Kapitel 16
Florenz, Freitag, 15. November
Die Beruhigungsspritze schien nicht bis in ihr Unterbewusstsein vorgedrungen zu sein. Sie sah sich in ihren Träumen immer wieder fallen und Dino mit selbst gebauten Flügeln wie Ikarus hoch am Himmel schweben. Sie spürte ihre Angst, weil sie wusste, dass auch er abstürzen würde. Dann erschien ein Clown, der sie auf einem Einrad verfolgte. Aus seiner Plastikblume spritze Blut statt Wasser, plötzlich explodierte sein Kopf.
Das Erwachen war eine Erlösung. Sie blickte sich um, ihr Sohn schlief friedlich im Bett nebenan. Leon war im Besuchersessel eingenickt. Schön, dass das Personal ihn nicht weggeschickt hatte.
Für die Krankenschwestern waren Dino und Theresa Helden und sie hatten somit alle Freiheiten.
Ihr eingegipster Arm schmerzte. Ja, das hatte sie richtig in Erinnerung, der rechte war gebrochen. Ein Glück, dass sie Linkshänderin war! Aber wie sagte schon Tante Jolesch: »Gott behüte uns vor allem, was noch ein Glück ist.«
Sie schloss die Augen, ließ den gestrigen Abend Revue passieren. Was hatte sie alles falsch gemacht, welche Ängste ausgestanden, welche Risiken war sie eingegangen! Das Bild von der Pistole an Dinos Schläfe vermischte sich in ihren Gedanken mit Kieslings Beschreibung des toten Schlagers: keinen Kopf mehr, keine Zähne, ein Schuss mitten ins Gesicht. Das Gleiche hätte gestern passieren können.
Ihr Herz begann schneller zu pochen, wollte den Körper wieder zu einer großen Pumpe verwandeln. Shavasana – jetzt war der richtige Zeitpunkt! Totenstellung, Entspannung, die Gedanken fliegen lassen und sich darauf konzentrieren, was ist und nicht was war. Sie begann ihre Atemzüge zu zählen und endlich fiel sie in einen ruhigen Schlaf.
Als Dino drei Stunden später zu ihr ins Bett kroch, schreckte sie hoch. Leon saß aufrecht im Stuhl und zupfte an seinem verknitterten Hemd.
»Guten Morgen, meine Heldin. Wie geht es dir?«
Er küsste sie vorsichtig auf die Stirn. Dann hob er Dino hoch, drückte ihn an sich und kämpfte mit den Tränen.
»Ich bin kein Held, nur Dino ist einer.« Sie sah Leon müde an.
»Wie es mir geht? In der Nacht habe ich die Flucht noch zwanzigmal durchgespielt, aber sonst geht es mir ganz gut.«
Als sich die Tür öffnete, wehte Kaffeeduft ins Zimmer. Flora, Paul und Boris trugen Tabletts mit Bechern, einen Berg frischer Croissants und zwei überdimensionierte Blumensträuße herein.
»Endlich, ihr Langschläfer«, sagte Flora. »Wir warten seit Stunden …«, Paul stieß sie sanft in die Rippen, »na ja, seit 30
Minuten, dass ihr endlich aufwacht. Wir halten es nicht mehr aus!«
»Stimmt, wir haben schon zweimal Kaffee nachgeholt, damit er auf jeden Fall frisch ist. Paul hat sich inzwischen eine der Krankenschwestern angelacht und Flora erhielt den ersten Heiratsantrag eines Oberarztes«, erklärte Boris.
Es war so schön, dass sie alle da waren. Theresa setzte sich auf und trank einen Schluck. Dino schnappe sich ein Croissant und verzog sich vor den Fernseher in der Ecke, in dem italienische Zeichentrickfilme liefen. Hauptsache, es bewegte sich.
»Kannst du schon darüber reden, was gestern passiert ist?«
Mitfühlend tätschelte Flora Theresas Gipshand.
