6
Vannix, Vankalay-System
Der hoch gewachsene Mann im grauen Kapuzenumhang betrat den Laden. Sein Gesicht lag im Schatten der Kapuze und er trug eine dunkle Hose und ein Hemd wie die meisten Arbeiter. Hinter ihm rollte ein blauweißer Astromech der R2-Klasse.
Der Ladenbesitzer, ein älterer Mann mit einem Kranz weißen Haars und verquollenen blauen Augen, seufzte. Er bewegte eine Hand unauffällig unter der Theke, um nach der Blasterpistole zu greifen, die dort in einem Halfter steckte. Er hasste Kunden, die anonym bleiben wollten. Sie waren häufig in Dinge verwickelt, die die Aufmerksamkeit der Regierung erregten, und das waren noch die besseren Fälle − die schlimmsten kamen in den Laden, um zu stehlen, und nicht, um zu kaufen oder zu verkaufen. Aber dieser hier hatte zumindest einen Droiden mitgebracht, was nahe legte, dass es ihm tatsächlich um etwas ging, was der Ladenbesitzer leisten konnte.
»Reparieren Sie Droiden?«, fragte der Mann. Sein Akzent war fremd. Vielleicht corellianisch.
»Ja«, sagte der Ladenbesitzer. »Wir haben diese Information geschickt auf dem Schild draußen verborgen, diesem blinkenden Ding, auf dem NINGALS DROIDEN-REPARATURWERKSTATT steht.«
Der Besucher war offensichtlich immun gegen Ironie und nickte nur. »Ich möchte diesen hier reparieren lassen.«
»Selbstverständlich. Wo liegt denn das Problem?«
Der Mann im Umhang seufzte. »Er hat einen Partner, einen Protokolldroiden, und die beiden streiten sich ununterbrochen. Der Protokolldroide hat sich offenbar in seine Übersetzungsprogramme gehackt, und nun gibt er nur noch Beleidigungen von sich. Wir möchten diese Programmierung entfernen lassen. Wir wollen auch, dass sein Aufzeichnungsspeicher gelöscht wird. Nicht seine andere Programmierung − nur der Aufzeichnungsspeicher.«
»Kein Problem.«
»Können Sie es auf eine Weise löschen, dass es nie wieder rekonstruiert werden kann? Von niemandem, ganz gleich, wie gut er ist?«
»Ebenfalls kein Problem. Ich muss nur jeden Teil seines Aufzeichnungsspeichers überschreiben − mehrmals, um sicherzustellen, dass selbst die ausgefeiltesten Wiederherstellungsprogramme unter dem neuen Material nicht mehr fündig werden können.«
Der Mann im Umhang seufzte erleichtert. »Gut.«
Der Besitzer tippte auf die Theke. »Schließen Sie ihn hier an.«
Der Astromech rollte gehorsam vorwärts. Er streckte seinen Datenschnittstellenarm aus und steckte ihn ein; einen Augenblick später leuchtete ein Textschirm an der Theke auf.
»Wie heißt du, kleiner Bursche?«, fragte der Ladenbesitzer.
Die Worte DAS GEHT DICH NICHTS AN erschienen auf dem Schirm. UND ÜBERHAUPT LASSEN DEINE GESICHTSZÜGE VERMUTEN, DASS DU NICHT ÜBER GENÜGEND INTELLIGENZ VERFÜGST, UM DIR MEINEN NAMEN LÄNGER ALS EINE NANOSEKUNDE ZU MERKEN. ES IST OFFENSICHTLICH, DASS MAN DIR BEIGEBRACHT HAT, WIE DU GERÄUSCHE WIEDERHOLEN KANNST, DIE DU GEHÖRT HAST, DASS DU ABER WEDER DIE WORTE VERSTEHST, DIE DU HÖRST, NOCH DIE, DIE AUS DEINEM EIGENEN MUND KOMMEN.
