FÜNFZEHN

~ Eine erschreckend lange Kutschfahrt und eine Entschuldigung vorab ~

„Hören Sie doch auf zu schreien“, sagte Dimitri, es schepperte ihm geradezu in den Ohren, er stand schon auf den Füßen. Nicht einmal geschwankt hatte er, als er auf dem Boden gelandet war. Er ließ die Frau zu Boden gleiten, die sich da in seinem Arm wand, denn jetzt, da sie beide sicheren Boden unter den Füßen hatten, wollte sie sich wohl um jeden Preis frei kämpfen.

„Sie sind verrückt“, keuchte sie. „Verrückt!“

Es blieb ihnen keine Zeit zu reden. Lerina und ihr Gemachter würden gleich hinter ihnen her sein – entweder durch das Fenster oder die Treppen hinunter durch die Haustüre. Und obwohl Dimitri soeben meisterlich ihre Flucht arrangiert hatte, war er immer noch nicht ganz Herr seiner Gliedmaßen, und seine Muskeln gehorchten ihm nur zögerlich. Aber der Rausch von Energie durch das frische, echte Menschenblut hatte seine Besserung in einer Art und Weise beschleunigt, die er nicht für möglich gehalten hätte. 

Aber jetzt würde er ganz sicher nicht über die Konsequenzen nachdenken, die sich daraus ergaben. 

Jetzt sicher nicht. Viel, viel später.

Vielleicht auch nie.

Ohne auf die Verrenkungen von Maia zu achten, drängte sich Dimitri mit ihr in die Schatten hinter den Lagerhallen und suchte einen Weg zwischen den sehr nah aneinander stehenden Schuppen. Wie er vermutet hatte, befanden sie sich in der Nähe des Hafens, und selbst zu dieser fortgeschrittenen nächtlichen Stunde löschten Seeleute Frachtladungen oder luden andere auf die Schiffe vor Anker, wobei Schnaps, Glückspiel und die Huren auch nicht zu kurz kamen. Hier konnte man sehr leicht untertauchen. 

Wenn nur jemand hier endlich ihren Mund halten würde. 

„Psst, verdammt noch Mal“, befahl er ihr. „Man kann Sie hören.“ Das Letzte, was er wollte, war irgendjemandem hier im Hafen aufzufallen und sich dann auch noch damit herumzuschlagen.

Er konnte erst wieder tief Luft holen, nachdem er eine Droschke aufgetrieben hatte, und sie im Inneren derselben verschwunden war. Und dann kam wieder alles zum Stillstand.

Der Fahrer hielt die Tür auf und wartete ungeduldig darauf, dass er einstieg. Natürlich wusste Dimitri, dass sein Aussehen nicht mehr annähernd wie das eines ehrbaren Menschen aussah, überall an ihm Blut, und was von seinem Hemd übrig war, verdiente den Namen gar nicht mehr. 

Aber er war Corvindale, und er würde sich nicht zu irgendetwas drängen lassen. Schon gar nicht von einem einfachen Kutscher. Er blickte kurz in das dämmrige Kutscheninnere und konnte dort noch die helle Silhouette von Maia sehen. Das Prickeln hinten an seinem Nacken und der Tumult, der ihm gerade die Eingeweide verdrehte, waren nicht mehr angenehm zu nennen. 

Wenn er zu ihr in diese Kutsche stieg, wusste er schon jetzt, was geschehen würde.

„Mylord“, sagte der Droschkenfahrer und ließ dabei einen kleinen Anflug von Ungeduld hören, während er sich umschaute. „Soll ich – ehem – die Dame erst fahren und dann noch einmal zurückkommen, um Sie abzuholen?“

„Nein“, sagte Dimitri schließlich, und setzte den Fuß auf die erste Stufe. Dann hielt er inne, sah den Fahrer an und traf eine – wahrscheinlich törichte – Entscheidung und gab ihm die Adresse von Rubey.

In dem Zustand konnte er Maia nicht nach Hause bringen, auch ihrer ließ das nicht zu. Wenn irgendjemand sie in diesem Aufzug sah, geschweige denn sie zusammen sah, dann wäre Maia kompromittiert. Bei Rubey könnten sie sich zumindest waschen und neue Kleider bekommen, und vielleicht auch etwas, was die verräterischen Bisswunden kaschieren würde, die er ihr beigebracht hatte. Zur Hölle verdammt. Und ich gleich mit dazu.

Er verjagte diese morbiden Gedanken und verlegte sich stattdessen auf logisches Denken. Ganz abgesehen davon, dass man sich dort wieder in einen präsentablen Zustand bringen könnte, wäre es vom Rubey’s dann sehr einfach, Giordan und Voss eine Nachricht zukommen zu lassen, dass er und Maia in Sicherheit waren. Obwohl Voss jetzt wieder ein Sterblicher war, blieb dieses Etablissement doch ein Dreh- und Angelpunkt für alle diejenigen, welche die Drakule kannten und mit ihnen verkehrten. Sie wussten, dass man sich auf Rubeys Diskretion und Geheimhaltung verlassen konnte, selbst wenn es um anderes als die Dienste ihrer Damen oder die von Rubey selbst ging. 

Dorthin zu fahren, war das Beste und auch Umsichtigste, was sie tun konnten – genau wie die Idee, sie auf dem Maskenball noch abzufangen, bevor sie den Walzer tanzte. 

Mit ganz ungewohnter Vorsicht kletterte er jetzt also dort in das hinein, was er nunmehr als seine ganz private Hölle betrachtete und ließ sich auf der Bank gegenüber dem Persönchen nieder, das er als seinen persönlichen Folterknecht betrachtete. Als die Tür hinter ihm zuschlug, und auch der Riegel mit einem endgültigen, schnappenden Geräusch ins Schloss fiel, blickte Dimitri hinüber zu Maia.

Sie saß nicht zusammengekauert, angstvoll und niedergeschlagen in einer Ecke, wie man nach einer derart erschütternden Erfahrung erwarten würde. 

