28
Zsinj erklärte: »Der Treffpunkt wird Ession sein.«
Face nickte weise, als ob ihm völlig klar wäre, wovon der Warlord redete. Dann wurde sein Hauptmonitor hell, und Worte erschienen darauf – eines nach dem anderen, so schnell der neue Kommunikationsoffizier der Night Caller sie über die Lippen brachte.
Ession, Lucaya System, vierter Planet (Konzertsektor). Vor viertausend Jahren besiedelt. Wichtiges Zentrum für industrielle Produktion. Bündnisfrei. Letzter Besuch der Night Caller liegt achtzehn Monate zurück. Damals keine Hinweise auf Zsinjkontakte. »Die Rebellen werden diesen Standort als reiche Beute betrachten«, sagte Face. Er sagte das in einem Tonfall, der seine Worte sarkastisch klingen ließ, falls jene Welt tatsächlich nicht Zsinjs geplantes Ziel für einen Überfall sein sollte.
»Und deshalb müssen Sie sicherstellen, daß dort nicht zuviel Schaden angerichtet wird. Das wäre ein kostspieliger Verlust.«
»Mit wem kann ich mich dort koordinieren?«
»Mit Raffin natürlich, solange es um allgemeine Einzelheiten geht. Aber für die eigentliche Planung ist er viel zu nervös. Da sollten Sie mit Paskalian, seinem Sicherheitsdirektor, arbeiten. Sie wird die Verteidigungsanlagen des Standortes einrichten, zusätzliche zwei Dutzend TIE-Jäger in Bereitschaft setzen, und Raffin wird die ganze Zeit Einwände wegen der hohen Kosten haben. Ich glaube wirklich, daß Raffin in Pension gehen sollte, damit Paskalian an seine Stelle treten kann.«
»Soll ich das dort in die Hand nehmen?«
Zsinj lachte. »Ich hatte an normale Pensionierung gedacht, Zurel. Er wird dann irgendwo in einem Landhaus wohnen und seine Memoiren schreiben.«
»Tut mir leid.«
»Ich weiß schon, Sie sind eben effizient und kostenbewußt, wie Sie das immer sind.« Dann wurde Zsinjs Miene wieder ernst. Seine Hände bewegten sich außerhalb der auf ihn gerichteten Sensoren. »Ich übermittle jetzt Ihre Instruktionen. Sie sollten versuchen, mit Apwar gut auszukommen.«
»Ich bin über meine erste Verärgerung weg, Mylord. Und wild darauf, gegen die loszuschlagen, die meinen Zorn wirklich verdienen.«
»Gut. Bis später.« Das Hologramm des Warlords verblaßte.
Bis Face auf der Hilfsbrücke eingetroffen war, hatte der Kommoffizier bereits über Holonet eine Verbindung zu den Aufzeichnungen der Neuen Republik hergestellt und verfügte über die von ihnen benötigten Daten. Die Brückencrew und einige der Gespensterpiloten drängten sich um ihn, während er vorlas:
»Pakkerd Transporte«, sagte er. »Vor dem Tod des Imperators war das eine Konzerntochter von Sienar Fleet Systems, die die TIE-Jäger und Abfangjäger gebaut haben. Nach dem Tode des Imperators hat Sienar diesen Bereich verkauft und stellt jetzt ein komplettes Programm von Repulsorliftservicefahrzeugen her.«
Face prustete. »Und wer hält eine Wette, daß es dort immer noch Montagebänder für Jäger gibt?«
Er fand niemanden. Wedge sagte: »Wenn Zsinj der Ansicht ist, daß die uns zwei Staffeln Jäger entgegenwerfen können, sollten wir ein wenig Unterstützung auf dem Boden haben, damit es nicht dazu kommt. So etwas wie Lieutenant Pages Kommandos.«
»Der Ansicht bin ich auch«, pflichtete Face ihm bei.