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte der Ladenbesitzer. »Aber das ist eine einfache Sache. Wir sollten am späten Nachmittag damit fertig sein.«
»Gut«, sagte der Mann im Umhang. Er drehte sich zur Tür um.
»Warten Sie einen Moment. Wie erreiche ich Sie, wenn wir fertig sind?«
»Ich werd einfach wiederkommen.«
»Und wir müssen noch über den Preis sprechen.«
»Stimmt. Ich habe kein hiesiges Geld.«
»Ich fürchte, Credits der Neuen Republik sind hier nichts wert.«
»Ich habe eine überzählige Energiezelle für R2. Voll aufgeladen.«
»Wenn Sie zwei hätten, würde das genügen.«
»Für etwas, das ›kein Problem‹ ist und für das Sie nur bis zum Nachmittag brauchen?«
Der Ladenbesitzer lächelte. »Ist es eine neue Energiezelle?«
»Brandneu. Ich habe sie auf Coruscant gekauft, etwa einen Monat vor der Niederlage.« Der Mann kehrte zur Theke zurück und holte eine Standardenergiezelle für einen Astromech unter dem Umhang hervor. Die reflektierenden Oberflächen glitzerten im Thekenlicht.
Der Ladenbesitzer griff nach der Zelle, wog sie in der Hand und warf einen Blick auf die Ladungsanzeige. »In Ordnung«, sagte er. »Wir sehen uns heute Nachmittag.«
»Danke.«
Zwei Minuten, nachdem der Mann im Umhang gegangen war, kam eine junge Frau herein. Der Ladenbesitzer wusste, dass sie keine Kundin war. Trotz ihres blonden Haars wirkte sie irgendwie ernst, und sie hielt sich wie eine Offizierin.
Sie zeigte einen Identichip mit dem Siegel des Geheimdienstes von Vannix und steckte ihn einen Augenblick in das Lesegerät auf der Theke. Es dauerte einen Moment, dann erschien auf dem Display das Wort BESTÄTIGT.
»Was hat dieser Mann gewollt?«, fragte sie.
Der Ladenbesitzer seufzte. Manchmal war es ein Fluch, immer schon im Voraus zu wissen, wann ein Kunde Ärger machen würde.
Senatorin Addath Gadan behielt das Lächeln bei. Manchmal bewirkte diese kleine zusätzliche Anstrengung, dass auch ihre Stimme gleichermaßen angenehm und unbeschwert blieb. »Ihr werdet also nicht zu der Kundgebung kommen?«
Leia Organa Solos Stimme erklang aus ihrem Schreibtischkom und hörte sich ebenso unbeschwert und künstlich an. »Nicht heute. Tut mir Leid, Addath. Han fühlt sich nicht wohl, und ich glaube, ich sollte bei ihm bleiben. Aber wenn Sie mir den Zeitplan für morgen schicken, sollte ich imstande sein, zu diesen Veranstaltungen zu kommen.«
»Das werde ich tun. Bitte übermitteln Sie ihm meine besten Genesungswünsche.«
»Selbstverständlich.«
Addath schäumte vor Zorn. Fühlt sich nicht wohl, tatsächlich. Han Solo hatte sich wohl genug gefühlt, sich aus der Residenz des Presider zu schleichen und zwei Teams ihrer Sicherheitsleute zu entgehen, bevor ihn das dritte wieder entdecken und ihm folgen konnte. Jeder schlaue Agent hätte sich durch eine oder zwei Schichten von Überwachung mogeln können, aber Solo hatte es sogar in Begleitung eines R2-Astromech geschafft, was ein wirklich guter Trick war.
Nicht, dass ihm das am Ende geholfen hätte. Sie drückte wieder auf den Knopf an ihrem Schreibtisch, und erneut erklang das Gespräch aus dem Aufzeichnungsspeicher der R2-Einheit, bevor er gelöscht worden war.
