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Der hoch gewachsene Mann schlug auf die schwarze Steinmauer ein.

Die Mauer erstreckte sich so weit, wie das Auge sehen konnte zumindest in diesen trüb beleuchteten Regionen der zerstörten Unterstadt −, und sie war nicht wirklich senkrecht, sondern neigte sich leicht nach hinten. Der Stein, aus dem sie bestand, war glänzend und hatte überall kleine Flecken, die ihm eine gewisse Schönheit verliehen. Die Mauer schien nicht aus Blöcken des Steins zu bestehen, sie wirkte eher, als wäre sie ein einziger Stein, ohne Risse oder Fugen.

Der Stein hielt den Faustschlägen des hoch gewachsenen Mannes stand.

Der Mann fand in der Nähe einen Ferrobetonblock und schleuderte ihn mit seiner beträchtlichen Kraft gegen die Mauer.

Der Ferrobeton barst.

Der Mann zündete seine Waffe. Sie summte bei jeder Bewegung seines Arms und warf ihr rotes Licht auf den Stein. Er trieb die Klinge in den Stein.

Der Stein wurde nicht heiß, brannte nicht, schmolz nicht.

Er zog die Klinge wieder heraus und berührte die Stelle, an der sie gesteckt hatte. Der Stein war dort ein wenig wärmer, aber die Klinge hatte ihn nicht verbrannt.

Er schrie, und die Echos seiner Qual hallten von der hohen Decke und den anderen Wänden dieses Raums wider.

Er musste haben, was sich hinter dieser Mauer befand.

Es war alles. Er hatte es nie gesehen, nie berührt, aber er wusste, dass es dort war, wusste es aus einer Erinnerung, die schon existiert hatte, lange bevor er zu denken begonnen hatte.

Der hoch gewachsene Mann spürte etwas in seiner Nähe, eine Präsenz. Er rannte zu einem Haufen aus Schutt, der von der Decke gebrochen war, und stieß einen Durabetonblock beiseite.

In der Nische dahinter kauerte eine kleine Gestalt, ein Mensch.

Der hoch gewachsene Mann griff in die Nische, packte den anderen und riss ihn heraus. Der kleinere Mann trug Lumpen und stank nach Schweiß, nach monatealtem Schweiß; sein Haar war lang und verfilzt, und in seinen dunklen Augen stand Angst.

Der hoch gewachsene Mann sprach nicht mit ihm. Er kannte keine Worte. Stattdessen formte er einen Gedanken ein Bild der schwarzen Wand, die brach und den Schatz dahinter freigab und schob ihn in den Geist des anderen. Der kleinere Mann erstarrte und kreischte, als der Gedanke in seinen Kopf eindrang und ihn vollkommen einnahm.

Dann sandte der hoch gewachsene Mann einen anderen Gedanken, eine Frage: Wie?

Der kleinere Mann zitterte in seinem Griff, und Gedanken, Hunderte davon, winzig und flink wie Nagetiere, huschten durch seinen Kopf.

Dann kam ein Bild. Eine Maschine, etwas, das ein Mann mit zwei Händen halten konnte. Aus der Mündung drang ein blendend helles Licht, ein schneidendes Feuer. Der kleine Mann dachte daran, dass dieses Feuer die Wand durchdringen konnte, eine Tür herausschneiden, durch die man hindurchgehen konnte.

Der hoch gewachsene Mann formte einen weiteren Gedanken. Darin machte sich der kleine Mann auf den Weg, fand diese Maschine und brachte sie her. Sofort. Mit gnadenloser Kraft hämmerte er den Gedanken in den Kopf des kleineren Mannes und hörte, wie dieser abermals aufschrie. Dann ließ er den kleinen Mann fallen.

Sein neuer Sklave rannte weinend und schluchzend in die Dunkelheit davon.

 

 

Borleias

 

Colonel Tycho Celchu, Wedge Antilles’ Stellvertreter, betrat das Büro des Generals. Er grinste und schien damit einfach nicht aufhören zu können, was für den zurückhaltenden Offizier, der sich selten anmerken ließ, was er empfand, sehr ungewöhnlich war. »General«, sagte er, »ich möchte Ihnen den neuen Kommandanten der Tanaab Yellow Aces vorstellen.« Wie ein Zeremonienmeister machte er eine Geste zu der Tür hin, die er hinter sich offen gelassen hatte.