Nicht Maia.

Er überdachte das noch einmal. Vielleicht wäre es das Beste, wenn er wieder dazu überging, sie sich als Miss Woodmore zu denken. 

„Sie hätten mich dabei töten können“, waren ihre ersten Worte. Nicht in der Lautstärke geschrieen oder in dem Ton hervorgebracht, bei dem ihm zuvor die Ohren gedröhnt hatten, sondern in einem leisen, gedämpften Ton. 

Das war das erste Anzeichen, dafür, dass etwas ganz sicher nicht in Ordnung war.

„Worauf genau beziehen Sie sich?“, erwiderte er und verschanzte sich hinter einem gelangweilten Ton. Und dachte nicht daran, wie Recht sie hatte. Wie er das wirklich fast getan hätte.

Er konnte im Dunklen natürlich sehr gut sehen. Alles war nur wie durch ein grünes Flaschenglas eingefärbt und dementsprechend dunkel oder gräulich, aber er konnte ohne Weiteres die verlockende Biegung an ihrem Hals und die Vertiefungen an ihren Schlüsselbeinen dort erkennen, das etwas nach vorne klaffende Mieder von dem schlichten Kleid, das sie anhatte, die Tatsache, dass ihr die Haare in einem zerzausten Knoten hinten links am Hals herabhingen, und dass ihr Mund ein dünner, missbilligender Strich war. Die winzigen Punkte an ihrer Schulter schaute er jetzt nicht an. Nein. Er erinnerte sich nicht an den Geschmack von ihr ... Haut, Lebenssaft, Duft, Mund– 

„Das ist eine sehr gute Frage“, antwortete Maia und setzte sich etwas zurecht. Schon ihre Bewegung ließ einen Hauch von ihrer Essenz zu ihm herüberflimmern, und er musste sich abwenden. „Ich beziehe mich auf beide Male. Das eine Mal, als sie einen Holzpflock nach mir schleuderten und den Vampir trafen, und dann das Mal, wo sie mit mir aus einem Fenster sprangen.“

Dimitri öffnete den Mund, um ihre Frage zu korrigieren – denn er hatte den Pflock schließlich nach dem Vampir geworfen, und nicht nach ihr. Aber er besann sich dann eines Besseren. Vielleicht wenn er einfach gar nichts sagte, könnte er diese Kutschfahrt hinter sich bringen und nur erdulden müssen, ihren Vorwürfen zuzuhören. 

Und das war um so vieles besser, als andere Dinge, die sonst in dieser Kutsche geschehen könnten. 

Dinge an die er jetzt nicht denken durfte, er verbot es sich schlicht. Ebenso wie die Erinnerung an das Vorgefallene.

Wie eben jener Augenblick, als er sie fast getötet hätte, als er so voll von ihrer Essenz war ... ihr Lebenssaft, der ihm in den Mund strömte, eine leichte Kupfernote, aber auch süß, ihre Haut unter seinen Händen, als er vergaß, wo er war ... wer sie war ... was er tat. Er nahm und nahm, formte sie mit seinen Händen, schmeckte, schluckte, saugte an ihr, von ihr...

Er schloss die Augen, seine Finger zitterten, und versuchte, ihren Duft nicht einzuatmen. Er lehnte seinen Kopf gegen die Wand der Kutsche und schob all das weg. 

Hatte er jetzt seine Chance vertan, je von Luzifer freizukommen? Abgrundtiefe Verzweifelung stieg langsam in ihm hoch, und er presste die Augen fest zu. Und ja, er würde es trotz allem wieder tun.

Denk jetzt nicht daran. 

„Wie fühlen Sie sich?“ Sie unterbrach das Schweigen, und ihre Stimme klang sanft, vielleicht war sie auch nur etwas belegt ... von Sorge.

Dimitri öffnete die Augen. Nein, das wäre keine gute Richtung für das Gespräch hier. Es wäre besser, sich mit ihr zu streiten, sie auf die Palme zu bringen und sie damit auf Distanz zu halten.

Dieser kalte, harte Klumpen in seinen Eingeweiden hatte begonnen, anzuschwellen und größer zu werden, und das, obwohl er sich verboten hatte, darüber nachzudenken, was er getan hatte. Dass er nach Jahrzehnten der Selbstbeherrschung und der Selbstkasteiung schließlich schwach geworden war. Und wie gut er sich dabei fühlte. Wie sie geseufzt und sich an ihm geräkelt hatte, um etwas bat, was sie gar nicht begriff. 

Luzifers finstere Seele, er hätte sie fast getötet. 

Nur durch ein Wunder war er aus jenem Strudel von Drang und Lust herausgekommen. Ein Wunder.

Er betrachtete sie in dem grüngrauen Licht, selbst jetzt konnte er noch sehen, wie blutleer ihre Haut war. Die fahle Blässe, seinen Augen nur allzu bekannt. 

Er sollte sie jetzt fragen, wie es ihr ginge. Aber er konnte nicht sprechen, aus Angst, was dabei herauskommen könnte. Und so warf er sich den Mantel seiner kalten, harten Gefühle um und schaute mit absichtlich gleichgültigem Blick zu ihr hinüber. „Abgesehen von einer ekelhaften Erfahrung könnte es mir nicht besser gehen“, sprach er, wobei er absichtlich im Unklaren ließ, welche Erfahrung.

Sie biss sich auf die Unterlippe und hob ihr Kinn in einer Geste an, die er mittlerweile als Sturköpfigkeit erkannte. 

Just in dem Moment hielt die Kutsche, und Dimitri konnte nur mit Mühe den Drang unterdrücken, sofort hinaus zu springen. 

