Hauptgerichte
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In diesem Kapitel stelle ich Gerichte vor, deren einzelne Bestandteile im Zusammenspiel eine traditionelle Thai-Mahlzeit ergeben. Die Thai verabscheuen Wiederholungen; für sie besteht eine wohl durchdachte Mahlzeit aus mehreren Gerichten. Eine Mahlzeit besteht im Idealfall aus Relish, Suppe, Curry und Salat - und vielleicht einem einfachen Pfannen gerührten, gegrillten oder frittierten Gericht - und natürlich Reis. Eine Mahlzeit ohne Reis ist unvorstellbar, und eine Mahlzeit ohne eine Auswahl an Gerichten ist ärmlich. Das Gleichgewicht von Geschmack und Konsistenz spielt nicht nur bei der Zusammenstellung eines einzelnen Gerichts, sondern mehr noch bei der Planung einer Mahlzeit eine wichtige Rolle. Nie dominiert ein Duft, Geschmack oder Gewürz, und auch in der Art der Gerichte sollte es keine Wiederholung geben.
Nach Thai-Sitte wird das Essen nie in dem Gefäß serviert, in dem man es zubereitet hat. Thailändische Handwerker fertigen schon seit Jahrhunderten wunderschönes Essgeschirr an. Aus Sukhothai zum Beispiel kamen die berühmten jadegrünen Keramikschüsseln mit der so genannten Celadon-Glasur. Auf den getrockneten, aber noch nicht gebrannten Ton wurde ein Fischpaar gezeichnet, Symbol für Reichtum und Gesundheit. Reisplatten waren - und sind - viel größer als die anderen Schalen oder Servierschüsseln. Darin spiegelt sich die Bedeutung von Reis bei den Mahlzeiten und die Nebenrolle aller anderen Bestandteile. Reisplatten sind groß und flach, Curryteller kleiner und tiefer. Die kleinen Suppen-Schalen und -Löffel zeigen chinesischen Einfluss. Flache Teller führten die Europäer bereits im 17. Jahrhundert ein, davor benutzte man nur Schalen.
Während der Amtszeit König Ramas Iv. residierte ein Monsieur Pallegoix als päpstlicher Nuntius in Siam. Er hatte reichlich Gelegenheit, die Thai und ihre Bräuche zu studieren. Seine Description of the Thai Kingdom or Siam ist nicht nur wegen seiner Erkenntnisse bemerkenswert, sondern auch wegen der leutseligen Zuneigung, die er für seine »Herde« empfand: »Die Thai nehmen alle ihre Mahlzeiten auf einer Matte oder einem Teppich sitzend ein ... die Speisen sind in kleine Stücke geschnitten, und der Reis wird separat serviert. Die Esser haben weder Löffel noch Gabeln noch Messer. Sie benutzen nur einen Perlmuttlöffel, um sich von den Platten zu nehmen. Für alles andere reichen die Finger. Erst wenn sie satt sind, trinken sie pures Wasser oder eine Tasse Tee. Bei den reichen Leuten isst der Mann meist vor seiner Frau. Die Essenszeit ist den Thai sozusagen heilig. Man stört niemals jemanden beim Essen; selbst die Herren achten darauf, niemals ihre Sklaven bei den Mahlzeiten zu stören.
Die Essenszeit ist auch eine Zeit des Schweigens. Selbst wenn zehn oder zwanzig Personen gemeinsam essen, hört man kaum ein Wort, so vertieft sind sie in ihre Beschäftigung.« Zwar ist es immer noch unklug, die Thai beim Essen zu stören, Schweigen herrscht aber nicht mehr, höchstens aus Respekt beim Essen mit einem Vorgesetzten.
Heute speist man gesellig, es wird viel gelacht, viel geredet, man genießt einfach das Essen.
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts aßen die Meisten mit den Händen: Mit den Fingern der rechten Hand, aber mit abgespreiztem kleinen oder Zeigefinger, mischte man den Reis mit einer Beilage und formte daraus auf dem Teller einen kleinen Berg. Den hob man mit den vier Fingern zum Mund und schob ihn mit dem Daumen hinein, damit nichts daneben fiel. Gelegentlich sieht man noch Menschen ausgesprochen elegant auf diese Weise essen. Die Armen aßen von Bananenblättern, die Reichen aus Keramikschalen. Der Löffel war schon als Servierutensil bekannt, erst später benutzte man ihn auch zum Reis essen. Später trat durch den anhaltenden europäischen Einfluss die Gabel auf den Plan, und der Reis wurden vom Teller statt aus einer flachen Schale gegessen. Stäbchen benutzt man nur, wenn man Nudeln isst - ein Gericht mit chinesischem Ursprung.
