Siebtes Kapitel

Ich hatte gehofft, dass Mum bei der Arbeit sein würde, als ich am frühen Nachmittag nach Hause kam, aber das war nicht der Fall. Sie hatte ihre Früh- gegen eine Abendschicht im Restaurant eingetauscht und wartete auf mich. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, als ich bemerkte, wie müde und angespannt sie aussah, doch dann begann sie zu schreien und ich schrie zurück.
Doch nicht genug, dass Mum sich hinter der Haustür postiert hatte. Auch Roger war anwesend und wartete im Wohnzimmer auf seinen Einsatz. Mit einer Zangenbewegung nötigten sie mich, auf einem Stuhl Platz zu nehmen, damit sie mir von einer erhöhten Position aus die Leviten lesen konnten wie vor Gericht. Das meiste, das sie sagten (oder in Mums Fall schrieen), hatte ich erwartet.
Du hast zwei ganze Schultage versäumt. Erwartest du etwa von mir, dass ich deinen Lehrern einen Haufen Lügen über eine angebliche Krankheit schreibe?
Verstehst du nicht, wie gefährlich es ist, wenn du einfach weggehst, ohne jemand Bescheid zu sagen? Alles Mögliche hätte passieren können und wir hätten nichts erfahren.
Wenn Mary uns nicht ausgerichtet hätte, dass du bei Granny Carne bist, hätten wir die Polizei verständigt. Was, glaubst du, ist es für ein Gefühl, wenn dir die Nachbarin erzählt, wo deine eigene Tochter steckt?
Ich wusste, dass du bei Granny Carne in Sicherheit bist, aber darum geht es nicht. Du musst mehr Verantwortungsbewusstsein zeigen, Sapphy.
Deine Mutter hat sich fürchterlich aufgeregt, Sapphire, und wenn sich deine Mutter fürchterlich aufregt, geht es auch mir nicht gut.
Sie haben noch viel mehr gesagt, aber darauf war ich vorbereitet. Ich wusste, dass es einen Riesenärger geben würde, wenn ich nach Hause käme, dabei war doch am allerwichtigsten, dass Sadie wieder gesund war.
»Schaut sie doch an«, sagte ich. Sadie, die sich von unserem Krach so weit entfernt wie nur möglich hielt, streckte uns ihren Kopf entgegen. Ihre Augen leuchteten und ihr Fell glänzte. »Sie ist wieder völlig gesund. Granny Carne hat sie geheilt. Ich musste zu ihr gehen. Sie war so krank, dass sie hätte sterben können.«
»Unsinn!«, rief Mum. »Sie war krank, aber so krank nun auch wieder nicht. Du benutzt Sadie nur als Vorwand, um tun und lassen zu können, was du willst.«
Ich dachte über diesen Vorwurf nach. Er war einfach nicht berechtigt. Sadie war kein Vorwand, sondern der Kern des Ganzen. Doch Roger hatte nicht bemerkt, wie krank Sadie war, also unterstützte er Mum. »Wenn Sadie die Reise nach Senara verkraftet hat, dann kann sie nicht so krank gewesen sein, wie du sagst.«
»Das war sie aber. Sie wäre fast gestorben. An der Bushaltestelle ist sie zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufstehen.«
»Übertreib nicht, Sapphire!«
Ich holte tief Luft, um zurückzuschreien, doch Roger hob beschwichtigend seine Hände. »So, jetzt beruhigen wir uns wieder. Sapphire, du musst verstehen, dass sich deine Mutter große Sorgen um dich gemacht hat, und sie hat auch wirklich allen Grund, böse auf dich zu sein.«
»Warum spielst du dich so auf?«, gab ich zurück. »Du hast mir nicht zu sagen, was ich tun soll. Du bist nicht mein Vater!«
Während ich dies aussprach, bemerkte ich, wie Roger leicht zusammenzuckte. Dann sah ich plötzlich Dad vor mir, so wie er sich letzte Nacht gezeigt hat. Wassertropfen glänzen auf seinen Schultern. Seine Haare sind wie Seetang, sein Gesicht sieht gequält aus. Obwohl er mein Vater ist, wirkt er wie ein Fremder. Ich kann ihn nicht einmal umarmen. So ähnlich muss es sein, wenn man seinen Vater im Gefängnis besucht und durch eine Glasscheibe mit ihm sprechen muss, ohne in der Lage zu sein, ihn zu umarmen oder zu küssen.
»Du bist nicht mein Vater«, wiederholte ich leise. »Es ist nicht so, dass ich dich nicht mag, aber …«
Ich erwartete, dass Roger zornig reagieren würde, aber das tat er nicht.
»Das weiß ich. Aber wie dem auch sei, mir ist es alles andere als egal, was mit dir passiert.«
»Nur weil du nicht willst, dass Mum traurig ist.«
»Ja, das ist ein Grund, aber nicht die ganze Wahrheit. Warum fällt es dir so schwer zu glauben, dass die Leute dich um deiner selbst willen mögen, Sapphire?« Ich wusste darauf keine Antwort, aber das machte nichts, weil Roger noch lange nicht fertig war.