»Ja, ich habe es in der Nacht noch ein paar Mal durchlebt, es muss gehen.« Da durchzuckte es sie wie ein Blitz. »Ist mit Adriana alles in Ordnung?« Kein einziges Mal hatte sie gestern an die kleine Italienerin gedacht, die Dino bestimmt nicht kampflos hergegeben hatte.
»Ihr geht es gut«, beruhigte Boris. »Sie hat noch leichte Kopfschmerzen, wegen des Chloroforms, mit dem Casagrande sie betäubt hatte. Er war als Zimmerkellner verkleidet gewesen. Sie dachte, wir hätten etwas Kuchen vom Dinner geschickt, hat geöffnet und an mehr kann sie sich nicht erinnern. Sie macht sich natürlich wahnsinnige Vorwürfe.«
Arme Adriana, dachte Theresa. Aber Fremden mit Süßigkeiten durfte man eben nicht trauen. Wer rechnete allerdings in solch einem Moment damit? Sie musste auch mit Dino darüber sprechen.
Andererseits würde er nach dem, was er gestern alles erlebt hatte, mit keinem Unbekannten mehr mitgehen.
»Bin ich froh, dass ihr nichts geschehen ist«, sagte Theresa.
Sie seufzte, holte tief Luft und begann ihre Geschichte zu erzählen. Bei einigen Passagen stockte sie, weil sie die Tränen kaum zurückhalten konnte. Die Pistole an Dinos Kopf, sein erster Schritt auf dem Seil – diese Bilder würde sie niemals vergessen.
»Ich habe ihn so oft in Lebensgefahr gebracht«, schluchzte sie.
Leon nahm sie in den Arm und fragte: »Wieso bist du, als dich Casagrande beim Dinner anrief, nicht zu uns gelaufen und hast uns verständigt?«
»Er hat darauf bestanden, dass ich sofort komme, das Handy auf dem Weg eingeschaltet lasse und keinem nur ein Wort sage«, flüsterte Theresa. »Er hätte alles gehört und Dino sofort getötet.«
»Gott sei Dank, jetzt ist es vorbei«, seufzte Flora.
» Ihm soll ich danken, dass wir heil aus der Hölle entkommen sind? Wirklich?« Theresa wischte sich trotzig die Tränen aus den Augen. »Wieso hat er mich überhaupt in diese Situation gebracht?
Ich habe ein beschauliches Leben geführt, da gab es nichts Dunkles, nichts Böses, und plötzlich leert er die Büchse der Pandora über mir aus. Wieso? Zum Spaß? Weil ihm langweilig war? Bin ich Hiob? Nein, keinem Gott sei Dank.«
»Aber …«, begann Leon nachdenklich, »dass dir im letzten Moment Galileos Grab in Santa Croce eingefallen ist, war doch eine göttliche Eingebung.«
»Ich weiß nicht. Kam etwas Ähnliches nicht in einem Film mit Tom Hanks vor?«, fragte Flora.
»Du hast recht, im ›Da Vinci Code‹. Und das Grab war von Newton«, stimmte Paul zu.
Da dämmerte es Theresa. Sie war offensichtlich vor lauter Angst um das Leben ihres Sohnes in eine Mischung aus Fiktion und Realität abgetaucht. Um irgendetwas zu sagen, hatte sie Dan Brown zitiert. Keine göttliche Eingebung – Hollywood hatte ihr das Leben gerettet.
»Glaubst du wirklich, dass das Manuskript dort ist?«, fragte Flora.
»Als ich Casagrande den Hinweis gab, war ich davon absolut überzeugt«, antwortete Theresa nachdenklich. »Aber jetzt? Jetzt weiß ich gar nichts mehr – außer dass mir alles weh tut.«
Würden die italienischen Behörden das Grabmal öffnen lassen oder ihre Theorie als Fantasterei abtun? Es war ihr in diesem Moment egal. Theresa lehnte sich zurück und biss genussvoll in ein duftendes Marmeladecroissant. So wunderbare gab es wirklich nur in Italien. Und sie brauchte jetzt Zucker, Zucker und nochmals Zucker, damit Glückshormone in ihren Körper gepumpt wurden.
