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Kell und Knirps erreichten die Öffnung zum Schweinetrog Sekunden vor den A-Flüglern der Staffel Blau; Kell sah sie visuell wenige Augenblicke bevor die X-Flügler abkippten und in den Graben einflogen.
Niemand hatte gesagt: »X-Flügler oder A-Flügler, der erste Jäger, der das festgelegte Ziel erreicht, ist der Sieger«, aber alle Beteiligten wußten, daß es darum ging. Die Herausforderung war stets dieselbe. Und A-Flügler waren einfach schneller als X-Flügler.
Blau Neun und Blau Zehn holten sie auf der ersten geraden Strecke ein und brausten mühelos an ihnen vorbei; Kell sah, wie der Pilot eines der Jäger ihm unbeschwert zuwinkte. Feiert nur, Jungs, dachte er. Redet euch nur ein, daß ihr schon gewonnen habt.
Als sie das Ende der ersten langen geraden Partie des Trogs erreicht hatten, einer Strecke von vielen Kilometern, waren die A-Flügler bereits ihren Blicken entschwunden. Als dann die vielen Kehren begannen, sagte Kell: »Flieg hinter mir her, Knirps«, stellte seinen X-Flügler auf Steuerbordtragfläche und brauste durch die Kehre, so dicht an der Felswand, daß er durch die Sichtluke die kleinen Sprünge im Gestein sehen konnte.
Knirps reagierte darauf mit dem Schlachtruf seines Pilotenbewußtseins. Aber diesmal versuchte Knirps nicht, Kell zu überholen. Er hielt sich ganz dicht an Kells Schwanz und demonstrierte damit fliegerische Präzision auf höchstem Niveau, das seine Staffelkollegen stolz gemacht hätte.
Nachdem sie ein paar Minuten lang von einer Spitzkehre in die andere gerast waren, entdeckte Kell die Strahlungsemissionen der A-Flügler vor sich.
Augenblicke später konnten sie die schnelleren Maschinen auch visuell ausmachen und rückten ihnen mit jeder Wende in dem gewaltigen Canyonmassiv näher.
An der nächsten Wende wäre Kell beinahe gegen einen A-Flügler geprallt, wobei sein Kiel über dem Dach des A-Flüglers hing, als sie beide in eine spitze Kurve im Schluchtverlauf rasten. Der Pilot des A-Flüglers kippte reflexartig zur Seite und wurde, da er bereits auf seiner Backbordtragfläche stand, einen Augenblick lang über den Rand der Schlucht nach oben geschleudert. Kell rollte zur Seite, bis er den von einem Helm bedeckten Kopf des Piloten sehen konnte, winkte ihm fröhlich zu und vollendete die Rolle, bis er wieder die ursprüngliche Position eingenommen hatte, und fegte um die nächste Kurve.
Einige qualvolle Minuten reinen Präzisionsfluges lang waren keine A-Flügler zu sehen. Kell wußte, daß sie kurz nach der Stelle, wo der Schweinetrog wieder nach Nordwesten abbog, den breiteren Teil der Schlucht erreichen würden, wo die Y-Flügler Bomber gern übten – eine gerade Strecke, die wieder den A-Flüglern Vorteile bringen würde. Wenn er und Knirps es nur schaffen konnten, in den engen, gewundenen Partien der Schlucht genügend Vorsprung aufzubauen, würden sie diesen auch halten können …
Eine kurze gerade Strecke ließ Kell Zeit zum Nachdenken. Diesmal verspürte er, obwohl der geringste Fehler ihn gegen die Schluchtwand schleudern und sofort töten würde, weder Furcht noch Spannung. Dies war ein schlichter Wettkampf, den er und seine Maschine gegen die Herausforderung der Geschwindigkeit und die natürlichen Hindernisse austrugen. Wenn er Mist baute, wenn er starb, würde Knirps das als Warnung auffassen, ein wenig langsamer werden und den Beobachtungspunkt lebend erreichen. Oder die A-Flügler würden hinkommen. Niemand war wirklich von ihm abhängig, und so mochte er es.
Dreizehn, seine R2-Einheit, die man ihm kürzlich endgültig zugeteilt hatte, als die abschließenden X-Flügler Zuteilungen festgelegt worden waren, piepte ihn an. Er sah auf sein Display, das jetzt den Schweinetrog, seinen Standort, die Standorte der A-Flügler, die herankommenden TIE-Jäger und den Sternenzerstörer sowie zwei projizierte Standorte zeigte: die Stelle, wo die TIE-Jäger theoretisch den Trog überqueren würden, und die Stelle, von der aus Kell und seine Kameraden den Feind überwachen sollten. Das war eine Stelle am Rande des Trogs einige Kilometer nordwestlich des projizierten Schnittpunkts.
Wenn Kells Kalkulationen stimmten, würde er der Gespensterstaffel und der Staffel Blau einige wenige Minuten Vorbereitungszeit verschaffen können – von der ersten Sichtung bis zu dem Augenblick, wo die TIEs den Trog erreichten. Das bedeutete, daß die beiden Staffeln seiner Kollegen bereits unterwegs sein mußten und ihm jetzt mit nicht ganz so halsbrecherischer Geschwindigkeit folgten.