»Ich will dir nicht vorschreiben, was du tun sollst. Vielleicht hast du recht und Sadie brauchte wirklich Hilfe, aber du musst dich richtig verhalten. Ich will, dass du selbst Verantwortung für dich übernimmst und dein Leben in den Griff bekommst. Nach Senara zurückzulaufen, löst keine Probleme. Dort wohnen wir nicht mehr. St. Pirans hat so viel zu bieten, aber du willst davon nichts wissen und lässt dich auf nichts ein.«
Ich versuchte, tief durchzuatmen, um mich zu beruhigen, doch seine Worte schmerzten. Meine Brust war wie zugeschnürt. Ich wollte nichts wie weg aus dem Haus, weg aus St. Pirans, den ganzen Wirrwarr von Mer und Menschen hinter mir lassen und einen Ort finden, am dem ich ganz ich selbst und nur eine einzige Person sein konnte. Doch vielleicht gab es diesen Ort gar nicht.
»Versprich mir, dass du so etwas nie wieder machst«, schaltete sich meine Mutter ein.
Alles, was seit gestern Morgen passiert war, schoss mir plötzlich durch den Kopf. Sadie, die sterbenskrank am Straßenrand lag. Granny Carne, die ihr wieder Leben einflößte. Die dunkle Nacht und Dads Stimme, die mich rief. Die unheimliche Stille des mondbeschienenen Wassers, nachdem Dad wieder verschwunden war. Granny Carnes Lebensbuch, dessen Worte ausgeschwärmt waren wie Bienen. Die Spuren von Indigo, die ich auf Gloria Fortunes Gesicht entdeckt habe.
So vieles war geschehen. Nein, genau diese Dinge würde ich bestimmt nicht noch einmal tun, aber vielleicht andere. Also konnte ich es guten Gewissens versprechen: »Ich verspreche dir, dass ich so etwas nie wieder mache«, sagte ich. Vermutlich klang es aber doch ein wenig wie aufgesagt, denn Mum sah mich misstrauisch an.
»Du versprichst es mir wirklich, Sapphy?«
»Aber ja, Mum. Wo ist eigentlich Conor?«
»Der hat bei Mal übernachtet. Sie wollten schon bei Tagesanbruch surfen gehen. Aus irgendeinem Grund fing ihre Schule heute später an.«
Na klar!, dachte ich.
»Ist er gestern nach der Schule nach Hause gekommen?«, fragte ich mit gespielter Beiläufigkeit.
»Nein, er ist sofort zu Mal gegangen«, antwortete Mum arglos.
Doch Roger wusste, worauf ich hinauswollte. »Sapphire!«, sagte er warnend.
Doch ich sprach weiter, als hätte ich ihn nicht gehört: »Conor war also genauso lange weg wie ich und kommt erst heute Abend wieder. Viel später als ich. Und um ihn machst du dir keine Sorgen?«
»Nein!«, antwortete Mum mit Schärfe, »weil ich weiß, wo er ist.«
»Mary Thomas hat dir gesagt, wo ich bin.«
»Das ist nicht dasselbe. Conor ist älter als du. Außerdem kann ich ihm vertrauen.«
»Und mir vertraust du nicht? Ich habe dir gesagt, dass Sadie todkrank war, aber du hast mir nicht geglaubt, weil du mir nicht vertraust. Ich tue diese Dinge doch nicht aus Spaß, sondern weil es einen Grund dafür gibt. Weil ich sie tun muss.«
Beide schauten mich jetzt an. Ich glaube, ich habe sie nicht angeschrieen. Ich wollte nicht in Tränen ausbrechen. Noch vor einem Jahr hätte ich vermutlich beides getan.
Roger beugte sich vor. »Was für Dinge?«, fragte er leise. »Was für Dinge tust du, weil du sie tun musst?«
In diesem Moment hätte ich es ihm vielleicht sagen sollen. Ich weiß es nicht. Seit jenem Tag, an dem Roger unwissentlich nach Indigo getaucht ist und fast von den Wächterrobben getötet wurde, habe ich das Gefühl, dass er etwas weiß. In seinem Unterbewusstsein sind Erinnerungen gespeichert, zu denen er keinen Zugang hat. Nur manchmal steigen sie vielleicht an die Oberfläche.
