Ion Ola Sundman wohnte im Petrejusvägen 12. Sofi und Barbro kannten diese Straße nicht und mussten auf dem Stadtplan suchen.
»Das darf nicht wahr sein.« Barbro nahm den Zeigefinger vom Plan und ließ die flache Hand gegen ihre Stirn klatschen.
Sofi grinste. Wenn man sich hinter dem SHF-Gebäude ins Grün schlug, am Klärwerk vorbeilief durch den Wald in Richtung auf den Globen, dann war man zu Fuß in wenigen Minuten dort. Der Petrejusvägen lag mitten auf der Hammarbyhöhe.
»Der Kerl ist einfach nach Hause gegangen, über die Schnellstraße.«
»Wenn er es wirklich ist«, gab Sofi zu bedenken.
»Starten wir?«
Sofi nickte. Sie spürte die Angst ganz leicht und hoffte, sich nicht zu verraten. Sie bewaffneten sich und schlüpften in ihre Jacken. Sofi steckte ihr Notebook in ihren Rucksack, den sie kurz vor Ende ihres Studiums gekauft hatte. Das lag gar nicht so lange zurück, wie der Zustand des Rucksacks vermuten ließ, zwei Jahre und acht Monate.
Kurz darauf schoss der Wagen aus der Garage. Sofi trat aufs Gas, um sich damit selbst anzuspornen. Jetzt ging es endlich los. So wie sie es in Kairo gemacht hatte, als sie in Maadi aus dem Wagen gestiegen war. Sie hatte immer in einem Schutzpolster gesteckt, aus dem jetzt jemand die Luft herausgelassen hatte. Vielleicht konnte sie es wieder aufblasen. In einem weiten Bogen umkreisten sie den Stadtkern auf der südlichen Ringstraße. Unterwegs rief Barbro bei Henning an. Er stand mit dem Observationsteam gerade in einem Seven-eleven-Laden und wärmte sich bei Kaffee und Schokoriegeln. Die Lage sei konfus, berichtete Henning, das Observationsteam gehe davon aus, dass Fohlin nach Süden unterwegs sei. Barbro erzählte, dass sie einer Spur folgten. So verblieb man.
Das Haus, in dem Sundman wohnte, war ein Riesenwürfel und sah aus, als wäre ein außerirdischer Monolith in ein bewaldetes Gebiet gefallen. Der Globen war beleuchtet, und von hier war die nahe Halbkugel der Arena so riesig, dass sie den Blick nach Westen ganz verschluckte. Für die Anwohner ging die Sonne schon zwei Stunden früher unter als im Rest der Stadt.
Sie beratschlagten sich. Sofi kannte inzwischen Sundmans normale Telefonnummer, aber noch so ein sonderbarer Anruf wie vorhin war einfach zu verdächtig. Von außen bot sich keine Möglichkeit, die Wohnung einem der Fenster zuzuordnen. Es war zwei Uhr, und kein Mensch mehr auf der Straße.
Sofi rief bei der Telefongesellschaft an und ließ das Mobiltelefon von Sundman orten. Das dauerte zehn Minuten.
»Fohlin läuft doch auch irgendwo hier herum«, überlegte Barbro, während sie warteten. Mittlerweile war das Innere des Wagens fast auf die Außentemperatur abgekühlt. »Wenn das so nahe an der SHF liegt, dann kennen die beiden sich doch in der Gegend gut aus. Vielleicht haben sie hier im Wald einen Treffpunkt? Lass uns doch mal die Gegend erkunden.«
Das war typisch für Barbro. Sie war eben bei der Zielfahndung im zweiten Stock groß geworden. Bis vor einigen Tagen hätte Sofi sofort Lust daraufgehabt.
Der Rückruf von der Telefongesellschaft brachte die Bestätigung. Sundman streunerte hier irgendwo herum. Und gerade hatte er sogar telefoniert. Sofi notierte Nummer und Namen des Gesprächspartners.
»0734-476502. Sundman spricht mit einer Malin Âhlgren«, sagte Sofi.
»Hui!«, stieß Barbro hervor, begleitet von einer Wolke weißer Luft. »Das ist Fohlins Anwältin. Die sitzt doch auch in der Einsamen Emma.«
»Das kann nicht sein. Ihr Telefon befindet sich hier in Södra Hammarbyhamn.«
Sofi rief noch einmal bei Henning an. Malin saß immer noch an ihrem Tisch. Nur Fohlin war nicht mehr dort.
»Ich weiß aber nicht, ob sie in der letzten Zeit telefoniert hat«, beendete Henning seinen Kurzbericht.
»Ihr müsst herkommen!«, rief Sofi aufgeregt ins Telefon. »Hier spielt die Musik. Malin kann ihr Telefon nicht mehr haben, es muss auch hier in der Nähe sein. Wahrscheinlich hat Fohlin es bei sich und damit mit einem Jon Ola Sundman telefoniert. Der Typ wohnt hier im Petrejusvägen 12. Beide sind hier in der Gegend unterwegs.«
Barbro wollte schon die Tür aufreißen, als Sofis Telefon abermals klingelte. Sie hob ab und lauschte still. Es war die Telefongesellschaft.
»Kajsas Telefon befand sich in der Mordnacht um ein Uhr zwölf in der Västmannagatan«, sagte sie dann fassungslos. »Kurz davor musste sie jedoch noch in Uppsala gewesen sein.«
»Mein Gott«, sagte Barbro und drückte feurig die Tür auf.