8
Beim Frühstück erklärte ihr Kell: »Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.«
Wieder saßen sie in der Offizierscafeteria, aber diesmal waren Kell und Tyria allein an einem der kleineren Tische; sonst war von der Graustaffel nur Face im Raum, der an einem anderen Tisch aß, und ein paar Auszubildende für A-Wings. Kell war früh aufgestanden, weil er Tyrias Gewohnheiten kannte und er vorgehabt hatte, sie allein zu sprechen. Tyria verdrehte die Augen. »Nein, das hast du nicht.« Kell nickte. »Ich weiß schon, du meinst, ich albere herum. So wie Ton Phanan das immer tut. Aber so ist es nicht.«
»Oh, ich bin sicher, daß du dich nicht lustig machst. Du täuschst dich bloß.«
Er lachte. »Wie kommst du denn auf die Idee? Wieso sollte ich mich täuschen? Liebe ist Liebe. Was du da sagst, ist Unsinn.«
Sie stocherte nicht sonderlich begeistert in einer namenlosen grünen, puddingartigen Masse auf ihrem Teller herum und schob ihn schließlich von sich. »Also schön, dann laß mich deine Gründe hören.«
»Gründe?« Er starrte sie echt überrascht an. »Gründe, weshalb ich dich liebe?«
»Gründe, weshalb du dir das einbildest, ja.«
Er lehnte sich zurück und spürte Panik in sich aufsteigen. Sie reagierte nicht so, wie er das erwartet hatte. Er war darauf vorbereitet gewesen, daß sie seine Erklärung akzeptierte, sie von sich wies, verwirrt war, vielleicht auch, daß sie ihm vorschlug, später darüber zu reden, alles, nur nicht diese kühle Aufforderung zur Analyse.
Er atmete ein paarmal tief durch, um seine Nerven unter Kontrolle zu bekommen und seine Gedanken zu ordnen. »Nun, es läuft wohl darauf hinaus: Du bist alles, was ich mir an einer Frau wünsche. Intelligent, talentiert, tapfer, schön. Ich fühle mich seit diesem ersten Simulatorlauf zu dir hingezogen.«
»Und doch hast du kaum mit mir geredet.«
»Nun …«
»Du weißt, daß ich keine Familie habe?«
»Nun … ja.« Face hatte das ihm gegenüber beiläufig erwähnt, hatte ihm gesagt, daß ihre Familie beim Fall ihrer Heimatwelt Toprawa ums Leben gekommen war, und daß sie sich jahrelang durchgeschlagen hatte, bis ein Aufklärungsteam der Neuen Republik sie und ein paar andere aufgespürt, gerettet und von dem Planeten weggebracht hatte.
»Jetzt möchte ich gern folgendes wissen: Zieht dich das Fehlen einer Familie an, weil ich dir keine Verwandten mitbringen würde, die dein Leben nur komplizieren würden, oder ist es so, daß du mich dadurch wieder glücklich machen willst, daß du mir deine eigene Familie sozusagen zu Füßen legst?«
Er fuhr zurück. »Das war jetzt wirklich nicht nötig!«
»Du hast also nicht erwartet, daß ich so etwas sage, oder?«
»Nein.«
»Womit nur wieder einmal bewiesen wäre, daß du mich nicht kennst. Du hast einfach für dich entschieden, daß ich der Vorstellung entspreche, die du dir von deiner perfekten Gefährtin gemacht hast. Und jetzt bist du verliebt. Wir wären das perfekte Paar. Ich bin groß. Du würdest dich also nicht zu tief bücken müssen, um mich zu küssen, und wir sehen auf den Hologrammen nebeneinander gut aus. Ich bin Pilotin, also können wir Partner sein. Ich nehme an, früher, als du noch bei den Kommandos warst, wäre deine perfekte Gefährtin auch bei den Kommandos gewesen. Stimmt’s?«
Das Gefühl kalter Panik, das in ihm aufgestiegen war, hatte sich zu einem massiven Eisblock verfestigt. »Du täuschst dich. Du siehst mich falsch.«
»Dann sag mir doch«, meinte sie, »wieviel Zeit du gestern damit verbracht hast, über mich nachzudenken.«
»Was?«
»Das ist doch eine einfache Frage. Wieviel Zeit? Sechs Standardstunden? Eine? Zehn Minuten? Kell, eine ehrliche Antwort, wenn ich bitten darf.«
Er überlegte, und als sich die Antwort dann einstellte, spürte er, wie sein Herz sank. »Etwa eine Viertelstunde.«
»Für jemanden, der hoffnungslos verliebt ist, verbringst du ja nicht gerade viel Zeit mit Träumen, oder?«
Er sah auf die Tischplatte und gab keine Antwort. Und sie fuhr mit sanfter Stimme fort: »Das Gute an einer Fantasieliebe ist, daß sie nicht viel Zeit beansprucht. Gar nicht wartungsintensiv. Ganz im Gegensatz zu wirklichen Menschen. Ich bin sehr geschmeichelt, daß du glaubst, du hättest dich in eine Fantasietyria verliebt. Aber das bin nicht ich, Kell.« Sie stand auf und ließ ihn sitzen.
Er starrte niedergeschlagen in seine Tasse, in der noch etwas Kaf war – nicht daß er dort eine Antwort gesucht hätte, er wollte nur den Blicken der anderen im Raum ausweichen.
Sie hatte recht. Tyria entsprach seiner Vorstellung von Vollkommenheit. Aber die echte Tyria? Wie nahe kam sie seinem Idealbild? Das wußte er nicht.
Face ging beim Hinausgehen an seinem Tisch vorbei. »Hat sie dich abgeschossen?« fragte er.
»Vaporisiert. Mit einem Schuß.«
»Kopf hoch. Vielleicht war das nur ein Simulatorlauf.«
Aber damit sollte sein Martyrium noch nicht zu Ende sein.
Kell trat vor seinen Spind, um sein Datapad zu holen. Er tippte seinen Kode ein und zog die Tür auf.
Dabei bewegte sich drinnen etwas, und dann sprang ihn ein Knäuel sich durcheinanderkringelnder Tentakel an, landete auf seiner Brust und schlang sich um ihn.