Aber darüber verlor ich kein Wort. Ich sah ihn genauso ernst an, wie er mich ansah, und antwortete: »Das kann ich dir nicht sagen.«
Dann tat Mum etwas Unerwartetes. Sie kniete sich vor meinen Stuhl und schlang die Arme um mich. Sie drückte so fest zu, dass es wehtat – als würde sie mich nie wieder loslassen wollen. »Werde nicht zu schnell erwachsen, Sapphy«, flüsterte sie mir ins Ohr. Ich traute meinen Ohren nicht. Mum will doch immer, dass wir möglichst schnell selbstständig werden, und das sind wir auch. »Ich will dich nicht jetzt schon verlieren.«
Mich verlieren? Ich hatte das Gefühl, dass Mum plötzlich verstand, wie weit weg von ihr ich manchmal war. Sie wusste nichts von Indigo, spürte jedoch sehr genau, dass es etwas gab, das mich veränderte und von ihr entfernte. Ich dachte, sie wäre glücklich darüber, weil es ihr mehr Freiraum für ihr eigenes Leben mit Roger verschaffte, doch vielleicht irrte ich mich.
Ich drückte sie auch an mich. Fest. Es war ein wunderbares Gefühl, denn dieses eine Mal, da bin ich ganz sicher, dachte sie weder an Roger noch an ihre Arbeit oder Dad, nicht einmal an Conor, sondern ausschließlich an mich.

Jetzt habe ich also Hausarrest. Kein Fernsehen, kein Computer, nicht einmal das Telefon darf ich benutzen.
»Tu was für die Schule«, sagte Mum, bevor sie zur Arbeit ging, »und hol den Stoff nach, den du versäumt hast.«
Ich hole mein Mathebuch heraus, aber die Zahlen wollen nicht so, wie ich will. Ich versuche zu lesen, verliere aber immer wieder den Faden. Um acht Uhr liege ich auf meinem Bett, weil es sonst nichts zu tun gibt. Ich gönne meinen Augen ein wenig Ruhe. Natürlich will ich noch nicht schlafen, dazu ist es viel zu früh. Ich habe mich nur ein bisschen hingelegt und warte darauf, dass Conor nach Hause kommt.

Ich schrecke ruckartig aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Ich bin völlig orientierungslos und habe keine Ahnung, wie lange ich geschlafen habe. Es muss Morgen sein. Doch mein Radiowecker zeigt 21:32 und irgendjemand schlägt unten gegen die Haustür. Es ist Conor. Seine Stimme ist laut und erregt. Irgendwas muss passiert sein.
Ich springe aus dem Bett, reiße die Tür auf und springe die Stufen hinunter. Conor und Mal stehen auf der Schwelle, beide vom Regen völlig durchnässt. Roger hat ihnen schon geöffnet.
»Conor! Was ist los?«
»Bei Polquidden ist ein Delfin gestrandet«, sagt er atemlos. Er muss den ganzen Weg bis hierher gelaufen sein. »Mals Dad war heute Abend fischen und hat ihn am Strand entdeckt. Er muss nach Einbruch der Dunkelheit gestrandet sein.«
»Lebt er noch?«
»Ja, aber es geht ihm nicht gut. Wir haben die Notrufzentrale angerufen und sie wollen ein Rettungsteam schicken. Ist Mum noch bei der Arbeit?«
»Ja«, sagt Roger, der bereits seine Stiefel und wasserdichte Kleidung anzieht. »Ich komm mit, Conor. Ich habe eine Grundausbildung, wie man sich bei lebend gestrandeten Tieren zu verhalten hat.«
Das war ja zu erwarten, denke ich. Gibt es überhaupt irgendwas, was Roger nicht kann? Ich steige barfuß in meine Gummistiefel und ziehe meine Regenjacke über. Ist mir egal, ob ich Hausarrest habe. Ich gehe mit und niemand kann mich daran hindern. Roger schaut zu mir herüber, sagt jedoch nur: »Lass Sadie zu Hause. Sie würde den Delfin nur noch mehr aufregen.«
Wir knallen die Tür zu und denken zu spät daran, dass niemand von uns einen Schlüssel hat. Conor hat seinen bei Mal vergessen. Doch wir haben jetzt keine Zeit, um darüber nachzudenken, weil wir bereits die Straße entlangrennen, um die Ecke spurten und die glitschigen, regennassen Stufen zum Strand hinunterhasten. Es herrscht Ebbe. Im Grunde müssten sich die Gezeiten schon umgekehrt haben, aber das Wasser ist noch weit entfernt. Der Delfin muss also bei ablaufendem Wasser gestrandet sein. Was hat ihn dazu veranlasst, dem Ufer so nahe zu kommen? Vielleicht ist er krank, hat sich beim Zusammenstoß mit einem Fischtrawler verletzt oder aus anderen Gründen die Orientierung verloren.
Wir laufen über den weiten, leeren Strand, platschen durch die Pfützen, die das Meer zurückgelassen hat, rennen über den harten, gerippten Sand hinweg, dem schwachen Licht entgegen, das an den Felsen auf der linken Seite des Strandes hin und her schaukelt. Durch die Regenschleier hindurch ist es nur vage zu erkennen.
