Veränderungsprozesse und ihr Verlauf – die Prozesskurve

Es ist alles in Bewegung. Veränderung ist angesagt – in vielen Lebensbereichen. Es gibt kaum jemanden, der sich nicht von Veränderungen betroffen fühlt. Das Einzige, was Bestand hat, ist der Wandel selbst.

In vielen Trainings und Seminaren fanden wir heraus, dass es eine Möglichkeit gibt, den Verlauf von Veränderungen in ihrem Ablauf darzustellen. Diese Darstellung macht den Ablauf berechenbarer und sicherer und Sie sind weniger überrascht über die unterschiedlichen Erfahrungen.

Abbildung

Der Prozessverlauf im Überblick

Wir werden zuerst die Vorteile und dann die Inhalte der Phasen des Veränderungsprozesses darstellen.

Wer den Prozessverlauf kennt, hat Vorteile und …

  • kann sich an ihm orientieren und sein Handeln danach ausrichten. Er handelt nicht unkontrolliert,

  • erkennt bestimmte Gefühlsentwicklungen und begegnet diesen wirkungsvoll,

  • kann den anderen Betroffenen helfen, die Entwicklungen transparent zu machen. Auch sie lernen mit den Entwicklungen umzugehen.

Die Phasen des Veränderungsprozesses

1 Euphoriephase

Am Beginn einer Veränderung und von etwas Neuem steht meist eine Euphoriephase. Diese Phase ist vor allem durch die Hoffnung gekennzeichnet, dass jetzt alles anders wird, einfacher wird etc. Die Beteiligten freuen sich in der Regel auf die Verbesserungen. Sie glauben, dass mit Hilfe der Veränderung bestehende Probleme gelöst werden. Häufig besteht der Eindruck, dass von jetzt an alles besser wird und alle Probleme sich schlagartig lösen werden.

2 Desillusionierungsphase

An die Euphorisierungsphase schließt sich die Desillusionierung an. Es wird klar, dass das neue Wissen, das neue Instrument noch nicht so einfach eingesetzt werden kann. Es wird gleichzeitig auch klar, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden. Deutlich wird, dass das neue Instrument, das neue Verhalten oder die neue Situation doch noch nicht beherrscht wird und alles nicht so einfach ist – im Gegenteil.

Gleichzeitig erfolgt ein dauerndes Hinterfragen des Bisherigen. Das führt dazu, dass auch bisher bekannte Aufgaben schlechter oder mit mehr Widerstand ausgeführt werden können. In der Desillusionierungsphase werden mehr Fehler gemacht, es wird alles hinterfragt und es werden die Zusammenhänge weniger klar.

Kritisch ist hier, dass übervorsichtige und negativ denkende Menschen (Negaholiks oder Awfulizer = problemsuchende und nicht so sehr lösungsorientierte Menschen) in der Desillusionierungsphase bereits jetzt abbrechen wollen: Es kommen Aussagen wie: „Sehen Sie, ich sagte es ja schon vorher.“, „Immer wieder was Neues.“, „Man kommt ja gar nicht zum Arbeiten.“, „Früher war das alles einfacher und ich weiß nicht, warum man alles so kompliziert machen muss.“

Es tritt aber auch der Posiholik auf (Wortbildung von „positiv“). Dieser sieht nicht die Schwierigkeiten, die im Einzelnen auftauchen werden. Er sieht jegliche Veränderung von vorne herein als positiv an. Er sieht die Chancen und nicht so sehr die Risiken. Er sieht vor allem: Das ist etwas Neues, etwas „Tolles“. Es fallen Worte und Sätze wie „Super!“, „Kein Problem, das schaffen wir schon!“, „Man muss einfach irgendwo einmal anfangen!“, „Wir wollen doch nach vorn blicken!“, „Was nützt es, immer nur nachzudenken, man muss auch etwas tun!“

3 Tal der Tränen

Der Tiefpunkt ist erreicht. Dem Betroffenen ist klar, dass er die Instrumente, Verhaltensweisen und Situationen noch nicht beherrscht, er hat aber Zuversicht, dass er es schafft. Es wird klar, dass das Können noch nicht da ist, dass es jedoch möglich ist, schrittweise und unter Anleitung dieses Wissen und diese Instrumentarien anzuwenden. Diese Phase kennzeichnet das Prüfen des Instrumentes in der Anwendung, wenn es der andere vormacht. Die Sammlung aller bestehenden Probleme und Schwierigkeiten ist gemacht und diese gilt es nun zu ordnen und deren Bearbeitung mit Hilfe von To-Do-Listen festzulegen.

4 Lernphase

Es folgt die Lernphase, in der wieder mehr Zuversicht herrscht. In der Lernphase werden definitiv neue Verhaltensweisen, Instrumente oder Situationen angewendet – es herrscht allerdings noch Unsicherheit.

Die Instrumente werden angewendet und ausprobiert. Er ist sich selber noch unsicher, in welchen Situationen er sie anwenden kann. Wenn kritische Situationen auftauchen, hat er Mühe. Die Anwendung ist hier beschränkt auf einfache und klare Situationen. Der Lernende weiß, dass er hier noch nicht alles genau überblickt und unsicher ist.