Die Suche nach dem Manuskript hatte noch Zeit.
Anscheinend galt das nicht für Boris. »Und wer wird Galileos Bibel suchen?«
»Die italienische Polizei natürlich«, erwiderte Leon.
Mit einer wegwerfenden Handbewegung wischte Paul diese Vorstellung vom Tisch. »Die haben sicher nicht die Ressourcen dafür. Ich glaube, das wird unsere nächste Aufgabe. Außer Casagrande und uns weiß niemand von dem Manuskript. Einzig vor Journalisten sollten wir uns in Acht nehmen, wenn die von der Geschichte erfahren und Blut lecken …«
»Es sind übrigens ein paar Fotografen vor der Tür, die Bilder von der ›Equilibrista‹ haben wollen«, unterbrach Boris. »Und natürlich auch die Story, die hinter einem Hochseilakt bei den Uffizien steckt. Ich weiß nicht, wie viel die Polizei schon verlautbart hat.«
Theresa schüttelte den Kopf. »Nein, wie ich aussehe! Niemand darf mich jetzt fotografieren. Die müssen war-ten. Von wem sind eigentlich diese Blumensträuße da drüben?«
»Einer ist von uns und der zweite ist …«, Flora ging hin, um die Karte zu lesen, »von Francesco.«
»Ich glaube, du solltest ihm verzeihen«, sagte Leon.
»Das sagst du?«
»Ja. Denn ohne ihn wäre die Spezialeinheit der Carabinieri nicht so schnell vor Ort gewesen.«
»War eh nur halb aufgeblasen, das Luftkissen. Typisch. Nein, es tut mir leid, aber gewisse Dinge kann ich nicht verzeihen.« Theresa verschränkte die Arme und verzog schmerzvoll das Gesicht.
»Chèrie, was hat er dir angetan?«, fragte Paul. »Derart unbarmherzig kenne ich dich gar nicht.«
»Den ausschlaggebenden Grund habe ich vergessen. Es waren viele Mosaikteilchen, die zusammen dieses Gefühl der Verletztheit ergeben haben. Und das verzeihe ich nicht. Schenkt den Strauß einer Krankenschwester. Die sind alle sehr nett hier.« Theresa klingelte, sie wollte sich ohnehin noch ein paar Schmerzmittel bestellen.
»Ich verstehe dich, es gibt Dinge, die kann man nicht vergessen.
Mit Walter geht es mir genauso. Also, wie lange musst du hier bleiben?«, wechselte Flora das Thema.
»Wegen Verdachts auf Gehirnerschütterung bin ich unter Beobachtung. Sonst ist alles gegipst und verbunden. Wenn mir nicht schwindlig wird und ich eine Hunderterpackung Paracetamol mitbekomme, kann ich am Abend gehen.«
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Renzo Rubini und Robert Kiesling steckten die Köpfe herein.
»Salve, Commissario Rubini, grüß Sie, Chefinspektor Kiesling.«
Theresa sah die beiden mit zusammengekniffenen Augen an. »Bin ich jetzt endgültig rehabilitiert?«
»Frau Valier, ich habe Sie nie wirklich im Verdacht gehabt. Gut, ein bisschen vielleicht, als Sie bei Wenz eingebrochen sind«, murmelte Kiesling verlegen.
»Verziehen und vergessen!«, erwiderte Theresa. Sie konnte doch großmütig sein!
»Guten Tag, Signora Valier, schön Sie endlich persönlich kennenzulernen. Wir haben eine gute Nachricht. Das Gemälde wurde gefunden«, sagte Rubini und sah dabei Flora an, die augenblicklich errötete.
Theresa bemerkte, dass Kiesling die beiden mit einem bösen Blick bedachte und freute sich ein bisschen. Das würde noch interessant werden. Und Flora drehte wieder verlegen an ihren Haaren.
»Wo ist es? Haben Sie es mitgebracht? Wie sieht es aus?«, fragte Leon.