Einem Programmierfehler zufolge hatte Kells R2-Einheit anfänglich jedesmal, wenn er eine Zufallszahl angefordert hatte, mit dem Wert Dreizehn geantwortet. Kell hatte veranlaßt, daß Grinder die Programmierpanne behob, der Astromecheinheit aber dann den Namen Dreizehn gegeben. Er vermutete, daß R2 den Namen sogar mochte, wo er doch andeutete, daß der Droid das dreizehnte Mitglied der Staffel war.
Sie erreichten die erste Biegung, die sie nach Nordwesten führen würde durch die Bombenabwurfstelle und zu ihrem Ziel. »Sechs, übernimm du die Führung. Ich bin Flügelmann.«
Knirps brüllte eine unverständliche Antwort und zog an ihm vorbei. Kell konzentrierte sich darauf, die Manöver seines Flügelmanns zu kopieren, versuchte, sie soweit wie möglich vorherzuahnen, flog jetzt ebenso präzise Flügelmann, wie Knirps das vorher für ihn getan hatte.
Sie befanden sich jetzt im Bombenabwurfsbereich, gingen in Waagrechtflug über und schalteten alle Energie auf die Schubaggregate. Kell blickte nach hinten. Immer noch keine Spur der A-Flügler. Augenblicke später hatten sie die Hälfte der geraden Strecke zurückgelegt, ohne daß die anderen Jäger bisher in Sicht geraten wären.
Kell verspürte eine plötzliche Anwandlung von Schuldgefühlen. Waren er und Knirps zu gut geflogen? Hatten die A-Flügler, um sich nur ja nicht von den erfahreneren Piloten überholen zu lassen, zuviel riskiert und waren an den Canyonwänden gescheitert? Aber nein, gerade als sie sich anschickten, in den jetzt wieder schmäler gewordenen Teil des Trogs einzufliegen, sah Kell die Positionslichter der A-Flügler hinter sich.
Höchstens eine Minute später, immer noch mit gutem Vorsprung vor den A-Flüglern, reduzierte Knirps die Energiezufuhr zu den Hauptmotoren und schaltete die Repulsorlifts ein. Kell tat es ihm gleich. Jetzt bogen die beiden nach Norden ab, stiegen an einer kantigen Klippenwand empor und setzten zwanzig Meter vom Abgrund entfernt auf.
»Sechs, sämtliche Energie abschalten«, sagte Kell, »mit Ausnahme der Lebenserhaltungssysteme, Kommunikation und visuellen Sensoren. Keine Cockpitbeleuchtung. Sag deinem R5, er soll die Außenbeleuchtung abschalten.«
»Wird gemacht«, bestätigte Knirps.
Ein Schatten fiel über Kells Cockpit, als die beiden A-Flügler neben ihnen aufsetzten. Kell schaltete sein Kommsystem von der Staffelfrequenz auf die allgemeine Frequenz der Neuen Republik, reduzierte aber die Energiezufuhr so stark, daß man sie höchstens einen Kilometer weit empfangen konnte. »Freue mich, daß ihr beiden schließlich nachgekommen seid. Wir sind hier schon eine Weile. Würdet ihr uns bitte ablösen, damit wir ein kleines Nickerchen machen können?«
»Ha, ha«, kam die Antwort. Eine Frauenstimme, dachte Kell. »Mit wem sprechen wir?«
»Kell Tainer, Gespenst Fünf. Steuerbord von mir ist Hohass Ekwesh, auch bekannt unter dem Namen Knirps, Gespenst Sechs.« Kell sah, wie die beiden A-Flügler die Energieversorgung herunterfuhren und war erleichtert, daß er sie nicht daran zu erinnern brauchte.
»Dorset Konnair, Blau Neun. Der hübsche Junge backbord von mir ist Tetengo Noor, Blau Zehn. Ihr beiden habt aus diesen überholten Schrottkisten ganz schön Tempo herausgeholt.«
»Oh, vielen Dank.«
»Wir hätten euch natürlich geschlagen, wenn Tetengo nicht plötzlich eingefallen wäre, daß er auf dem Stützpunkt etwas in der Backröhre vergessen hatte. Wir mußten umkehren und sein Abendessen holen.«
Jetzt war die Stimme des anderen Piloten zu vernehmen. »Ich wollte nicht mit leerem Magen in den Kampf gehen.«
Kell schnaubte. Der Stolz der A-Flügler-Piloten auf die Geschwindigkeit ihrer Jäger war legendär, ebenso wie die Verachtung, die sie für alle Fahrzeuge empfanden, die langsamer als die ihren waren. »Wir sollten diese kleine Geschichte vielleicht für uns behalten«, sagte er. »Wir wollen ja schließlich nicht, daß die blaue Staffel in den Ruf gerät, dem Feind den Rücken zuzuwenden.«
Blau Neun gab einen empörten Laut von sich; über das Kommsystem klang es wie das Summen eines riesigen Insekts. »Oh, das werdet ihr mir büßen.«
»Sind Ihre visuellen Sensoren auf die projizierte Ankunftszone orientiert?«
Blau Neun sagte: »Natürlich.«
Blau Zehn sagte: »Verflucht.«
»Dann ein bißchen fix, Zehn.«
Die nächsten paar Minuten wurde nichts gesprochen. Dann war die Stimme von Blau Zehn zu vernehmen: »Ich habe sie.«
Kell ließ seinen visuellen Sensor kreisen, konnte aber den Feind nicht erfassen. »Blau Zehn, bitte Koordinaten übertragen.«
Gleich darauf war eine Vielzahl winziger zittriger Punkte auf seinem Bildschirm zu sehen – die Ionenmotoren von TIE-Jägern weit im Norden.