Erst hörte man Leias Stimme im Flüsterton: »Wie viel ist es also insgesamt?«
Hans Stimme war ebenso gedämpft: »Sie verspricht zwei Staffeln Sternjäger und einen leichten Truppentransporter, der als Basisschiff dienen kann.«
»Ich weiß nicht, Han. Das bedeutet, dass wir uns ziemlich billig verkaufen.«
»Wir brauchen alle militärischen Ressourcen, die wir erhalten können, und sie wollte sich nicht auf mehr einlassen. Also habe ich ja gesagt. Und der Zeitplan bedeutet, dass wir die Lieferung bald erhalten. Wir müssen hier verschwinden.«
Leia seufzte. »Das wird ein schwerer Schlag für Addath sein.«
»Ich weiß. Aber Überleben ist wichtiger als Freundschaft.«
Addath schaltete es ab. Der Zorn bewirkte, dass sie sich von Kopf bis Fuß anspannte.
Es ging nicht darum, dass Leia sich gegen sie gewandt hatte. Das war nur Politik. Es war die Tatsache, dass es hätte funktionieren können. Wenn sie nicht genügend Schichten von Sicherheitsteams gehabt hätte, um Hans Bewegungen zu verfolgen, wäre dieser Handel zwischen ihm und der Admiralin tatsächlich zustande gekommen, und sie selbst hätte ihre Gelegenheit verpasst − die Gelegenheit, ein viel beeindruckenderes Gegenangebot zu machen.
Sie schlenderten allein über den lang gezogenen Balkon hinten an der Residenz des Presider. Addath hatte dafür gesorgt, dass um diese Zeit hier keine Besucher und keine Regierungsangestellten unterwegs waren. Nun ging Leia neben ihr her, zusammen mit Han, der sich in seinen Kapuzenumhang gewickelt hatte und sich wie ein Leibwächter oder Diener einen Schritt hinter ihnen her bewegte.
Addath war das auch recht so. Es machte ohne jede Worte deutlich, dass Han Solo, ungeachtet seines Ruhms, in der Rangordnung weit unter der Senatorin stand.
»Ich bin gekommen, um Ihnen ein Angebot zu machen«, sagte Addath. »Etwas, das Sie zur Teilnahme an meinem Wahlkampf ermutigen soll.«
Leia zögerte. »Was das angeht … Addath, ich werde Ihnen nicht helfen können. Die Umstände haben sich verändert. Han und ich müssen sofort nach Borleias zurückkehren. Wir werden schon heute Abend aufbrechen.«
»Hören Sie mich noch einen Augenblick an. Ich glaube, was ich zu bieten habe, wird dazu führen, dass Sie es sich anders überlegen. Ich glaube, Sie werden bleiben wollen.«
»Ich … also gut, ich werde es mir anhören.«
»Sechs Staffeln verbesserter A-Neun Vigilance-Abfangjäger und eine Nebulon-B-Fregatte, so ausgestattet, dass sie die Jäger tragen kann − es handelt sich eher um einen leichten Transporter als um eine Fregatte. Solche Schiffe bilden das Rückgrat unserer neuen Flotte.«
»Beeindruckend. Und Sie geben mir all das, nur damit ich hier bleibe und mich Ihrem Wahlkampf anschließe?«
»Ja, ich halte viel von Ihrem Einfluss.«
»Aber Addath, Sie verfügen nicht über diese Schiffe. Im Gegensatz zu Admiralin Werl.«