»Nein, wir haben es auf dem Kommissariat. Es ist fast unversehrt, nur vom Keilrahmen genommen. Es müsste neu gespannt werden. Die Kollegen vom Kunstraubdezernat sehen es sich gerade an.«
»Wieso?«, fragte Theresa und sah es schon für Jahre in der Asservatenkammer verschwinden.
»Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben, aber vor ein paar Wochen wurde ein Sustermans hier in Italien restituiert«, sagte Renzo und schickte noch einen Augenaufschlag an die rothaarige Signorina.
»Und weiter? Was hat das mit unserem, ich meine, Frau Valiers Bild zu tun?«, fragte Paul ungehalten.
»Es wird überprüft, ob das Gemälde zu den drei Sustermans-Werken gehört, die im Feber 1943 von Nazitruppen aus einer Villa in Florenz geraubt worden sind. Das Porträt einer Medici-Prinzessin wurde vor Kurzem in Rom zum Verkauf angeboten und dort, nachdem es als Naziraubgut identifiziert worden ist, einbehalten.«
»Aber mein …«, unterbrach Theresa, doch Renzo sprach unbeirrt weiter.
»Das beschlagnahmte Kunstwerk wurde an die Erben zurückgegeben, den Franziskanerorden in Assisi.«
Aufgebracht rief Leon: »Da hat meine Frau Kopf und Kragen riskiert, wegen eines Gemäldes, das wegen der Ignoranz der Kirche zu einem Geheimnisträger und Gefahrenherd wurde? Und nun gehört es vielleicht der Kirche? Was für eine Ironie!«
»Halt!«, unterbrach Theresa und setzte sich mühsam auf. »Es gibt Briefe, die beweisen, dass das Bild immer im Besitz der Igowskis war, also wird es da kein Problem geben.« Sie sank wieder in ihre Polster, froh, dass die ›Krönung‹ nicht auch noch eine braune Vergangenheit hatte.
»In diesem Fall wird die offizielle Ausfuhrgenehmigung eine reine Routineangelegenheit sein«, sagte der Commissario. »Dafür werde ich sorgen.«
»Danke, Frau Valier, dass Sie uns die Arbeit abgenommen und den Mörder geschnappt haben«, mischte sich Kiesling in die Unterhaltung ein.
»Es war wohl eher umgekehrt. Der Mörder hat mich geschnappt und ich bin dann aus den Uffizien gefallen. Viel detektivisches Gespür habe ich dafür nicht gebraucht. Wieso hat uns die Polizei eigentlich so schnell aufgespürt?«
Obwohl Theresa die Entführung wie eine Ewigkeit vorgekommen war, hatte sie nur zwei Stunden gedauert. Und innerhalb dieser Zeit waren alle Einsatzkräfte vor Ort gewesen.
»Ihr Mann hat die italienischen Behörden alarmiert. Flora hat mich angerufen und mir gesagt, dass Domenico Casagrande der Gesuchte ist. Ich habe unverzüglich Renzo informiert, der alle Einheiten gebündelt und den Einsatz geleitet hat. Er hatte sich schon in den letzten Tagen mit der Namensliste beschäftigt und wusste, wo Casagrande wohnte und arbeitete. Zu Hause war er nicht und über sein Handy konnten wir ihn ziemlich bald lokalisieren. Während Sie versuchten, über das Seil zu fliehen, drang die Spezialeinheit ins Museum ein. Einer der Scharfschützen hat Casagrande außer Gefecht gesetzt.«
»Ist er tot?«
Theresa wollte sich weiter aufrichten, aber der gebrochene Arm behinderte sie. Leon kam ihr zu Hilfe, während Kiesling antwortete: »Nein, Schulterdurchschuss. Sobald er das Krankenhaus verlassen kann, wird er vor Gericht gestellt.«
»Er liegt doch wohl nicht hier?« Mit großen Augen sah Theresa den Chefinspektor an, ein Zittern ging durch ihren Körper. Ein Zittern, das ihr zeigte, dass sie noch lange brauchen würde, um die Ereignisse zu verarbeiten.
»Keine Angst, er ist in Polizeigewahrsam«, versuchte Kiesling, sie zu beruhigen. »Sie sind außer Gefahr.«
Das hatte sie vor ein paar Tagen auch gedacht und sich gründlich getäuscht!