Kell stieß einen Schrei aus, riß sich die schwabbelige Kreatur herunter und warf sie auf den Ferrobetonboden. Er versetzte ihr einen Tritt, der sie an den Spinden entlangrutschen ließ. Dann holte er seinen Blaster aus dem Spind und zielte darauf.
Da lag das Ding jetzt auf dem Boden, eine Ansammlung schmieriger Rohre und Metallfedern. Die einzelnen Teile fuchtelten in der Luft herum und kamen langsam zum Stillstand.
Rings um ihn erhob sich Gelächter. Er sah sich um. Andere Piloten, X-Flügler und A-Flügler, die aus den Gängen hereinspähten, duckten sich weg, als sein Blick auf sie fiel.
Face war auch einer von ihnen, aber er lief nicht weg. »Ein Streich.«
»Sehr komisch. Ha, ha.« Kell wischte sich den Schweiß weg, der ihm plötzlich auf der Stirn stand, und legte seine Blasterpistole wieder in den Spind zurück. »Das hat mir gerade noch gefehlt. Ein Verweis wegen Schießens im Umkleideraum.«
»Nun ja, vielleicht bin ich das nächste Opfer dieses Witzbolds. Das wäre doch spaßig, oder? Ich werde ihn psychologisch vernichten, ihm so angst machen, daß er den Verstand verliert.«
»Klingt nicht übel. Aber ich weiß natürlich nicht, ob nicht du der Witzbold warst.«
»Das stimmt allerdings«, meinte Face und zuckte die Achseln.
Der Rest der Staffel versammelte sich ein wenig später am Morgen zum Frühstück.
»Also, ich bin wirklich neugierig«, sagte Phanan. »Commander, Lieutenant, wen halten die Oldtimer für den größten Jägerpiloten in der ganzen Galaxis?«
Wedge und Janson wechselten Blicke. »Nun«, meinte Wedge dann, »für die Oldtimer können wir eigentlich nicht sprechen. Um es genau zu nehmen, sind Sie älter als ich.«
»Tut mir leid. Ich meinte, Ihre Pilotengeneration.«
Wedge seufzte.
»Das kommt auf die Kriterien an. Was heißt schon ›größter Pilot‹? Ich meine, ich habe eine ganze Menge äußerst geschickter Piloten gesehen. Luke Skywalker ist einer davon. Andererseits ist er bei weitem nicht so lange reguläre Einsätze geflogen wie die meisten, und deshalb sind seine fliegerischen Fähigkeiten vielleicht nicht so hoch entwickelt wie die anderer Piloten, die länger im Dienst waren. Auch andere Piloten haben Außergewöhnliches geleistet, aber dann hat sie irgendein imperialer Kanonier vor seine Zieloptik bekommen und sie vaporisiert.«
Er sah zu seinem Vorgesetzten hinüber. »Wenn Sie nach der Statistik gehen wollen und danach, wer am längsten überlebt hat, dann gibt es natürlich nur einen Piloten, der zwei Todessterneinsätze überlebt hat. Aus dieser Perspektive ist Wedge Antilles der beste Pilot, den es je gegeben hat.«
Falynn prustete belustigt. Die anderen sahen sie an.
»Was ist denn so komisch, Sandskimmer?« fragte Janson.
»Oh, ich will Ihnen nicht zu nahetreten, Sir.« Das klang so sarkastisch, daß niemandem verborgen bleiben konnte, daß es ihr in Wirklichkeit überhaupt nichts ausmachte, jemandem zu nahe zu treten. »Aber das Pilotenhandwerk ist etwas für junge Leute. Ich bin sicher, daß Commander Antilles einmal sehr gut war. Er mag ja einmal vor langer Zeit der beste Pilot gewesen sein. Und ich weiß, daß er sogar heute noch ein guter Ausbilder ist. Aber sagen Sie, Commander, wie alt sind Sie? Vierzig?«
Wedge schaffte es, gleichzeitig belustigt und wehmütig zu wirken. »Achtundzwanzig.«
»Genau! Ihre Reflexe sind im Eimer. Das können Sie mit aller Erfahrung einfach nicht ausgleichen.«
Janson sagte: »Sandskimmer – «
Doch Wedge fiel ihm ins Wort: »Sie sind selbst nur neun Jahre von jenem düsteren Schicksal entfernt.«
»Falls ich so lange leben sollte, werde ich bis dahin sicher irgend etwas finden, womit ich mich nützlich machen kann. Genau wie Sie das getan haben.«
Wedge stand auf. »Kommen Sie mit.«
»Ich bin noch nicht mit essen fertig.«
»Sie sind jung. Sie können es sich leisten, eine Mahlzeit ausfallen zu lassen.« Wedge griff über den Tisch und zog Falynn das Tablett weg. »Kommen Sie.«
Sie stand ein wenig widerstrebend und leicht verärgert auf. »Wohin?«
»Wir gehen fliegen. Ein kleiner Wettbewerb. Falls Sie sich das zutrauen.«
»Augenblick mal. Das ist nicht fair. Solange meine Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist, haben Sie mir auf X-Flüglern immer noch einiges voraus.«
»Wie wäre es dann mit Repulsorlifterdschleppern? Habe ich Ihnen da auch etwas voraus?«
»Nein, Sir!«
»Kommen Sie.«
Die anderen standen auf, um sich ihnen anzuschließen, aber Janson hielt sie zurück. »Frühstücken Sie zu Ende, und gehen Sie dann in den Einsatzraum. Ich werde den beiden folgen und Ihnen das Match übertragen. Das sollte interessant werden.«
Der Hangar war der älteste und ungepflegteste des ganzen Stützpunkts und wurde eigentlich von den Streitkräften der Neuen Republik kaum benutzt. Fahrzeuge der Bergwerkskolonie waren darin untergebracht, die ursprünglich Folor bewohnt hatte. Fahrzeuge, die zwar noch funktionsfähig waren, aber von der Garnison des Stützpunktes nicht benutzt wurden.