»Bevor ich diese Wahl gewinne, ja. Aber dann werde ich das Kommando über das Militär übernehmen und kann diese Einheiten einfach von der Flotte abstellen. Wir werden sie ohnehin nicht brauchen. Wir werden versuchen, einen Nichtangriffspakt mit den Yuuzhan Vong zu schließen.«
Leia seufzte. »Hören Sie, Addath, Sie verlieren diese Wahl vielleicht sogar, wenn ich Ihnen helfe. Oder es wird zu einer Stichwahl kommen. Oder ein Feind Ihrer Politik sorgt dafür, dass Sie umgebracht werden. Es gibt tausend Dinge, die sich plötzlich ereignen und Sie davon abhalten könnten, uns diese Schiffe zu liefern. Ich muss ablehnen.«
»Was, wenn ich sie Ihnen jetzt gleich beschaffen könnte?«
»Wie das denn?«
Addath nahm eine Datenkarte aus ihrem Ärmel und hielt sie hoch. »Diese Karte enthält Zugangs- und Autorisierungskodes und einen zeitweiligen militärischen Rang für jeden, der sie besitzt. Sie wird Ihnen erlauben, den Militärstützpunkt Vanstar zu betreten, sich von einem Shuttle zu jeder unserer neuen Fregatten bringen zu lassen und das Kommando darüber zu übernehmen. Zu welchem Zweck Sie wollen. Schicken Sie sie von mir aus direkt nach Borleias.«
»Addath, Sie sprechen darüber, die Kontrolle über militärische Ressourcen zu übernehmen, über die Sie noch keine legale Macht haben.«
»Aber ich werde sie haben. Eine kleine Veränderung der Dokumentation, und die Daten für den Transfer der Eigentumsrechte werden auf den Tag verschoben, nachdem ich das Amt des Presider angetreten habe.«
»Das ist einfach nicht richtig, Addath. Ich kann das nicht tun. Ich glaube nicht, dass ich Sie bei dieser Kampagne unterstützen kann.«
Addath blinzelte. »Leia, Sie überraschen mich. Ich bezweifle, dass Ihr Mann so zimperlich ist.« Sie wandte sich der Gestalt im Umhang zu. »Was haben Sie dazu zu sagen, Han?«
»Han hat nichts dazu zu sagen.«
»Vielleicht sollten Sie ihn selbst sprechen lassen.«
»Das würde ich tun, wenn er hier wäre.«
»Was?« Addath spürte, wie sich Kälte in ihr ausbreitete. Sie sah noch einmal die Gestalt im Umhang an. »Wer ist das dort denn sonst? Ihr Leibwächter?«
»Addath, ich kann Sie Fasald Ghem nicht wirklich vorstellen, weil ich glaube, Sie kennen sie bereits.«
Die Kälte drang bis in Addaths Finger und Zehen, als die Gestalt im Umhang die Kapuze zurückstreifte. Die Geste enthüllte das Gesicht einer hoch gewachsenen, schlanken Frau mit dunklem Haar und dunklen Augen. An ihrer Stirn befand sich ein Gerät, das aussah wie ein Schmuckreif, aber in der Mitte gab es statt eines Edelsteins eine Linse − es war eine Art von Holocam, die einige Journalisten bei der Arbeit im Feld bevorzugten.
Addath kannte das Gesicht dieser Frau seit Jahren. Fasald Ghem gehörte zu den wichtigsten Enthüllungsjournalisten auf Vannix, und nun starrte sie Addath gnadenlos an. »Hallo, Senatorin.«
Leia sagte: »Fasald, vielleicht könnten Sie uns einen Augenblick allein lassen.«
»Selbstverständlich.« Die Journalistin nickte Addath flüchtig zu, dann wandte sie sich ab.
