11


CARL

 

 

Kühlfächer hatten mit Särgen vieles gemeinsam. Das hatte ihn immer an ihnen gestört.

Glücklicherweise hatte er eine kleine Taschenlampe bei sich. Er konnte den körnigen Glanz fünf Zentimeter vor der Nase sehen und die weiche Polsterung um sich fühlen. Die Enge, das Gefühl von Beengtheit, die Kälte… in der Dunkelheit wäre es noch schlimmer gewesen, viel schlimmer. Die leere gähnende Schwärze des offenen Raumes machte ihm nichts aus. Dieser enge Sarg war etwas anderes.

Vor einer Minute hatte er den sanften Druck der Beschleunigung gefühlt und zählte nun die Sekunden der geschätzten Zeit, die von den fünf Maschinen benötigt würde, die Strecke vom Schacht zur Edmund Halley zurückzulegen.

Da. Ein sanftes Anstoßen, das ihn gegen die graue Deckplatte drückte. Seine Nase blieb lange genug in Kontakt, um eine seitliche Drehbewegung zu spüren.

Das mußte die Verlangsamung sein, gefolgt von einer Drehung für das Verlademanöver. Es war fast sicher, daß das Kühlfach in den hinteren Laderaum kommen würde.

Ein metallisches Klirren, wahrscheinlich das Einhaken in den Fördermechanismus. Dann mußten die Maschinen gleich abkoppeln…

Ein fünffaches Schnappen. Gut.

Jetzt, wenn Virginias Idee richtig war…

Ein Kratzen, nahebei. Der Greifarm einer Maschine hakte sich in den manuellen Öffnungshebel des Deckels ein. Carl sah den inneren Knopf rotieren. Er spannte die Muskeln, holte tief Atem…

Der Deckel kam frei, und mit leisem Zischen entwich die Luft aus dem Inneren des Kühlfachs, daß die Gurte über seinen Schultern und der blaue Schutzanzug flatterten.

Er saugte Luft durch die Atemmaske. Virginias riskante Lösung: eine kleine Sauerstoffflasche, nur ein dünner, schwach beheizter Isolieranzug, wie sie ihn in den Stollen bei der Arbeit trugen.

Seine Ohren knackten trotz der fest anliegenden Schützer, die er trug. Eine Brille über der Atemmaske schützte seine Augen vor dem Verlust der Tränenflüssigkeit und dem Erfrieren seiner Lider. Die Gurte waren so stramm gezogen, daß sie schmerzhaft in die Haut einschnitten. Das war alles, was er zwischen sich und dem absoluten Nullpunkt des Vakuums hatte.

Der Deckel war an seinem ersten Sicherungspunkt angehalten worden, fünf Zentimeter über dem Bodenteil. Durch den Spalt sah er den grellweißen Schein vollen Sonnenlichts auf dem Rand der rückwärtigen Ladeluke. Sein Kühlfach war in den Fördermechanismus eingehakt, wie er vermutet hatte. Er sah ein paar Sterne und einen Schatten, der sich über die glatte Rundung des Schiffsrumpfes bewegte. Er mußte zu einer Maschine gehören, die das nächste Kühlfach zu öffnen und auf Geschenke zu achten hatte, die Achaier enthielten.

Er hatte seine Strategie auf die Vermutung ausgerichtet, daß Linbarger diese Maßnahme für ausreichend halten würde. Sollte er sich darin getäuscht haben…

Und Linbarger war bereits äußerst mißtrauisch, nachdem seine Leute Virginias Versuch, durch Johnvon die Maschinen an Bord in ihre Gewalt zu bringen, bemerkt und verhindert hatten. Ould-Harrad hatte darauf bestanden, zuerst diese scheinbar einfache Lösung zu versuchen. Das Unternehmen war bald gescheitert. Nun ging es ums Ganze…

Vermutlich wollte Linbarger die Maschinen auf Distanz von der Edmund Halley haben, bevor jemand in den Laderaum ging, um die Kühlfächer zu verstauen. Das gab Carl wenigstens zwei, vielleicht drei Minuten.

Er hob den Deckel, stieg aus und vernarrte zusammengekrümmt in kauernder Haltung, bereit, einem Angriff zu begegnen. Er trug einen Isolieranzug, Handschuhe und Stiefel, Kopfschutz und Atemmaske.

Wieviel Zeit war vergangen, seit die Luft aus dem Kühlfach entwichen war? Er sah gespannt auf die Uhr. Zwanzig Sekunden.