Herein kam ein breitschultriger Mann, gut aussehend und dunkelhaarig, ein Mann, dem das mittlere Alter so gut stand wie die Kleidung eines eleganten Lebemanns. Er trug einen grellgelben Overall mit gezackten schwarzen Linien, die aussahen, als hätte ein verrückter Designer versucht, eine Hirnwelle darzustellen, und statt zu salutieren, nahm er eine dramatische Heldenpose an. »Captain Wes Janson meldet sich zum Dienst. Äh, Sir.«

Wedge stand auf und schüttelte Jansons Hand, dann zog er den Mann in eine Umarmung. »Wes! Warum hat mir niemand gesagt, dass du zu den Leuten gehörst, die hierher unterwegs waren?«

»Das hat mich einiges an Bestechungsgeldern gekostet. Ich konnte mir doch meinen großen Auftritt nicht verderben lassen. Und, was gibt es zu trinken?«

»Überwiegend selbst gebrautes Gift, außer bei seltenen Gelegenheiten. Setz dich.« Wedge setzte sich selbst wieder hin, und nachdem Tycho die Tür geschlossen hatte, taten er und der Gast es ihm nach.

Janson holte eine Datenkarte aus einer der vielen Taschen seines Overalls und warf sie auf Wedges Schreibtisch. »Ich bin sicher, du hast bereits die Inventarliste der Reckless Abandon erhalten, aber hier ist meine Kopie davon, nur damit sicher ist, dass sie auch übereinstimmen. Lebensmittel, Munition, Ersatzteile für Sternjäger, mehrere Fässer ungenügend gereifter Tanaab-Obstbrände …«

»Wunderbar.« Wedge steckte die Karte in seinen Datenblock und warf einen kurzen Blick auf die Liste, die über den Schirm lief. »Wie lange wirst du bei uns bleiben?«

»Oh, ich nehme an, bis zu meinem Tod.«

Verdutzt blickte Wedge zu ihm auf. »Wie?«

»Die Tanaab Yellow Aces sind eine Freiwilligeneinheit. Finanziert von den gleichen Sponsoren, die auch diese Waren beschafft und geliefert haben. Organisiert von mir. Als ich mein Offizierspatent zurückgegeben habe, sagte ich meinen Vorgesetzten, dass ich mit einem Stück von Tsavong Lah in meiner Tasche zurückkehren werde. Ich kann sie doch nicht enttäuschen.«

Wedge lächelte. »Möchtest du dich zur Renegaten-Staffel versetzen lassen?«

»Liebend gern. Aber das kann ich nicht. Ich habe anderthalb Staffeln von Tanaab- und Flüchtlingspiloten mitgebracht, die irgendwie ein Recht auf mich als Anführer haben.«

Tycho schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Wie verantwortungsvoll von dir, Wes.«

Janson zuckte bedauernd die Schultern. »Die bedauerlichen Nebenwirkungen des Alters, fürchte ich.« Seine Miene wurde wieder lebhafter. »Aber ihr könnt mir helfen, die zu vergessen. Erzählt mir von einer Pilotin, Zwillingssonnen-Führer. Sie hat eine nette Stimme. Ist ihr Aussehen entsprechend?«

Wedge musste sich anstrengen, nicht zu lachen, und warf Tycho einen Blick zu. »Ja. Sie sieht nett aus.«

»Verheiratet? Gebunden?«

»Gebunden, denke ich. Erst seit Kurzem.« An meinen Neffen, fügte er in Gedanken hinzu, ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengen, das vor allen zu verheimlichen.

»Wer ist sie also?«

Wedge runzelte die Stirn, als müsste er sein Gedächtnis durchforschen. »Jay Sowieso. Nicht wahr?« Er wandte sich Tycho zu.