Stattdessen hob er eine Augenbraue und sagte, „wir sind beim Rubey’s angekommen. Dies ist nicht ein Ort, an dem man viele Damen, wie Sie es sind, zu sehen bekommt, und ich entschuldige mich im Vorhinein schon, um Ihren Beschwerden und Ihrer Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ich nehme mal an, dass wir hier nicht nur Dewhurst sondern auch Cale treffen werden, und vielleicht sogar Ihren Bruder. Und, Rubey wird Ihnen dabei helfen, sich wieder herzurichten, vor der Rückkehr nach Blackmont Hall.“ 

Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber genau da öffnete er die Kutschentür. Dimitri stürzte geradezu hinaus und fand sich dann im Gestank von Abfall und dem Rauch Londons wieder.

Alles war besser, als die Essenz dort drinnen in der Kutsche.

~*~

Rubey, so lernte Maia, war die Inhaberin, oder vielmehr die Bordellbesitzerin. In dem Moment, als Maia klar wurde, Corvindale brachte sie hier in ein Bordell, und sie sich umdrehte, um ihn böse anzustarren, musste sie feststellen, dass er sie schon mit einem herablassenden Blick taxierte, als wolle er sie daran erinnern, er habe sich ja schon entschuldigt.

Sie schaute weg und ließ sich stattdessen in ein luxuriös eingerichtetes Haus führen, das leicht nach Blumen und auch Tabak roch. Und obwohl sie keine Ahnung hatte, wie ein Haus von zweifelhaftem Ruf aussah, so hatte sie keineswegs diesen geschmackvoll und elegant eingerichteten Ort erwartet. 

Eine Frau namens Rubey, die überhaupt nicht so aussah wie ihr Name – denn sie hatte hellblondes Haar und kluge, blaue Augen und sprach mit einem ganz leichten, irischen Akzent –, warf einen Blick auf Maia, und dann auf den Earl, der ohne Hemd vor ihr stand, und biss sich sofort auf die Lippen. 

Corvindale warf natürlich mit jeder Menge Befehle und Anweisungen um sich, und Rubey war effizient aber begegnete ihm dennoch mit einem Verhalten, weit entfernt von unterwürfig. Aber ihre großen Augen waren schockiert, auch nachdenklich, als sie nach einer Zofe klingelte. Anscheinend waren entgegen Corvindales Annahme weder Dewhurst noch Cale gegenwärtig im Hause.

Nicht lange danach fand sich Maia in dem ausgiebigsten, wärmsten und blumigsten Bad wieder, an das sie sich je erinnern konnte. Tränen standen ihr in den Augen, als sie sich darin zurücklehnte, als Wohligkeit sie umgab, auf dem Fuße gefolgt von Verwirrung und Wut und einer Reihe anderer Gefühle.

Sie hatte die Zofe weggeschickt, sobald sie im Wasser lag, und ihr gesagt, sie solle erst zurückkommen, wenn sie nach ihr klingelte. Maia musste erst einmal alleine sein.

Sie konnte sich kaum vorstellen, was seit gestern Nachmittag alles passiert war – denn die Sonne ging gerade auf, und ein neuer Tag brach an. Genau genommen konnte sie gar nicht begreifen, was alles geschehen war und was sie am eigenen Leib hatte erfahren müssen, seit Corvindale ihr Vormund war. Alles. Von der Existenz von Vampiren zu erfahren, angegriffen zu werden, dass man von ihr trank, und von ihnen entführt zu werden ... und dann noch die Verlobung ihrer Schwester mit einem von ihnen, der jetzt wieder sterblich war.

In ihrem erschöpften und verwirrten Zustand konnte sie die Einsamkeit nicht mehr ignorieren, die sie so oft einfach von sich wegschob, das Gefühl, dass sie niemanden hatte, mit dem sie wirklich reden und dem sie alles mitteilen konnte, was sie bedrückte. Sie ließ alles in Form von Tränen aus sich herausströmen, stumm und wütend, Vorwürfe wurden unterstrichen mit kleinen, heftigen Platschern, und auch mit einer kleinen Rede in Richtung Dort Oben. 

Maia war dankbar für das dampfende Badewasser, denn sie verwendete es, um sich die Tränen des Ärgers und der Wut und der Verwirrung abzuwaschen, und als sie fertig war, klingelte sie nach der Zofe. 

Entschlossen, so stark und widerstandsfähig wie immer zu sein – denn wenn sie es nicht war, dann würde es niemand anderes sein –, gestattete Maia es der Zofe, ihr die Haare zu waschen und sie gründlich abzuschrubben, bevor sie sich aus der Wanne helfen ließ. 

Ihr Kleid, ihr Untergewand und ihr Korsett waren durch Kleidung von Rubey ersetzt worden, und entgegen Maias Vermutung, sie würde darin sittenwidrig aussehen, stellte sie entzückt fest, dass die Kleider geschmackvoll und modisch waren. 

Kurz danach fand sich Maia in einer Art Salon wieder – ihr Haar hatte man zu einem losen Zopf geflochten und an einer Seite ihres Halses arrangiert, um die Bissspuren dort geschickt zu verbergen. Auf was sie in diesem Zimmer warten sollte, war ihr nicht klar. 

Rubey kam herein und sah in ihrem hellgrünen Kleid aus Musselin frisch und elegant aus. Sie hielt ein Tablett in Händen und da merkte Maia erst, wie hungrig sie eigentlich war. 

„Ich bin Ihrer Schwester begegnet“, sagte Rubey, während sie Maia ein kleines Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit anbot. „Hier. Nehmen Sie ein bisschen irisches Gold zu sich, wie mein Papa es immer nannte“, fügte sie erklärend hinzu, als Maia zögerte. „Nach all dem, was Sie durchgemacht haben, sollten Sie doppelt so viel davon zu sich nehmen.“

Maia nahm das Glas und trank einen kleinen Schluck der brennenden Flüssigkeit, während ihre Gastgeberin Käse und Brot auf einem Teller anrichtete und ihr dann reichte. 