Die Thailänder lieben zwar Snacks, es gibt aber keine Vorspeisen. Zwar reicht man manchmal ein paar Gerichte vor der eigentlichen Mahlzeit, diese gelten aber als Hors d' ceuvres, wörtlich »außerhalb der Mahlzeit«. Die meisten Speisen kommen mehr oder weniger gleichzeitig auf den Tisch. Unter Thailändern beginnt normalerweise der Ranghöchste oder Gastgeber mit dem Essen oder fordert die anderen dazu auf. Der Reis wird zuerst aufgetragen, und von den anderen Gerichten nimmt man mit dem Servierlöffel immer nur wenig auf einmal. Diese Portion wird dann mit Reis vermischt. Hat man diese verzehrt, wendet man sich dem nächsten Gericht zu - dafür gibt es keine feste Reihenfolge, es ist lediglich eine Frage der Vorliebe.
Meist folgt aber auf ein scharfes Gericht ein kühlendes, auf ein schweres, süßes ein herbes, so dass man auch während der Mahlzeit ein Gleichgewicht wahrt. Man häuft sich den Teller nicht mit Essen voll - das gilt als ungehobelt.
Die Zeit spielt kaum eine Rolle, und die Thai gehen gelassen damit um.
Es kümmert sie wenig, wenn das Essen abkühlt oder nur lauwarm aufgetragen wird, denn mit dem traditionellen Ofen war es fast unmöglich, alle Gerichte gleichzeitig heiß zu servieren. In der tropischen Hitze spielt das kaum eine Rolle, denn der Geschmack entfaltet sich knapp über Zimmertemperatur am besten.
Früher trank man nur Tee oder Wasser. Für die Gläubigen war Alkohol verboten. Grüner chinesischer Tee wurde dünn aufgegossen. Das Trinkwasser wurde mit Blumen parfümiert. Bei Sonnenuntergang, wenn der Jasmin am stärksten duftet, pflückte man die Knospen und ließ sie über Nacht in Terracotta-Gefässen ziehen. Dadurch bekam das Wasser ein luxuriöses Aroma. Es verstieß aber gegen die Etikette, während der Mahlzeit zu trinken - man trank nur davor oder danach. Mit Suppe, dem ständigen Begleiter während der Mahlzeit, stillte man den Durst.
Das ist heute anders, und die Thai trinken jetzt auch während der Mahlzeit. Das Problem bei einem modernen Essen ist die Wahl des Weins. Gerade die Kontraste machen eine Thai-Mahlzeit aus, und ein Wein, der zu einem Gericht perfekt passt, schmeckt vielleicht zu einem anderen scheußlich.
Am besten passt ein reichhaltiger Wein, einer mit schönem fruchtigen Bouquet und etwas Restzucker. Holzige oder tanninreiche Weine schmecken im Zusammenspiel mit den verschiedenen Gewürzen hohl und bitter. Der Wein sollte nicht zu fein sein: Seine Zartheit kann sich nicht wirklich gegen das würzige Essen behaupten - der Wein ist vergeudet und lenkt vom Essen ab. Die Weinauswahl ist weitgehend Geschmackssache, ein guter Semillon ist ideal zu knusprigen Fischplätzchen und grünem Mangosalat, Shiraz und Massaman-Curry passen oft harmonisch zusammen, ein halbtrockener Champagner und ma hör (eine Vorspeise aus Schweinefleisch, Huhn und Garnelen mit Ananas und Mandarinen) sind füreinander geschaffen. Ich persönlich schätze zu diesem Essen Pinot noir, einen leichten Shiraz, Coete du Rhone, Grenache, die elegantesten roten Schaumweine, leichten Chardonnay, eine deutsche Spätlese oder einen Gewürztraminer (besonders aus dem Elsass), aber das sind die Weine, die ich zu fast jedem Essen mag. Trinken Sie, was Sie mögen. Ein erfrischendes Bier ist natürlich immer gut.
Die Zubereitung einer Thai-Mahlzeit ist häufig zeitraubend, vor allem, wenn man alles allein oder am Tag des Essens erledigt. Die Thai essen jedoch selten allein, sie machen überhaupt selten etwas allein. Schon bei der Essenszubereitung spürt man diese Freude an der Geselligkeit: Freunde und Verwandte werden zum Helfen eingeteilt - oder versüßen zumindest durch Plaudern die Arbeit. Einiges lässt sich außerdem im Voraus zubereiten: Am Vortag kann man Currypasten anrühren, Kokosnüsse vorbereiten und so weiter. Kochen sollte Spaß machen. Schätzen Sie deshalb vorher ab, wie schwierig und zeitraubend die jeweiligen Gerichte sind. Wenn Sie die Technik nicht gut beherrschen oder wenig Zeit haben, gestalten Sie die Mahlzeit so einfach wie möglich. Staffeln Sie die Vorbereitungen - aber lassen Sie sich nicht hetzen.
Eine Thai-Mahlzeit ist flexibel; sie richtet sich nach den Zutaten der Saison, der zur Verfügung stehenden Zeit und den Vorlieben von Köchin oder Koch.