Saul hatte geschätzt, daß er es drei Minuten aushalten würde, bevor sich die Auswirkungen bemerkbar machten. Dann bestand die Gefahr, daß das Ungleichgewicht seines inneren Drucks ernste Auswirkungen auf seine motorischen und geistigen Funktionen haben würde; ein benebeltes Gefühl wie von Trunkenheit wäre das mindeste, und jeder, der in den Laderaum käme, könnte mit ihm machen, was er wollte, als ob er eine betäubte Hauskatze wäre.

Nicht, daß Linbarger und seine Gesinnungsfreunde viel Zeit mit ihm verschwenden würden. Wahrscheinlich würden sie ihn einfach aus der Schleuse stoßen und ihm eine gute Reise wünschen, wie sie es mit dem armen Kearns getan hatten. Angenehmen Heimweg!

Er spähte umher.

Der Laderaum war leer. Wahrscheinlich beobachteten sie die Maschinen draußen. Erst wenn der Schleusenmechanismus einsetzte, würde Linbarger wissen, daß jemand zu Besuch kam. Und wo.

Er orientierte sich. Die manuelle Vorrichtung zum Betätigen der Schleuse war ein großer roter Hebel, an auffallender Stelle am Ende des Laderaums angebracht. Wieder knackte es in seinen Ohren. Seine Sinne gaben Alarmsignale, doch er unterdrückte sie und stieß sich ab, um den roten Hebel zu erreichen.

Halbwegs dort, wurde er angegriffen.

Die Gestalt, ein Mann in einem Schutzanzug mit Helm, stieß ihn rückwärts in den Laderaum und versuchte ihm den Luftzuführungsschlauch abzureißen. Carl wand sich seitwärts, kam mit einem Ruck frei.

Natürlich. Es war offensichtlich. Linbarger hatte draußen einen Wächter postiert, der die Maschinen zu kontrollieren und sich zu vergewissern hatte, daß niemand sich an einer Unterseite festhielt und versteckte. Von seiner Position konnte der Mann auch in den Laderaum sehen.

Carl schalt sich einen Schwachkopf, daß er dies nicht vorausgesehen hatte. Das Versäumnis konnte leicht tödliche Folgen haben.

Neunzig Sekunden blieben.

Sie trieben, jeder für sich, durch den Laderaum. Zehn Sekunden würden vergehen, ehe einer von ihnen eine Wand erreichte. Der Mann im Schutzanzug bediente sich seines Manövriergeräts und konnte mit Hilfe seiner Impulsdüsen zwischen Carl und den roten Hebel kommen.

Es gab keinen Zweifel, daß der Mann ihn eine Minute oder länger daran hindern konnte, den Hebel zu erreichen. Er hatte das Manövriergerät, Luft und soviel Zeit wie er brauchte.

Die Kälte machte sich bemerkbar. Carl drehte sich im Schweben um und hielt nach irgendeinem brauchbaren Gegenstand Ausschau.

Dort. Werkzeuge in allen Größen. Er glitt am Gestell vorbei, streckte sich – und bekam einen großen automatischen Schraubenschlüssel zu fassen. Er holte vorsichtig aus, zielte mit Bedacht und schleuderte ihn auf die zehn Meter entfernte Gestalt.

Das Geschoß verfehlte den Mann um einen guten Meter. Carl sah, wie das Gesicht hinter der Visierscheibe grinste und die Lippen bewegte. Wahrscheinlich schilderte er die Vorgänge den Leuten im Brückenraum der Edmund Halley.

Das war genau, was Carl wollte. Das Werfen des schweren Schraubenschlüssels hatte ihm eine neue Richtung gegeben.

Er trieb durch den Laderaum, ruderte mit den Armen und kam rechtzeitig herum, den Aufprall mit den Beinen abzufangen.

Wo war der verdammte…?

Er sprang danach. Der Feuerlöscher ließ sich leicht aus seinen Klemmen ziehen, und Carl zielte mit der Düse vor seine Füße und feuerte. Eine perlweiße Wolke brodelte unter ihm, und er schoß zurück durch den Raum, ohne jedoch näher an den Auslösehebel heranzukommen.

Wieder knackte es in seinen Ohren. Rote Flecken erschienen vor seinen Augen, tanzten wie Glühwürmchen…

Er prallte auf die gegenüberliegende Wand, diesmal unvorbereitet. Ein Hebel stieß ihn in die Rippen.

Wo war…? Angetrieben von einem Schaumstrahl, stürzte er sich auf den Mann. Ehe er ihn erreichte, schnellte er herum, brachte die Feuerlöschdüse in Brusthöhe vor sich und drehte voll auf.