„Sie haben Angelica getroffen?“, fragte Maia und nahm einen weiteren Schluck von dem, was eigentlich nur Whisky sein konnte. Rubey hatte Recht, sie fühlte sich schon besser. Wärmer und auch nicht mehr so verspannt. 

„Sie war vor einer ganzen Weile mit Voss hier“, erklärte Rubey, als Maia an dem Käse knabberte. „An dem Abend des Maskenballs, wo die Vampire angegriffen haben. Ah ja, Dimitri hat ihr auch Nachricht zukommen lassen, dass man Sie gefunden hat und Sie in Sicherheit sind.“

„Ich bin froh, das zu hören. Ich danke Ihnen. Sie scheinen recht vertraut im Umgang mit den Drakule“, sagte Maia, und ihr fiel zum ersten Mal auf, dass Rubey Bissspuren hatte, dort, genau unterhalb ihres Ohrs. Der Anblick erinnerte sie an ihre eigenen Erfahrungen, und ihr Magen flatterte leicht. „Gehören Sie auch zu denen?“

„Grundgütiger, nein, und ich würde auch nicht dazugehören wollen, wenn man es mir anbieten würde. Was auch schon vorkam“, fügte Rubey mit einer abwehrenden Handbewegung hinzu. „Giordan hat mir mehr als einmal angeboten, mich zur Drakule zu machen, und ich habe bislang jedes Mal abgelehnt. Warum sollte ich ewig leben wollen und dann bis zum Ende aller Zeit verdammt sein?“

Maia zuckte zusammen, als sie die Frau diese unschönen Wahrheiten aussprechen hörte, aber war dennoch auch fasziniert. Sie hatte hier jemanden vor sich, der ihr vielleicht wirklich ehrliche Antworten auf ihr Fragen geben könnte. „Ist es wirklich so, wie Sie da sagen?“

Rubey nickte ernst. „Es ist wider die Natur, so sage ich immer zu Giordan. Er ist nett zu mir, ja, und besucht mich oft, wenn er in London ist, aber ich bin nur ein Ersatz für – jemand anderen. Und wer will schon ewig leben? Das Gleiche, Tag um Tag um Tag? Alle, die du kennst und liebst, sterben ohne dich, während du immer gleich bleibst? Alles stirbt, alles hat seine Zeit und seine Stunde – so hat Gott es gewollt. Ein paar graue Haare stören mich auch nicht. Aber das Durchhängen, das müsste wirklich nicht sein.“ Sie lachte Maia schelmisch zu und zeigte auf ihre Brust. 

Maia errötete fast, aber die Frau war vielleicht zehn Jahre älter als sie selbst, und daher waren durchhängende Körperteile vielleicht schon ein Problem. „Wollen Sie damit sagen, dass Corvindale einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat? Und dass er dadurch ein Vampir geworden ist?“

„Sie haben alle eine solche Art Übereinkunft getroffen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Aber Dimitri versucht bereits seit über hundert Jahren, den Pakt zu brechen. Das steckt hinter all seinen Studien, und warum er sich weigert, von einem Menschen zu trinken oder sich von ihnen zu ernähren. Obwohl“, ihre Augen funkelten, „das scheint sich geändert zu haben.“

Maias Gesicht wurde ihr warm. „Es war sicherlich nicht sein Wunsch, aber es war der einzige Weg, der mir einfiel, um ihn von dort wegzubekommen. Er war zu schwach, um auf eigenen Beinen zu stehen.“ 

Rubeys Augen wurden weit. „Wollen Sie mir damit sagen, Sie haben Dimitri gerettet? Na, wie ihm das wohl gefallen hat!“

Maia wurde noch röter im Gesicht. „Ich würde nicht behaupten, dass das die ganze Geschichte war, aber–“

Sie unterbrach sich, als die Tür zum Salon aufging. 

„Wenn man vom Teufel spricht“, sagte Rubey hintersinnig, was ihr einen bösen, verärgerten Blick von Corvindale einhandelte. 

Er schritt ins Zimmer hinein, als würde das Haus ihm gehören und verhalf sich zu einem Glas von dem gleichen Whisky, den Maia probiert hatte. Er schenkte sich aber deutlich großzügiger ein. Nach einem kurzen Blick rund um das Zimmer – das möbliert war mit einem Sofa, auf dem Maia saß, diesem gegenüber zwei Sessel, auf einem saß ihre Gastgeberin – nahm er nirgends Platz, sondern zog es offensichtlich vor, neben einem hohen, schmalen Tisch links von ihr stehen zu bleiben.

Sein Gesichtsausdruck war überheblich und distanziert, wie stets. Aber Maia konnte das Gefühl freudiger Erwartung nicht davon abhalten, unruhig in ihrer Magengegend zu flattern, als sie ihn anschaute. Seine bloße Anwesenheit veränderte die Energie des Zimmers, machte es kleiner und auch wärmer. Interessanter. 

Er hatte offensichtlich auch gebadet, denn seine Haare waren feucht und standen in wirren Spitzen oberhalb seines blütenweißen Kragens von seinem Hals ab. Er stand da, das Glas in seiner Hand, die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt bis zu den Ellbogen, was den Blick auf dunkel behaarte Haut von einer Farbe wie sonnengegerbtes Leder freigab. Elegante Handgelenke lagen zwischen großen Händen und muskulösen Unterarmen, und Maia kannte die Breite – und die Form – seiner Oberarme und Schultern nur zu gut. Sie schluckte und wandte den Blick von den lose herabhängenden Kordeln seines Hemdes ab, die dort am Hals ein ganz kleines bisschen schwarze Haare blicken ließen.

„Klärst du gerade deinen Besuch über die dunkelsten Geheimnisse meiner Rasse auf, Rubey?“ Man hätte seine Worte für scherzhaft halten können, wäre da nicht sein bohrender Blich gewesen, der die blonde Frau regelrecht aufspießte.