Der Kommoffizier fuhr fort: »Inhaber Oan Pakkerd. Wahrscheinlich eine weitere von Zsinjs falschen Identitäten. Geschäftsführer Vanter Raffin. Leiter der Sicherheit Hola Paskalian. Ich würde sagen, das paßt gut zusammen.«
Wedge löste sich aus dem Kreis der versammelten Offiziere. »Unsere Anweisungen von Zsinj lauten, unseren Einsatz hier auf Obinipor abzubrechen und so schnell wie möglich – aber auf einer äußerst simplen und leicht zu verfolgenden Route – Kurs auf Ession zu nehmen. Ist das zu schaffen, Captain Tabanne?«
Sie sah ihn verweisend an, lächelte dann aber. »Ich hoffe, das war eine rhetorische Frage, Commander.«
»Wir haben Sendekodes, die uns an den Sicherheitskräften des Essionsystems vorbeibringen. Die Implacable wird auf dem Hauptmond von Ession zu uns stoßen. Und dann lassen wir das schwere Ende des Hammers auf sie herunterplumpsen.«
Donos, der den Bildschirm voll Daten über Pakkerd Light Transport studiert hatte, richtete sich auf und wandte sich Wedge zu. Die Augen des Piloten leuchteten entschlossen. »Diesmal entkommt er uns nicht«, sagte Donos. »Selbst wenn ich auf der Suche nach ihm durch seine Korridore fliegen muß.«
Zwei Tage später brauchte Demos bloß zu einer Sichtluke hinauszublicken, um das Schiff des Mannes zu sehen, dessen Tod er sich zum Ziel gesetzt hatte.
Die Night Caller war auf dem größten Satelliten von Ession gelandet, einem silbernen Felsbrocken, der mit Kratern und einer dünnen Staubschicht bedeckt war.
Unmittelbar über ihnen, ein paar hundert Meter entfernt von ihren Repulsorliftaggregaten getragen, schwebte der Sternenzerstörer der Imperialklasse Implacable.
Nicht weit entfernt davon hatte man auf einer Bergspitze eine Relaisschüssel aufgebaut. Es handelte sich um eine permanente Anlage, eine kommerzielle Schüssel, die Sendungen von der Planetenoberfläche zu Schiffen außerhalb der Mondbahn weiterleiten sollte. Aber Kell hatte eine Idee gehabt, und Face hatte in der Maske des Captain Darillian Admiral Trigit von ihren Vorteilen überzeugt – die Idee nämlich, daß diese Schüssel ihnen die Chance verschaffen würde, sich vor der Sonderstaffel zu verstecken und doch jederzeit reaktionsfähig zu bleiben.
»Wir richten die Schüssel so ein, daß sie wie ein kurz vor dem Ausfall stehender Transponder sendet. Emissionen, die stark genug sind, um die normalen Maschinenemissionen unserer beiden Schiffe zu tarnen. Die planetarischen Sendeanlagen können routinemäßige Entschuldigungen für das Problem abstrahlen und zusagen, daß die Anlage bald repariert werden wird. Dann können wir startbereit hier warten, und die Sonderstaffel wird uns nicht wahrnehmen können – außer sie kommen so nahe, daß sie uns visuell orten können.«
»Und wenn es so weit kommt, haben wir sie ohnehin«, hatte Trigit ihm beigepflichtet. »Ein guter Plan.«
Sie hatten ihn in die Tat umgesetzt, indem sie einfach den Chef von Pakkerd Light Transport, Vanter Raffin, aufgefordert hatten, das zu tun. Nach kurzer Verhandlung und der Bestechung eines Beamten der planetarischen Regierung stand die elektronische Tarnung der beiden Schiffe.
Face lümmelte gelangweilt auf seinem Sessel in der Kommzentrale. Admiral Trigit verspürte gelegentlich das Bedürfnis, mit ihm zu plaudern, und dann mußte Face zur Stelle sein.
Jetzt kam die Stimme des Kommoffiziers über die Sprechanlage des Schiffes. »Das Shuttle Yellow Rover hat gerade der Systemkontrolle seine Ankunft bekanntgegeben.«
Face richtete sich auf. Das völlig harmlose Eintreffen der Yellow Rover war das Signal, daß der Angriff der Neuen Republik in einer halben Stunde beginnen würde.