Addath öffnete den Mund weit, um tief Luft zu holen, aber Leia legte einen Finger auf die Lippen. »Tun Sie das nicht, Addath. Rufen Sie nicht nach Ihren Wachen. Fasald hat bereits das gesamte Gespräch zu einer Empfangsstation gesendet. Sie könnten ihr und mir Unannehmlichkeiten bereiten, aber Sie könnten Ihre Verhaftung nicht verhindern.«
Addath atmete bei ihrem Seufzer beinahe alle Luft wieder aus. »Leia, warum haben Sie das getan?«
»Hören Sie doch auf, so unschuldig zu tun. Ich habe es getan, weil ich sicher bin, dass Ihre Art, mit den Yuuzhan Vong umzugehen, zu mehr Toten und mehr Tragödien führen wird als mein Weg.«
»Sie haben eine Rücksichtslosigkeit an sich, die ich nie gemocht habe.«
»Sie ist stärker geworden, als die Umstände zum Tod meiner Kinder führten.«
»Welche Möglichkeiten lassen Sie mir also?«
»Zwei. Sie können auf Vannix bleiben, und innerhalb der nächsten drei Stunden wird Fasald ihren Bericht senden. Ich überlasse es Ihnen, wie Sie mit der darauf folgenden Verhaftung und den Reaktionen der Bevölkerung zurechtkommen. Oder Sie können aus der Residenz fliehen und im Morgengrauen versuchen, den Planeten zu verlassen. In diesem Fall wird Fasald Ihnen einen vollen Tag Zeit lassen, um an einen Ort Ihrer Wahl zu gelangen, und ihren Bericht erst dann senden. Wie auch immer, sie wird ihn ausstrahlen. Ich konnte sie nicht überreden, es nicht zu tun.« Leia nahm die Datenkarte aus Addaths Fingern. »Ich bringe das hier besser zurück zur Admiralin.«
Addaths Lächeln wurde bitter. »Sie und Ihr Mann, Sie haben Ihre Dienste also an die Admiralin verkauft − wofür? Zwei Staffeln und einen leichten Träger?«
Leia runzelte die Stirn. »Nein. Wir hatten vom Augenblick unserer Ankunft an vor, ihr zu helfen. Sie hat uns nur ein paar antiquierte Wasserfahrzeuge überlassen, Schiffe, die nicht mehr im Dienst sind.«
»Was also …«
»Oh, die Staffeln hat General Antilles Han versprochen, wenn er zurückkehrt und ein militärisches Kommando übernimmt. Han hatte ein Holocam-Gespräch mit Wedge, als er an diesem Nachmittag unterwegs war. Das gesamte Gespräch wurde mitgeschnitten; Sie können es sich gerne ansehen.«
Addath nickte finster. »Ich verstehe.«
»Aber ich gehe davon aus, dass Han das Angebot ablehnen wird. Er ist lieber Zivilist. Und Gauner.«
»Selbstverständlich. Eine recht groß angelegte Falle.« Müde wandte Senatorin Addath sich ab. »Ich werde den Planeten verlassen. Vielleicht hätte der ehemalige Presider gern ein wenig mehr Gesellschaft.«
»Am Haupttor der Residenz wartet ein Gast, eine Angehörige von Fasalds Stab. Sie wird Sie begleiten, bis Sie auf einem Schiff sind, das den Planeten verlässt. Sie wird Ihnen helfen, sich um die Einzelheiten zu kümmern.«
»Ich weiß Ihre Sorgfalt zu schätzen, Leia. Sie denken wirklich an alles.«
Als sie allein auf dem Balkon war, sah Leia Addath hinterher und zog eine Bilanz ihrer Gefühle.
Addath tat ihr beinahe Leid. Zu sehen, wie alle Hoffnungen und Träume einer anderen Person in Flammen aufgingen, war nicht angenehm.
Aber Addath war nicht dumm. Sie konnte die Beziehungen der Yuuzhan Vong zu »verbündeten« Planeten ebenso gut analysieren wie jeder andere. Sie war einfach nicht imstande, die Zügel der Macht aus der Hand zu geben, was immer das kosten mochte. Da eine militärische Opposition gegen die Yuuzhan Vong bedeutete, anderen zu viel Macht zu überlassen, war sie bereit, den Planeten in den Untergang zu führen … solange sie bis zu diesem letzten Augenblick alles kontrollieren konnte.
Ob sie die Wahrheit sogar sich selbst gegenüber abgestritten hatte oder kaltblütig die Bevölkerung eines ganzen Planeten der Sklaverei und dem Tod ausliefern wollte, Addath hatte die falsche Entscheidung getroffen, und daher hatte Leia sie aufhalten müssen.