»Ich glaube schon.«

»Jay, Jay …« Wedge setzte eine vollkommen ausdruckslose Miene auf. »Ja, genau. Jaina Solo.«

Janson wurde blass. »Jaina Solo

»Ich bin sicher, das war der Name.«

»Sithbrut, ich habe mit einer Neunjährigen geflirtet!«

»Neunzehn«, verbesserte Tycho. »Und sie hat mehr Abschüsse, als wir drei zusammen in diesem Alter hatten.«

Janson seufzte. »Ich sollte mich wohl lieber bei ihr entschuldigen und mich dann in ihr Lichtschwert werfen.«

Wedge schüttelte den Kopf. »Nein, bitte einfach Han, dich zu erschießen. Das wäre gnädiger, und als ihr Vater hat er immerhin ein Recht dazu.«

»Du bist immer noch ein ausgesprochen unangenehmer Kommandant, weißt du das?« Wedge lächelte nur.

 

Weltschiff der Domäne Hul, Pyria-System

 

Der Yuuzhan-Vong-Krieger Czulkang Lah war alt, erheblich älter als jeder, den die Bewohner seiner Galaxis je gesehen hatten; unter den Narben, Tätowierungen und Verstümmelungen, die sein Gesicht beinahe schwarz aussehen ließen und seine Züge so gut wie unkenntlich machten, befanden sich tiefe Altersfalten. Er verbarg seine Gebrechlichkeit mithilfe einer verstärkten Vonduun-Krabben-Rüstung, die die Kraft ihrer eigenen Muskeln der seinen hinzufügte.

Nun stand er in seinem bevorzugten Kommandoraum des Weltschiffs der Domäne Hul. An den Wänden entlang zogen sich die unzähligen Stationen seiner Berater und Untergebenen, darunter die seines persönlichen Adjutanten, des Kriegers Kasdakh Bhul. Die meisten Stationen bestanden aus einer Reihe von Nischen in der Yorikkorallenwand, und in diesen Nischen befanden sich Villips, derer sich die Yuuzhan Vong zu Kommunikationszwecken bedienten; einige hatten sich zusammengezogen und bildeten nun Blasen ohne weitere Einzelheiten, während andere sich umgestülpt hatten und aussahen wie glänzende, farblose Yuuzhan-Vong-Köpfe, deren Lippen sich in vollendeter Synchronisation mit weit entfernten Offizieren und Spionen bewegten und deren Worte wiedergaben.

Oberhalb von Czulkang Lahs Platz war in der Decke eine große Linse angebracht, deren Durchmesser dreimal der Größe eines hoch gewachsenen Kriegers entsprach; sie bot ihm einen unvergleichlichen Blick auf den Raum, der vor der Domäne Hul lag, und sie konnte sich zusammenziehen, um ein vergrößertes Bild sehr weit entfernter Objekte zu liefern.

Vor dem alten Krieger stand ein Priester. Er war hoch gewachsen, und seine Schlankheit kündete von einer enthaltsamen Lebensweise. Er trug die Ritualgewänder und den Kopfputz des Ordens der Göttin der List, Yun-Harla.

»Willkommen, Harrar«, sagte Czulkang Lah.

»Es ist mir eine Ehre, wieder vor Ihnen stehen zu dürfen.« Der Priester verbeugte sich auf die unter Gleichrangigen übliche Art, dann richtete er sich wieder auf. »Und Sie bei einer Aufgabe zu finden, die den Göttern gefällt und Ihrer Stellung angemessen ist. Ich bringe Ihnen Schiffe und Bodentruppen zur Verstärkung, um Ihnen bei der Erfüllung dieser Aufgabe zu helfen.« Tatsächlich waren die Schiffe mit den Bodentruppen bereits am Weltschiff vorbeiparadiert, um ihren Respekt für den alten Krieger, der nun die Yuuzhan-Vong-Streitkräfte im Pyria-System kommandierte, zu demonstrieren.