Minuten später meldete der Kommoffizier eine Sendung der Implacable. Face baute Trigits Bild vor sich auf.
Der Admiral sah ihn gereizt an. »Darillian, sind Sie auch ganz sicher, daß die Spur, die Sie gelegt haben, für die Sonderstaffel deutlich genug zu erkennen ist?«
Face nickte. »Zu auffällig konnte ich es auch nicht machen, Admiral. Wenn ich mich nicht an unsere normalen Vorgehensweisen gehalten hätte, könnten deren Abwehrleute mißtrauisch werden und erkennen, daß wir es bewußt so einrichten, daß sie uns verfolgen können. Ich habe lediglich sichergestellt, daß die Night Caller sich in Reichweite der planetarischen Sensoren von Obinipor befand, habe die maximal zulässige Zeit vor dem Sprung auf Kurs verbracht und die Sprungroute so gelegt, daß sie durch ein paar bewohnte Systeme führte, wo Spione der Rebellen unsere Anwesenheit mit Sicherheit feststellen konnten. Die wissen, wo wir sind.«
»Ein einfaches Spiel bester Verfolgung.«
Face sagte die Formulierung nichts. Er nickte bloß. Auf seinem Monitor erschien kein Hinweis, um ihm aus der Patsche zu helfen.
Der Admiral runzelte die Stirn. »Beste Verfolgung«, wiederholte er.
Face lächelte. »Tut mir leid, Sir. Ich muß immer noch über unseren Gefechtsplan nachdenken. Ich hatte mich gerade gefragt, ob meine paar TIE-Jäger, die ja gemessen an der Stärke Ihrer Staffel keine besondere Verstärkung darstellen, vielleicht die Ehre haben dürften, die Implacable zu eskortieren, sobald die Schlacht einmal begonnen hat.«
»Wechseln Sie nicht das Thema, Darillian. Beste Verfolgung.«
Endlich erschien Text auf dem Monitor. Face warf einen Blick darauf und bemühte sich, entspannt zu wirken. »Man verfolgt am besten, wenn man vorn verfolgt. Auf die Weise weiß der Verfolgte nicht, daß er selbst nicht der Verfolger ist. Standarddoktrin des imperialen Nachrichtendienstes.«
»Sie reagieren ziemlich langsam auf ein Stichwort, das bei ehemaligen Abwehroffizieren von Coruscant eine Art Reflex geworden ist.«
Face fing zu schwitzen an. Er konnte nur hoffen, daß Grinders visuelles Übersetzungsprogramm den anderen davon nichts merken ließ. Sein Tonfall wurde betrübt. »Wissen Sie, wie lange es her ist, daß ich meine Heimat zuletzt gesehen habe, Sir?«
»Zwei Jahre sieben Monate.« Trigit blickte zur Seite.
»Und sechs Tage. Vielen Dank, Lieutenant.« Seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder Face zu. »Wie kommt es, daß Sie etwas, was Captain Zurel Darillians gleichsam zweite Natur sein sollte, nicht wissen?«
»Weil ich nicht Captain Darillian bin«, sagte Face. Als Trigit ihn überrascht ansah, fuhr er fort: »Nicht der Darillian, der vor zwei Jahren, sieben Monaten und sechs Tagen von zu Hause weggegangen ist. Seitdem hat sich alles geändert.«
Jetzt flutete ein wahrer Datenstrom über seinen Monitor, alles zweckdienliche Fakten über den echten Captain Darillian. Die Brückencrew der Night Caller gab sich alle Mühe, Face einen Vorsprung vor Trigits bohrenden Fragen zu verschaffen. »Ich bin nicht der Darillian, der ich war, ehe die Lusankya von Coruscant floh und meine Frau in der anschließenden Katastrophe starb. Ich bin ganz sicherlich nicht der komprimierte Datensatz in Ihren Speichern, von denen Sie glauben, daß sie Captain Darillian sind.«
»Sie weichen meiner Frage aus – «