Darunter befanden sich auch drei Repulsorliftträger, die groß genug waren, um vier X-Flügler hintereinander zu transportieren, mit einer Ladebrücke von über zwei Metern Tiefe. Man konnte an den Fahrzeugen noch die vielfach zerkratzte und aufgeschrammte ursprüngliche graue Lackierung erkennen, und die eigentlichen Ladebrücken waren mit Staub und Steinen von den letzten Erzladungen, die sie vor Jahren befördert hatten, übersät. Keiner der drei Schlepper verfügte über ein geschlossenes Cockpit.
In den einfachen Computern steckten noch Datacards, aus denen zu erkennen war, daß sie während des letzten Jahres gewartet worden waren, und alle drei sprangen sofort an, als sie aktiviert wurden. Wedge und Falynn hörten sich alle drei an, einigten sich auf die beiden am besten klingenden Motoren und warfen dann eine Dezicredmünze, um damit zu entscheiden, wer den besseren Schlepper bekommen würde. Falynn gewann.
Wenige Minuten später lenkten sie mit Vakuumanzügen bekleidet die Fahrzeuge durch das magnetische Eindämmungsfeld des Hangars ins Freie und fuhren langsam auf das vordere Ende des Schweinetrogs zu. Bei dem Schweinetrog handelte es sich um eine geologische Anomalie des Mondes Folor: eine sich durch das Gelände schlängelnde Bodenspalte, die in ferner Vergangenheit entstanden war, als die Oberfläche des Mondes noch nicht ganz abgekühlt und seine tektonischen Platten noch in Bewegung waren. Das eine Ende der Bodenspalte war nur einen Kilometer vom Stützpunkt entfernt, und von dort aus zog sich das auffällige geographische Phänomen Tausende von Kilometern nach Nordosten, wo es einen scharfen Knick nach Nordwesten beschrieb und sich dort auf noch größere Distanz fortsetzte. Die näheren Bereiche des Trogs waren zu breit und wiesen zu schwache Kurven auf, um für die Ausbildung nützlich zu sein, aber weiter entfernte Partien wurden in der Pilotenausbildung für Übungen im Grabenflug und im Bombenabwurf benutzt.
Wedge und Falynn brachten ihre Erzschlepper am Canyonrand zum Stillstand. »Kommcheck«, sagte Wedge. »Haben Sie klaren Empfang?«
»Ja.«
»Wes?«
»Ich bin hier. Ich habe vier Kilometer grabenaufwärts eine Leuchtrakete gesetzt, das ist Ihr Ziel.«
»Sandskimmer, sind Sie bereit?«
»Das bin ich schon, seit ich Dicht-Meldung für meinen Anzug gemacht habe.«
»Los.« Das Kommando kam ganz ruhig, aber an der Art und Weise, wie Wedge seinen Erdschlepper in Bewegung setzte und ihn über die flache Böschung des Troges hinunterjagte, als ob er ein schnelles Kampffahrzeug wäre, war nichts von Zurückhaltung zu merken.
»Fauler Trick!« Falynn war nur den Bruchteil einer Sekunde hinter ihm und hatte, bis sie die Sohle der Schlucht erreicht hatten, links von ihm beinahe mit ihm gleichgezogen. Sie ließ ihren Schlepper gegen den seinen rutschen.
Wedge spürte den Aufprall, bevor er ihn hörte, aber er wurde davon nicht aus der Bahn geschoben. Er grinste. Nur ein äußerst grüner Pilot hätte das Manöver nicht vorhersehen und sich darauf vorbereiten können. Er jagte seine Motoren hoch und schwenkte leicht nach links ab. Die Nase seines Schleppers war noch ein paar Meter vor der ihren und konnte daher ihr Fahrzeug beiseite schieben. Er schob weiter, bis ihre linke Seite an der Felswand entlangschrammte; von der plötzlichen Reibung wurde sie langsamer, und er schoß davon.
»Probieren Sie es weiter, Sandskimmer. Ich bin alt. Vielleicht fange ich schon an, müde zu werden.«
Ihre Verwünschungen hallten aus seinem Komm.
Die anderen Pilotenanwärter versammelten sich im Einsatzraum und betrachteten das Sensorbild, das Jansons X-Flügler lieferte. Janson begleitete die Erzschlepper auf etwa fünfzig Meter Höhe. Kell vermutete, daß Janson seine Repulsorlifts eingesetzt hatte und gelegentlich Schub gab, sonst wäre es ihm unmöglich gewesen, sich so langsam zu bewegen, daß er sie im Bild behielt.
»Eigentlich geht sie recht gut mit dieser Kiste um«, sagte Donos. »Sie muß auf Tatooine einen heißen Knüppel gefahren haben.« Das klang eher analytisch als bewundernd, war aber dennoch die längste Äußerung, die Kell bisher von ihm gehört hatte.
Kell schüttelte den Kopf. »Ich habe solche Schlepper gewartet. Die sind völlig anders als die üblichen Vergnügungsgleiter. Die Repulsorfelder reichen ein paar Meter nach vorn. Das muß auch so sein, damit die Schlepper nicht auf unebenem Terrain beschädigt werden. Wenn sie das nicht weiß, wird sie abprallen – da haben wir es schon.« Tatsächlich hob sich gerade die Vorderpartie von Falynns Schlepper zusätzliche zwei Meter, als ihr Fahrzeug sich einem Felsvorsprung näherte. Der Schlepper bäumte sich auf, so hoch, daß er den Repulsorliftkontakt mit dem Boden verlor, worauf Wedge wiederum etliche Meter Vorsprung gewann.
»Sie wird gewinnen«, sagte Donos.
Kell zog ein paar Münzen aus der Tasche. »Zehn Credits.«
»Gemacht.« Donos’ Münze klirrte auf den Tisch.
Die anderen Pilotenanwärter wühlten in ihren Taschen und fingen an, Münzen, Geldtransferkarten, Schmuck und Süßigkeiten herauszuholen.
Falynns Bug klebte jetzt förmlich an Wedges Heck. Jedesmal, wenn sie zur Seite bog, um ihn zu überholen, bog er ebenfalls ab und blockierte sie.