Der Gegendruck verlangsamte ihn, brachte ihn zum Stillstand, und die schaumige weiße Wolke hüllte ihn ein. Er drehte wieder auf und schwebte rückwärts wieder heraus. Überall dunkelnde rote Flecken. Das grelle Licht der Liegeplatzlampen draußen schien es kaum durchdringen zu können…

Nun, ehe die Schaumwolke niedersinken konnte, vollführte er einen weiteren Überschlag und drückte noch einmal auf den Auslöser. Er flog durch wattige Weiße und prallte auf etwas Weicheres, Nachgebendes. Mit einem Arm bekam er den Mann zu fassen, zog mit dem anderen den Feuerlöscher herum. Hände faßten nach ihm, griffen nach seiner Atemmaske.

Vektoren, Vektoren…

Welche Richtung?

Es spielte keine Rolle, er hielt die Düse gegen den Mann und drückte den Auslöser.

Eine zischende Schaumwolke.

Die Kälte begann unerträglich zu werden…

… Eine gewaltige Hand stieß ihn rückwärts… Eine lange Sekunde orientierungslosen Gleitens… der Feuerlöscher entglitt den steifen Fingern, er hatte die Orientierung verloren… schmerzende Kälte auch in den Beinen… unmöglich, etwas zu sehen… die roten Flecken verschmolzen, es wurde dunkler… durchschossen von weißen Punkten wie Bienenschwärmen, die hin und her sausten, herumwirbelten…

… dann ein heftiger Schmerz im Bein, ein Aufprall, und sein Schädel schlug auf den Boden.

Das brachte ihn zur Besinnung. Er tastete umher, Halt zu finden, blickte auf.

Die Schaumwolke wurde dünner. Durch die Schleusenöffnung konnte Carl ins Freie sehen, wo die Gestalt im Schutzanzug zappelnd davonschwebte, umgeben von der sich auflösenden Schaumwolke, bemüht, die Orientierung wiederzufinden und sein Manövriergerät einzusetzen. Ein Insekt, silbrig und anmutig…

Der Druck des letzten Schaumstoßes hatte auf beide gleich stark gewirkt, Carl tiefer in den Laderaum getrieben und den Mann hinaus ins Freie.

Er sprang nach dem Handhebel, der die Schleuse versiegeln und den Laderaum mit Luft füllen mußte. Bekam ihn zu fassen und zog. Die Schleuse schloß sich, kurz bevor der andere sie erreichte, und das heulende Zischen der unter Hochdruck einströmenden Luft ertönte in seinen Ohren wie eine Siegesfanfare.

 

»Ich habe es geschafft«, sagte Carl in sein Funksprechgerät. »Die Rohre sind blockiert.« Er kniete keuchend in der dicken, öligen Luft des unter Druck stehenden Zylinders.

»Gut!« antwortete Ould-Harrads Stimme in seinen Ohren, die Unentschlossenheit, der Fatalismus schien daraus gewichen. »Linbarger, haben Sie gehört?«

»Was plappert dieser Dummkopf?« höhnte der Chefmeuterer.

»Carl Osborn hat die Zuleitungen zum Fusionsreaktor blockiert«, sagte Ould-Harrad.

Im Hintergrund war Helga Steppins Stimme zu vernehmen: »Verdammt! Ich sagte dir, wir sollten die Rohrleitungen bewachen!«

Eine weitere, noch schwächere Stimme sagte: »Er muß von Abschnitt 3F durchgekrochen sein. Mist, aber wir können nicht jeden Winkel bewachen…«

»Ruhe jetzt!« Linbargers Stimme wurde lauter, als er sich an Ould-Harrad wandte. »Wir werden ihn dort hinausschwitzen.«

»Versuchen Sie’s, und ich laß das Tritium ab«, sagte Carl angespannt.

»Was?« Linbarger konnte kaum an sich halten. »Kann er das?« fragte er einen seiner Leute.

»Ich denke… ja, wenn er die Druckleitungen in den Kernspeicher öffnet. Die Zeit könnte dafür ungefähr gereicht haben.«

»Wenn er kein Tritium zu verbrennen hat, wird Euer Fusionsreaktor nicht über die Temperaturschwelle kommen«, fügte Carl hinzu.

»Sie…!« Linbarger verstummte.

Carl drehte sich in der Enge herum und vergewisserte sich, daß der Eingang hinter ihm versperrt war. Er hatte ihn durch einen verkeilten Werkzeugschrank blockiert und an den zwei entscheidenden Ventilen lange Schraubenschlüssel angesetzt, mit denen er sie rasch öffnen konnte. Sie würden von rückwärts auf ihn zukommen, aber bevor sie die Ventile wieder schließen könnten, müßte es gelingen, eine Menge des kostbaren Brennstoffs hinauszusprühen. Jedenfalls genug, um ihre Pläne zu durchkreuzen.