Face fuhr fort, als ob er die Unterbrechung gar nicht gehört hätte. Er wandte den Blick von Trigits Gesicht ab und versuchte, noch bedrückter zu klingen. »Darin liegt natürlich besondere Ironie. Daß eine Frau, die ich einmal geradezu angebetet habe, die andere Frau getötet hat, für die ich dasselbe empfand. Ich bin sicher, daß jemand das komisch finden würde.«
»Sie sind – was haben Sie da gesagt?«
Face sah jetzt wieder Trigit an. »Als Ysanne Isard den Supersternenzerstörer Lusankya auf Coruscant startete, war das Gebäude, in dem meine Frau und ich wohnten, eines von denen, die dabei zerstört wurden.«
»Das weiß ich. Das ist so in den imperialen Archiven vermerkt. Aber was haben Sie da über eine Frau gesagt, die Sie verehrt haben?«
Face hätte laut Hurra schreien können. Endlich hatte er es geschafft, Trigit von seinem Verhör abzulenken. »Oh, es hat ja keinen Sinn, die Wahrheit länger zu verbergen. Schließlich kann das heute ja niemandem mehr weh tun. Ich habe meine Frau geliebt, Admiral, aber Ysanne Isard war für mich so etwas wie eine Göttin.«
»Sie machen Witze.«
»Sind Sie ihr je begegnet?«
»Selbstverständlich. Einige Male sogar.«
»Ich auch. Und ich war jedesmal wie benommen. Zutiefst beeindruckt von ihrer Intelligenz, der Kraft, die sie ausstrahlte, der Zielstrebigkeit. Ich hätte alles für sie gegeben – meine Familie, meine Ehre, mein Kommando, meinen Namen.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Daraus hätte natürlich nie etwas werden können. In ihren Augen war ich nicht mehr als ein Insekt. Ich glaube, das waren alle mit Ausnahme des Imperators. Aber träumen durfte ich ja.« Er atmete tief durch, wobei sich die Nähte seiner Uniform strafften, und ließ dann seine Blicke schweifen, als würden seine Gedanken gerade in der Vergangenheit weilen. »Schon ihr Geruch. Ein Geruch nach Sauberkeit, als wäre sie in ihren hygienischen Gewohnheiten ebenso kompromißlos wie in allen anderen Bereichen ihres Lebens. Und dazu ein Hauch von Parfüm, exotisch, ohne jede Süße – «
Der Admiral nickte; seine Züge schienen fasziniert. »Leder und Holz. Ein Duft, der nur zu wenigen Frauen paßt.«
»Ja, das war es.« Face brachte ein betrübtes Lächeln zuwege. »Und jetzt sind beide, die ich geliebt habe, tot. Ein weiterer Grund, den Makel der Rebellion aus der Galaxis zu tilgen. Für mich jedenfalls ein Grund.«
»Ich verstehe«, erklärte Trigit würdevoll und beruhigend. »Ja, natürlich dürfen Ihre TIE-Jäger die Implacable eskortieren. Ich halte Sie jetzt nicht länger auf. Sie müssen Vorbereitungen treffen, Captain.«
»Vielen Dank, Sir.«
Trigits Hologramm verschwand. Gleich darauf knackte das Kommsystem. Aber was er zu hören bekam, war keine Stimme, sondern die Beifallsrufe der Mannschaft.
Das Lächeln, das jetzt um Faces Lippen spielte, war nicht das Darillians, sondern sein eigenes. »Danke, vielen Dank. Auftritte zu jeder vollen Stunde. Imperiale Spinner sind meine Spezialität.«
Der Kommunikationsoffizier meldete: »Lastenträger Red Feathers passiert äußeren Sicherheitsgürtel von Ession.« Captain Atril Tabanne nickte. »Das ist unser Kontakt. Mit allen Stationen und Jägern verbinden. Und auf den Hauptschirm. Ich will das Schiff sehen.«
Gleich darauf konnte man auf dem Hauptschirm der Hilfsbrücke ein baufälliges altes Containerschiff sehen, das sich einer der als Lagerhäuser dienenden Raumstationen Essions näherte.
»Das Schiff kenne ich«, zischte Atril.
