Kapitel 18

Pöllau, Sonntag, 24. November

Theresa legte einen Strauß Rosen nieder. Den zweiten behielt sie in ihrem Korb und fragte eine alte, vorbeihumpelnde Frau: »Entschuldigung, wissen Sie wo die Familie Dreiseitl liegt?«

»Gleich dort drüben irgendwo.« Die Frau zeigte auf das weiße Marmorkreuz der Igowskis.

»Danke.«

Nach einer kurzen Suche fand Theresa das Grab von Ambrosius und Ilse. Die zwei Gestecke, die die Gemeinde zur Beerdigung gestiftet hatte, waren bereits vertrocknet und braun. Alles sah trist und verwahrlost aus. Theresa räumte die verwelkten Pflanzen zur Seite und legte ihre Blumen auf den nackten Erdhügel. Ihr Arm schmerzte und sie vermisste Leon und Dino, die in einem Kaffeehaus am Pöllauer Hauptplatz auf sie warteten. Aber sie hatte allein zum Friedhof gehen wollen, um den Verstorbenen in aller Ruhe die Neuigkeiten erzählen zu können.

»Ich kümmere mich ab jetzt um euer Grab. Ihr habt ja niemanden mehr, der das tun könnte. Nächstes Frühjahr werde ich es mit der Hilfe meines Sohnes bunt bepflanzen. Weißt du schon, Ambrosius, dass der Mörder deiner Frau und deines Kindes gefasst worden ist? Es war wirklich ein Italiener. Er wird den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Und grüble nicht mehr – es war nicht deine Schuld.«