Kell gab die Sensordaten an Dreizehn weiter und bekam von diesem die präzisen Koordinaten des Punktes, wo die ankommenden Jäger den Schweinetrog kreuzen würden – das und ihre exakte Ankunftszeit unter der Voraussetzung, daß sie ihr Tempo nicht änderten. »Hier Gespenst Fünf«, sagte Kell. »Hat sonst noch jemand die Zahlen laufen lassen?«
»Blau Neun hier.«
»Ich zeige dir meine, wenn du mir die deinen zeigst.«
Ihre Zahlen stimmten auf zwei Kommastellen überein. Kell übermittelte sie kodiert in einer kurzen, direkt auf den Stützpunkt gerichteten Blitzübertragung; mit etwas Glück würden die Angreifer das Signal nicht auffangen, es nicht anpeilen können oder es als belanglos abtun.
Kell wartete mit der Hand auf den Energieschaltern. Vier Minuten, bis die TIEs den Schweinetrog erreichten. Das würden lange vier Minuten werden.
»Gespenst Fünf, ich habe den Sternenzerstörer.«
Kell überprüfte seine Sensoren und sah den Blip hinter den TIE-Jägern, mit einigen Minuten Abstand. »Das Signal wäre nicht so stark, wenn die nicht bereits ihre Schilde hoch hätten. Der Kapitän dieses Sternenzerstörers ist recht vorsichtig. Blaue, glaubt ihr, daß wir in bezug auf dieses kapitale Schiff irgend etwas machen können?«
»Gespenst Fünf, Blau Neun. Ich glaube nicht. Ich vermute, wir könnten gegen ihren Bug prallen wie Insekten gegen die Windschutzscheibe eines Skimmers.«
»Ein charmantes Bild. Danke, Blau Neun.« Kell versuchte; sich von der Idee zu lösen, das gewaltige Schiff zu behindern oder vom Kurs abzubringen, schaffte es aber nicht. Wenn das Schiff sich in den bevorstehenden Kampf zwischen den TIEs und den Jägern der Neuen Republik einschaltete, würden viele seiner Freunde und Verbündeten getötet werden; wenn es den Stützpunkt erreichte, ehe der letzte Transporter startete, würde jenes Schiff nie die Freiheit sehen. Er spürte, wie seine Nackenmuskeln sich verkrampften.
Womit konnte man den Sternenzerstörer von seinem Ziel abbringen, wenn auch nur auf kurze Zeit? Eine größere wahrgenommene Bedrohung? Aber wie sollten sie die simulieren?
Vielleicht ein größerer Preis für den Kapitän … Kell setzte sich ruckartig auf. »Blaue, Gespenst Fünf. Unsere Astromechs sind fabrikneu. Keine Ahnung von Geschichte. Hat einer von euch beiden irgendwelche alten Chiffrierkodes in den Computerdaten? Die abgelaufenen Kodes meine ich?«
»Blau Zehn. Ich habe eine ganze Menge davon.«
»Sehr gut. Wir machen folgendes …«
In diesem letzten Abschnitt des Schweinetrogs verzichtete Wedge darauf, auf die Formation der anderen neun Mitglieder der Gespensterstaffel zu achten, die ihn begleiteten.
Auf den geraden Strecken hatten sie dicht aufgeschlossen und sich dann wieder voneinander gelöst, wenn das Terrain komplizierte Manöver erforderte, aber immer wieder einen Schirm gebildet, der die A-Flügler von General Crespin daran hinderte, sie zu überholen.
Vor ihnen war die Biegung im Canyon, die ihren Ausgangspunkt markierte – die Stelle, wo jetzt jeden Augenblick sechs TIE-Staffeln über ihren Köpfen hinwegziehen würden, wenn Kell Tainer richtig gerechnet hatte. Er blickte zum Klippenrand empor und sah das erste ihrer Ziele, eine hereinkommende Welle feindlicher Jäger, die binnen Sekunden über ihnen hinwegfliegen würden.
»S-Flügel in Angriffsposition«, sagte er und ließ den Worten die Tat folgen. »Gespenster, erstes Ziel sind die Abfangjäger, falls welche da sind, und dann die Bomber, wenn möglich.«
»Verdammte Blaustaffel!« Das war die Stimme von Grinder. Wedge sah sich um und konnte gerade noch sehen, wie die A-Flügler, die jetzt keinen Anlaß zur Geheimhaltung mehr hatten, über die Schluchtwände aufstiegen, auf volle Beschleunigung gingen und schneller aus dem Canyon emporschossen, als die X-Flügler ihnen folgen konnten.
»Vier, hier Eins. Bitte keine persönlichen Bemerkungen. Gespenster, die haben es anscheinend auf die vorderen Augäpfel und die Trottel abgesehen, die sie begleiten. Das erlaubt uns, die Schielaugen anzugreifen. Los geht’s.« Er zog den Knüppel zu sich heran und gab vollen Schub auf beide Aggregate und die Repulsorlifts.