5 Leistungsphase

Die letzte Phase ist die Leistungsphase. In der Leistungsphase werden das neue Wissen, Instrumente oder Verhaltensweisen umgesetzt und es macht dem Beteiligten wieder Spaß. Der Lernende ist in sich selber sicherer geworden. Er weiß, dass er jetzt wirklich etwas gelernt hat, was umsetzbar und praktikabel ist. Jetzt ist wieder Luft, eine neue Aufgabe zu lernen.

Warum ist es wichtig, den Prozessverlauf zu kennen?

  • Wer den Prozessverlauf kennt, kann sich an ihm orientieren. Das Wissen über den Verlauf einer Veränderung erleichtert es, bei eigener Hilflosigkeit durch das „Tal der Tränen“ nach vorne zu gehen. Es ist möglich, für sich bestimmte Extremsituationen zu definieren, die man durchschreiten will. Aufgrund dieser Definition erhält der Planende Kontrolle über sein Handeln in Extremsituationen.

  • Wer den Prozessverlauf kennt, kann bestimmte Gefühlsentwicklungen erkennen und diesen wirkungsvoll begegnen.

  • Wenn der Prozess den in der Zukunft davon Betroffenen dargestellt wird, werden ihnen bestimmte Entwicklungen transparent. Das hilft den Betroffenen, ebenfalls mit diesen Entwicklungen umzugehen.

Wie kann ich das Prozessmodell einsetzen?

Das Prozessmodell kann bei jeder Veränderung angewendet werden. Es ist hierbei unerheblich, ob dies eine Veränderung in Ihrem privaten oder in Ihrem beruflichen Umfeld betrifft, ob diese Veränderung eine einzelne Person oder eine Gruppe von Personen betrifft. Wenn Sie unsicher sind, reflektieren Sie einfach den Ablauf einer Veränderung aus Ihrem Umfeld, z. B. Ihr letzter Arbeitsplatzwechsel, Ihr letzter Umzug etc.

Wir haben in der Realisierung eigener Veränderungsprozesse und in der Begleitung vieler Veränderungen folgende Hilfen für uns eingesetzt:

  • Möglichst genau das Ziel für den Veränderungsprozess selbst formulieren.

  • Für jede Phase des Veränderungsprozesses formulieren:

    • das Ziel, die Aufgaben, die in dieser Phase zu bearbeiten sind und

    • die Verhaltensweisen, die die Bearbeitung dieser Phase unterstützen.

Wo ist das Prozessmodell besonders wichtig?

Es ist insbesondere bei großen strukturellen Veränderungen (Fusion, strategische Allianz, Zusammenlegung von Abteilungen) notwendig, diesen Prozessablauf von vornherein aufzuzeigen.

Es ist absolut notwendig, die Meilensteine dieser Veränderungen aufzuzeigen. Dadurch macht eine Unternehmensführung oder eine Führungseinheit deutlich, was die Merkmale der Veränderungen sein werden.

Sie erklären, welche Instrumente für die Veränderungen eingesetzt werden. Die Beteiligten können abschätzen, was das Resultat dieser Veränderungen für jeden einzelnen auf der fachlichen wie auf der persönlichen Ebene bedeuten wird. Diese Transparenz trägt schließlich dazu bei, dass alle Beteiligten die Veränderungen akzeptieren.

Unzweifelhaft werden Veränderungen immer wieder notwendig sein. Wir können sie nicht einfach wegschieben. Daher halten wir es auch für notwendig, diese Veränderungen klar aufzuzeigen. Mit einer solchen Argumentation machen Sie deutlich, dass Sie den Prozessverlauf im Griff haben und klar vorhersehen, was wichtig ist.

Selbstorganisation
titlepage.xhtml
part0000.html
part0001.html
part0002_split_000.html
part0002_split_001.html
part0002_split_002.html
part0002_split_003.html
part0002_split_004.html
part0002_split_005.html
part0003_split_000.html
part0003_split_001.html
part0003_split_002.html
part0003_split_003.html
part0003_split_004.html
part0003_split_005.html
part0004_split_000.html
part0004_split_001.html
part0004_split_002.html
part0004_split_003.html
part0004_split_004.html
part0004_split_005.html
part0004_split_006.html
part0004_split_007.html
part0004_split_008.html
part0004_split_009.html
part0004_split_010.html
part0005_split_000.html
part0005_split_001.html
part0005_split_002.html
part0005_split_003.html
part0005_split_004.html
part0005_split_005.html
part0005_split_006.html
part0005_split_007.html
part0005_split_008.html
part0006_split_000.html
part0006_split_001.html
part0006_split_002.html
part0007.html
part0008.html
part0009.html
part0010_split_000.html
part0010_split_001.html
part0010_split_002.html
part0010_split_003.html
part0010_split_004.html
part0010_split_005.html
part0010_split_006.html
part0011_split_000.html
part0011_split_001.html
part0011_split_002.html
part0011_split_003.html
part0011_split_004.html
part0011_split_005.html
part0011_split_006.html
part0012_split_000.html
part0012_split_001.html
part0012_split_002.html
part0012_split_003.html
part0012_split_004.html
part0012_split_005.html
part0013_split_000.html
part0013_split_001.html
part0013_split_002.html
part0014.html
part0015.html
part0016.html