»Mein Sohn hat mich angewiesen, Ihnen bei der Gefangennahme von Jaina Solo alle erdenkliche Hilfe zur Verfügung zu stellen.« Der alte Krieger nickte einem erheblich jüngeren Mann zu, der nahe der Wand wartete. Der junge Krieger trat vor und kniete nieder. »Harrar, ich überlasse Ihnen Charat Kraal. Er war bisher für Sondereinsätze zuständig, die Jaina Solo und andere Dinge betrafen. Er befehligt eine einfallsreiche und sehr motivierte Einheit aus Kraal- und Hul-Piloten und Wissenserntern. Sie werden mir die Lasten des Oberbefehls sehr erleichtern, wenn Sie ihn mir einfach abnehmen und das direkte Kommando über diese Operationen antreten.«

Harrar sprach den jüngeren Krieger an. »Glauben Sie, Sie können ab sofort unter meinem Befehl arbeiten?« Die Frage war eine Sache von Leben und Tod; sollte Charat Kraal mit Nein antworten, würde man ihn natürlich töten und einen umgänglicheren Kommandanten einsetzen müssen.

Charat Kraal hob den Kopf und sah Harrar ins Gesicht. Die Nase des Kriegers war nicht nur deformiert − eine bei Yuuzhan-Vong-Kriegern beliebte Verstümmelung −, sondern fehlte vollkommen, und es waren nur zerklüftete, gerötete Kanten geblieben, die auf die Gewaltsamkeit ihrer Entfernung schließen ließen. Charat Kraals Stirn war hoch, eher wie die eines Menschen als die eines Yuuzhan Vong, und kunstvoll mit Linien und Streifen tätowiert, die den Blick auf den hinteren Bereich lenkten und sie flacher erscheinen ließ. »Ich diene den Göttern, unseren Anführern und der Domäne Kraal«, sagte er. »Ich werde gerne Ihren Befehlen folgen.«

»Gut«, sagte Harrar. »Was waren Ihre letzten Einsätze?«

»Wir haben vor Kurzem unseren menschlichen Spion in ihrem großen abscheulichen Gebäude verloren. Also habe ich einen Plan entwickelt, einen oder mehrere neue Spione in ihr Lager einzuschleusen. Wir werden dies beim nächsten Angriff auf ihren Stützpunkt tun.«

»Einfach so?«, fragte Harrar. »Die Ungläubigen erhalten keine Gelegenheit, dieses Geschenk zurückzuweisen?«

Charat Kraal bedachte den Priester mit einem Kriegerlächeln, und durch geschlitzte Lippen wurden abgebrochene Zähne sichtbar. »Nein, großer Priester.«

»Wenn meine Audienz bei Czulkang Lah vorüber ist, werden Sie mit mir kommen und mir diesen Plan genau erläutern.«

 

Coruscant

 

Als seine Gruppe eine lange Galerie betrat, die einmal von Läden flankiert gewesen war, spürte Luke erneut dieses Ziehen, eine entfernte Falschheit in der Macht. Er hatte dieses Gefühl schon mehrmals gehabt und sich darauf zubewegt, in der Hoffnung, so zu der Quelle seines Unbehagens zu gelangen, zu der Quelle der Visionen, die ihn nach Coruscant gebracht hatten. Aber seine Mit-Jedi hatten seine Wahrnehmung nicht immer geteilt.

Er warf ihnen einen Blick zu. Mara schaute ihn bereits an und nickte. Tahiri starrte in die Ferne, in die Richtung, aus der das Ziehen gekommen war.

Selbst Danni schaute in diese Richtung, und trotz ihres Yuuzhan-Vong-Make-ups war zu erkennen, wie verwirrt sie war. »Hat einer von euch etwas gespürt?«

»Ja«, sagte Kell. »Hunger. Zeit für eine Pause?«

Luke schüttelte den Kopf. »Nicht hier, wo es so offen ist.«

»Oooh. Sprengladungen sind so viel lebhafter, wenn sie in offenem Gelände explodieren.«

Tahiri starrte ihn verächtlich an. »Denkst du eigentlich jemals an etwas anderes?«

»Eins nach dem anderen, sicher. Im Augenblick denke ich an meinen Magen.«

Ein anderes Gefühl drang auf Lukes empfindliche Sinne ein, eine Spur von Gefahr, viel unmittelbarer als die vorherige Empfindung. Er flüsterte: »Ärger.«

Sofort bildeten sie einen Kreis, Mara, Tahiri, Kell und Face außen, die anderen innen. Keiner zog eine technologische Waffe, aber Luke versicherte sich, dass sein Lichtschwert immer noch zur Hand war, und Face und Kell versteiften ihre falschen Amphistäbe.