Wedges X-Flügler fegte nur wenige Meter über den Klippenrand hinweg, war aber so nahe an der Felsmauer, daß seine Repulsorlifts ansprangen und den X-Flügler schneller nach oben jagten. Erfreut stellte er fest, daß Jesmin Ackbar noch bei ihm war; offenbar hatte sie denselben kleinen Trick wie er angewandt.
Über und vor ihm, keine zwei Kilometer entfernt, waren sechs volle Staffeln TIEs. Wedge schob das Kinn vor; die Kräfteverteilung war also drei zu eins. Das würde unangenehm werden.
Er peilte die Staffel der Schielaugen an, Abfangjäger, und ließ seine Zieloptik über sie wandern. Die Optik ging sofort in den Rotbereich, und er feuerte, jagte ihnen einen Protonentorpedo hinüber. Er sah andere rötliche Streifen am Himmel, als vier weitere Gespenster ihre Torpedos abfeuerten. Und dann dünne rote Lichtnadeln, als der Rest aus den Vierlingslaserkanonen feuerte. Wedge sah, wie nicht weniger als vier Abfangjäger von der ersten Salve getroffen wurden und sich in weiße Wolken verwandelten.
Fast unmittelbar über ihm geschah mit feindlichen TIE-Jägern und Bombern dasselbe, als General Crespins Staffel Blau über sie hereinbrach. Anschließend lösten sich alle sechs TIE-Rotten auf wie ein Insektenschwarm, und Jäger kippten paarweise aus ihrer bisherigen Position und rasten, aus allen Laserrohren grüne Strahlen auf sie abfeuernd, auf sie zu.
»Zwei, bei mir bleiben.« Er schoß auf einer schraubenförmigen Bahn nach oben und gewann schnell westlich von den sich herabstürzenden TIE-Jägern an Höhe.
»Eins, es kommen drei auf uns zu.«
»Auf das eine an Steuerbord zielen, Zwei.« Wedge schaltete mehr Energie auf die Bugschilde.
Drei TIE-Jäger stießen auf sie herab und feuerten ständig. Wedge mußte grinsen, als er sah, wie schlecht sie zielten. Dann raste er auf sie zu, kippte seinen Jäger nach hinten ab und schaltete auf Laser, die er auf Vierlingsfeuer zusammenkoppelte. Dann wartete er, bis er den Augapfel backbord sauber in der Zieloptik hatte, und feuerte.
Der Schuß zerschmolz die ganze Steuerbordseite des Jägers und riß sie weg, ließ seine abgerissene Tragfläche auf die Oberfläche des Mondes hinunterfallen. Der TIE-Jäger kippte ab, als wolle der Pilot immer noch versuchen, die Kontrolle über seine Maschine zurückzugewinnen, explodierte dann aber.
Wedge sah, wie die vier Strahlen einer Laserphalanx den Jäger an steuerbord erfaßten und ihn bis ins Cockpit durchbohrten. Der praktisch noch intakte Augapfel kippte zur Seite und jagte dann auf einer ballistischen Bahn Folor entgegen.
Ja, sie waren Anfänger. Der dritte Pilot geriet in Panik, rollte ab, um zur Flucht anzusetzen, und bot beiden Gespenstern die Chance für einen herrlichen Schuß. Zwei gekoppelte Laser trafen ihn und ließen ihn in dem kurzen Augenblick, ehe seine Ionenmotoren die Integrität verloren und detonierten, zu Schlacke schmelzen.
Wedge und Jesmin wirbelten herum, suchten das Areal ab, wo sie die Abfangjäger vermuteten. In dem Durcheinander aus erregten Rufen und Anweisungen hörte Wedge Piggys Stimme heraus: »Sieben, hier Zwölf. Empfehle Sturzflug … Jetzt. Acht, empfehle feuern … Jetzt.«
Wedge runzelte die Stirn. Piggy sollte kämpfen, nicht Bodenkontrolle spielen. Aber Janson war der Flügelmann des Gamorreaners und sollte ihn kontrollieren. Wedge empfing die Blips von einer Anzahl von Jägern, vermutlich Augäpfel, im extremen Bereich seiner Laser. Er straffte seine Schilde, sagte: »Zwei, Feuer frei«, und begann seinerseits auf beliebige Ziele zu feuern, wenn seine Zieloptik ihm Grün meldete.
Und dann hallte aus seinem Komm ein Satz, den er hier nie erwartet hätte: »Han, kannst du aus diesem Schrotthaufen nicht ein wenig mehr Tempo herauskitzeln?«
Admiral Trigit schaltete seinen Sesselmonitor auf die Lagedarstellung des Jägerkampfes. Er runzelte die Stirn. Sie waren nicht länger mit drei zu eins in der Überzahl; die Jäger der Rebellen lieferten ihnen einen wilden Kampf, nachdem sie sie vorher schon mit großem Geschick aus dem Hinterhalt angegriffen hatten. Von zweiundsiebzig Jägern hatte Trigit einundzwanzig verloren und konnte selbst bis jetzt erst zwei Abschüsse verbuchen.