»Wo ist Mal geblieben?«
»Er holt mehr Hilfe.«
Wir laufen so schnell wir können. Mal scheint das Licht näher, mal weiter entfernt zu sein. Dann wieder sind wir nur von Regen und Dunkelheit und unserem keuchenden Atem umgeben. Doch plötzlich tauchen schemenhafte Gestalten aus der Finsternis aus. Roger hebt seine Taschenlampe. Dort steht ein Mann, Mals Vater. Neben ihm liegt ein geschwungener, massiger Körper. Er glitzert im Regen, wie ein nasser, schwarzer Felsen, der aus dem Sand ragt. Aber es ist kein Felsen, es ist ein Delfin.
Ich habe mir nie ein Bild davon gemacht, was »gestrandet« wirklich bedeutet, bis ich den Delfin hier im Sand liegen sehe. Unfähig, sich zu bewegen. Unfähig, zu entkommen.
Roger ist uns vorausgeeilt und ruft Mals Vater entgegen: »Wie sieht’s aus, Will?«
»Ein Weibchen, ungefähr eine halbe Tonne. Sieht nicht gut aus!«, ruft er zurück. »Aber sie kämpft.«
Kämpft ums Überleben, meint er. Sie bewegt sich nicht. Sie ist aus ihrem Element herausgerissen, gestrandet auf hartem Sand. Sie liegt auf der Seite.
»Schätze, die Flut wird für sie zu spät kommen.«
»Niedrigwasser war circa um acht, nicht wahr?«
»Ja, und jetzt ist es Viertel vor zehn. Das Wasser müsste sie gegen elf erreichen.«
»Ist sie verletzt?«
»Sie hat Schnittwunden in ihrer Flanke und blutet. Die sind nicht allzu schlimm. Aber der Druck macht ihr zu schaffen.«
»Welcher Druck?«, fragt Conor.
»Sobald sie nicht mehr im Wasser ist«, erklärt Roger, »zerquetscht ihr Eigengewicht die inneren Organe.«
Mals Vater flucht leise vor sich hin. »Wie viele Tiere sind in Cornwall dieses Jahr schon gestrandet? Circa 800?«
»Doppelt so viele wie üblich.«
»Daran sind diese verdammten Trawler mit ihren Schleppnetzen schuld.«
Während sie reden, gehen sie langsam um den Delfin herum und versuchen, sich ein Bild von seiner Verfassung zu machen.
»Wird wohl eine Weile dauern, bis das Rettungsteam hier auftaucht«, sagt Will. »Bei Gwithian ist ein lebender Großer Tümmler gestrandet. Mit dem haben sie noch gut zu tun. Große Tümmler sind ja selten genug, ganz zu schweigen davon, dass einer mal strandet.«
Dieser Delfin ist also ausschließlich auf unsere Hilfe angewiesen. Doch das Wasser steigt wieder, vielleicht besteht noch Hoffnung. »Wird das Wasser sie nicht einfach wieder hinaustragen, nachdem die Flut gekommen ist?«, frage ich.
»So einfach ist das nicht. Sobald sie aus dem Wasser ist, werden die inneren Organe durch ihr Gewicht zerdrückt, da hat Roger schon recht. Wir wissen nicht, welchen Schaden das anrichten wird. Wir brauchen Pontons, um ihr zu helfen, und einen Tierarzt.«
Am Strand kommen weitere Lichter auf uns zu. »Ich hoffe, Mal hat nicht zu viele Leute alarmiert«, sagt Will. »Das Letzte, was wir hier gebrauchen können, ist ein Volksauflauf. Der Delfin würde die Aufregung nicht verkraften.«
Doch Mal hat nur ein paar ältere Jungs mitgebracht, die ich aus dem Surf-Shop kenne. Das Gesicht einer weiteren Person, ein wenig kleiner als die anderen, verbirgt sich unter einer Kapuze.
»Sapphire?«
»Rainbow!«
Sie schlägt ihre Kapuze zurück. Ihre kurzen blonden Haare leuchten im Schein ihrer Sturmlaterne. Ihr Lächeln ist warmherzig.
»Was machst du hier?«, frage ich. »Entschuldige, ich meine natürlich nicht, dass du hier nicht sein solltest …«
»Patrick hat mir von dem Delfin erzählt. Da drüben, das ist Patrick, mein Stiefbruder.«
Sie haben noch weitere Taschenlampen, mehrere Eimer und ein Bündel dabei, das wie ein zusammengefaltetes Segeltuch aussieht.
»Gott sei Dank ist die See heute ruhig«, sagt Will. »Bei schwerer Brandung hätte sie jetzt keine Chance mehr.«
Keine Chance. Keine Chance. Aber der Delfin darf nicht aufgeben. Ich knie mich neben ihren Kopf in den feuchten Sand. Rainbow kauert sich neben mich.
»Fasst sie nicht an!«, kommandiert Roger.
