gefühl in sich auf, eins mit dieser Frau zu sein.
Er war Manns genug, um den Geschlechtsverkehr im Laufe der Jahre vermisst zu haben. Und die Impotenz verwünscht zu haben, die die Orakel ihm auferlegt hatten. Aber in diesem Augenblick wusste er, dass jeder Geschlechtsakt, dem er sich mit anderen Frauen hätte hingeben können, selbst mit der geschicktesten Geliebten nichts weiter gewesen wäre als eine oberflächliche Nachahmung dessen, was er jetzt erlebte.
Es war das hier, wonach er sich gesehnt hatte. Das Einzige, was sein kaltes Herz wahrhaftig zu berühren vermochte.
Anna schlang ihre Arme um seine Schultern, und Cezars Illusion von Selbstbeherrschung wurde gänzlich zunichtegemacht. Ihre ureigene Essenz durchflutete seinen Körper. Er würde nicht in der Lage sein, dies hier auch nur annähernd lange genug andauern zu lassen. Er presste Anna gegen die Wand und ließ seine Fangzähne wieder in ihren Hals gleiten, um tiefe Schlucke von ihr zu nehmen, während seine Hüften in einem gleichmäßigen Rhythmus pumpten.
»Cezar!«, schrie sie leise, senkte den Kopf und grub die Zähne in seine Schulter.
Das Gefühl ihres Bisses reichte, auch wenn ihre Zähne seine Haut nicht durchdrangen, aus, um einen erschütternden Ruck durch Cezars Körper laufen zu lassen. Dios. Noch niemals hatte sich etwas so gut angefühlt. Er zog seine Fangzähne wieder heraus, um ihr nicht zu viel Blut zu rauben, legte den Kopf in den Nacken und brüllte auf, als er spürte, wie ihre Klimax ihre Muskeln um seine Erektion zusammenzog und ihn seinerseits zum Höhepunkt kommen ließ. Süße Ekstase breitete sich in seinem Körper aus und verlängerte den heftigen Orgasmus. Er murmelte leise Worte vor sich hin, als er seine Stöße langsamer werden ließ. Es waren Worte sanfter Lust und das Versprechen, Anna bis in alle Ewigkeit zu beschützen.
Als er schließlich imstande war, wieder einen klaren Gedanken zu fassen, trug er seine schöne Geliebte ins Badezimmer und setzte sie in den Whirlpool. Seine Finger glitten über ihr Gesicht, das mit einer leichten Schweißschicht bedeckt war. Er wartete darauf, dass sie etwas zu ihm sagte oder zumindest die Augenlider hob, um seinem Blick zu begegnen. Doch als sie sie störrisch gesenkt hielt, lachte er leise und stieg zu ihr in die Wanne.
»Anna, irgendwann wirst du mich ansehen müssen«, meinte er und schlang die Arme um sie, um sie an sich zu ziehen. »Sag mir zumindest, dass alles in Ordnung mit dir ist.«
Sie öffnete die Augen, aber ihr Blick glitt durch das Bad, statt dem seinen zu begegnen. Er konnte ihr jedoch keinen Vorwurf machen: Aufgrund von Vipers üblichem exzessivem Stil war der Raum eine Explosion von Elfenbein und Gold mit einem Deckengemälde voller fliegender Putten.
Schließlich blieb ihr Blick an den Marmorstatuen haften, die in den eigens angefertigten Nischen standen und ineinander verschlungene Paare in verschiedenen Phasen der Intimität darstellten. Es waren erlesene Kunstwerke, die realistisch genug waren, um Anna eine leichte Röte auf die Wangen zu treiben. »Warum sollte nicht alles in Ordnung sein?«, murmelte sie.
Er ließ die Finger durch ihr zerzaustes Haar gleiten und spürte, wie sich ihre Muskeln entspannten, als das heiße Wasser um sie herum zu sprudeln begann. »Möglicherweise fühlst du dich einige Stunden lang geschwächt. Schließlich habe ich dein Blut getrunken. Wenn ich nach deinem Essen rufe, werde ich sie bitten, dir auch etwas Orangensaft zu bringen.«
»Ich fühle mich nicht schwach.«
»Gut.« Er senkte den Kopf und streifte mit seinen Lippen über ihre Schläfe. Der Geschmack von Feigen und warmer, köstlicher Frau erweckte augenblicklich wieder seine Sinne und ließ ihn mit einer solchen Geschwindigkeit hart werden, dass es selbst für ihn schockierend war. Trotzdem war er gerade erst gesättigt durch eine der machtvollsten Essenzen, die ein Vampir zu kosten hoffen durfte. Er würde die nächsten Stunden berauscht sein. »Auch wenn das nicht weiter überraschend ist. In deinem Körper fließt das Blut der Uralten«, sagte er durch das Blubbern des Wassers zu ihr.