Der schien das wenig auszumachen. „Sie war gerade dabei, mir zu erzählen, wie alles gekommen ist. Was für eine Geschichte.“

„Das erzählt sie sicher gern“, antwortete er, ohne Maia anzuschauen. „Aber es war unglaublich dumm von ihr, sich überhaupt in die Sache einzumischen. Die Sache wäre viel besser verlaufen, wenn sie einfach zu Hause geblieben wäre.“

Maia wurde stocksteif vor Wut. „Wenn ich nicht gewesen wäre, Lord Corvindale“, sprach sie in ihrer eisigsten Stimme, „hätte nie jemand von der Rubinhaarnadel erfahren. Und meine Nachforschungen führten mich dann geradewegs zu Mrs. Throckmullins.“

„Und genau da liegt auch Ihr Fehler, Miss Woodmore. Sie hätten niemals Nachforschungen zu irgendjemandem anstellen sollen. Dewhurst und Cale hatten alles unter Kontrolle. Sie hätten mich noch rechtzeitig gefunden.“

Maia musste hier einfach undamenhaft schnauben. „Ich habe lediglich einen Nachmittagsbesuch–“

„Und Sie hätten auch nicht alleine unterwegs sein sollen.“

„Ich war nicht alleine, Sie verbohrter Mann. Denken Sie, ich hätte nur Watte im Kopf? Ich hatte drei Lakaien bei mir. Wie sollte ich denn ahnen, dass Mrs. Throckmullins Ihre ehemalige Geliebte ist und dass sie mich zum Tee einladen würde, um mich dann zu vergiften? Ich konnte die drei Lakaien ja wohl schlecht in den Salon mitbringen, oder etwa nicht?“

Er hob sein Whiskyglas. „Nun, ich nehme meine Worte zurück. Dass Lerina Sie betäuben und entführen würde, konnten Sie in keiner Weise verhindern.“

Maia setzte sich noch gerader auf und achtete nicht auf das offensichtliche Interesse von Rubey an diesem Gespräch. „Genau wie Sie nichts dagegen tun konnten, dass Sie von ihr entführt wurden. Natürlich, weil Sie ja der Earl von Corvindale sind, wissen Sie immer alles, und konnten schon alle Eventualitäten voraussehen. Was genau der Grund ist, warum Sie so elend geendet sind, wie ich Sie dann vorfand.“

An diesem Punkt hörte man, wie Rubey scharf die Luft anhielt, was sehr wie ein unterdrücktes Lachen klang. 

„Außerdem“, fuhr Maia fort, außerstande aufzuhören, „wenn es mir nicht gelungen wäre, mich von meinen Fesseln auf dieser Chaiselongue zu befreien und Sie dann suchen zu gehen, wären Sie jetzt wahrscheinlich schon aufgrund von Blutverlust tot.“ 

„Drakule sterben nicht aus Mangel an Blut“, warf er höhnisch ein.

„Selbst dann nicht, wenn man sie mit Rubinketten gefesselt hat?“

„Man hatte dich mit Rubinen gefesselt, Dimitri?“ Diese Vorstellung schien ihre Gastgeberin über Gebühr zu faszinieren, ihre Augen zogen sich zu nachdenklichen Schlitzen zusammen. „Das ist ja wirklich faszinierend.“

„Ist meine Kutsche schon bereit?“, fauchte Corvindale sie an. „Vielleicht könntest du das mal überprüfen.“

„Oh, aber ich mag mich gar nicht von diesem Gespräch hier losreißen.“

Geh.“ Er tat es zwar nicht, aber das Zimmer wackelte, als hätte er gebrüllt. Rubey erhob sich widerstrebend und ging in Richtung Tür, überhaupt nicht eingeschüchtert. 

Aber Maia war noch nicht fertig, nein, wahrlich nicht. Sie hatte diesem ärgerlichen, arroganten, unmöglichen Mann vor ihr noch einiges zu erzählen, sie wusste nicht ob eine Woche ihr dafür genug Zeit lassen würde. „Und dann haben Sie einen Holzpflock nach mir geworfen–“

„Ich habe ihn nach dem Vampir geworfen, der Sie festhielt–“

„Sie hätten mich damit erstechen können!“

„Das hätte ich natürlich nicht getan, Sie wissen nicht, wovon Sie da reden. Halten Sie mich für restlos unfähig? Ich wusste genau, was ich tat, was schon dadurch bewiesen ist, dass Sie hier vor mir stehen, unversehrt, genau wie ich selbst.“

„Und dann springen Sie aus einem Fenster im dritten Stock“, fuhr Maia fort, ihr Kopf ein Feuerball der Empörung, die Worte purzelten nur so aus ihr heraus, „und nehmen mich dabei mit! Wir hätten sterben können!“

„Drakule sterben nicht an einem Sturz–“

„Aber Leute wie ich sterben daran!“, kreischte sie und sprang auf. Maia holte tief Luft und dachte bei sich, dass sie jetzt vielleicht wirklich verrückt geworden war. Vielleicht hatte er Recht. Vielleicht wusste Sie nicht, wovon sie sprach. Sie griff nach ihrem Glas vor ihr auf dem Tisch und trank den letzten Schluck Whisky, und schaffte es sogar, nicht in Husten auszubrechen oder sich zu verschlucken. Sie hörte wie hinter Rubey leise die Tür ins Schloss fiel.

Corvindale schien es nicht zu bemerken, denn er beobachtete Maia nur über den Rand seines eigenen Glases hinweg, seine durchdringenden Augen finster. Wachsam. „Sobald die Rubine sich nicht mehr in meiner Nähe befanden“, sagte er in einem fröstelnden Ton, „waren Sie absolut sicher. Das ist ein Fakt.“

„Und wie“, fragte sie zuckersüß, aber schneidend, „ist es denn gekommen, dass diese verdammten Rubine sich nicht mehr in Ihrer Nähe befanden? “ Ihre Hände hatte sie in ihre Hüften gestemmt, als sie finster zu ihm hochblickte. 