Ich will sie vor den vielen Lichtern schützen. Die machen ihr sicherlich Angst. Sie hat nie eine Welt ohne die salzige See gekannt, die sie umgab und ihren schweren Körper trug.
»Halte durch«, flüstere ich ihr zu. »Wir versuchen, dir zu helfen. Bitte halt durch.«
Sie sagt nichts, sieht mir jedoch in die Augen. Sie ist sehr erschöpft und hat sich weit in sich selbst zurückgezogen, um zu überleben. Sie will ihr Leben nicht auf dieser kalten, harten Erde beenden.
»Was können wir tun?«, flüstert Rainbow. »Sie siehst aus, als ob sie bald sterben würde.«
»Sag das nicht. Sie kann dich hören.«
»Ich hole ein bisschen Wasser und gieße es über sie. Die Haut eines Delfins muss man doch feucht halten, oder?«
Es regnet immer noch stark, doch Meerwasser ist für einen Delfin vermutlich besser als Regenwasser. Vielleicht beruhigt sie das. »Ja, gute Idee.«
Rainbow steht auf, schnappt sich einen der Eimer und läuft zum Wasser hinunter. Sie hat recht: Es ist ein gutes Gefühl, praktische Hilfe leisten zu können. Aber ich kann das Delfinweibchen jetzt nicht allein lassen. Sie fühlt sich so einsam. Sie weiß nicht, was sie von der Luft, dem Geruch von Land und unseren hektischen Aktivitäten halten soll. Alles tut ihr weh.
Hinter mir höre ich gedämpfte, aufgebrachte Stimmen. Mals Vater streitet sich mit den Jungs. »Ihr könnt einen lebenden Delfin nicht auf eine Plane hieven. Das tut man nur mit toten Tieren. Damit würdet ihr ihre Qualen nur vergrößern. «
»Wenn wir nichts tun, stirbt sie sowieso«, argumentiert Mal. »Sollen wir es nicht jedenfalls versuchen?«
»Versuchen, das Tier zu misshandeln? Das würde sie umbringen. Sie leidet schon genug.«
»Ich versuche ja nur zu helfen.«
»Das ist aber keine Hilfe, mein Junge.«
»Wir sollten noch mal den Rettungsdienst anrufen und fragen, wie wir uns am besten verhalten sollen, wenn sie schon selbst nicht kommen können«, schlägt Conor vor.
Der Delfin ist so groß und hilflos. Ein neuerlicher Gewitterschauer geht auf uns nieder und das Brüllen der Brandung ist plötzlich sehr laut geworden. Doch die schäumenden Wellen sind noch zu weit entfernt, um ihr zu helfen. Keine weiteren Lichter bewegen sich auf den Strand zu. Keine Hilfe in Sicht. Rainbow kommt mit ihrem Eimer zurück und gießt das Meerwasser vorsichtig über den Rücken des Delfins, ohne dass etwas davon in das Blasloch gelangt. Dann läuft sie mit dem leeren Eimer zum Meer zurück. Gefällt dem Delfinweibchen das Salzwasser? Ja, ich glaube, es beruhigt sie. Aber es quält sie auch. Es riecht heimisch und fühlt sich auch so an. Ihre Heimat ist in Sichtweite, könnte jedoch genauso gut 100 Meilen entfernt sein. Sie ist zu keiner Bewegung in der Lage. Ich bin so bedrückt, dass ich schreien könnte. Die Flut steigt, doch nicht schnell genug, um sie zu retten.
Es wird nicht mehr lange dauern, bis das Wasser hier so tief ist, dass es mich nicht mehr auf den Beinen hält. Vermutlich in weniger als einer Stunde. Dann wird das Wasser sie forttragen. Doch vielleicht ist sie dann schon tot.
Sie ist so allein. In ihrem Innern ruft sie nach den anderen Delfinen ihrer Herde. Doch die sind irgendwo im dunklen Wasser und können sie nicht hören. Auch sie rufen verzweifelt nach ihr und versuchen herauszufinden, wo sie ist, aber die Luft verschluckt ihre Stimmen. Sie fürchtet sich davor, allein zu sterben, außerhalb des Wassers, unter Fremden.
»Du bist nicht allein«, flüstere ich ihr zu. »Ich bleibe bei dir, was auch geschieht.«
Ich beuge mich näher zu ihr. Sie will, dass ich sie berühre. Sie erträgt die Berührung mit dem rauen Sand nicht, in dem sie immer tiefer versinkt. Roger sagt, dass ihr Körpergewicht die inneren Organe zerquetschen kann. Also ihr Herz, ihre Leber, ihre Lungen, all ihre lebenswichtigen Bestandteile. Der Gedanke daran, wie ihr Herz langsam zerdrückt wird, lässt mich schaudern.
»Es tut mir so leid, so schrecklich leid.«
Rainbow ist zurück. Sie schüttet das Meerwasser über den Rücken des Delfins und kniet sich dann neben mich. Die Anspannung und Angst des Delfinweibchens schwellen an wie die Flut. Sie kennt Rainbow nicht. Rainbow gehört zur Erde und ist eine Bedrohung.