»Das ist nicht die Red Feathers«, erklärte Janson verblüfft. »Das ist die Blood Nest.«
Tatsächlich war das Containerschiff, das sich Ession näherte, der Mark VI Supertransporter, der den Piraten von M2398-3 als Stützpunkt gedient hatte.
»Ich kann es einfach nicht glauben, daß die das zum Fliegen gebracht haben«, sagte Wedge.
»Sie sollten besser zu Ihren Maschinen gehen«, sagte Atril.
»Aber vorher noch – ich hatte einen bösen Gedanken.«
»So etwas sollten Sie nicht tun«, sagte Janson.
»Meine augenblicklichen Anweisungen lauten, daß ich hier sofort verschwinden soll, sobald die Gespenster gestartet sind. Die Störimpulse von dieser Relaisschüssel sollten es der Implacable sehr schwer machen, mich anzupeilen.«
Wedge nickte. »Richtig.«
»Was ist aber, wenn die so schlau sind, die Schüssel ein paar Sekunden nach Beginn der Kampfhandlungen in die Luft zu jagen? Dann sind wir ein bequemes Ziel.«
»Daran hatte ich nicht gedacht.« Wedge überlegte. »Nun, es gibt ein Manöver, mit dem man sowohl ihre Sensoren wie auch ihre visuelle Zielerfassung durcheinanderbringen kann.« Er schilderte es ihr.
Atril sah zu ihrem Chefpiloten hinüber, der den Kopf schüttelte. »Sir«, sagte sie, »ich bin nicht ganz davon überzeugt, daß wir etwas so Kompliziertes schaffen. Wir haben nicht genug Zeit, um dieses Schiff wirklich gründlich kennenzulernen.«
»Atril, Sie sind die erfahrenste Pilotin für corellianische Fahrzeuge, die wir an Bord haben.«
»Entschuldigen Sie, Sir, aber das stimmt nicht. Es gibt jemanden, der wesentlich erfahrener ist.«
Falynn wartete in Pilotenmontur neben der Zugangsluke zu ihrem Sternenjäger.
Sie hörte, wie sich schnell Schritte näherten, erwartete, Commander Antilles an ihr vorbei zu seinem eigenen TIE rennen zu sehen – und war erstaunt, als der schwarzgekleidete Pilot sich als Atril Tabanne erwies.
»Captain? Was ist aus dem Commander geworden?«
Atril kam neben ihrer Zugangsluke zum Stillstand und stülpte sich den Helm auf den Kopf.
»Wir haben getauscht. Ich bin jetzt Grau Eins.«
»Wieder eine Panne in letzter Minute?«
»Nein, ich glaube eher, wir haben eine Panne abgewendet.« Atril verschwand in ihrer Luke. Falynn stieg in die ihre.
Kell legte Schalter um und verkündete dann: »Hier Fünf. Vier Aggregate warm und grün. Waffensysteme auf voller Energie. Alle Systeme einsatzbereit.«
Er hörte ähnliche Berichte von den Piloten um ihn herum in ihren Metallklammern im Bugladeraum der Night Caller. Grinder, Knirps, Phanan, Donos und Tyria meldeten Bereitschaft. Face würde mit ihnen starten, wenn das möglich war, oder ihnen folgen. Wedge, Falynn, Janson und Piggy sollten sich in den vier TIE-Jägern auf ihren Überraschungsangriff auf den Sternenzerstörer vorbereiten.
Sein Atem ging bereits schneller, und dabei würde es bis zum Start noch Minuten dauern. Er versuchte, ruhig zu werden.
Als er nach rechts unten blickte, konnte er in der nächsten Reihe im untersten Gestell sehen, wie Tyria ihren TIE durchcheckte. Sie blickte auf und warf ihm eine Kußhand zu.
Er zwang sich zu einem Lächeln und wandte sich dann ab, als er spürte, wie das Lächeln zittrig wurde.