Ewig konnte das nicht so weitergehen. Sie glitt nach rechts, er schloß sich ihr an – und stellte zu spät fest, daß das Manöver ihn geradewegs auf eine Ansammlung von Felsbrocken geführt hatte. Sein Bug wurde in die Höhe gerissen, und sie glitt links an ihm vorbei, überholte ihn, ehe er den Kontakt mit dem Boden wiederhergestellt hatte.
Er lachte. »Nicht schlecht, Falynn. Jetzt haben Sie bewiesen, daß Sie lernfähig sind.«
»Ich freue mich schon darauf, wenn Sie dann Mondstaub ausspucken und versuchen, mir etwas beizubringen, Sir.«
Die Bodenspalte bog jetzt nach links ab. An der rechten Felswand gab es einen Steinhaufen, der der Wand ein wenig vorgelagert war. Zwischen dem Steinhaufen und der eigentlichen Wand war der Canyonboden leicht zur Wand hin geneigt. Links von dem Haufen war die Canyonsohle flach und eben.
Falynn lenkte ihr Fahrzeug auf die breiteste offene Fläche zu. Wedge glitt nach rechts, schob sich zwischen den Steinhaufen und die Wand. Als er sich dazwischenquetschte, fegten seine Repulsorlifts lockeres Gestein von dem Haufen und ließen sie auf Falynns Schlepper herunterregnen. Sie rutschte reflexartig nach links, und er holte in der Kurve auf, überholte sie und war beim Verlassen der Kurve ein paar Meter vor ihr.
»Auf faire Art können Sie anscheinend nicht gewinnen, Sir. Was passiert, wenn wir das Ziel erreichen? Erschießen Sie mich dann?«
»Ich werde es mir überlegen.«
Das Ende der Strecke war in Sicht, ein rotes Leuchten in der Ferne, wo Janson die Leuchtrakete gesetzt hatte. Auf der rechten Seite der »Fahrbahn« war die Canyonsohle glatt, wurde aber im Mittelbereich uneben und steinig.
Falynn ließ sich nach rechts treiben, Wedge nach links, auf das schwierigere Terrain zu. Er sah, wie Falynn sich nach ihm umdrehte; ihren Gesichtsausdruck konnte er durch die polarisierende Scheibe ihres Vakuumanzugs nicht erkennen, wußte aber, daß sie sich im Augenblick fragen mußte, weshalb er wohl den offenkundig schnellsten Weg zur Ziellinie freigab.
Sie holte auf, als sie sich dem felsigsten Teil der Canyonsohle näherten. Als sie den Punkt erreichten, wo das Geröll am unübersichtlichsten war, glitt er nach rechts, und seine Nase schob sich über den größten Felsbrocken. Davon wurde er ein paar Meter in die Höhe geworfen.
Und kam über ihrem Schlepper wieder herunter.
Das Gewicht seines Fahrzeugs drückte das ihre auf den Boden, komprimierte ihren nach abwärts gerichteten Repulsorstrahl und verlangsamte ihr Fahrzeug. Seine eigenen Repulsoraggregate trieben ihn nach vorn. Er hielt sein Steuer mit brutaler Kraft auf Kurs. Sein Schlepper richtete sich gerade, als er den ihren hinter sich ließ und wieder über den Canyonboden jagte – und dann passierte er eine Sekunde später die Leuchtmarke, Falynns Schlepper dicht hinter sich.
»Sie – Sie – «
»Ganz richtig, Sandskimmer. Ich habe gewonnen.«
»Geschummelt haben Sie.«
Er lachte, als er seinen Schlepper abbremste und seine Nase nach hinten richtete. »Falynn, überlegen Sie mal. Wenn ein imperialer Laser Ihre Kanzel durchschneidet und Sie trifft, wird die Energie das Wasser in Ihrem Gewebe blitzschnell in Dampf verwandeln. Ihr Gewebe wird buchstäblich explodieren. Wenn von Ihrem X-Flügler genug übrigbleibt, daß man ihn bergen kann, werden die das Cockpit ausspritzen müssen. Wenn das passiert, werden Sie sich dann beklagen, daß der Pilot des TIE-Jägers geschummelt hat?«
In ihrem Gesicht arbeitete es. »Nein, Sir«, räumte sie widerstrebend ein. Sie folgte seinem Manöver.
»Was werden Sie sagen?«
»Gar nichts werde ich sagen, weil ich dann tot bin.«
»Und was werden Sie dann tun, um sicherzustellen, daß diese Schurken nicht so lange schummeln, bis Sie tot sind?«
»Ich schätze, ich werde auch lernen müssen, wie man schummelt, Sir.«
»Gratuliere. Jetzt haben Sie bewiesen, daß Sie an einem Tag zwei Dinge lernen können.«
Bei der Einsatzbesprechung am Nachmittag verkündete Wedge: »Ich habe gleich zwei gute Nachrichten. Unsere nächsten vier Jäger sind eingetroffen, und Cubbers Leute haben sie zum Einsatz freigegeben.« Er wartete ab, bis der Beifall der Staffel verhallt war, und fuhr dann fort: »Außerdem haben wir jetzt eine Bezeichnung für unsere Einheit. Wir nennen uns jetzt ›Gespensterstaffel‹ und haben den Namen Tyria Sarkin zu verdanken.«
Einige Piloten gaben billigende Laute von sich. Face verzog angeekelt das Gesicht.
»Was ist ein Gespenst?« wollte Knirps wissen.
»Davon hat man mir als Kind erzählt«, sagte Tyria. »Das sind dunkle Gestalten, die einen in der Nacht heimsuchen. Und ich glaube, genau das trifft auf uns zu. Für das Imperium, für die Warlords sind wir die Phantome unter ihren Betten, die Ungeheuer in den Wandschränken.«
Knirps lächelte und ließ dabei große Zähne sehen. Dann kniff er die Augen zusammen. Sein langes Gesicht wirkte dabei unheilverheißend. »Das gefällt uns.«
Wedge sprach weiter: »Also bekommt Tyria drei Tage Urlaub … aber nicht heute; heute haben wir noch einen Einsatz zu erledigen. Einen für die ganze Staffel, und das zum ersten Mal. Und die andere Neuigkeit: Wir haben jetzt einen Versorgungsoffizier für die Staffel. Bitte, komm herein.«
Die Piloten wandten sich dem Eingang zu. Die Ankunft des Versorgungsoffiziers wurde durch rhythmisches Quietschen angekündigt.