»Sind Sie sicher, daß Sie es können, Osborn?« fragte Ould-Harrad vorsichtig.

»Ja.« Möchtest du vielleicht, daß ich nein sage? dachte er ärgerlich. Wenn Linbarger mithört?

»Nun, das gibt uns zweifellos eine bessere Verhandlungsposition…«

»Verhandeln, zum Teufel! Wir haben sie!«

»Wenn sie schnell genug zu Ihnen durchkommen, können sie vielleicht genug Tritium zurückhalten, um ein Annäherungsmanöver zum Mars zu machen. Lose ziehen, um abwechselnd die neun Kühlfächer zu belegen, die sie jetzt haben. Dann…«

»Hören Sie auf!« Das fehlte noch, daß er den Meuterern Ideen lieferte.

»Ich versuche nur…«

»Ich sagte, Sie sollen aufhören!«

»Ich versuche Schlimmeres zu verhüten…«

»Sie sitzen nicht hier drin und halten den Kopf hin, Ould-Harrad!«

Sein Blick folgte den Zuleitungen nach links. Wenn sie dort hereinkrochen, konnten sie auf ihn schießen. Aber das wäre eine Dummheit, hier im Kernbereich des Fusionsreaktors. Beschädigten sie diese Armaturen, würden sie für den Ausbau und die Reparatur Wochen brauchen.

Linbargers grimmige Stimme meldete sich: »Hören Sie mich auf dieser Frequenz, Osborn?«

»Ich bin gleich hier um die Ecke, nur freundliche hundert Meter entfernt.«

Stille. Dann sagte Linbargers schrille, gepreßte Stimme: »Wenn Sie sich nicht verziehen, werden wir das Entladungsrohr aufheizen.«

Carl hielt den Atem an, ließ ihn dann langsam ausströmen. Das war die eine Alternative, die er niemandem gegenüber erwähnt hatte. Es war nicht klug, weil die Aufheizung des Entladungsrohrs Schaden anrichten konnte, wenn man nicht die Reaktorfusion in Gang bringen wollte, weil kein Wärmeabfluß stattfand, und er traute Linbarger nicht viel Erfahrung in diesen Dingen zu. Immerhin hatte der Mann die Möglichkeit erkannt, Carl durch die Erhitzung der Rohrleitungen zu rösten. Und da er in einer verzweifelten Lage war, mußte die Drohung ernst genommen werden.

Carl sagte so ruhig er konnte: »Sie werden die Anlage beschädigen.«

»Nicht, wenn wir achtgeben. Es wird keine allzu hohe Erhitzung erforderlich sein, um Ihnen eine hübsche braune Kruste zu verpassen.« Linbarger schien Mut zu fassen, offenbar glaubte er, das Blatt habe sich gewendet.

»Ich werde das Tritium so oder so ablassen.« Nun wollen wir sehen, dachte er, wieviel er weiß.

»Das werden Sie nicht. Die Hilfssysteme werden die Leitungen sofort sperren, wenn wir mit der Aufheizung beginnen. Das ist ein automatischer Prozeß. Sie können es in den Blaupausen nachlesen.«

Verdammt! Er mußte versuchen, Linbarger zu bluffen. »So wird es nicht gehen.«

»Versuchen Sie nicht, mir etwas vorzumachen, Osborn.«

Linbarger war klüger, als Carl gedacht hatte, und er wußte Bescheid. Aber er durfte nicht gewinnen.

»Sie werden niemals die Erde erreichen. Der Vorrat an Tritium ist schon so gering. Ich werde genug davon ablassen, um sicherzugehen, daß Sie eine lange Reise haben werden und Ihr Jupiter-Swingby-Manöver ins Wasser fällt. Sie werden verhungern, mit oder ohne Kühlfächer.«

»Wir haben noch die Hydrokulturen.«

»Sicher. Und keinen Wasservorrat, sie zu erhalten.«

»Der Wasservorrat ist groß genug. Außerdem haben wir Halley-Eis vor der Tür.«

»Versuchen Sie hinauszugehen.« Carl spielte eine Vermutung aus. »He, Jeffers! Was ist mit diesem Ortho, den ich aus dem Laderaum gepustet habe?«

»Welchem Ortho? Ich sehe nur kleine Stücke und Fetzen.«

Stille.