Das würde sich ändern. Die zahlenmäßige Überlegenheit würde am Ende den Sieg garantieren. Aber diese Verluste waren kostspielig.
»Admiral, neues Ziel Bezeichnung Folor-Drei. Etwa vierzig Kilometer westlich und auf langsamem Westkurs.«
»Bitte, identifizieren.«
»Es sieht aus wie zwei Rotten X-Flügler und ein Schiff unbekannten Typs. Wir fangen Sendungen auf.«
»Versuchen Sie, sie zu entschlüsseln, und sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas herausbekommen. Wenn sie sich entfernen, stellen sie keine Bedrohung für uns dar.«
»Sie sind bereits entschlüsselt, Sir. Die verwenden einen älteren Kode, einen, den wir schon vor ein paar Wochen geknackt haben.«
»Nun, dann geben Sie durch. Von Anfang an.« Die Stimmen knisterten und waren häufig von mechanischen Störgeräuschen überlagert. »Han, kannst du aus diesem Schrotthaufen nicht ein wenig mehr Tempo herauskitzeln?«
Eine weibliche Stimme antwortete. »Han kann im Augenblick nicht ins Cockpit kommen. Er steckt bis über beide Arme in den Überresten der Hauptmaschine. Im Augenblick laufen nur die Repulsorlifts.«
»Prinzessin, mit Repulsorlifts werden Sie nicht von Folor loskommen. Wenn Sie die Motoren nicht in ein paar Minuten hochfahren können, müssen Sie landen und sich ein Versteck suchen. Wir versuchen dann, zu Ihnen zu kommen.«
»Das klingt ja äußerst ermutigend, Sonderstaffel Zwei.«
Trigit fuhr in die Höhe. »Sensorik, entspricht dieses ›Schiff unbekannten Typs‹ den Parametern des Millennium Falken?«
»Sir, die entsprechen gar nichts. Irgendein seltsam geformtes Ding mit einem oszillierenden Schildsystem, das wir nicht richtig erfassen können. Aber viel Schutz können diese Schilde nicht bilden. Äh, aus den Unterlagen geht hervor, daß der Millennium Falke allein seit dem Tod des Imperators drei wesentliche Parameteränderungen – «
»Ja, ja. Ständiger Umbau und all das.« Trigit strich sich mit dem Ärmel über die Stirn, um die Schweißtropfen wegzuwischen, die dort plötzlich erschienen waren. Han Solo und Leia Organa hier? Eskortiert von Einheiten der Sonderstaffel? Warum? Er hatte bisher angenommen, daß die beiden derzeit an unterschiedlichen Orten für die Rebellen im Einsatz waren, und daß der Millennium Falke augenblicklich überhaupt nicht im Einsatz war.
Aber er wußte, daß sie es sein mußten. Der Stützpunkt war inzwischen mit Sicherheit geräumt. Weshalb sollten also die A- und X-Flügler Pilotenanwärter so verzweifelte Verteidigungsanstrengungen machen? Das machte nur dann Sinn, wenn sie den Flug der Prinzessin sicherten, einer der einflußreichsten Persönlichkeiten der Neuen Republik.
»Pilot, Einsatz auf Ziel mit Bezeichnung Folor-Drei. Wir werden uns ein paar berühmte Rebellen fangen.« Er lächelte, als seine Brückencrew in Begeisterungsrufe ausbrach, und kehrte zu seinem Kommandositz zurück.
»Das klingt sehr ermutigend, Sonderstaffel Zwei.«
Wedge bemerkte, daß ihm der Mund aufgeklappt war, und schloß ihn. Die Sonderstaffel und Leia hier? Wo der Millennium Falke doch schon vor Tagen ohne die Sonderstaffel eingetroffen und kurz darauf auch wieder abgeflogen war? Das ergab einfach keinen Sinn.
Dann fiel sein Blick auf den Datenbildschirm und die Information, die seine Astromecheinheit Gate gerade darauf abspielte. Diese Sendungen waren gemäß dem Derra-114-Protokoll chiffriert worden, einem Kode, den man vor Wochen aufgegeben hatte, als bekannt geworden war, daß die Streitkräfte von Warlord Zsinj ihn geknackt hatten. Ebensogut könnte man Klartext senden.
Nun waren die Stimmübertragungen von Jägern der Neuen Republik häufig primitiv, teils Stimme, teils Störgeräusche. Das lag nicht etwa daran, daß die Neue Republik sich keine besseren Kommanlagen leisten konnte; es war vielmehr eine Tradition, die bis in die frühesten Tage der Allianz zurückreichte. Die Kommeinheiten der Neuen Republik komprimierten Stimmdaten auf das geringstmögliche Maß, das gerade noch eine verständliche Datenübertragung erlaubte, und waren dadurch imstande, Sendungen über einen breiteren Bereich von Subfrequenzen abzusetzen, was dem Feind Störsendungen erheblich erschwerte. Diese Datenkomprimierung hatte noch eine weitere Auswirkung, die zu der Zeit, als die Neue Republik noch aus einer Gruppe Rebellen bestand, von erheblicher Bedeutung gewesen war: Die Stimmverzerrung machte es den imperialen Ermittlern nahezu unmöglich, eine sichere Verknüpfung zwischen Sendungen und den jeweiligen Absendern herzustellen, so daß nur schwer zu beweisen war, daß eine bestimmte Person an einem bestimmten Kampf teilgenommen hatte. Trotzdem glaubte Wedge, etwas von Kell Tainers Tonfall in der Stimme von »Sonderstaffel Zwei« zu entdecken, und das bedeutete, daß die angebliche Millennium Falke-Gruppe in Wirklichkeit Kell und seine drei Kameraden sein mußte. Das Ganze war irgendeine besondere Kriegslist.