»Jetzt gibt es Ärger«, sagte Kell.
Squeaky, der 3PO-Kellner aus dem Down Time, kam herein und strebte auf das Rednerpult zu. Dort wandte er sich den Piloten zu: »Lassen Sie mich gleich zu Anfang sagen, daß ich entzückt bin, dieser Staffel von Neulingen meine jahrelange Erfahrung zur Verfügung stellen zu können. Ich erwarte, daß es mir dank meiner Fähigkeiten gelingen wird, einige von Ihnen am Leben zu erhalten.«
Phanan flüsterte: »Ich wette, einige von uns werden es vorziehen zu sterben.«
Squeaky fuhr fort: »Außerdem freut es mich, erneut einem hervorragenden Offizier namens Antilles dienen zu können. Wirklich ein Jammer, was dem letzten widerfahren ist. Ich bin sicher, wir werden alle zusammenhalten, um zu verhindern, daß das Schicksal sich wiederholt.«
Wedges Züge verfinsterten sich. Die meisten Piloten wußten, daß ein Captain Antilles, nicht mit dem Commander verwandt, die Tantive IV befehligt hatte und von Darth Vader getötet worden war.
»Im Umgang mit Ihnen«, sagte Squeaky, »werde ich höflich sein, wenn man zu mir höflich ist, beleidigend, wenn man mich beleidigt, und unfähig, wenn mir jemand unfähig kommt. Ich habe die Anforderungsformulare an Ihre Astromechs und Ihre Datapads übermittelt; bitte verwenden Sie sie, und achten Sie immer auf korrekte Schreibweise. Vielen Dank.« Er verbeugte sich knapp vor Wedge und nahm dann neben Lieutenant Janson Platz.
Wedges Mund zuckte, und er hatte sichtlich Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. »Vielen Dank, Squeaky. Wes?«
Janson stand auf und tippte an sein Datapad. Der Holoprojektor im Saal wurde hell, und auf ihm erschien ein dunkles Feld mit ein paar Dutzend darin verteilter Lichter: eine Sternenkarte für einen kleinen Bereich.
Er deutete auf einen in hellem Gold strahlenden Stern in der Menge. »Hier ist Commenor. Sie sind hier. Hier ist Corellia und weitere Systeme der Kernwelten. Weiter draußen erreichen wir die Grenze und dann die Randterritorien. Dieser Stern hier nennt sich wegen seiner reizenden, völlig glatten, unbewohnten Planeten Flaute. Das ist unser Ziel.
Jeder von Ihnen wird im Laufe einer Stunde mit seinem Astromech einen Drei-Etappen-Kurs nach Flaute und einen Zwei-Etappen-Kurs zurück ausarbeiten. Diese Navigationspfade sollten den normalen Sicherheitsvorschriften entsprechen und es Beobachtern erschweren, unserem Kurs zu folgen oder uns anzupeilen.
Wenn Sie fertig sind, übermitteln Sie Ihren Kursvorschlag an die Kontrolle. Wir werden denjenigen auswählen, der uns am besten gefällt, den, der uns bei geringstmöglichem Treibstoffaufwand am elegantesten erscheint… Und dann werden wir ihn fliegen, um Ihre Geschicklichkeit und Treffsicherheit im Hyperraum zu erproben. Fragen?«
Es gab keine.
»Gut. Wir sehen uns in einer Stunde im Hangar.«
Die Piloten erhoben sich, um sich zu ihren X-Flüglern und Astromechdroiden zu begeben. Face wirkte bedrückt. »Ich kann es einfach nicht glauben, Tyria. Ich dachte, ich hätte den Urlaubsschein fest in der Tasche.«
»Was für Namen hast du denn vorgeschlagen?« fragte sie.
»Nun, zunächst einmal: Alberne Staffel.«
Sie schüttelte den Kopf. »Da müßten wir die X-Flügler neu lackieren.«
»Dann Sonderstaffel.«
»Schon vergeben.«
»Ich weiß, aber es war eine gute Idee. Dann Dinnerstaffel.«
»Ich vermute, du warst vor Hunger halbtot, als dir das eingefallen ist.«
»Woher weißt du das?«
Keine zwei Stunden später strich die Gespensterstaffel an Commenor vorbei und bereitete sich auf einen Schleudereffekt vor, indem sie das Anziehungsfeld der Sonne ausnutzte, um sich für die erste Etappe des von Piggy vorgeschlagenen Kurses in Position bringen zu lassen. In wenigen Augenblicken würde Folor hinter Commenors Horizont verschwinden, als Jesmin meldete: »Gespensterführer, hier Zwei. Ich habe Sendungen auf einem imperialen Kanal.«
Kell wußte, daß Jesmin, wie es sich für die Kommunikationsexpertin der Staffel gehörte, in ihrem X-Flügler ein aufgewertetes Kommunikations- und Sensorpaket installiert hatte.
Jetzt war Wedges Stimme zu hören: »Staffel, Austrittsmanöver abbrechen. Im Durchmesser von fünfzig Kilometern hier kreisen. Zwei, senden die Klartext?«
»Nein, Sir, kodiert. Ich arbeite daran. Aber da ist noch etwas. Es handelt sich um eine Richtstrahlsendung, und sie geht ziemlich dicht bei unserer Flugbahn von Commenor aus. Zwei Möglichkeiten: Entweder warten sie dort auf uns, oder sie benutzen Commenor als eine Art Barriere für das Signal, damit es nicht nach Folor kommt.«
»Richtig. Ich werde Folor informieren. Gespenster, Position halten. Macht euch nützlich.«
Kell knirschte mit den Zähnen. Wieder ein Test. Die wichtigen Pflichten, den Stützpunkt zu warnen und den feindlichen Kode zu knacken, wurden zugewiesen; Wedge wollte offensichtlich herausbekommen, wie sich die anderen Gespenster ohne ausdrückliche Anweisung seinerseits nützlich machen konnten.