»Du, Rainbow …«, beginne ich verlegen, weil ich nicht sicher bin, ob sie mich verstehen oder tief gekränkt sein wird. »Der Delfin … ich glaube, es ist ihr zu viel, wenn wir beide hier sind. Sie versteht nicht, dass du versuchst, ihr zu helfen.«
»Ich will das alles auch gar nicht«, entgegnet Rainbow, indem sie aufsteht. Ihre Stimme ist voller Schmerz. »Es ist schrecklich, sie so leiden zu sehen, und wir können nichts für sie tun. Ich wünschte … ich wünschte, es wäre alles vorbei. «
»Sag das nicht! Hol noch mehr Wasser.«
Roger und Will sind auch am Wasser und füllen Eimer. Rainbow wischt sich die Hände an ihrer Jeans ab und greift erneut nach ihrem Eimer. Dann, als könnte sie meine Gedanken lesen: »Sag ihr, es tut mir leid.«
Mal und die anderen Jungen heben einen Graben im Sand aus, damit die steigende Flut den Delfin so schnell wie nur möglich erreicht. Soll ich ihnen helfen? Ich überlege es mir in aller Eile und fasse meinen Entschluss. Das Delfinweibchen kann den Graben gut gebrauchen, aber der Schock und die Angst sind momentan ihre größte Bedrohung. Ich bin sicher – fast sicher –, dass ich ihr helfen kann.
»Was tust du da?«, spricht Conor leise in mein Ohr.
»Sie hat so große Angst, Con. »Sie stirbt daran, noch ehe die Flut sie erreicht.«
»Roger sagt, du sollst sie nicht anfassen.«
Doch in Anbetracht ihrer verzweifelten Not macht sich mein Mer-Blut immer stärker bemerkbar. Indigo entfaltet heute seine ganze Kraft in mir. Ich weiß es. Die Berührung meiner Hand ist jetzt die Berührung einer Mer, salzig und beruhigend. Ich bin sicher, dass ihre Qualen unter meiner Hand ein wenig erträglicher werden. Aber das wird nicht ausreichen, um sie zu retten. Wenn doch nur das Meerwasser bald da wäre. Wenn Indigo seiner Tochter doch nur zu Hilfe käme. Ich spähe durch die Dunkelheit, der hellen Linie des Schaums entgegen, die das Vorwärtsdrängen der Flut kennzeichnet. Von ganzem Herzen wünsche ich Indigo herbei. Von ganzem Herzen wünsche ich Indigo herbei.
Ich schlinge meine Arme um das Delfinweibchen. Fühle die langsamen, tiefen Schläge ihres Herzens. Ihr Blick im Schein der Laterne ist schmerzerfüllt. Sie darf nicht sterben. Ich kann meine Tränen nicht länger zurückhalten.
»Halte aus! Halte aus, hwoer kerenza. Da draußen warten sie alle auf dich. Sobald das Wasser tief genug ist, werden sie kommen, um dir zu helfen. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben.«
»Saph!«
Ich blicke auf.
»Saph!«, flüstert Conor eindringlich. »Du sprichst Mer! Das darf keiner hören!«
»Was?«
»Conor, kannst du uns helfen?«, ruft Mal vom Graben aus. Vom Wasser nähern sich zwei Lichter. Rogers und Wills Taschenlampen. Sie schleppen zwei schwere Eimer, und hinter ihnen …
»Conor, sieh nur! Die Flut kommt!«
Mal und die anderen knien im Sand, als die erste Zunge mit weißem Schaum sie berührt. Rainbow läuft mit schaukelndem Eimer den Strand hinauf. Eine Welle überspült Conors Stiefel. Roger und Will waten eilig durchs knietiefe Wasser. Die Welle zieht sich zurück, doch die nächste folgt sogleich.
»Wir brauchen den Graben nicht mehr!«, ruft Conor und schwenkt die Laterne. »Die Flut ist schon da!«
»Habe noch nie erlebt, dass das Wasser so schnell kommt«, keucht Will. »Fast hätte es uns erwischt, was, Roger?«
»Wir müssen dafür sorgen, dass ihr Blasloch frei bleibt«, sagt Roger. »In ihrem Zustand kann sie ertrinken, bevor sie freikommt. Sapphire, Rainbow, ihr solltet jetzt lieber zurückgehen. Die Flut kommt sehr schnell.«
Ich schweige. Roger ist offenbar der Meinung, dass die Jungs noch bleiben können, weil sie größer und stärker sind als wir. Doch ich werde nirgends hingehen. Das Delfinweibchen braucht mich hier. Ein erneuter Schwall Meerwasser umspült ihren eingesunkenen Körper. Das Wasser schäumt und sprudelt, bevor es wieder abläuft. Roger hat recht, wir müssen sie unterstützen, bis das Meer so weit gestiegen ist, dass es sie mit sich fortträgt. Es geht nur um wenige lebenswichtige Minuten. Wenn sie diese Minuten übersteht, ist sie vielleicht endgültig gerettet.