Dieses Hin und Her konnte nicht viel länger so weitergehen. Linbargers Tonfall verriet, daß er unter äußerster Anspannung stand. Wenn er handelte, würde es eine Sache von Sekunden sein, und Carl bliebe nur die Wahl, sich zur hinteren Luftschleuse zu retten und von dort einen Fluchtversuch zu unternehmen, oder die Schraubenschlüssel zu gebrauchen. Für Unschlüssigkeit würde die Zeit nicht reichen…

»Sie lügen, Jeffers!« Aber allzu selbstgewiß hörte es sich nicht an.

»Gehen Sie zum Teufel!«

»Ich warne Sie, Osborn! Ich zähle bis drei, dann lasse ich das Entladungsrohr aufheizen! Sie haben noch zehn Sekunden, sich davonzumachen!«

»Ich lasse jetzt das Tritium ab.«

»Nein!« sagte Ould-Harrad. »Ich dulde nicht, daß es dazu kommt! Wir hatten eine Vereinbarung getroffen…«

»Und Sie haben uns getäuscht, Sie Percell-Freund!« rief Linbarger.

»Ich konnte auf die Hydrokulturen nicht verzichten«, sagte Ould-Harrad, »aber Sie weigerten sich, das zu verstehen.«

Carl sagte ätzend: »Entschuldigen Sie sich nicht bei diesem Abschaum.«

»Osborn«, sagte Ould-Harrad, »ich muß Sie auffordern, Ihre Intervention abzubrechen!«

»Die Party ist zu Ende«, sagte Carl. »Geben Sie auf, Linbarger!«

»Ich glaube, ich werde Ihnen eine kleine Kostprobe vom heißen Stoff geben, Osborn. Es könnte Ihre Manieren verbessern.«

»Sowie ich es in diesen Rohrleitungen gurgeln höre, Sie mieses Subjekt…«

»Schluß jetzt, alle beide! Wir müssen dies durch Verhandeln lösen!« Ould-Harrads Stimme war am Überschnappen.

Eine Stille trat ein. Carl versuchte sich vorzustellen, was Linbarger durch den Kopf ging. Entweder war es dem Mann gelungen, seine paranoide Gefährdung vor psychiatrischen Eignungskommissionen zu verbergen, oder es war jetzt erst zum Durchbruch gekommen. Würde er jetzt imstande sein, halbwegs vernünftig zu denken?

Sie hatten verloren, konnte Linbarger das nicht sehen? Oder würde er es vorziehen, seinen Augenblick der Rache zu genießen?

Dann würde Carl es durch ein Wispern in den Rohrleitungen erfahren…

»Gut.« Linbargers Stimme klang verdrießlich.

»Wie?« antwortete Ould-Harrad. »Sie sind einverstanden?«

»Wir sind bereit, die Hydrokulturen gegen das Tritium und die Kühlfächer zu tauschen.«

»Nein!« rief Carl. »Wir haben sie!«

»Still, Osborn!« brüllte Ould-Harrad.

»Die Alternative«, sagte Linbarger langsam, »ist die, daß wir die Edmund Halley sprengen. Besser… alle von uns hier sind darin einig… besser ein rasches Ende als…«

Ein kalter Schauer überlief Carl, als er die krächzende Stimme vernahm. Sie war völlig überzeugend. Es war Linbarger bitter ernst mit seiner Drohung. »Lieber Gott«, murmelte Carl. Zuerst der Kapitän tot, nun die Edmund Halley verloren.

Ould-Harrad räusperte sich. »Wir… wir werden den Austausch durchführen.«

Was ist ein Astronaut ohne Schiff? fragte sich Carl wie betäubt. Was wird aus uns, wenn die Edmund Halley fort ist? Es war zu schrecklich, um daran zu denken.

»Sie können die Hydrokulturen ausladen«, sagte Linbarger. »Holen Sie Osborn heraus, und ich werde die Maschinen darauf ansetzen!«

»Nein. Ich bleibe hier, bis es getan ist.«

Eine weitere Pause. »Nun…« Mehr Geflüster im Hintergrund. Schließlich: »Einverstanden. Sie können die Maschinen verwenden, um das Hauptgewächshaus als Einheit herauszunehmen. Aber machen Sie schnell, oder wir rösten dieses Stück Percellscheiße.«

Carl ließ den angehaltenen Atem langsam ausströmen. Der Gedanke, den er während dieser langen Minuten unterdrückt hatte, der aber immer wieder hochgekommen war, drängte sich endlich in den Vordergrund: »Warum tust du dies? Du könntest umkommen, du Dummkopf!«

Nun, da er ihn an die Oberfläche gelassen hatte, wußte er sowenig wie zuvor eine Antwort darauf.

»Beeilen Sie sich!« sagte er gereizt.

Im Herzen des Kometen
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