Kapitel 31

Der Privatsekretär erschien am Kücheneingang zum üblichen Zeitpunkt, pünktlich wie immer.

Sie beugten gerade ihre Köpfe gemeinsam über ein offizielles Papier, als die Queen inne hielt und lauschte. Sie konnte deutliche Schritte hören. Hoffentlich war das nur Sam!

Sie tauschte gerade mit Edward einen besorgten Blick, als die Tür aufflog und Clare hereinkam. Sie war viel zu früh.

Als Clare den großen und beeindruckenden Herren in ihrer Küche sah, schreckte sie zusammen.

Im Flur hatte sie noch die Worte überhört: der Palast...Ihre Majestät...eine Unterschrift...“, und war völlig verwirrt.

Die Queen und Edward rafften eilig die Blätter zusammen und sahen geradezu schuldbewusst aus. Sie starrten einander ratlos an. Wie viel hatte Clare wohl mitbekommen?

Sie sprachen auf einmal alle gleichzeitig. Dann wieder Schweigen.

Lizzy, dürfte ich erfahren wer dieser Herr ist, und was er in meiner Küche zu suchen hat?

Clares Stimme war auffallend kühl.

Die Queen fand schnell zu ihrer üblichen Haltung zurück. Sie überlegte kurz, dann sagte sie: Dürfte ich dir Mr. Edward Fairby vorstellen?

Blitzschnell hatte sie sich überlegt, dass Clare vermutlich nicht wusste, wie der Sekretär der Queen heißt, und dass sie deshalb seinen wahren Namen ruhig nennen konnte. Er kommt vom Palast.

Edwards Gesicht spiegelte völlige Verblüffung.

Einerseits ahnte er, dass Ihre Majestät über dieses Zusammentreffen ganz und gar nicht begeistert war, obwohl ihn ja eigentlich keine Schuld traf. Andererseits begriff er nicht, warum die Queen seine wahre Identität verriet.

Am allermeisten aber, war er von Clares Anblick gänzlich entzückt. Seitdem er am ersten Tag das Foto am Kühlschrank entdeckt hatte, hatten seine Augen es sich angewöhnt, immer wieder dorthin zu wandern. Aber auf die Wirkung, die das lebendige Objekt auf ihn ausübte, war er nicht vorbereitet. Sie war so hübsch und viel kleiner, als er sich ausgemalt hatte.

Dieses war also momentan die Chefin von Ihrer Majestät der Königin von England, Herrscherin über die Länder der Commonwealth? Diese kleine sommersprossige Fee mit ihrem Lockenkopf? Es hätte ihn nicht verwundert, zarte Flügel aus ihren Schultern sprießen zu sehen.

Er reichte ihr seine Hand und ihre verschwand fast ganz in seiner, als er sie drückte.

Clares Augen ruhten auf Edwards Gesicht mit einem fragenden Blick. Dann wandte sie sich Lizzy zu.

Vom Palast? Zu mir, der Kaiserin von China?“, fragte sie ironisch.

Die Queen hatte sich in Windeseile eine Idee zurecht gezimmert und hoffte inständig, dass sie funktionieren möge. Es kam jetzt darauf an, dass Clare ihr glaubte.

Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich ihn hineingebeten habe, aber er scheint uns ein interessantes Angebot machen zu wollen.

Clare und Edward sahen beide verblüfft aus. Ein Angebot? Was konnte sie nur meinen?

Anscheinend möchte der Palast jemanden mit einer neuen Kommission beauftragen.

Ihre Zuhörer waren nur noch mehr verwirrt.

Scouts sind ausgesandt worden, um mögliche Partner für diese Kommission zu entdecken und es scheint, so wie es aussieht, dass Mr. Fairby, in seiner Aufgabe als Steward der Königin...

Steward?

Edward versuchte gelassen auszusehen, aber er hatte keine Ahnung, was jetzt kommen sollte. Was hatte die Queen bloß vor?

Die Queen sagte: Anscheinend suchen sie jemanden, der die Arbeit des königlichen Blumenarrangeurs ergänzen soll.

Als Edward endlich dämmerte, was die Queen beabsichtigte, entspannte sich sein Gesichtsausdruck. Nun mischte er sich ein.