Unmittelbar darauf war Faces Stimme zu hören: »Zwölf, ich habe eine Idee. Laß dir von der R2-Einheit von Zwei das Signal geben, das sie empfängt. Analysiere es auf Wellenverschiebung und versuche herauszubekommen, wie schnell die Signalquelle sich nähert.«
Piggys von der Kommeinheit verzerrte Stimme klang völlig mechanisch und ausdruckslos: »Wird gemacht, Acht.«
Kells Schultermuskeln strafften sich. Face zog wieder einmal eine nützliche Aufgabe an sich und zeigte damit Führungsqualitäten. Wenn Kell nicht aufpaßte, würde Face die Kontrolle über Rotte Zwei an sich reißen. Kell mußte reagieren, mußte etwas ähnlich Nützliches tun. Er mußte sich schnell etwas einfallen lassen.
Commenor war ein Planet am Rande des Territoriums der Kernwelten. Seine Regierung trieb Handel mit der Neuen Republik, dem schrumpfenden Imperium, ja sogar mit Warlords. Wenn daher das sich nähernde Schiff oder die sich nähernden Schiffe, die auf imperialen Frequenzen sendeten und deshalb entweder Imperiale oder Warlords sein mußten, ihre Sendung für Commenor bestimmt hatten, dann kündigten sie damit vielleicht ihre Ankunft an. Oder stellten der Regierung Forderungen. »Vier, hier Fünf.«
»Ich höre, Fünf.«
»Hast du dich in der ganzen Zeit, die du jetzt hier warst, schon in das offizielle Computersystem von Commenor eingespleißt?«
Grinder ließ sich mit der Antwort eine Weile Zeit. »Ja, Fünf«, kam es schließlich. »Allein schon, um in Übung zu bleiben.«
»Gut. Kannst du dich jetzt einklinken, ich meine, mit dem Gerät, das du an Bord hast?«
»Jederzeit, Fünf. Ich habe meine Kodeliste bei mir. Immer.«
»Gut. Dann tu das jetzt. Wir werden uns nach ein paar Dingen umsehen.«
»Stelle Kontakt her, Fünf. Beginne Genehmigungstanz. Was suchen wir?«
Kell erinnerte sich an die Aktenveränderungen, auf die zu achten man ihm bei den Kommandos beigebracht hatte. »Zuerst jegliche neue Mobilisierung von Regierungsstreitkräften. Zum zweiten neue Reservierungen für Schiffsliegeplätze. Sortiere das nach Schiffsklassen und ordne es dann nach Schiffen der Kriegsmarine und mit Hyperdrive ausgestatteten Shuttles. Sieh dir auch die Reservierungen für morgen an. Plötzliche Reservierungen für größere Zimmerkontingente in Hotels und Erholungsgebieten, ganz besonders den billigeren, letzteres nur für den Fall, daß für ein kapitales Schiff ein längerer Urlaub geplant ist. Außerdem brauche ich astronomische Daten, wenn möglich von Observatorien, die auf den Herkunftsort von Jesmins Signal orientiert sind.«
»Wollen Sie zu all den Dingen noch Frühstück im Bett, Fünf?«
»Richtig, Vier. Aber erst wenn alles erledigt ist.«
Sie warteten ein paar Minuten lang stumm. »Fünf, hier Vier. Ich lese hier, daß ein Regierungsshuttle in den letzten paar Minuten den Auftrag erhalten hat, Dokumente und einen Beobachter zu dem ankommenden Flug zu bringen. In den Dokumenten wird ihm das Recht eingeräumt, über Folor militärische Übungen durchzuführen.«
»Danke, Vier. Führer, damit steht fest, daß der Stützpunkt ihr mögliches Ziel ist.«
»Hier Führer, ich habe verstanden, Fünf.«
»Sehr gut. Da ist noch mehr. Orbitalwerft 301 hat Befehl erhalten, einen Wartungsplatz für die Privatyacht Implacable freizumachen.«
Kell runzelte die Stirn. »Implacable, das ist ein Name, wie sie ihn kapitalen imperialen Schiffen geben.«
»Fünf, der Liegeplatz, den die freigemacht haben, ist der größte, den sie besitzen. Das ist nicht einfach irgendeine Vergnügungsyacht.«
»Fünf, Vier, hier Führer. Sie haben recht. Die Implacable ist ein imperialer Sternenzerstörer unter dem Kommando von Admiral Trigit. Er hat sich beim Tode von Ysanne Isard selbständig gemacht. Gute Arbeit, ihr beiden. Wir kehren jetzt nach Folor zurück und werden dafür sorgen, daß Admiral Trigit auf eine Art und Weise begrüßt wird, die er eine Weile nicht vergessen wird. Bitte, hinter mir Formation aufnehmen.«
Admiral Trigit strahlte, als er den Mond Folor durch die Transparistahlfenster der Brücke betrachtete. Ein häßlicher, gebirgiger, von Rauhreif überzogener Himmelskörper – aber auf idealer Position, um den Rebellen nützlich zu sein. Dem würde er ein Ende machen. Ein Adjutant tauchte neben ihm auf. »Sir, wir haben energieschwache Peilsendungen sowie chiffrierte Signale auf Rebellenfrequenzen von der abgewandten Seite des Mondes.«
Trigit nickte. »Ausgangspunkt der Sendungen orten und Kurs auf jene Position setzen. TIE-Staffeln bei tausend Kilometer Zieldistanz starten. Sie werden uns eskortieren, bis wir gegenteilige Weisung erteilen.«
»Ja, Sir.«
Die Stimme von General Crespin hallte in den Ohren der Gespenster. »Sie kommen auf nächstliegendem Kurs herein. Bis zur Ankunft sind es nur noch wenige Minuten. Die Transporter werden beladen. Jeweils vier A-Flügler von der Goldstaffel werden sie eskortieren. Staffeln Blau und Grau bleiben für Hinhaltemanöver in der Station.«
Gleich darauf ertönte die Stimme Wedges: »Gespensterführer bestätigt Erhalt.« Andere Stimmen, die Piloten der Transportschiffe und die Staffelkommandanten schlossen sich an.