„Wo wir gerade von Rubinen sprechen“, sagte er und setzte sein Glas mit einem lauten Klirren auf den Tisch ab, „warum zur gottverdammten, verfluchten Hölle haben Sie nicht davon Gebrauch gemacht?“

Für einen Moment schloss sie den Mund, denn sie wusste wirklich nicht, wovon er sprach. „Ich–“

„Ich hätte Sie töten können, Maia“, sagte er, sein Gesicht war schrecklich anzuschauen. Finsterer und noch furchterregender als sie es je gesehen hatte. „Ich habe Sie fast getötet.

Sie schüttelte ihren Kopf, ihre Wut wurde zu Verwirrung. „Sie haben mir nicht wehgetan, Corvindale“, sagte sie, als sie endlich verstand. „Sie mussten Blut trinken. Es war der einzige Weg.“

Er gab ein angewidertes Geräusch von sich und streckte den Arm nach ihr aus. „Sehen Sie es sich an“, sagte er und zerrte ihren Arm nach vorne, um ihr dort die Bisswunden zu zeigen. „Und hier“, sagte er und schob ihren Zopf beiseite, weg von der Schulter. „Sie hätten mich immer weiter trinken lassen, bis nichts mehr übrig wäre.“

„Aber–“

„Ich habe das schon einmal gemacht“, sagte er, seine Stimme schien jetzt aus der tiefsten Hölle zu kommen. Ihr wurde übel bei dem Klang, der Selbsthass und die Gehässigkeit darin. Seine schwarzen Augen glitzerten, saugten ihre fest, wie Magnete. „Ich habe eine Frau in Stücke gerissen, habe nichts als verstümmeltes Fleisch zurückgelassen. Das hätte ich Ihnen womöglich auch angetan.“ Seine Stimme war jetzt nur noch heiseres, verzweifeltes Flüstern.

„Aber das haben Sie nicht. Sie haben sich selbst angehalten. Ich habe nicht verstanden–“

Er lachte bitter auf, hielt ihr Handgelenk immer noch fest. „Nur durch die Gnade – von etwas – durch ein Wunder – nur deswegen habe ich aufgehört. Es sind schon einhundertdreizehn Jahre, Maia.“ Er machte einen zögerlichen, unsicheren Atemzug, sein Daumen glitt über ihre Haut. „Selbst jetzt...“

Abrupt ließ er ihren Arm fallen und wandte sich ab. „Wo zum Teufel steckt meine Kutsche?“

„Corvindale“, sagte sie, ihre Stimme ganz leise. Sie ging auf ihn zu, ergriff seinen Arm. Es lag in ihrem Wesen zu trösten, die Dinge ins Lot zu bringen, sich um alles zu kümmern, und zum ersten Mal spürte sie diesen tiefen Schmerz, der auf ihm lag, wie dichter Nebel auf dem Wasser liegen kann. Es war unter all dem dunklen, spröden Äußeren bislang gut verborgen geblieben. 

Als sie ihn berührte, erstarrte er, die Muskeln seiner Unterarme wurden hart, angespannt wie die Sehnen an einem Bogen. „Miss Woodmore“, sprach er kühl, „Sie vergessen sich.“

„Sehen Sie mich an und sagen mir das noch einmal“, sagte sie und bemerkte, dass er sich ihren Händen nicht entzog. Er brauchte etwas. Vielleicht etwas, wovon er nicht einmal wusste.

Er drehte sich zu ihr. „Sie haben keine Ahnung, was Sie hier tun, Miss Woodmore“, sagte er kurz angebunden. „Seien Sie keine Närrin. Lassen Sie mich los.“

Sie schaute hoch zu ihm und fand da nichts, was den lächerlichen Befehl als solchen entblößte, und schweigend, furchtlos erwiderte sie seinen Blick. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, die Schläge setzten sich durch ihren ganzen Körper fort, als sie die andere Hand hob und sie auf seiner warmen, breiten Brust ablegte. Flach, dort auf diesen glatten, weiten Muskeln unter dem gestärkten, sauberen Hemd. 

Die Zeit stand still. Das Zimmer um sie schrumpfte zusammen, und sie war völlig gefangen von diesem Moment... Etwas. Etwas Mächtiges.

Als er sich rührte, war es nicht, um sich rasch von ihr zu entfernen, sondern um sie an sich zu ziehen. Hart und schnell, und legte seine starken Armen um sie, als er sie gegen seine hohe Gestalt drückte und den Kopf zu ihr herunterbeugte. Maia kam seinen Lippen mit ihren entgegen, hungrig nach dem, was sie schon so viele Male zuvor begonnen hatten. 

Ihre Münder stießen aneinander, kämpften, seine Zunge stark und feucht, kämpfte mit ihrer in einem erotischen Gedränge. Sie hatte ihn dort, unter ihren Händen, ihre Finger waren an der warmen Haut an seinem Hals, die nassen Fransen seiner Haare, zog an den Schnüren seines Hemds.

Corvindale hob sie auf den Tisch neben sich, schob Gläser leise klirrend beiseite, brachte sie auf Augenhöhe mit sich. Seine Hände zerrten an ihrem Haar, lösten ihren Zopf, seine Finger wanderten ihr über Hals und Schultern, zogen den Ausschnitt ihres Kleides mit sich herab. Die frische Luft fühlte sich auf ihrer Haut gut an, und die rauen Ballen seiner Finger zeichneten sanfte Muster darauf. 