Rainbow betrachtet das anschwellende Wasser. Plötzlich sehe ich, dass sie Angst hat. Die Geschwindigkeit der Flut bereitet ihr ebenso viel Angst wie der raue, harte Sand dem Delfin. Offensichtlich ist Rainbow wie Mum, ganz und gar der Erde verbunden, ohne einen einzigen Tropfen Mer-Blut. Die Situation ist bedrohlich für sie.
»Mach, dass du wegkommst, Rainbow!«, schreit Patrick. »Sofort! Sonst wird dir das Wasser die Beine wegreißen!« Nach einem letzten ängstlichen Blick dreht sie sich um und watet schwerfällig durch das Wasser in Richtung Ufer.
»Wir haben keine Zeit, uns nach den Vorschriften zu richten«, sagt Roger. »Wie müssen sie festhalten. Kommt her, Jungs, und passt auf ihre Schwanzflosse auf. Alle auf diese Seite, und haltet sie gut fest, damit das Meer sie nicht umwälzt.
Zu sechst stützen sie die Flanke des Delfins, die dem Land zugewandt ist, bevor sein Körper ganz vom Wasser umspült wird. Dies ist der gefährlichste Moment, weil das Wasser tief genug ist, um sie zu ertränken, doch noch nicht tief genug, um sie endgültig zu befreien. Ich halte mich so nahe es geht neben ihrem Kopf auf. Hier nutze ich ihr mehr, als wenn ich sie ebenfalls stütze. Ich stehe mit den Stiefeln im Wasser und muss gewaltig aufpassen, dass ich in der Brandung nicht die Balance verliere, auch wenn die See heute Abend relativ ruhig ist. Mals Vater hat recht gehabt. Was hätten wir bei stürmischem Wetter schon ausrichten können?
»Alles wird gut«, sage ich zu ihr. »Das Meer kommt dir zu Hilfe. In wenigen Minuten wirst du frei sein. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich weiß, wie schwer das ist, aber versuch, ganz ruhig zu bleiben und nicht mit der Schwanzflosse zu schlagen, damit du dich nicht noch mehr verletzt. Wir versuchen, dich zu befreien.«
Ich glaube, sie weiß es. Trotz ihrer Verzweiflung und Erschöpfung bleibt sie ganz ruhig und erlaubt den anderen, sie zu stützen, damit das auflaufende Wasser nicht ihr Blasloch überschwemmt, solange sie noch gefangen ist. Doch es ist ein harter Kampf. Sie ist groß und schwer und ihre Haut, die durch das Meerwasser zum Leben erweckt wurde, sehr glitschig. Wir stehen bis zu den Knien, teils bis zur Hüfte im Wasser. Wird sie durchhalten? Wird sie die Kraft aufbringen? Die Laterne ist erloschen. Mals Vater hat die Taschenlampe zwischen den Zähnen. Schatten tanzen über das Wasser.
»Vorsicht! Sie beginnt, sich zu bewegen!«
»Zurück! Geht zurück, Jungs!«
Die See löst meine Füße vom Boden. Ich befinde mich von Angesicht zu Angesicht mit dem Delfinweibchen. Angst und Schmerz, die sie bis jetzt gelähmt haben, lassen allmählich nach. Indigo erfüllt sie mit neuer Kraft. Noch eine Welle … und eine zweite …
Ihr Körper dreht sich zitternd herum, wie ein gestrandetes Boot, das langsam Wasser unter den Kiel bekommt.
»Bleib ruhig. Lass das Meer die Arbeit erledigen. Es wird dich mit sich forttragen.«
»Sapphire! Wo ist das Mädchen?«
»Sapphire!«
Ich strampele im Wasser, meine Haare kleben über meinem Gesicht und nehmen mir die Sicht. Mein Mund ist voller Salz. Eine Woge hebt sie empor. Ist sie frei? Nein, sie fällt zurück. Die nächste Woge hebt uns beide empor, und dieses Mal spüre ich, wie ihr gesamter Körper plötzlich in ihrem vertrauten Element ist.
»Schwimm jetzt«, sage ich. »Schwimm.«
Mühelos dreht sie sich in die Flut, dem offenen Meer entgegen. Dann hält sie kurz inne, als würde sie lauschen. Ich lausche ebenfalls. Das Wasser steigt weiter und schließt sich über meinem Kopf. Für wenige Sekunden tauche ich in Indigo ein und höre dieselben Geräusche wie sie. Ein Gewirr von Delfinstimmen, die ihre Schwester geflissentlich aus der Bucht lotsen und zu ihnen zurückführen. Es hat nichts mit menschlicher Sprache gemein, sondern klingt wie Musik, deren Bedeutung sich Schicht um Schicht erschließt und dem verletzten Delfin von Rettung, Heilung, Geborgenheit und Freiheit kündet.
