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Sie trabten durch den Wald. Bald schon spürten sie ihre Zehen nicht mehr. Der tiefe Schnee war an der Oberfläche angefroren und brach beim Auftreten ein. Obwohl sie beide dicke Hosen trugen, gingen sie wie durch Glasscherben. Zur Kälte gesellte sich bei Soft die Angst. Da war seit Kairo eine falsche Verbindung in ihrem Gehirn entstanden, die sie nicht mehr kappen konnte. Sie nahmen den Weg in Richtung SHF, indem sie einem Wegweiser mit der Aufschrift »Klärwerk« folgten. Der Weg schlängelte sich durch den Wald. Sie trugen beide ihre Waffen im Halfter unter den Jacken. So wurde das Metall einigermaßen gewärmt. Sie hätten sie lieber herausgeholt, um sie parat zu haben, wenn sie auf Fohlin oder Sundman stießen, aber dann würden die Pistolen und ihre Hände trotz der Handschuhe so kalt werden, dass man sie nicht mehr halten, geschweige denn abfeuern konnte. Jetzt begriffen sie beide, warum ihnen Henning zu Beginn der Kälte vor drei Wochen die Neunzehner weggenommen und durch Vierunddreißiger ersetzt hatte. Deren Lauf war so lang, dass man ihn auf den freien Unterarm auflegen konnte.
Nach einiger Zeit standen sie auf einmal vor der Ringstraße. Beide seufzten sie. Wären sie allwissend gewesen, hätten sie mit dem Auto gleich hierher fahren können. Mit zitternden Händen ließ sich Sofi den aktuellen Standpunkt von Sundmans Telefon durchgeben. Er musste sich weiter Richtung Nacka bewegt haben. Sie überquerten den kleinen Kanal über eine Schleuse und folgten dieser Richtung.
Sofi blieb stehen. »Heute Joggen.«
»Was?«, fragte Barbro.
»Heute Joggen! Das hat Fohlin in das Internetforum geschrieben. Im Sommer joggen hier bestimmt viele. Wetten, dass Fohlin in seinen Mittagspausen hier entlangläuft?«
Sie keuchten. Barbro drehte den Kopf in alle Richtungen. »Ich weiß, wo«, raunte sie und ging entschlossen weiter.
Sofi folgte ohne Fragen. Sie liefen Sickla Strand entlang, erreichten fünf Minuten später ein Wohngebiet und marschierten durch kleine Straßen, bis Barbro den Arm wie einen Schlagbaum ausstreckte. Sofi prallte dagegen und blieb stehen. Barbro starrte die Straße hinauf und deutete auf ein Haus. Es lag fünfzig Meter entfernt. Es war das Haus, das Mari von ihrem Vater geerbt hatte.