Als er sich aus dem Kuss löste, gab sie einen ärgerlichen und protestierenden Laut von sich, aber er wollte jetzt nur an der Seite ihres Kinns fortfahren, hinten, vor ihrem Ohr. Sie erschauerte ein wenig, als er es erreichte, und sie seinen warmen Atem in ihrem Ohr spürte, dann bedeckten seine Lippen auch schon die Bissspuren an ihrer nackten Schulter. Maia seufzte und neigte den Kopf zur Seite, öffnete damit ihren Hals und ihre Kehle, drückte sich gegen seinen Mund, aber er biss nicht zu. Stattdessen fühlte sie, wie ein kleiner Schauer durch seinen Oberkörper lief, dort, wo er sich gegen sie drückte und seine Zunge über und um die Bissspuren wanderte, seine Lippen saugten sanft an der Neigung ihrer Schulter, und seine starken und geschäftigen Hände waren überall und nirgends, legten sich um ihre Brüste, glitten über die weich Kurve ihrer Hüfte. 

Die Bänder hinten an ihrem Kleid waren auf einmal lose, und das Mieder löste sich, als Nächstes zogen seine Hände ihr schon das Kleid an den Schultern herab, bis diese ganz bloßgelegt waren, und man ihr Unterhemd sehen konnte. Als er begriff, dass sie sich auf dem schmalen Tisch nicht weiter nach hinten lehnen konnte, gab Corvindale frustriert Laut und hob sie hoch.

Maia umklammerte seine Schultern, benebelt und schon erregt, als er sich rasch umsah und sie dann auf dem Sofa absetzte und sich neben ihr niederließ. Sie erhaschte einen Blick von seinem Gesicht, dunkel und angespannt, seine Augen etwas verschleiert und eben jenes Bild von ihm, wie er begehrte, sie begehrte, ließ sie tief drinnen erschauern vor Lust.

Sein Gewicht drückte sie sanft in die Polster, sie war außer Atem aber nicht verängstigt oder überwältigt. Sie begann zu sprechen – sie wusste nicht mal was, vielleicht befahl sie ihm sein verflixtes Hemd loszuwerden. Da zog er heftig an ihr und entfernte das Obere ihres Korsetts. Er hatte es schon gelockert und ihre Brust rutschte heraus, rund, wie Elfenbein und mit einer geschwollenen rosa Spitze. 

Ein kleiner Laut kam von ihm, dann tauchte er schnell den Kopf nach unten und leckte mit seiner Zunge genau an der kleinen Spitze ihrer Brustwarze. Maia sah es und zuckte zusammen bei dem herrlichen Gefühl, das sich durch sie hindurch schlängelte, und als er sie mit seinem Mund ganz bedeckte, wurde sie gepackt von Wellen der Lust, die sich durch ihren Bauch fortpflanzten, bis nach unten, zu ihrem Zentrum. Seine Zunge war feucht und warm, kreiste um sie, als sein Mund hart und fest dort an ihr saugte, und ihr blieb die Luft weg, Lust stach durch sie, durch ihren Bauch, und sie fühlte, wie sie sich öffnete, erblühte und anschwoll, da, wo sich ihre Schenkel trafen.

Er löste sich und schaute zu ihr hoch. Ihre Blicke trafen sich, und Maia konnte kaum atmen, als sie die dunkle Hitze darin erblickte. Sie konnte die Spitzen seiner Zähne sehen, genau unter seiner Oberlippe, und sie wollte sie ... in ihr. 

Anstatt ihn darum zu bitten, flüsterte sie, „Ihr Hemd, Corvindale. Ich mag es nicht mehr sehen.“

Seine Augen wurden noch dunkler, und er lehnte sich zurück, riss, fast mit einem Knall, das Leinen hoch und über seinen Kopf. Sie musste seinen breiten Schulter und die markanten Muskeln unten an seinem Bauch einfach anfassen, die Muskeln vorne auf seiner Brust, ihre Finger durch das dichte Haar dort schieben und über die flachen Brustwarzen. Sie wanderte mit ihren Händen an seinen Armen entlang, bedeckte die Wunden dort und hob ihr Gesicht an, um sie mit ihrem Mund zu berühren, fragte sich, ob sie ihn auch da schmecken würde. 

Er war mächtig und glatt, seine Haut verschwitzt und heiß, und sie spürte, wie etwas dort tief drin hüpfte und zitterte, als sie ihn sanft mit den Zähnen erkundete. Sein Kopf fiel zur Seite, lehnte sich gegen das Sofa, die Augen geschlossen, seine wunderschönen Lippen – den Mund, den sie bei dem Maskenball so bewundert hatte – geöffnet, als er versuchte, langsam und regelmäßig zu atmen. Maia verlagerte ihr Gewicht, und sein schwerer Arm legte sich um sie, wie um sie vom Weggleiten abzuhalten, aber sie hatte nicht die Absicht, ganz und gar nicht.

Sie legte ihre Arme auf seiner Brust ab und zog sich mit den Händen dann an seinen Schultern zu ihm hoch. Sie musste diesen starken Hals mit seinen Sehnen und Adern schmecken, und er war warm und weich, und sie fühlte, wie er tief in der Kehle stöhnte, als sie an den Sehnen dort nibbelte. Als sie einmal ihre Zähne dort ansetzte, ihn kurz biss, schauderte er und schloss die Arme enger um sie. 

„Maia“, sagte er, „sei vorsichtig.“

Sie schüttelte dort in der Wärme seines Halses den Kopf, roch seinen ureigenen Duft, jetzt frisch mit Bergamotte gewürzt. „Du wirst mir nicht wehtun.“

Er lachte nur kurz, und sie verlagerte erneut ihr Gewicht, stelle fest, dass sie sich jetzt mit ihrer ganzen Länge an ihn drückte, von den Schultern bis hinunter zu den Beinen. Sie konnte die Umrisse seiner kraftvollen Beine spüren, fast doppelt so groß wie ihre, ihr Rock und ihr Unterhemd hatten sich darin verfangen, und die harte Ausbuchtung hinter den Knöpfen seiner Hose. Schon beim bloßen Druck dagegen schmerzte es sie im Bauch, und ihr Zentrum zitterte vor unbändiger Lust. 