Die Gespensterstaffel stand auf einem Gletscher zwischen zwei Gebirgsketten, die etwa zehn Kilometer vom Stützpunkt entfernt waren. Sie waren gemäß Staffelvorschrift gelandet, und jede aus vier Jägern bestehende Rotte stand, im Dreieck angeordnet, hundert Meter von der nächsten Rotte entfernt.
Kell beschloß, auf eine weitere unnötige Überprüfung seiner Energieversorgung und des Bereitschaftszustands seiner Waffen zu verzichten. Er spürte, wie es in seinem rechten Bein zuckte, ein Zeichen dafür, daß er anfing nervös zu werden. Er schaltete sein Kommsystem auf die Frequenz der Gespensterstaffel und reduzierte die Sendeenergie so weit, daß es eigentlich unmöglich sein sollte, ihn außerhalb dieses Tales zu orten. »Commander, hier Fünf. Sollten wir jetzt nicht dort oben sein und sie angreifen und aufhalten, damit die Transporter starten können?«
»Negativ, Fünf.«
»Aber sie werden eintreffen und ihr Ziel plattdrücken!«
»Das könnte durchaus sein, Fünf.«
»Sir, ich verstehe nicht.«
»Verstanden, Fünf.«
Kell gab es auf. Er konnte sich gut vorstellen, wie die anderen Gespenster, ganz besonders Janson, sich jetzt über ihren Wortwechsel lustig machten. Um sich weitere Demütigungen zu ersparen, schaltete er das Kommsystem auf seine Standardeinstellungen zurück und wartete. Er kochte vor Wut.
»Keinerlei Anzeichen von Verteidigungsmaßnahmen, Admiral.«
Die Implacable war hundert Kilometer vom Ziel entfernt. »Wir werden sie eben herauslocken müssen«, meinte Trigit liebenswürdig. »Bomberstaffel und Begleitjäger starten.«
»Ja, Sir.«
Gleich darauf brausten zwei Staffeln TIEs an der Implacable vorbei; sie kamen von hinten heran, fegten über den Kommandoturm hinweg und gingen dann in Sturzflug über, so daß es so aussah, als würden sie vor den Brückenluken ausschwärmen, während sie auf ihr Ziel zurasten. Jeder TIE-Jäger oder Bomber, der den Turm überflog, wackelte mit den Tragflächen, um damit seinen Respekt zu erweisen.
Trigit lächelte. Er hatte etwas für schauspielerisches Flair übrig. Diese Staffelkommandanten hatten sich eine kleine Belohnung verdient. Er würde darüber nachdenken müssen. »Halten Sie mich über feindliche Verteidigungsmaßnahmen auf dem laufenden.«
»Alle Staffeln, alle Schiffe, hier Stützpunkt Folor. Wir erfassen mehrfache Bombenanflüge und Zielschläge.« Das war wieder General Crespin. Kell blickte nach backbord, aus seiner Position also nach Westen. Wenn die Meldung stimmte, sollte er jetzt helle Lichtblitze sehen, die die Berggipfel zwischen ihrem Standort und dem Stützpunkt von hinten erhellten. Aber da war nichts.
Crespin fuhr fort: »Alle startbereiten Transporter und Goldstaffel Startfreigabe. Viel Glück, und möge die Macht mit euch sein.«
Kell sank in seinen Pilotensessel zurück, als ihm die Wahrheit dämmerte.
»Kommen jetzt auf Bombenreichweite, Admiral.«
Trigit sah auf seinen Sensorschirm, der ihm das Gelände des Stützpunktes zeigte. Es handelte sich um eine weite Eisebene zwischen zwei Bergketten. Jetzt war sie mit Kratern übersät, und die paar Gebäudegruppen, die er ausmachen konnte, schienen zu brennen. Zweifellos waren das Treibstoff- oder Chemikalienlager; sonst könnten sie in dem Vakuum, das Folor umgab, nicht brennen. Er runzelte die Stirn. Idiotisch von den Rebellen, an der Oberfläche Treibstoffdepots anzulegen. »Irgendeine Kommunikation von ihnen?«
»Nein, Sir. Ihre Leuchtfeuer senden noch, und ihre kodierten Signale sind erregter geworden, aber sie haben auf unsere Anrufe nicht reagiert.«
»Bombardement beginnen.« Warum störte ihn eigentlich diese Sache mit den Treibstoffstationen an der Oberfläche? Ah ja. Die Aufzeichnungen von Commenor über die verlassenen Bergwerksanlagen auf dem Mond erwähnten zahlreiche Gebäude an der Oberfläche. Die Ebene, die Trigit vor sich sah, war fast völlig unbebaut. Offenbar hatten die Rebellen die Ruinen zerstört oder getarnt, um die Entdeckung ihres Stützpunkts zu erschweren. Eine vernünftige Maßnahme, aber wesentlich mehr Arbeit, als die meist unter Personalknappheit leidenden Rebellen üblicherweise zu investieren pflegten. Außerdem machte es eigentlich keinen Sinn, die meisten Spuren an der Oberfläche zu beseitigen und doch ein paar Tankdepots dazulassen. Das beunruhigte ihn nach wie vor. Sein Sensorikoffizier blickte aus der tiefer liegenden Mannschaftsetage zu ihm herauf. »Sir, erfasse Start eines kapitalen Schiffs. Dem Sensorecho und den Manövriercharakteristiken nach zu schließen, ein mittelgroßer Gallofree-Transporter.«
Trigit starrte ungläubig auf den kleinen Sensorschirm an der Armlehne seines Kommandosessels. »Wo?«
»Auf der anderen Seite von Folor, Sir. Es kommt gerade über den Horizont.«
Eine eisige Welle der Erkenntnis schlug über dem Admiral zusammen. »Lieutenant Petothel.« Seine Stimme blieb kühl und ruhig.