Ihr Blick wandte sich ihm zu, und in der unergründlichen Tiefe war ein Anflug von Verwirrung zu erkennen. »Was soll das heißen?«
Er strich mit der Rückseite seiner Hand über ihre Wange. »Dein Blut ist mächtiger als das eines durchschnittlichen Menschen. Du bist in der Lage, weitaus mehr davon zu verlieren, ohne dass es dir schadet, und was vielleicht noch bedeutender ist, ich benötige davon nur einen kleinen Teil, um meine Bedürfnisse zu befriedigen.«
»Also bist du … befriedigt?«
Cezar verschluckte sich fast, als er versuchte, sein Gelächter zu unterdrücken. Konnte sie nicht seine gestillte Begierde spüren? Der gesamte Raum war davon erfüllt! Dann wurde ihm bewusst, dass sie wahrscheinlich gerade an ihre alberne Annahme dachte, er würde sich zu den anderen Vampiren im Gebäude gesellen, um seinen Hunger an den wartenden Elfen zu stillen. Zum Teufel, er würde lieber noch einmal zweihundert Jahre warten, als sich mit einer anderen als Anna Randal zu vergnügen! »Auf wunderschöne Weise vollkommen befriedigt«, antwortete er und berührte die winzigen Löcher an ihrem Hals. Ihr Anblick ließ etwas in ihm in besitzergreifendem Beifall knurren. Ganz genau so sollte sie aussehen. Zerzaust, geliebt und mit seinem Mal versehen, sodass es alle sehen konnten. »Obgleich ich ein Vampir bin, bin ich jederzeit bereit zu einer weiteren Runde Befriedigung, wann immer es dir beliebt.«
Die Haselnussaugen verdunkelten sich einen Moment lang, dann senkte sie abrupt den Kopf, um ihr schweres Honighaar wie einen Vorhang zwischen sie fallen zu lassen.
Ein plötzliches Kältegefühl trübte Cezars Gefühl von absolutem Frieden. »Anna?«
»Was?«
»Bedauerst du, was zwischen uns geschehen ist?«
Es folgte die Art von Schweigen, die niemals etwas Gutes bedeuten konnte. »Ich glaube nicht.«
»Das ist wohl kaum ein uneingeschränktes Nein«, sagte er schroff und versuchte seinen aufflackernden Ärger unter Kontrolle zu bekommen. Dios, was sie soeben miteinander geteilt hatten, war unglaublich gewesen! Es war die Art von Ereignis, die das Universum und das Schicksal zu verändern vermochten! Und sie glaubte nicht, dass sie es bedauerte?
Sie versuchte von ihm wegzurutschen. »Was willst du von mir?«
Doch er schloss seine Arme fester um sie und hielt sie entschlossen bei sich. »Etwas Ehrlichkeit wäre schön.«
»Okay!« Sie hob den Kopf und durchbohrte ihn mit einem funkelnden Blick. »Die Wahrheit ist, dass ein Teil von mir denkt, ich sollte das bedauern, was passiert ist, aber der Rest ist einfach glücklich. Zufrieden?«
Langsam erschien ein durchtriebenes Lächeln auf seinem Gesicht. »Allmählich schon.«
Sie stieß einen verärgerten Seufzer aus. »Trotzdem brauchst du nicht so selbstgefällig auszusehen!«
Cezar ließ seine Finger in das sprudelnde Wasser tauchen. Sein Kopf war bereits angefüllt mit Bildern von Anna, die mit gespreizten Beinen auf ihm saß und ihn ritt, bis ihn die Glückseligkeit überwältigte. »Ich sähe noch viel selbstgefälliger aus, wenn du …«
Bevor Cezar seinen lustvollen Vorschlag ganz aussprechen konnte, schlug sein Kopf schon gegen den Rand des Whirlpools. Seine Augen schlossen sich, Finsternis umgab ihn, und dann hallte der Klang einer vertrauten, schnarrenden Stimme durch seine Gedanken.