Bevor sie ihre Hand über die sanften Linien auf seinem Bauch gleiten lassen konnte, kam er in Bewegung, ließ sich an ihr, an ihrer ganzen Länge entlang, hinabgleiten, bis seine Knie den Boden berührten. Noch bevor sie sich aufsetzen konnte, hatte er seine Hände unter ihren Rock geschoben, schob die Lagen von Stoff hoch und legte ihre Beine frei. Als er sich hinunter beugte, um ihren Schenkel zu küssen, fühlte Maia unkontrollierbare Schauer an sich hochgleiten. 

Was, wenn er sie biss ... dort?

 Seine Zunge wanderte feucht und selbstsicher über die zarte Haut innen an ihrem Bein, und Maia sah zu, wie sein dunkler Kopf sich vor dem Elfenbein ihres Schenkels bewegte. Sie erhaschte einen Blick auf seine Zähne, weiß und scharf, dort, an ihrem Fleisch, ihr Atem kam jetzt schneller und stoßweise, als er weiter nach oben gelangte. Das Aufblitzen eines Eckzahns machte, dass ihr das Blut in den Venen rauschte und hämmerte, und als er ihre Beine auseinander zog, sein Gesicht dort in ihrer Hitze vergrub, wäre Maia fast vom Sofa hochgesprungen. 

Seine Finger waren geschickt und sanft, legten diesen sensibelsten und intimsten Teil von ihr frei, und irgendwo im Hinterkopf, weit hinten, wusste Maia, sie sollte das hier nicht zulassen. Nicht sie, nicht Miss Woodmore, die Frau die demnächst heiratete ... einen anderen...

Aber es war ihr gleichgültig. Das hier war es, das war er, das war, was sie wollte ... und sein Mund war heiß und leidenschaftlich, und sie erbebte, angeschwollen und nass, und als seine Zunge über ihre Scham glitt, wusste sie, sie würde das hier nicht aufhalten können. Sie wollte es nicht, ganz besonders nicht, wenn er Dinge tat, die ihr Innerstes zusammenzucken und dann immer wieder explodieren ließen. 

Nichts ... sie hatte noch nie dergleichen gefühlt.

„Oh...“, flüsterte sie, ihre Hand legte sich auf seinen Kopf, der immer noch zwischen ihren Beinen lag, ihre Finger vergruben sich in seinem warmen Haar. Aber sie wusste, da war noch mehr, und sie wollte es.

„Bitte“, murmelte sie, wie zuvor schon einmal, wusste nicht genau, was sie wollte oder brauchte, aber wusste, dass er – und nur er – ihr das geben könnte.

Er schüttelte unten an ihr den Kopf, dort an ihrem Knie, ließ seine Zunge kurz an der Rundung dort entlang gleiten. 

„Mehr“, flüsterte sie.

„Nein.“ Sein Atem und seine Lippen an ihr waren heiß. „Sei nicht dumm.“ Er glitt mit der Zunge um, runter, drum herum, in ihrer Hitze, und sie musste vor Lust fast quietschen, als diese wie Feuer durch sie geschossen kam. „Du darfst das nicht“, sagte er.

„Doch ... bitte. Ich will ... alles davon haben.“

Und als er sich plötzlich von ihr löste, sein Gesicht gerötet und die Augen glühend, heulte sie fast auf vor Kummer. Sie pochte, bereit, wieder bereit, zu mehr. Zu allem.

Aber da riss er sich schon die Knöpfe vorne an der Hose auf, und sie half ihm dabei, und er schüttelte kurz den Kopf als er murmelte: „Überall müssen Sie ihre Finger drin haben. Miss Woodmore“, und dann war er da, wieder an sie gepresst, diesmal drückte seine warme Brust gegen sie, hinterließ dort ihren Abdruck.

Sie sah ihn nicht, diese harte Ausbuchtung, die sie vorher gespürt hatte, und für einen kurzen Augenblick, fühlte sie sich kalt und alleine, und verloren ... aber dann glitten seine Finger zwischen sie, und fanden das sehr feste, enge Zentrum ihrer Selbst, und als Nächstes waren sie schon hinein geglitten, spielten mit ihr, so dass sie noch heißer und voller wurde, das Pochen in ihr noch stärker wurde, und dann hielt er inne.

„Maia“, hauchte er, zog seine Hand weg, sie wusste, es war eine Frage. „Das hier–“

„Nein“, sagte sie, presste sich an ihn, verzweifelt. „Bitte.“

Ein halberstickter Laut kam aus seiner Kehle, und da war er auch schon dabei, das Gewicht zu verlagern, passte sich an sie an. Maia seufzte: Das war es. Ja.

Dann bewegte er sich, und sie fühlte einen kurzen, scharfen Schmerz tief drinnen. Für einen Moment erstarrte Maia, ihre Augen weit aufgerissen, die Lust floss aus ihr ... aber bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, begann er sich zu bewegen. Und sie vergaß ihren Mund zu schließen, ihr Körper wurde heiß, und alles in ihrer Welt war nur noch ausgerichtet auf das feuchte Gleiten, raus und rein. Es hielt lange vor, war wunderschön, dieses Gefühl von, von etwas Richtigem, das Prickeln der Lust, mit seinem Zentrum, dort, genau zwischen ihnen. 

Seine tiefe Stimme murmelte etwas, leise, an ihr Ohr, aber sie verstand es nicht. Es war ihr gleichgültig. Da war die Hitze und der Rhythmus und das zunehmende Aufblättern in ihr, und sie schrie vor Lust, als er seine Zähne in ihrer Schulter versenkte, und ihr Körper tief drinnen völlig explodierte. 

Lust vibrierte immer noch in kleinen Wellen, wie Echos, als er in ihre Haut hinein stöhnte, sein Körper heiß und verschwitzt an ihrem. Und dann, mit einem kleinen Aufschrei, stieß er ein letztes Mal in sie hinein, hart und tief. Er zog das Gesicht weg, vergrub seine Stirn an ihrem Hals, der Geruch von Blut in ihrer Nase, als er an ihr erschauerte.