Leia kam zu dem Schluss, dass sie weder Traurigkeit noch Freude empfand − sie war einfach nur zufrieden damit, gute Arbeit geleistet zu haben. Sie kehrte zu ihrem Mann zurück, der das verstehen würde.
Coruscant
Luke und seine Gruppe brauchten nur ein paar Stunden, um den Rest der Forschungsstation zu durchsuchen. Kell und Elassar hatten bald das Ende des Fluchtwegs des riesenhaften Wesens entdeckt und eine schwere Metallplatte darübergeschweißt. Bhindi nutzte diese Stunden, um ein paar Computer wieder funktionsfähig zu machen und Informationen von ihnen zu erhalten.
Sie versammelte die anderen in einem offenen Bereich im obersten Stockwerk des Komplexes − einem Bereich, den Kell, wie er ihnen ausführlich klar machte, mit großer Mühe gesäubert und von allen Maschinenteilen befreit hatte, bis man ihn nutzen konnte −, um ihnen zu berichten, was sie herausgefunden hatte. Es gab hier nun Stühle in der Art, wie Luke sie schon in einem Museum gesehen hatte, hergestellt aus einem antiquierten Plastikmaterial und in kunstvolle Muster gebogen, damit sie Bequemlichkeit mit altmodischer Repräsentativität verbanden, und einen funktionierenden Medizindroiden, den Bhindi aus Teilen mehrerer beschädigter Droiden zusammengesetzt hatte. Die Reparatur war nicht vollkommen erfolgreich gewesen, und der Droide hatte einen seltsamen Gang, weil sein rechter Unterschenkel baugleich mit dem linken war, was ihn ein wenig aus dem Gleichgewicht brachte.
»Wir haben es hier«, begann Bhindi, »mit einer Kombination von zwei Forschungsstationen zu tun. Beide wurden vom Imperialen Geheimdienst betrieben; die erste begann vor etwa fünfzig Jahren zu arbeiten, obwohl es diesen Komplex hier bereits seit Jahrhunderten gab. Das dort ist CPD 1-13, der seit Beginn der dritten Operationsstufe der Station hier war. 1-13?«
»Ich grüße Sie«, sagte der Droide. Seine Stimme war dünn, kultiviert und hatte einen ausgeprägten Coruscanti-Akzent. »Sie sind allesamt Eindringlinge. Sie werden jetzt sterben.« Der Droide drehte sich um und sah einen nach dem anderen an.
»Das ist der Punkt, an dem die Kampfdroiden aus den Nischen springen und uns alle umbringen«, sagte Bhindi. Sie streckte die Hand aus und nestelte an dem Sperrbolzen herum, der in der Brust des Droiden steckte. »1-13, unsere dauerhafte Anwesenheit hier ist ein Beweis, dass wir autorisiert sind.«
»Das ist korrekt«, stellte der Droide fest. »Ich bin CPD 1-13, medizinischer Droide, optimiert für Lebenserhaltungsprozesse. Sie sind allesamt Eindringlinge. Sie werden jetzt sterben.«
»Was ist das hier für ein Komplex?«, fragte Mara.