Ein gewaltiges Stimmengetöse erklang vor und über ihnen. Aus zwei Läden auf dieser Ebene und aus einem auf jeder Seite auf der Galerie über ihnen kam ein Strom von Personen und raste unter Gebrüll auf Luke und seine Gruppe zu.

Es waren Menschen und Humanoide, Männer und Frauen, ihre Kleidung schmutzig und zerrissen. Sie waren mit primitiven Speeren, Messern und Schwertern bewaffnet. Mindestens zwanzig eilten bereits auf sie zu, und weitere folgten ihnen aus den Läden.

Luke atmete erleichtert aus. »Zeit für einen ersten Kontakt«, sagte er. Er hob die Hand an seinen Helm.

»Lauft!«, zischte Bhindi.

»Was?«

»Lauft.« Bhindi ließ dem Wort die Tat folgen, drehte sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und rannte vor der Menge davon.

Luke warf Mara einen Blick zu. Beide zuckten die Achseln, dann folgten sie Bhindi, und der Rest tat es ihnen nach. Sie eilten durch den weiten Torbogen, durch den sie in die Ladengalerie gekommen waren, und ließen ihre Verfolger bald hinter sich. Sie bogen in den nächsten Flur nach rechts ein, eilten noch ein beträchtliches Stück weiter, und dann stürzte Bhindi durch eine Tür zu einem Nottreppenhaus. Sie rannte voraus, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, bis sie fünf Stockwerke höher waren, dann führte sie die Gruppe in einen viel dunkleren, engeren Flur. Erst dort blieben sie stehen. Einige waren außer Atem.

Kell beugte sich vor, stützte die Hände auf die Knie und rang nach Luft. »Ich bin zu alt für so etwas.«

Danni lehnte sich gegen die Wand. Schweiß lief ihr übers Gesicht, aber er verschmierte ihr Yuuzhan-Vong-Make-Up nicht. »Könnte mir vielleicht jemand sagen, wieso wir davongerannt sind? Ich dachte, ihr wolltet mit Überlebenden in Kontakt treten! Ging es nicht darum, Widerstandszellen einzurichten?«

Bhindi bedachte sie mit einem reizlosen Lächeln. »Zwei Gründe. Erstens, normale Überlebende, die auch weiterhin am Leben bleiben wollen, rennen nicht einfach auf Yuuzhan-Vong-Krieger zu, selbst wenn sie hundert zu eins in der Überzahl sind. Was bedeutet, dass sie wahrscheinlich eine Möglichkeit hatten, uns zu töten; vermutlich hätten sie sich zurückgezogen und uns zu einer Stelle gelockt, an der dann fünfzig Tonnen Schutt auf uns niederstürzen.«

Danni dachte darüber nach. »Ein gutes Argument.«

»Zweitens«, fuhr Bhindi fort, »haben wir keinen Grund zu glauben, dass einer der Vong-Krieger, die uns auf dem Laufgang angegriffen haben, noch lebt. Einige wurden zerhackt, andere zerfetzt, wieder andere liegen dreihundert Meter tiefer platt wie die Opfer eines Verkehrsunfalls, und für einige gilt all dies zusammen. Also ist unser Geheimnis, dass wir hier in Yuuzhan-Vong-Verkleidung umherschleichen, wahrscheinlich noch intakt. Wenn wir uns hundert verhungernden Überlebenden zeigen, wird uns unvermeidlich einer verraten, und die Vong werden es erfahren.«

»Also«, sagte Luke, »ziehen ein paar von uns die Verkleidung aus, kehren zurück und sprechen als Menschen zu ihnen.«

»Während wir anderen hier warten und wieder zu Atem kommen«, fügte Kell hinzu.

»Also gut.« Luke sah die Gruppe an. »Mara, Face, Bhindi und ich gehen zurück. Ihr anderen könnt hier bleiben.«

Statt sich zu beschweren, verzog Tahiri nur das Gesicht, eine zynisch erwachsene Miene, und setzte ihren Rucksack auf dem Boden ab.