»Führer Zwei. Implacable bricht ab.«
Der Sensorschirm zeigte, daß Jesmin recht hatte; der imperiale Sternenzerstörer bog langsam nach Westen und löste sich aus dem Luftkampf der Jäger. Wedge lächelte breit. »Gespenster, hier Führer. Wir haben ein wenig zusätzliche Zeit bekommen. Nützt sie gut.«
Vor ihm tobte ein heftiger Luftkampf, wenigstens zwanzig TIEs lieferten sich mit etwa der Hälfte dieser Zahl von Jagdmaschinen der Neuen Republik ein erbittertes Gefecht. Wedge stellte seine Laser auf Zwillingsbeschuß und flog auf das Gewimmel zu. »Wir greifen an, Zwei. Bei Zielerfassung schießen.«
Mit heulenden Motoren tauchten sie mitten in das Gefecht hinein und feuerten so schnell, wie ihre Zielerfassung Grünwerte lieferte. Grüner feindlicher Beschuß und rotes Kreuzfeuer ihrer eigenen Kameraden blitzten rings um sie, aber Gate meldete nichts von irgendwelchen Treffern, die sie abbekommen hatten.
Dafür kam das Komm kaum zum Schweigen. »Blau Drei ist weg, wiederhole weg.«
»Könnte jemand diesen Mynock hinter mir wegputzen!«
»Gespenst Vier, hier Zwölf. Abdrehen, sofort. Drei, dein Ziel sollte … jetzt … in Schußweite sein.«
»Blau Vier, Drei. Ich bin immer noch hier, wo bist du?«
»Wer ist dann diese Splitterwolke – «
Wedge kam auf der anderen Seite des Getümmels heraus und war sicher, daß er einen TIE-Jäger getroffen hatte, und ebenso sicher, daß er einen Abfangjäger vaporisiert und ein oder zwei weitere Feinde angeschossen hatte. Er sah zum Seitenfenster hinaus und stellte beruhigt fest, daß Jesmin immer noch in Flügelposition neben ihm flog. »Zwei, ich bin es, Führer. Lagebericht?«
»Führer, ich bin getroffen. Melde ernsthaften Schaden am Ätherruder.«
»Kann Ihr R2 das zusammenflicken?«
»Ich denke schon. Aber er kreischt die ganze Zeit, daß ich nicht manövrieren soll. Er sagt, davon könnten die paar Verbindungen reißen, die bis jetzt noch halten.«
Wedge biß sich auf die Unterlippe. Wenn der Bericht zutraf und Jesmin sich wieder in den Kampf einschaltete, würde sie wahrscheinlich sehr schnell ihre Manövrierfähigkeit verlieren – und das würde sie für opportunistische TIE-Piloten zu einem bequemen Ziel machen. »Zwei, abbrechen. Rückkehr zum Stützpunkt, nur mit Schubaggregaten manövrieren. Beziehen Sie dort Station, und halten Sie mich auf dem laufenden.«
»Ja, Sir.« Trotz des verzerrenden Einflusses des Komm war die Enttäuschung in ihrer Stimme nicht zu überhören. Wedge konnte ihr das nachfühlen. Er wußte, sie würde sich Vorwürfe machen, weil sie die Staffel im Stich ließ. Er hatte sich selbst so gefühlt, acht Jahre war das jetzt her, als er Anweisung erhalten hatte, seinen Angriff auf den ersten Todesstern abzubrechen. Aber im Augenblick hatte er keine Zeit, die Rolle des Moraloffiziers zu übernehmen. Er wartete, bis sie ihre Kampfflügel in Flugformation gebracht hatte und dann in einem langen, weiten Bogen zum Stützpunkt zurückflog, und wendete dann selbst in einem engen Bogen und strebte wieder dem Kampfgetümmel zu.
Die Sensoren zeigten, daß die TIEs ziemlich schnell ausgeschaltet wurden, wenn der Kampf auch die X- und A-Flügler nicht ungeschoren ließ. Wenn die Borleias nicht bald startete, würden die Gespensterstaffel und die Blaue Staffel in eine einigermaßen unhaltbare Lage kommen.
Blau Neun und Blau Zehn flogen Flügelspitze an Flügelspitze mit einer Präzision, die Kell eifersüchtig machte. Er hatte A-Flügler-Piloten immer für ein wenig schlampiger als X-Flügler-Piloten gehalten, weil ihre Fahrzeuge nicht ganz so manövrierfähig waren, aber Staffel Blau strafte jetzt seine Annahme Lügen. Er revidierte seine Meinung über General Crespin von »unausstehlich« zu »unausstehlich, aber ein ausgezeichneter Ausbilder«. Gespenst Fünf und Gespenst Sechs flogen dicht neben den beiden A-Flüglern, wobei sie sich entsetzlich langsam bewegten – etwa so schnell wie ein guttrainierter Sportler laufen kann, in der Höchstgeschwindigkeit mancher Repulsorliftaggregate. Obwohl sie sich auf gerader Linie nach Nordwesten bewegten, entfernten sie sich doch nicht mehr als einen Kilometer vom Schweinetrog.