CPD 1-13 richtete sich auf, und seine Stimme wurde lebhafter. »Willkommen im Pasarian-Atmosphäre-Wiederverwertungskomplex, Unterstation Eins, vormals Coruscant Atmosphäre-Wiederverwertungs…«
»Still«, unterbrach Bhindi. »Ich werde es zusammenfassen.«
»Wenn das unbedingt sein muss.«
Bhindi warf 1−13 einen erbosten Blick zu, und er sackte zusammen. »Der Komplex«, fuhr sie fort, »und alle ähnlichen Unterstationen stellen einen planetenweiten Luftreiniger dar. Als man vor langer Zeit auf Coruscant auch noch die letzte Waldregion überbaute, fehlte es dem Planeten an natürlichen Ressourcen, um mit der Luftverschmutzung durch die industrialisierte Spezies zurechtzukommen, die den Planeten bewohnte. Die Regierung wurde jedoch mit diesem Problem fertig, indem sie eine Reihe sehr wirkungsvoller Einrichtungen baute, die Kohlendioxid in Sauerstoff umwandelten, Gase entfernten und so weiter. Dieser ›rote Schleim‹ mehrere Stockwerke weiter oben dient nicht nur als Verschlinger-Tank. Er enthält eine Variante des Verschlingerorganismus, die besonders dafür geeignet ist, auf sehr wirkungsvolle Weise Kohlendioxid in Sauerstoff umzuwandeln. Er funktioniert ebenso wirkungsvoll wie mehrere Tausend Quadratkilometer Wald. Und es gibt Hunderte ähnlicher Unterstationen auf ganz Coruscant. Nun ja, es gab sie. Einige wurden wahrscheinlich beschädigt oder zerstört, aber die meisten wurden ganz unten auf der Planetenoberfläche errichtet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele die Besetzung unbeschadet überstanden haben.«
»Warte, warte.« Luke runzelte die Stirn. »Sie brauchen irgendeine Art von Pumpmechanismus, der die Luft weiterleitet.«
»Das stimmt …«
»Sie sind allesamt Eindringlinge. Sie werden jetzt sterben.«
Bhindi verzog missbilligend das Gesicht und hantierte am Sperrbolzen des Droiden. CPD 1-13 zuckte jedes Mal, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten. »Jede Station«, fuhr Bhindi fort, »ist mit einem komplizierten Netz von Luftaufnahme- und -ausstoßschächten verbunden. Rein mit der schlechten Luft, raus mit der guten. Und es sind wahrscheinlich diese Schächte, die dank der allgemeinen Zerstörung auf dem Planeten versagt haben. Aber jede dieser Stationen könnte als Widerstandszentrum fungieren − wenn man erst einmal zu ihnen hineingelangen kann.«
Face warf ihr einen ungläubigen Blick zu. »Sind alle so geheim wie diese hier?«
»Jede Einzelne.«
»Warum?«
»Das war die zweite Stufe der Operation.« Bhindi warf 1-13 einen warnenden Blick zu. »Glaubst du, du kannst ihnen etwas über die Geschichte erzählen … ohne Todesdrohungen?«
»Ich habe nicht gedroht. Ich habe nur eine Feststellung bezüglich Ihrer unmittelbaren Zukunft gemacht.« CPD 1-13 richtete sich wieder auf. »Die zweite Stufe des Komplexes bestand nach Aussage der Instandhaltungsdroiden, die meine Vorgänger waren, in der graduellen Eliminierung, sei es durch Ruhestand oder Versetzung, aller lebenden Personen, die an dieser Station gearbeitet hatten; sie wurden nach und nach durch Droiden ersetzt. Sobald die Station mehrere Jahre vollkommen von Droiden betrieben worden war, wurde ihr Tank mit Wiederverwertungsorganismen als Verschlingertank getarnt, und das Operationszentrum wurde verborgen, nur erreichbar durch einen abgesicherten Turbolift.«
»Von wem, und zu welchem Zweck?«, fragte Face.