Lieutenant Gara Petothel blickte von ihrer Station im Mannschaftsgraben auf und fing Admiral Trigits Blick auf. »Ich glaube, das alte Containerschiff ist ihr Liefermechanismus, Sir.«
»Wie das?«
»Es meldet Strukturschäden, die vom planetarischen Schwerefeld verursacht sind. Bruchgefahr. Ich sage, es verliert die strukturelle Integrität und bricht auseinander … und dann regnet es X-Flügler.«
Trigit schmunzelte. »Keine schlechte Taktik. Ob Sie nun richtig vermuten oder nicht, ich werde mir das merken müssen.«
Sie lächelte und wandte sich ab.
»Kommunikation, legen Sie alle Sendungen von dem Containerschiff Red Feathers auf unsere Lautsprecher. Sensorik, diesen Lastenschlepper visuell erfassen und auf den Schirm.«
»Schalte auf Lautsprecher, Sir.«
»Ja, Sir.«
Im gleichen Augenblick hallte es aus den Brückenlautsprechern: »Negativ, Essionkontrolle. Wir haben überall im Kielbereich Schäden. Sprünge weiten sich aus. Laderaumatmosphäre entweicht. Das macht es noch schlimmer. Wenn Sie uns keine Rettungsfahrzeuge schicken, halten wir das nicht mehr lang durch.« Die Stimme klang gequält.
»Red Feathers, rechnen Sie damit, daß Trümmer in unsere Atmosphäre eindringen?«
»Ich fürchte ja, Ession. Wir tun, was wir können, um das zu verhindern. Wir schalten auf Selbstzerstörung in fünf Minuten und steigen in einer Rettungskapsel aus.«
»Was ist mit der Masse Ihres Rumpfes und Ihrer Container – «
»Der Rumpf wird kein Problem sein. Bei der Selbstzerstörung wird er in kleine Fragmente zerspringen, so daß alles beim Eintritt in die Atmosphäre verbrennt. Die Container ebenfalls. Wir haben unser Manifest bereits durchgegeben. Es ist ja nicht so, daß wir hier Hunderttonnenbarren Durastahl befördern. Sie werden in erster Linie einen Dungregen bekommen.«
»Die planetarischen Kommunikationsprotokolle verbieten, daß ich auf diese Antwort angemessen antworte, Red Feathers.«
Admiral Trigit blickte zu seinem Navigator hinunter. »Berechnen Sie ihren Kurs. Melden Sie mir, wenn sie je das Ende Ihres Fünf-Minuten-Countdowns erreicht haben.«
»Ja, Sir.« Der Navigator arbeitete etwa eine Minute an seinem Display. »Gitter siebzehn dreizehn.«
»Ich meine, in Relation zu der Fabrik von Pakkerd Light Transport.«
»Oh.« Der Navigator wirkte geknickt. »Lateral im Bereich von fünfzig Kilometern plus oder minus weitere fünfzig. Auf einer Höhe von ein paar hundert Kilometern.«
Der Admiral lehnte sich befriedigt zurück. »Lieutenant Petothel, lassen Sie sich einen Urlaubsschein für drei Tage ausstellen.«
»Wird gemacht, Sir.«
»Alle Piloten in ihre Maschinen.«
Auf dem Hauptschirm der Night Caller und auf sekundären Schirmen in allen Jägern und Bereitschaftsräumen torkelte das alte Containerschiff, das den Namen Red Feathers trug, hilflos durch den Weltraum. Es hatte jetzt den äußeren Rand der Atmosphäre von Ession erreicht, und man konnte erkennen, wie sein Rumpf anfing, sich zu verformen.
Eine Fluchtkapsel wurde ausgestoßen und trieb von dem Planeten ab.
Eine Minute später erschütterte die erste Explosion das Frachtschiff. Rumpfteile wurden abgerissen. Während das Schiff seine Rotation fortsetzte, taumelten winzige Rechtecke in die Tiefe, genormte Frachtcontainer, jeder etwa für hundert Tonnen Fracht ausgelegt. Kleinere, unregelmäßigere Gebilde flogen neben ihnen auf den Planeten zu.
