Depotübertragungen im Inland bei Kontogläubigeridentität

Wechselt ein inländischer Kapitalanleger innerhalb Deutschlands das Kreditinstitut bzw. seine Depotbank und lässt er Wertpapiere auf das in seinem Namen neue eröffnete Depot übertragen (Kontogläubigeridentität), ist die abgebende Bank verpflichtet, der empfangenden Bank die jeweiligen Anschaffungsdaten der übertragenen Wertpapiere zu übermitteln.[78] Dies dient der richtigen Ermittlung der Kapitalerträge und der Abgeltungsteuer, wenn der Kapitalanleger Wertpapiere aus dem übertragenen Depot veräußert. Werden bei einem Depotwechsel die Anschaffungsdaten nicht übermittelt, hat das aufnehmende Kreditinstitut bei Veräußerung die Abgeltungsteuer aus der Ersatzbemessungsgrundlage in Höhe von 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung anzusetzen (Strafbesteuerung).[79]

Depotübertragungen im Inland bei Kontogläubigerwechsel

Für Zwecke der Abgeltungsteuer gilt die Übertragung der von einer inländischen Bank (einer auszahlenden Stelle) verwahrten oder verwalteten Wertpapiere auf einen anderen Gläubiger grundsätzlich als Veräußerung dieser Wertpapiere mit der Folge, dass ein eventueller Veräußerungserlös der Abgeltungsteuer unterliegt.[80] Als Bemessungsgrundlage für die Abgeltungsteuer (Veräußerungspreis) gilt der Börsenkurs zum Zeitpunkt der Übertragung als Einnahme aus der Veräußerung, wobei die Kreditinstitute jeweils auf den Börsenkurs des Vortags der Ausbuchung bzw. Einbuchung zurückgreifen. Bei nicht börsennotierten Inhaber-Schuldverschreibungen wird mangels Börsenkurs der von der emittierenden Stelle festgestellte Wert angesetzt. Bei Investmentfondsanteilen gilt der Rücknahmepreis bzw. der Börsen- oder Marktpreis.[81]

Analog gelten diese Wertansätze beim neuen Gläubiger als Anschaffungskosten; das übernehmende Kreditinstitut hat diese entsprechend anzusetzen.[82] Werden bei dem Depotwechsel die Anschaffungsdaten nicht übermittelt, hat das aufnehmende Kreditinstitut analog der Regelung beim Depotwechsel unter Kontogläubigeridentität bei Veräußerung die Abgeltungsteuer von 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung zu bemessen (Ersatzbemessungsgrundlage).[83]

Eine Ausnahmeregelung gilt allerdings für Erbschaften und Schenkungen. Bei einem unentgeltlichen Erwerb von Wertpapieren im Wege der Einzelrechtsnachfolge werden dem Erwerber bei der Ermittlung des abgeltungsteuerpflichtigen Gewinns die Aufwendungen des Rechtsvorgängers zugerechnet, d.h. der Erbe/Beschenkte rechnet die historischen Anschaffungskosten des Erblassers/Schenkers bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abgeltungsteuer dem Veräußerungserlös (und den Veräußerungskosten) gegen.[84]

Steuerstrategie 47

Kapitalanleger als Gläubiger oder die Erben teilen der Bank sofort mit, dass es sich bei der Kapitalübertragung um eine „unentgeltliche Übertragung“, also eine Schenkung oder eine Erbschaft handelt. Dann zieht die Bank keine Abgeltungsteuer auf einen „fiktiven“ Veräußerungsvorgang ab.[85] Der Erbe/Beschenkte spart so erstmal die Kapitalertragsteuer und muss sich diese nicht in dem im folgenden Kalenderjahr durchzuführenden Veranlagungsverfahren wieder rückerstatten lassen.

Um Missbrauchsfälle zu unterbinden, obliegt der Geschäftsbank in diesem Fall die Pflicht, die Depotübertragung und den dazugehörigen Depotbestand an das für sie zuständige Betriebsstättenfinanzamt zu melden;[86] im internen Amtswege wird dann geprüft, ob die Kapitalübertragung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt. Nicht gemeldet werden müssen Übertragungen von Altbeständen, die nicht der Abgeltungsteuer unterliegen.

Steuerstrategie 48

Eine Erbschaft stellt keinen Neuerwerb dar. Die Erben treten vielmehr in die Rechtsstellung des Erblassers ein. Ereignet sich der Erbfall nach dem 31.12.2008 und sind Bestandteil des Nachlasses Wertpapiere, die vor der Abgeltungsteuereinführung (also vor dem 1.1.2009) erworben wurden, können diese vom Erben im Erwerbszeitpunkt steuerfrei veräußert werden, sofern zu diesem Zeitpunkt bereits die einjährige Spekulationsfrist überschritten ist. Für Zertifikate, welche nur einen eingeschränkten Bestandsschutz genießen, gilt analog: Der Erbe tritt in die Rechtsstellung des Erblassers ein; es gelten dieselben Bedingungen.

Depotübertragungen aus dem Ausland

Handelt es sich bei der übertragenden Stelle um eine Bank oder ein Kreditinstitut mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR-Abkommens, kann der Kapitalanleger den zu erbringenden Nachweis der Anschaffungsdaten nur durch eine Bescheinigung des ausländischen Instituts erbringen.[87] Ein eigener Nachweis durch Kaufabrechnungen der Bank ist unzulässig und es tritt im Fall der Veräußerung der übertragenen Wertpapiere eine Steuererhebung mittels der Ersatzbemessungsgrundlage ein. Das heißt, die Abgeltungsteuer ist aus 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung zu berechnen.[88]

Steuerstrategie 49

Unterschreiten die tatsächlichen Veräußerungsgewinne die Ersatzbemessungsgrundlage, wird sich im Regelfall die Führung eines Nachweises bei der Depotübertragung vom Ausland ins Inland lohnen. Übersteigen die tatsächlichen Veräußerungsgewinne hingegen die Ersatzbemessungsgrundlage, wäre der Kapitalanleger zu einer Nacherklärung im Prinzip verpflichtet (vgl. auch Abschnitt: Steuerstrategien nach Anwendung einer Ersatzbemessungsgrundlage).

[78] § 43a Abs. 2 Satz 3 EStG.

[79] § 43a Abs. 3 Sätze 6 ff. EStG.

[80] § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG.

[81] Anwendungs- und Zweifelsfragen zur Einführung einer Abgeltungsteuer BMF, 14.12.2007, IV B 8 – S 2000/07/0001 Tz. 3 b bis d.

[82] § 43a Abs. 2 Satz 11 EStG.

[83] § 43a Abs. 3 Sätzen 6 ff. EStG.

[84] § 20 Abs. 4 Satz 6 EStG.

[85] § 43 Abs 1 Satz 5 EStG.

[86] § 43 Abs. 1 Satz 6 EStG.

[87] § 43a Abs. 2 Satz 5 EStG. Analoges gilt bei einem Depotwechsel von Kreditinstituten aus der Schweiz, San Marino, Monaco oder Andorra. Bei allen übrigen Ländern (z.B. Singapur, USA) findet eine Besteuerung nach der Ersatzbemessungsgrundlage jedoch zwingend Anwendung.

[88] § 43a Abs. 3 Sätzen 6 ff. EStG.