Genau. Unsere Scouts waren beeindruckt vom Angebot an Blumenarrangements, das Ihr Laden ausstellt. Uns ist geraten worden, mit dem Betreiber dieses Ladens den Kontakt aufzunehmen, um festzustellen, ob er an einem Vertrag mit dem Palast interessiert wäre.

Er blickte zur Queen und sie zeigte mit einem diskreten Nicken ihre Anerkennung.

Clares Augen wandelten ungläubig vom einen zum anderen.

Ist das wirklich wahr? - Blumenarrangeur der Queen? - Nennt man das so?

Edward gab ihr sein breitestes Lächeln. Es machte ihm Freude, diesem exquisiten Wesen solch ein Angebot vortragen zu können.

Das ist in der Tat der Grund, warum ich Sie aufgesucht habe“, sagte er, wobei er seine Finger hinter seinem Rücken kreuzte, da er nicht gerne log, auch wenn es so eine schöne Lüge wie diese war. Vielleicht erleichtert es Ihnen die Entscheidung, zu wissen, dass Sie im Fall Ihrer Zusage sofort auch berechtigt sind, ein Schild über Ihrem Laden zu führen, das das königliche Wappen zeigt mit dem Zusatz: 'Im besonderen Auftrag Ihrer Majestät der Queen'.

Dies war nun einfach zu viel für Clare. Sie musste sich erst einmal setzen und tief durchatmen. Ihre Augen fielen auf die Queen.

Lizzy, das verdanke ich nur und alleine dir“, flüsterte sie, „da bin ich mir sicher!

Edward verzog das Gesicht, als er sah wie Clare in der Gegenwart der Queen saß, als diese noch auf ihren Füßen war. Er beeilte sich Ihrer Majestät einen Stuhl anzubieten, auf den sie sich mit königlicher Würde niederließ, soweit das in Emilys kuschliger Jacke überhaupt möglich war.

Sie sagte zu Clare: Ich verstehe wirklich nicht was du meinst. Mr. Fairby ist doch der gute Bote, nicht ich.

Es ist wegen deiner tollen Arbeit, du Dummchen!

Jetzt war Edwards Gesicht so verzerrt, dass die Queen ihm einen warnenden Blick werfen musste.

Deine wunderschönen Sträuße, was sonst?

Edward sah seine Chefin erstaunt an. Er wusste, dass sie viele ausgezeichnete Qualitäten besaß, aber vom einem Talent im Blumenarrangieren hatte er bis jetzt noch nichts gewusst.

Dann sah er wieder Clare an. Er fand sie einfach hinreißend. Wie gerne würde er mehr über sie erfahren!

Er raffte seinen Mut zusammen, um zu sagen: In meiner Funktion als äm Steward werde ich regelmäßig zum Laden kommen, um die Menge und äm Art der Arrangements zu besprechen, die am Palast benötigt werden Vielleicht mit Ihrer Assistentin? So wären Sie frei, um Ihrer Arbeit im Laden nachzugehen.

Die Queen nickte ihm wieder zu. Insgeheim war sie sehr erleichtert, dass sie so in Zukunft Edward treffen könnte, ohne dass irgendjemand argwöhnisch wäre oder sich darüber wundern würde.

Und jetzt“, sagte Clare während sie aufsprang, hole ich uns eine Flasche Sekt aus dem Keller, und wir stoßen darauf an.

Sie stellte die Gläser heraus und eilte davon.

Edward und die Queen waren nun alleine und sahen einander erschöpft aber auch erleichtert an.

Das war entschieden knapp“, bemerkte die Queen.

Ja. Wie famos, dass Ihre Majestät sich so eine brilliante Lösung ausgedacht haben.

Die Queen sah besorgt aus.

Ich bin mir da nicht so sicher. Ich hoffe inständig, dass wir nichts angerichtet haben. Was wird wohl unserer Blumenarrangeur, der seit Generationen ein guter und zuverlässiger Bediensteter ist, zu dieser Entwicklung sagen? Es wird nun Ihre Aufgabe sein, Edward, ihm die Situation zu erklären. Und ich kann nicht sagen, dass ich Sie darum beneide. Machen Sie es bitte so schonend wie möglich.