Wedge aktivierte die Sprechanlage des Schiffes. »Sonderstaffel und Staffeln Grün und Blau starten.« Staffel Grün war eine Einheit von Y-Flüglerbombern, geführt von General Salm von Borleias; Staffel Blau eine von General Crespin befehligte Einheit von A-Flüglern. »Rotte Grau, bereithalten für Kommando der Implacable. Gespensterstaffel, seid ihr bereit?«
»Be-bereit, Sir«, tönte Kells Stimme.
»Alles in Ordnung bei Ihnen, Lieutenant Tainer?«
»Alles klar, Sir. Ich hatte nur etwas im Hals.«
Die als erstes ausgestoßenen Container begannen von der atmosphärischen Reibung zu glühen.
Wedges Kommoffizier wandte sich ihm zu. »Sendung von der Implacable. ›Alle TIE-Jäger starten.‹«
»Bestätigen.«
»Ja, Sir.«
Wedge drückte den Schalter der Sprechanlage. »Rotte Grau starten.«
Atril, Falynn und Janson kamen glatt ab. Piggy war ein wenig langsamer; er bildete die Nachhut und flog als Jansons Flügelmann, schien aber seinen TIE-Jäger gut in der Hand zu haben.
Über ihnen spie der Bauchhangar der Implacable Rotte um Rotte von TIE-Jägern, Abfangjägern und Bombern aus.
Atril führte ihre Gruppe im Steilflug über den Strom feindlicher Jäger hinaus, vorbei an der vorderen Steuerbordseite des Sternenzerstörers und über dessen Bug, bis sie schließlich fünfzig Meter vor der Bugspitze der Implacable zum Stillstand kamen. »Rotte Grau, auf Position«, meldete sie und stellte mit großer Befriedigung fest, daß ihre Stimme dabei nicht zitterte.
Sie saß in einer mit Laserkanonen ausgestatteten Blechdose und wartete auf ihre Chance, eines der mächtigsten Raumfahrzeuge zu zerstören, das Menschenhand je geschaffen hatte.
Wedge beobachtete die Monitorschirme, als zweiundsiebzig TIE-Jäger die halbe Million Kilometer entlangrasten, die Ession von seinem größten Planeten trennten.
Unterdessen zerfetzten weitere Explosionen – Sprengungen, die auf Wedge eher den Eindruck sorgfältig angebrachter Sprengladungen als eines Selbstzerstörungssystems machten – den Rumpf der Red Feathers in riesige Platten, die brennend in die Atmosphäre abstürzten. Die gesamte Ladung aus Containern und kleineren Packstücken sowie Wrackteile regneten ebenfalls auf den Planeten hinunter.
Alle entzündeten sich beim Fallen, aber nur jemand, der so genau hinsah, wie Wedge das tat und dazu auch modernstes Gerät benutzte, konnte erkennen, daß sechsunddreißig dieser Stücke sich nur an einem Ende entzündeten – ihrem Heck – und in kontrolliertem Flug, wenn auch ebenso schnell wie die Wrackteile, dem Planeten entgegenstrebten.
Die TIE-Jäger hatten jetzt den Ort der Vernichtung der Red Feathers beinahe erreicht. Wedge aktivierte das Kommsystem. »Face, einsteigen. Gespenster bereithalten zum Ballspiel.« Er stand auf und trat an den Chefpilotensitz; der Offizier machte ihn frei und setzte sich an die sekundäre Waffenkonsole. Wedge fragte ihn: »Bereit zum Traktordienst?«
Der junge Mann ließ seine Fingerknöchel knacken und grinste. »Etwas so Großes habe ich bisher noch nie geschleppt.«
Face rannte die schmalen Metalltreppen in den Bugladeraum hinunter, wo die anderen Piloten bereits in den Cockpits ihrer X-Flügler bereitsaßen.
Das Kanzeldach seines Jägers war bereits offen, aber so wie der X-Flügler in den Halteklammern hing, ließ es sich nicht ganz öffnen. Er hetzte die Leiter hinauf, die jemand ihm bereitgestellt hatte, quetschte sich ins Cockpit wie eine Schlange, die sich in Sicherheit bringt, zwängte sich hinter den Knüppel, bis er endlich so saß, daß er die Kanzel zuklappen und die Aggregate anlassen konnte. »Gespenst Acht, Zündung. Wir haben vier gute Starts.«
Draußen kam Cubber aus dem Schatten von Knirps’ Maschine gerannt, packte die Leiter, salutierte und rannte zum Ausgang.