Kell sah auf seinen Bildschirm, der immer noch Sensordaten zeigte. Der Luftkampf der Jäger war ein verwirrendes Durcheinander blitzender Funken in weiter Ferne. Aus größerer Nähe konnte man sehen, daß die Implacable mit beängstigender Geschwindigkeit nähergerückt war. Jetzt waren sie bereits in Reichweite der Kanonen des Sternenzerstörers … obwohl diese Waffen auf so kurze Distanz gegen Jäger nicht viel ausrichten konnten.
»Knirps, irgend etwas Neues von Folor?«
»Negativ, Fünf.«
Er schaltete auf Derra-114-Chiffre zurück und verstärkte seine Sendeenergie. »Prinzessin, die holen auf. Noch zwei Minuten, dann müssen wir zusehen, daß wir verschwinden.«
Die Stimme von Blau Neun flehte: »Nur noch ein wenig durchhalten, Sonder Zwei. Wir sind beinahe da.«
Kell grinste. Er und Blau Neun waren ziemlich schlechte Schauspieler, aber die Crew der Implacable hatte offenbar nichts bemerkt. Wenn er das hier überlebte, würde er vielleicht versuchen, bei Face Unterricht zu nehmen.
»Fünf, hier Sechs. Borleias meldet Start.«
»Falke, tut mir leid, wir können nichts mehr für euch tun. Landen Sie, suchen Sie Deckung. Wir treffen uns mit Ihnen in, äh, New Down Time.«
»Verstanden, Sonder Zwei. Die Macht sei mit euch. Falke, Ende.«
Das war ihr Signal zum Aussteigen. Kell wies Dreizehn an, die Energiezufuhr zum Transponder und den Schilden des X-Flüglers zurückzunehmen; Knirps würde dasselbe tun, und damit würde ihre Signalstärke auf die von zwei X-Flüglern statt zwei ganze Rotten absinken. Die A-Flügler-Piloten würden das Programm beenden, das die in ihre eigenen Schilde gespeiste Energie oszillieren ließ, was das seltsame Signal ausgelöst hatte, von dem Blau Neun gehofft hatte, daß es die Implacable anlocken würde. Wenn das alles funktionierte, würden sich auf den Sensoren der Implacable ein mutmaßlicher Millennium Falke und sechs oder acht X-Flügler in bescheidene vier Jäger verwandeln. Die vier kippten nach backbord ab und rasten zum Schweinetrog zurück, der jetzt nur noch einen halben Kilometer entfernt war, tauchten dann in die Schlucht und nahmen wieder Kurs nach Südosten.
Der Sensorikoffizier wirkte verwirrt. »Das Signal hat sich geändert. Ich glaube, die wollen uns stören. Die sind mit Sicherheit in diese Canyonformation abgetaucht.«
»Pilot, neuer Kurs, Süden. Wenn Sie diese Koordinaten erreichen« – Trigit tippte auf den Punkt, wo ihr Südkurs das Canyonsystem schnitt –, »gehen Sie in Schwebeflug über. Waffensysteme, Traktor vorbereiten. Wir werden die aus der Schlucht ziehen, wie ein Gamorreaner Morrts pflückt.«
»Admiral, hier Taktik. Die Rebellenjäger lösen sich aus dem Gefecht. Und davor ist ein weiterer Transporter zu sehen, der soeben das Schwerefeld von Folor verläßt.«
»Sagen Sie den Abfangjägern, die sollen die Verfolgung aufnehmen, Nachzügler abschießen und ihren Sprungkurs festhalten, wenn sie springen.«
»Sir, die Abfangjäger sind alle weg.«
Trigit blickte auf. »Warten Sie. Sagten Sie, noch ein Transporter?«
»Ja, Sir.«
Der Admiral spürte, wie ihn tiefe Niedergeschlagenheit erfaßte.
»Pilot, bringen Sie uns auf Höchsttempo. Ich will zu diesem Canyon.«
»Gehen auf Höchstgeschwindigkeit.«
Jansons Stimme knisterte im Komm: »Borleias meldet, daß sie das Schwerefeld verlassen haben und in wenigen Minuten in den Hyperraum eintreten.«
Dann die Stimme Crespins; Wedge war froh, daß der alte Pilot das Gefecht lebend überstanden hatte. »Blaue Staffel und Gespensterstaffel, abbrechen und neu formieren. Wir treffen uns an Rendezvouspunkt Eins.«
»Blauführer. Gespensterführer. Bestätigt. Viel Glück.« Wedge, der soeben aus allen Rohren feuernd quer durch den feindlichen Jägerschwarm gerast war, schlug einen weiten Bogen: »Gespenster, ihr habt ihn gehört. Abbrechen. Formieren.«
Die überlebenden TIEs, deren Zahl auf die Hälfte zusammengeschrumpft war, ließen sie abziehen – mit Ausnahme von zwei übereifrigen Augäpfeln, die sie verfolgten und die fast im gleichen Augenblick von Janson und Piggy vaporisiert wurden.