Selbstverständlich, Ihre Majestät.

Clare betrat gerade wieder die Küche und überhörte dieses.

Mr. Fairby, habe ich Sie da etwa 'Majestät' sagen gehört? Sie machen sich wohl lustig über die arme Lizzy. Sie mag zwar in meinen und Ihren Augen die Königin der Floristinnen sein, aber sie mag keinen Wirbel um ihre Person. Nicht wahr, Lizzy?

Nein, natürlich nicht“, sagte die Queen und setzte etwas übermütig hinterher: Machen Sie doch nicht so ein Getue und nennen Sie mich bitte einfach Lizzy.

Edward verschluckte sich fast an seinem Sekt, aber sammelte sich wieder rasch und sagte: Sehr wohl, aber dann bin ich Edward für - für dich und für dich auch.

Er hob sein Glas in Clares Richtung und nahm seinen ganzen Mut zusammen, um für einen Moment tief in ihre erstaunlich grünen Augen zu schauen.

Clare wurde rot, aber sie lächelte zurück und prostete ihm zu.

Auf unsere neue Zusammenarbeit!

Während sie den Sekt schlürfte, nahm sie auf ein Mal etwas in der Luft wahr einen Duft. Es war nicht das Aroma des Weines. Sie kannte diesen Duft von irgendwo her. Es roch wie Aftershave.

Vielleicht das dieses netten Stewards, dachte sie. Irgendwie edel. Wo hatte sie das denn schon mal gerochen?

Während sie sich den Kopf zerbrach, merkte sie auf einmal, dass sie denn netten Steward unbewusst angestarrt hatte. Er fand das sicher unhöflich von ihr. Sie sah schnell weg und wurde schon wieder rot. Sie verfluchte ihre helle Haut, die daran Schuld war.

Als sie es endlich wieder wagte, zum ihm hinzusehen, lächelte Mr. Fairby, nein Edward, so freundlich, dass sie ganz weiche Knie bekam. Sie konnte sich nicht verkneifen, darüber zu sinnieren, ob er wohl noch Single war. Immerhin trug er keinen Ring, oder?

Die Queen macht Ferien
titlepage.xhtml
part0000_split_000.html
part0000_split_001.html
part0000_split_002.html
part0000_split_003.html
part0000_split_004.html
part0000_split_005.html
part0000_split_006.html
part0000_split_007.html
part0000_split_008.html
part0000_split_009.html
part0000_split_010.html
part0000_split_011.html
part0000_split_012.html
part0000_split_013.html
part0000_split_014.html
part0000_split_015.html
part0000_split_016.html
part0000_split_017.html
part0000_split_018.html
part0000_split_019.html
part0000_split_020.html
part0000_split_021.html
part0000_split_022.html
part0000_split_023.html
part0000_split_024.html
part0000_split_025.html
part0000_split_026.html
part0000_split_027.html
part0000_split_028.html
part0000_split_029.html
part0000_split_030.html
part0000_split_031.html
part0000_split_032.html
part0000_split_033.html
part0000_split_034.html
part0000_split_035.html
part0000_split_036.html
part0000_split_037.html
part0000_split_038.html
part0000_split_039.html
part0000_split_040.html
part0000_split_041.html
part0000_split_042.html
part0000_split_043.html
part0000_split_044.html
part0000_split_045.html
part0000_split_046.html
part0000_split_047.html
part0000_split_048.html
part0000_split_049.html
part0000_split_050.html
part0000_split_051.html
part0000_split_052.html
part0000_split_053.html
part0000_split_054.html
part0000_split_055.html
part0000_split_056.html
part0000_split_057.html
part0000_split_058.html
part0000_split_059.html
part0000_split_060.html
part0000_split_061.html
part0000_split_062.html
part0000_split_063.html
part0000_split_064.html
part0000_split_065.html
part0000_split_066.html
part0000_split_067.html
part0000_split_068.html
part0000_split_069.html
part0000_split_070.html
part0000_split_071.html
part0000_split_072.html
part0000_split_073.html
part0000_split_074.html
part0000_split_075.html
part0000_split_076.html
part0000_split_077.html
part0000_split_078.html
part0000_split_079.html
part0000_split_080.html
part0000_split_081.html