Jetzt war Wedges Stimme zu hören: »Bereiten Bugraum auf Start vor.« Die Lichter gingen aus; nur ein Glühen von der offenen Klappe nach draußen beleuchtete die Umrisse der X-Flügler. Als die Tür sich hinter Cubber geschlossen hatte, wurde es im Laderaum dunkel.
Ein Ächzen ging durch Faces Kabinendach, als draußen der Luftdruck abgelassen wurde.
»Gespenster, hier Fünf. Bitte alle daran denken: Zielcomputer erst auf Befehl aktivieren. Benutzt meine Zieldaten für die Torpedostarts.«
Face ging seine Checkliste in fliegender Hast durch, als ein Punkt nach dem anderen auf dem Bildschirm erschien.
»Gespenster, hier Führer. Wünsche euch Glück. Seid stark in der Macht. Auch du, Gespenst Zehn. Dreißig Sekunden bis zum Loranballspiel … fünfundzwanzig … zwanzig … fünfzehn …«
Eine schmale senkrechte Linie aus Licht tauchte vor den Gespenstern auf und weitete sich aus, bot jetzt den Ausblick auf eine Mondlandschaft. Face verspürte ein schwaches Gefühl der Bewegung, als das Bild nach oben wanderte. Augenblicke später konnte er eine halbe Million Kilometer entfernt den Planeten Ession sehen und dann das Heck der Implacable über ihnen. Das Bild wurde immer breiter, während die Bugtore sich ganz öffneten. »Zehn … fünf…«
»Admiral, Night Caller manövriert. Bug hebt sich. Anscheinend will sie Kurs auf Ession nehmen.«
»Diese verdammte Ruhmsucht. Weisen Sie sie an, auf Station zu bleiben. Setzen Sie Routineanfrage hinsichtlich ihrer Absichten ab.«
»Ja, Sir.«
»›Krallenschlag‹ senden«, wies Wedge den Kommoffizier an. Dann fuhr seine Hand auf den Schalter der Sprechanlage herunter. »Null.« Er hielt den Atem an.
Atril hörte »Krallenschlag« und reagierte.
Sie drehte ihren TIE-Jäger um, vollführte eine Rückwärtsrolle wie in einem Luftkampf, bewegte sich dabei aber keinen Meter. Gleich darauf war die Implacable vor ihr, über ihr und mit der Unterseite nach oben.
Sie fuhr ihre Zieloptik hoch, zoomte auf die eineinhalb Kilometer entfernte Brücke der Implacable und feuerte.
Kell aktivierte seinen Zielcomputer, suchte sich einen Punkt auf der Implacable aus, der auf halbem Weg zwischen ihrem Solarionisierungsreaktor und dem Heck lag. Dann schrie er »Feuer, Feuer, Feuer!« und löste seine Protonentorpedos aus.
Der Sensorikoffizier im Mannschaftsgraben winkte, um den Admiral auf sich aufmerksam zu machen. »Sir, wir haben mehrfache Waffenerfassung unter – «
Ein anderer der Männer schrie: »Admiral, Lasererfassung auf Brücke.«
Admiral Trigit brüllte hinunter: »Alle Schilde auf volle Leistung!«
Der Waffenoffizier griff nach den Schildkontrollen.
Die Hauptbugluke gab ein Geräusch von sich, als ob die Faust eines Rancors sie getroffen hätte. Sie verdunkelte sich und wurde fast völlig undurchsichtig, als ihr phototropes Schild den ersten Laserschuß abwehrte. Den Bruchteil einer Sekunde später traf ein zweiter Schuß.
Die Luke wurde nach innen gedrückt, ließ Transparistahlscherben auf sie herunterregnen, Scherben, die sofort die Richtung wechselten und in den Weltraum hinausgeblasen wurden, als die Brückenatmosphäre über dem Mond von Ession ausblies.