»Könnten Ihre Kollegen vom Kunstraub organisieren, dass der Sarkophag von Galileo Galilei geöffnet wird?«, fragte Flora Rubini unvermittelt.
Überrascht schaute der Commissario sie an. Theresa schüttelte den Kopf und signalisierte ihr, still zu sein. Doch Flora sah es nicht – oder wollte es nicht sehen.
»Ja oder Nein?«
»Wieso?«
Flora erzählte in knappen Sätzen von der Chance, dort ein unbekanntes Manuskript zu finden.
Rubini nickte fortwährend und sagte schließlich: »No, das wird nur aufgrund einer Vermutung nicht möglich sein. Auch nicht für Sie, Signorina. So, ich muss jetzt leider wieder gehen.«
Mit hängenden Schultern verließ er das Zimmer. Von draußen hörte man ihn noch schreien: »No, no! No foto!«
Am späten Nachmittag entließ sich Theresa gegen den ärztlichen Rat selbst aus dem Krankenhaus. Vollgepumpt mit Schmerzmitteln fuhr sie mit Leon zum Kommissariat, um Rubini zu treffen.
Er führte sie in ein Besprechungszimmer, in dem bereits Kiesling wartete – und ihre ›Krönung‹! Etwas mitgenommen sah das Bild zwar aus, aber Hauptsache, sie hatte es wieder. Theresa strich über den Kopf des Königs und musste an ihren Vater denken.
Wie es ihm wohl ging – da oben? Hatte er alle, die hier auf dem Bild versammelt waren, schon getroffen?
Sie berührte die Figur des Galileo. Ehrfurcht durchströmte sie.
Waren seine Finger auch flüchtig darüber gefahren, als er zu Monsù Giusto gesagt hatte ›Perfetto, amico mio. Niemand wird jemals die wahre Bedeutung erkennen‹? Hatte er sich damit selbst ein Denkmal gesetzt? Die ›Krönung‹ seiner Wissenschaft, der Sieg der Vernunft über die Unbelehrbaren? Galileos Krönung? Genau das war sie, Galileos ›Krönung‹, sein Gemälde, und nun würde es niemandem mehr schaden können.
Sie sah den König an, lächelte und flüsterte: »Sicher hast du mir die Eingebung geschickt, als du mich in meiner höchsten Not beobachtet hast, oder? Danke, Papa!«
»Frau Valier?« Kiesling sah sie verwundert an. »Können wir ganz kurz das Protokoll aufnehmen? Damit ist der Fall abgeschlossen und Sie bekommen das Bild wieder. Nach ein paar Interventionen von Renzo steht einer Ausfuhr nichts mehr in Weg.«
»Sehr gut.« Theresa setzte sich an den Schreibtisch, nahm einen Schluck Kaffee, der unvergleichlich besser war als das Gebräu im Wiener Präsidium, und begann erneut, ihre Geschichte zu erzählen.
Mit jedem Mal wurde sie innerlich ruhiger. Und mit jedem Mal wurde die Geschichte unwirklicher. Eine Geschichte, die sie zwar erzählte, die jedoch immer weniger mit ihr zu tun hatte.
Sie sah aus dem Fenster. Die schwarzen Wolken ließen ab und zu ein paar Sonnenstrahlen durch, aber so schön wie es am ersten Tag in Florenz gewesen war, würde es nicht mehr werden. Jetzt schickte der Winter auch hier seine Vorboten.
Beim Abschied sagte Theresa zu Kiesling: »Ach, und könnten Sie dafür sorgen, dass ich den Rahmen für das Bild wiederbekomme? Er steht noch im Atelier von Wenz. Das sollte doch machbar sein, oder?«
Kiesling sah sie erst indigniert an, dann nickte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Als sie hinaustrat, flüsterte Theresa in Richtung Leon, der geduldig auf einem Stuhl gewartet hatte: »Schön, wenn die Polizei dir was schuldig ist und du kommandieren kannst.«