Luke zuckte die Achseln und lächelte. »Wir brauchen mindestens einen Jedi bei jeder Gruppe.«

»Also werde ich für Leute den Babysitter spielen, die zwei- oder dreimal so alt sind wie ich. Das macht wirklich keinen Spaß.«

Kell schnaubte, dann veränderte er seine Stimme zu einem kindlichen Quengeln. »Tante Tahiri, erzähl mir eine Geschichte.«

 

Luke, nun in der dunklen Kleidung, die er stets trug, wenn er öffentlich als Jedi-Meister auftrat, starrte die Frau auf der anderen Seite des Heizelements an, das aus einer Öffnung in den Bodenplatten vorragte. Er und seine drei Begleiter − ebenfalls in dunkler, unauffälliger Zivilkleidung − und sechs Männer und Frauen vom Walkway-Kollektiv saßen im Schneidersitz in einem lockeren Kreis um das Heizelement, während ein Topf grünlicher Suppe auf dem Ding stand und langsam erhitzt wurde. »Wie haben Sie überlebt?«, fragte Luke.

Sie befanden sich im Hinterzimmer eines Ladens, der einmal im Catier Walkway, der Ladenpassage, wo Luke und seine Gruppe vor Kurzem angegriffen worden waren, Kleidung verkauft hatte. Die Frau, die er angesprochen hatte − einstmals rundlich und blond, nahm er an, aber nun dürr aufgrund mangelhafter Ernährung, das Haar schmutzig und verfilzt, der Blick hart von vielen Opfern und Leiden −, war Tenga Javik, das derzeitige Oberhaupt des Walkway-Kollektivs.

»Wir haben Photonensammelschirme und Hitzesammler aufgestellt, um Energie zu gewinnen«, sagte sie. Ihre Stimme war heiser; das und der dünne Schal um ihren Hals, ein seltsames Kleidungsstück in der warmen, feuchten Luft von Coruscants Gebäuden, ließ darauf schließen, dass sie in jüngster Vergangenheit am Hals verwundet worden war. »Einer von uns arbeitete in einer Graufilzfabrik. Haben Sie jemals Graufilz gegessen, Meister Skywalker?«

»Hin und wieder.« Graufilz war der Spitzname für ein Nahrungsmittel, das auf Einzellern basierte und an die Ärmsten der Armen verkauft wurde; es sah, nun ja, eben wie dicker grauer Filz aus, schmeckte aber nicht annähernd so gut. Seine Haupttugenden bestanden darin, dass es billig und auch ohne Konservierung lange haltbar war.

»Wir haben die Graufilzreaktoren gestohlen und sie überall in unserem Territorium verteilt«, sagte Tenga. »Gut verborgen. Wir beliefern sie mit Energie und mit Wasser, das wir in unseren eigenen Destillieranlagen produzieren. Wir verstecken uns die meiste Zeit vor den Vong, und wenn wir sicher sein können, dass wir sie überwältigen können, stellen wir ihnen Fallen. Wir werden überleben, Meister Skywalker.«

»Wie ist die Luft?«, fragte Bhindi.

Tenga starrte in die Suppe, als wollte sie Bhindi nicht in die Augen sehen. »Sie wird schlechter«, gab sie zu. »Wir arbeiten daran. Versuchen, eine Reihe von Ventilatoren zusammenzubauen, die Luft aus besseren Bereichen hereinbringt.« Sie klang nicht sonderlich überzeugt. »Wenn das nicht funktioniert, müssen wir umziehen. Tiefer nach unten.« Sie sah Luke direkt in die Augen, und ihr Blick wurde plötzlich sehr intensiv. »Wann wird die Flotte kommen, Meister Skywalker? Wann können wir Hilfe erwarten?«

»Nicht allzu bald«, gestand er. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen etwas anderes sagen, aber Sie werden noch einige Zeit auf sich selbst angewiesen sein.«

Mehrere seufzten oder murmelten unzufrieden, aber sie richteten ihren Zorn nicht gegen Luke; was er sagte, kam nicht vollkommen unerwartet.