Wedge brachte die Gespensterstaffel auf Südkurs mit Richtung auf den Stützpunkt. »Gespenst Fünf, Gespenst Sechs, haben Sie gehört?«
»Ja, wir haben gehört, Führer. Wir kommen. Wir sind zu beschäftigt, um die ETA zu berechnen.«
Die Implacable stand jetzt reglos in der Luft und hatte ihre Traktorphalanx auf den Canyon gerichtet.
Jetzt meldete sich der Sensorikoffizier. »Vier Schiffe in jener geographischen Formation erfaßt. Aber sie sind nicht Ziel Folor-Drei.«
Trigit runzelte die Stirn. »Was soll das heißen? Wer ist das dann?«
»Zwei X-Flügler, zwei A-Flügler. Keine corellianische YT 1300.«
Kein Millennium Falke. Trigit schloß die Augen. Zweimal. Er war an einem einzigen Tag gleich zweimal getäuscht worden. Das hatten noch nicht einmal seine eigenen Kinder bisher geschafft, so raffiniert und bösartig sie auch sein konnten. Er rieb sich die Stirn und verspürte plötzlich stechende Kopfschmerzen. »Vergessen Sie den Traktor«, sagte er leise. »Maximales Laserbombardement. Ich will, daß die erledigt werden.«
Kell beendete seine Sendung, als er fast unmittelbar unter der Implacable angekommen war. Dann setzte vernichtender Beschuß aus den Laserbatterien des Sternenzerstörers ein.
Der erste Schuß traf die Canyonwand keine hundert Meter vor ihnen und erfüllte die ganze Felsspalte und den Himmel darüber mit blendendem Licht und geschmolzenem Gestein. Kell riß seinen X-Flügler nach steuerbord, weg von der Mitte des Treffers; er flog jetzt nach Gedächtnis, weil seine Sensoren ebenso unbrauchbar waren wie die visuelle Erfassung, ließ die Trefferzone hinter sich und geriet in die nächste. Er hörte Steinbrocken auf sein Cockpit und die Flanken seines Jägers hämmern. »Sechs, jetzt gibt es Ärger.«
»Fünf, übernehme Führung.« Das war die Stimme von Knirps, aber sie klang anders. Das war weder der höfliche Knirps, mit dem man normale Gespräche führen konnte, noch der unartikulierte Schreier.
Kell sah, wie Knirps ihn überholte, und konnte ihn beinahe nicht mehr visuell oder mit Sensorik ausmachen. Knirps fuhr fort: »Blaue, folgt mir. Das ist ein Kinderspiel.«
Kell kam der Aufforderung nach und zog seinen Jäger auf die Höhe der Flügelspitze von Knirps. Jede Splitterwolke, die sie hinter sich ließen, brachte sie in die nächste, und immer wieder prasselten Steinsplitter auf sie herab oder sich ausdehnende Gaswolken, die gerade noch Eis und massives Felsgestein gewesen waren, rüttelten sie durcheinander. Aber Kell folgte jedem Manöver von Knirps und schaffte es wie durch ein Wunder, nicht von den Canyonwänden in Stücke gerissen zu werden.
Dann eine scharfe rechte Biegung und sie hatten das Bombardement hinter sich gelassen. Laserschüsse vom Durchmesser eines Jägers gingen auf den Canyonrand über ihnen nieder, reichten aber nicht in die Tiefe. Knirps führte sie in die Canyonsohle und reduzierte ihr Tempo von Wahnsinnsgeschwindigkeit auf Beinahe-Wahnsinnsgeschwindigkeit.
»Prima gemacht, Sechs. Wer war das?«
»Der Schüler. Der, der sich erinnert, der, der auf Prüfungen lernt.«
»Sag ihm, daß er gerade eine Menge Punkte gemacht hat.« Kell rief ein Diagnoseprogramm auf. Geringe Schäden an beiden Backbordtragflächen und ein leichter Verlust von Kabinendruck waren zu erkennen. »Blau Neun, Blau Zehn, Statusbericht?«
»Ziemlich zugerichtet, Gespenst Fünf. Aber wir schaffen es zurück zur Gruppe.«
»Gut. So weit von der Implacable entfernt, denke ich, können wir Treibstoff sparen und aus dem Schweinetrog springen und den Rest der Strecke oben fliegen.«
»Einverstanden.«
Kell stellte fest, daß seine Hände zitterten und sein Herz wie Twi’lek-Kriegermusik hämmerte. Er hatte gerade einen Sternenzerstörer an der Nase herumgeführt und anschließend dessen Versuch überlebt, sich zu rächen – und das verlangte eine Feier.
Unmittelbar bevor sie aus dem Canyon sprangen, schaltete Kell seine Kommeinheit auf hohe Sendeleistung. »Achtung, Implacable«, sagte er. »Damit ihr Bescheid wißt, ihr seid gerade die Opfer der Dinnerstaffel geworden!«
Und gleich darauf war die Stimme von Knirps zu hören: »Und der Albernen Staffel!«
»Sie können sich als gedemütigt betrachten. Und willkommen auf Folor, Ende.«