Die Datenanalystin, die er augenblicklich am meisten schätzte, blickte vom Bildschirm ihrer Station auf. Es war eine schlanke Frau mit mittellangem Haar und einem Schönheitsfleck an der rechten Wange. Ihre Gesichtszüge waren von geradezu faszinierender Ebenmäßigkeit; er mußte oft an sich halten, um sie nicht anzustarren. »Sir«, sagte sie.
»Rufen Sie die Karten von Folor auf, die uns Commenor geliefert hat.«
»Ist geschehen, Sir.«
»Stellen Sie den Ort der Bergwerksanlagen fest, die sich für Besetzung durch Rebellen eignen.«
»Ja, Sir.«
»Wo sind sie?«
»Sie …« Sie zuckte zusammen. »Auf halbem Wege um den Mond herum, Sir. Der Stützpunkt befindet sich auf derselben Breite, aber hundertachtzig Grad entfernt.«
Trigit hieb mit beiden Fäusten auf die Armlehnen seines Kommandosessels. Ein einfacher Trick: Leuchtfeuer und Gebäudeattrappen weit entfernt vom eigentlichen Stützpunkt, die man beleuchtete, sobald es zu Schwierigkeiten kommt. Er hätte sich bloß zu vergewissern brauchen, daß der Stützpunkt, dem ihr Angriff galt, sich an demselben Ort wie die Bergwerksanlagen befand … aber er hatte sich von den Rebellen zum Narren machen lassen. »Navigator, Kurs auf die Koordinaten setzen, die Lieutenant Petothel Ihnen geben wird. Bringen Sie uns, so schnell es geht, dorthin. Kommunikation: Geben Sie den Ort an die Staffeln durch; sie sollen als Schutzschild vor uns bleiben.« Es machte keinen Sinn, die Jäger vorauszuschicken und damit die Implacable ohne Schutz zu lassen.
»Ja, Sir.«
Trigit beobachtete die Staffeln durchs Fenster, als sie kehrtmachten und nach Norden bogen, die transpolare Route, die sie am schnellsten zum Ziel führen würde. Der Horizont kippte ab, als die Implacable sich ihnen langsam anschloß. Er konnte das Manöver nicht spüren, auch nicht das seitliche Abkippen des Schiffes; die Trägheits- und Gravitationskompensatoren glichen das alles aus.
Dafür verspürte er Verärgerung. Und ein gewisses Maß an Bewunderung. Nun, wenn es ihm schon nicht gelang, den Stützpunkt Folor mit seiner ganzen Besatzung zu vernichten, dann konnte er wenigstens die Nachzügler zur Strecke bringen und den Stützpunkt selbst zerstören, um ihn damit für alle Zeit für die Rebellen unbenutzbar zu machen. Ein Teilsieg.
Die Stimme Crespins klang jetzt mechanisch und gepreßt und kam aus dem Cockpit eines Jägers. Wedge überraschte das nicht; wenn er den alternden General auch nur einigermaßen richtig einschätzte, würde Crespin Staffel Blau persönlich in den Kampf führen. Die Ausbildungsstaffel würde Nutzen aus seiner langen Erfahrung ziehen und möglicherweise, wenn sie Glück hatte, den Konflikt überleben. »Bestätige Eintreffen Implacable und Geleitschutz auf direktem Kurs«, sagte der General. »Borleias, Bright Nebula, sind Sie startbereit?«
Wedge konnte die Antworten der beiden Transporterkapitäne nicht hören, aber gleich darauf war wieder General Crespins Stimme zu vernehmen: »Bright Nebula meldet Startbereitschaft; sie werden hier weg sein, ehe die TIE-Staffeln eintreffen. Borleias hat immer noch Störeffekte bei der Initialisierung der Ionenmotoren. Staffel Blau, Staffel Grau – ich meine Gespensterstaffel –, wir müssen denen jetzt etwas Zeit verschaffen und hoffen, daß sie sie nutzen können. Commander Antilles, irgendwelche Vorschläge?«
»Ja, Sir. Wenn ich die geographischen Gegebenheiten von Folor richtig in Erinnerung habe, muß ein strenger Polarkurs von dem falschen Stützpunkt zu dem echten die Eindringlinge über einen Teil des Schweinetrogs bringen.«
»Das ist richtig, Gespensterführer.«
»Ich schlage vor, wir berechnen den Schnittpunkt, an dem die TIEs und die Implacable mit größter Wahrscheinlichkeit passieren werden, schicken eine Beobachtereinheit zu einem Punkt nördlich von jenem Schnittpunkt, um ihr Eintreffen zu bestätigen, und lassen sie ihre Maschinen abschalten, damit man sie bei einem Routinescan nicht entdeckt. Wenn die TIEs den Graben erreichen, steigen die Gespensterstaffel und Staffel Blau aus dem Graben auf und machen sie fertig. Unsere Beobachter können sie dann entweder von hinten angreifen oder sich die Implacable vornehmen, falls die inzwischen nahe genug ist, um unsere Besucher ein wenig durcheinanderzubringen.«
»Gespensterführer, Ihr Plan ist genehmigt. Schicken Sie zwei Beobachter, ich schicke ebenfalls zwei.«
»Gespenst Fünf, Gespenst Sechs, fliegen Sie los. Bleiben Sie im Schweinetrog, damit Sie nicht von irgendwelchen Sensoren erfaßt werden, die die vielleicht vorausgeschickt haben.«
»Gespenst Fünf bestätigt.« Kell fuhr seine Repulsorlifts hoch und drehte auf der Stelle, um sich auf den Stützpunkt zu orientieren.
»Gespenst Sechs, bestätige ebenfalls.«
Jetzt war wieder Crespins Stimme zu hören: »Blau Neun, Blau Zehn starten. Gleiche Vorgehensweise. Wir übertragen Ihnen Ihr Ziel und den wahrscheinlichsten Schnittpunkt, sobald wir sie haben.«
Kell hörte die Bestätigungen von Crespins A-Flügler-Piloten. Dann ging er auf vollen Schub und schoß auf den nächsten Paß zwischen seiner Position und dem Beginn des Schweinetrogs zu.