Langsam und zögernd findet ihr geschundener Körper zu sich selbst und beginnt, sich zu bewegen. Als sie mich streift, werde ich kurz von dem verzweifelten Wunsch gepackt, auf ihren Rücken zu klettern, so wie ich letzten Sommer auf den Rücken eines Delfins kletterte und auf ihm durch Indigo ritt. Doch sie gleitet bereits ins Dunkel. Zunächst gemächlich, dann immer schneller, als glaube sie erst jetzt an ihre eigene Freiheit. Ihre Schwanzflosse schlägt, Wasser schäumt auf, dann ist sie verschwunden.
Ich kann nicht glauben, dass sie fort ist. Ich strecke meine Arme, um sie ein letztes Mal zu berühren, doch sie greifen ins Leere. Sie ist verschwunden und ich steige an die Oberfläche.
»SAPH!« Die Stimme meines Bruders. Doch wo ist er? Ich dachte, wir wären alle um den Delfin versammelt gewesen, aber die dunkle See ist vollkommen leer. Wo bin ich? Ich strampele mit den Beinen und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Alles ist dunkel. Ich sehe weder Lichter noch irgendwelche Landmarken. Wo sind die anderen geblieben? Ich werde von reiner Panik ergriffen.
»SAAAAPPHH!«
Die Stimme kommt von hinten. Ich drehe mich um und sehe in circa einhundert Metern Entfernung eine Taschenlampe aufblitzen. Dahinter, oberhalb des Strandes, erkennt man die Lichter von St. Pirans. Ich habe mich nicht verirrt, sondern nur in die falsche Richtung geschaut, aufs Meer hinaus. Ich drehe mich um und schwimme dem Strand entgegen, doch rufe ich nicht zurück, damit Conor nicht auf die Idee kommt, ins Wasser zu springen, um mich zu retten.
Ich bin nicht in Gefahr. Das Wasser im November muss kalt sein, doch fühlt es sich nicht kälter an, als wenn ich mit Faro in Indigo unterwegs bin. Kann es sein, dass ich immer noch in Indigo bin, unter Indigos Schutz stehe, obwohl ich längst die Luft einatme? Dieses Gefühl umschließt mich vollkommen, gibt mir Freiheit und Geborgenheit. Ich könnte die ganze Nacht hindurch schwimmen. Im Grunde will ich auch gar nicht an Land, sondern im tiefen Wasser bleiben. Doch Conor würde denken, dass mich eine Strömung mit sich fortgerissen hat. Ich muss ihm sagen, dass es mir gut geht. Ich schwimme schneller, dem Licht der Taschenlampe entgegen.
Sobald ich an Land stapfe, schlägt mir die Kälte entgegen. Ich beginne so gewaltig zu zittern, dass ich kaum in der Lage bin, den anderen etwas zuzurufen. Sie haben mich ohnehin gesehen und laufen mir entgegen.
»Saph! Alles in Ordnung?«
»Sie … sie ist fort. Sie ist frei, zzzurück in In…«
»Los, Saph. Die Flut kommt rasend schnell. Pat, nimm ihren anderen Arm. Sie ist total durchnässt.«
Nach dem Kampf um den Delfin ist jeder von uns durchnässt. Frierend und zitternd wanken wir über den Strand. Das Segeltuch und die Laterne sind fortgespült worden. Die letzte verbliebene Taschenlampe spendet ein müdes, gelbes Licht. Schließlich erreichen wir die Stufen.
In diesem Moment fällt Roger ein, dass wir keinen Hausschlüssel dabeihaben. »So, wie wir aussehen, können wir uns unmöglich bei Jennie im Restaurant blicken lassen«, sagt er. »Sie würde sich zu Tode erschrecken.«
Ich friere zu sehr, um darüber nachzudenken, was wir jetzt tun sollten. Bibbernd stehe ich auf den Stufen.
»Komm, Saph, du darfst nicht länger hier stehen bleiben«, sagt Conor und packt meinen Arm. »Wir gehen zu Patrick, der wohnt ganz in der Nähe.«
»Ich kkkann mich nnnicht bbbbew w wwegen.«
»Es wird schon gehen. In zwei Minuten sind wir da.«
Patricks Familie wohnt unmittelbar am Strand, in einem der alten Fischerhäuser, die sich in einer Reihe am Wasser entlangziehen. Die Fenster sind erleuchtet. Die Haustür fliegt auf, noch ehe wir da sind. Rainbow steht auf der Schwelle, ängstlich und blass.
»Seid ihr okay?«
»Ja, alles in Ordnung«, antwortet Roger, »doch wir haben kein Dach über dem Kopf. Können wir alle reinkommen?«
»Natürlich«, sagt Rainbow und stößt die Tür weit auf.