»Auf Befehl der imperialen Regierung, und mit dem Zweck, in Zeiten der Krise weiterhin die Herrschaft über die planetare Umwelt zu behalten.«
Luke zog die Brauen hoch. »Die Herrschaft behalten. Du meinst, in Zeiten der Revolution hätte der Imperator dem Planeten die Luft abgeschnitten?«
»Das ist korrekt«, stellte der Droide fest. »Sollte der Imperator eine Notwendigkeit sehen, die Kontrolle wiederzugewinnen, oder einfach bewirken wollen, dass Milliarden starben, konnte er drohen, den Komplex abzuschalten und Coruscant in seinen eigenen Abfällen ersticken zu lassen.«
»Oder nur zu bewirken, dass Milliarden starben.« Luke schüttelte über diese Ausdrucksweise den Kopf. »Und das steht nicht in Konflikt mit deiner medizinischen Programmierung?«
»O nein, Sir. Die Herbeiführung einer solchen Operation wäre allein die Entscheidung des Imperators und würde durch seine eigene Hand geschehen.«
Face gelang ein freudloses Lächeln. »Jedes Mal, wenn ich etwas Neues über Imperator Palpatine erfahre, ganz gleich, was das sein mag, wünschte ich mir, ich hätte es lieber nicht gehört.«
»Und worin bestand die dritte Stufe?«, fragte Luke.
»Installation der Systeme und der Organismen, die benötigt wurden, um das Subjekt am Leben zu erhalten«, sagte CPD 1-13. »Es war eine Operation, die in keinem wesentlichen Zusammenhang zu unserem primären Zweck stand, aber diese Station, die den imperialen Regierungszentren am nächsten war, war einfach praktisch.«
Luke versuchte, durch das Geschwafel zu der eigentlichen Aussage zu gelangen. »Und was war das Subjekt?«
»Ein männlicher Mensch. Er und eine Frau kamen vor dreizehn Jahren, um diesen Komplex zu beziehen. Später stieß für einige Zeit ein weiterer Mann zu ihnen. Sie hatten die angemessene Autorisierung und benutzten Droiden, die die Turboliftkontrolle oben im Tank aktivieren konnten. Monate nach ihrem Eintreffen verließ der zweite Mann die Station wieder, und der erste wurde operiert und in der Lebenserhaltungseinheit installiert.«
»Menschen werden keine drei Meter groß.«
»Das werden sie, wenn man sie mit besonderen Wachstumshormonen und kybernetischer Stimulation behandelt und in der Kindheit oder Jugend damit beginnt.«
»Und wer ist dieser Mann?«
»Unbekannt, Sir. Seine Identität wurde uns nie eröffnet, ebenso wenig wie das Wesen seiner Rüstungsmodifikationen.« Bevor Luke fragen konnte, sprach der Droide hektisch weiter. »Man hat ihm hypoallergene Rüstungsplatten in Oberkörper, Kopf, Ellbogen und Knie installiert. Die Teile seines Hirns, die für Erinnerungen zuständig sind, wurden größtenteils durch Computer ersetzt. Wir vom Instandhaltungsstab waren der Ansicht, dass es sich bei ihm um eine Art Kriegsmaschine handelte, aber darüber hinaus wissen wir nichts.«
»Gibt es Bilder von diesem Mann? Entweder von früher oder von jetzt, als er vor Kurzem auftauchte?«
1-13 schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Unser Protokoll verbietet uns, das Subjekt in irgendeiner Weise aufzuzeichnen. Und ich weiß nicht, was sie mit ›auftauchen‹ meinen.«
Luke warf Bhindi einen neugierigen Blick zu. Sie sagte: »Es scheint, dass ihre Programmierung in dieser Hinsicht sehr ausgefeilt war. Als das Subjekt aus dem Lebenserhaltungstank kam, setzte ihre Programmierung ein, und sie konnten ihn nicht mehr wahrnehmen. Er hat sie in Stücke gehackt, ohne dass sie auch nur wussten, was geschah.«
»Wunderbar«, sagte Luke. »Also ist unser sogenannter Lord Nyax ein drei Meter großer Mensch, möglicherweise ein Jedi, mit Sicherheit ein Benutzer der Macht, und er wandert in einer Welt umher, von der er wahrscheinlich nicht das Geringste versteht.«
»Das scheint es ziemlich genau zu treffen«, sagte Bhindi. »Findet ihr nicht auch, dass Wahrheit etwas wirklich Befreiendes an sich hat?«