Tenga wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Suppe zu. »Wir brauchen die Flotte«, krächzte sie nun leiser; sie schien nicht mit Luke zu sprechen. »Wir brauchen die Jedi.«

»Wir sind seit dem Fall von Coruscant zum ersten Mal wieder hier«, sagte Luke und projizierte Selbstvertrauen durch die Macht. »Und wir werden wiederkommen. Wir überlassen Coruscant nicht den Feinden. Sie müssen selbst entscheiden, ob Sie noch am Leben sein wollen, wenn dieser Planet befreit wird. Denn die Erschöpfung und Enttäuschung, die Sie jetzt empfinden, kann Sie ebenso sicher töten wie die Yuuzhan Vong.«

»Sie haben hier viel geleistet«, sagte Bhindi. »Ich kann Ihnen zeigen, wie Sie es noch besser machen können.«

Das brachte ihr sofort Tengas Aufmerksamkeit ein. »Auf welche Weise?«

»Ich kann Ihnen zeigen, wie sie sich besser verstecken, bessere Hinterhalte legen, die Vong besser angreifen und Ihre Ausrüstung besser instand halten können.«

»Ich höre«, sagte Tenga.

»Eins nach dem anderen«, unterbrach Mara. »Wir brauchen noch weitere Informationen. Hat einer von Ihnen in diesem Bereich etwas Ungewöhnliches gesehen oder wahrgenommen? Ich meine, ungewöhnlich über die Veränderungen durch die Vong hinaus?«

Die meisten Anwesenden schüttelten den Kopf, aber einer in der zweiten Reihe des Kreises, ein dünner Mann mittleren Alters mit finsterer, misstrauischer Miene, sagte: »Lord Nyax.«

Einige seiner Kameraden seufzten; einer oder zwei stöhnten leise.

Luke grinste, bevor er es unterdrücken konnte. »Das ist eine Kindergeschichte.«

»Er ist echt«, sagte Yassat.

Mara zog die Brauen hoch. »Ich kenne diese Geschichte nicht.«

»Vor langer Zeit«, sagte Luke, »drohten Eltern auf Corellia ihren Kindern mit Lord Nyax, wenn sie ihr Obst nicht essen oder nicht rechtzeitig ins Bett gehen wollten. ›Wenn du weiter ein so ungezogener Junge bist, wird Lord Nyax dich holen.‹ Er war ein riesiger, bleicher Geist, der Kinder holte, und niemand sah sie je wieder.«

»Also eine typische Schauergeschichte«, sagte Mara.

»Ja.« Luke war ernster geworden. »Aber vor einer Weile breiteten sich die Geschichten von Lord Nyax wieder intensiver aus. Denn während der Kämpfe gegen die Jedi gab es wirklich einen, der in der Nacht kam − einen, der Kinder holte, die Empfindsamkeit gegenüber der Macht gezeigt hatten.«

Maras Antwort war ein Flüstern. »Darth Vader.«

»Genau. Ich denke, einiges von Darth Vaders Versuchen, sich alle machtsensiblen Kinder zu verschaffen, vermischte sich mit der Legende von Lord Nyax und breitete sich in den frühen Jahren des Imperiums in der gesamten Galaxis aus.«

»Yassat hier ist einer unserer Späher«, sagte Tenga. »Er bewegt sich in Bereichen, die weit über unser Territorium hinausgehen, erforscht sie und bringt mit, was immer er an Nützlichem finden kann.«

»Und er sieht Dinge«, sagte ein anderer. Er tippte sich an die Schläfe, während er mit dem Daumen der anderen Hand auf Yassat wies, um anzudeuten, dass dieser nicht ganz bei Verstand war.

»Ich sehe tatsächlich Dinge«, sagte Yassat. »Aber diese Dinge sind Wirklichkeit.«

»Sagen Sie mir, was Sie sehen«, bat Luke.

»Ich habe Lord Nyax zum ersten Mal einen Monat nach dem Fall von Coruscant gesehen.« Yassat senkte die Stimme. »Das war drüben, in Richtung des ehemaligen Regierungsviertels, wo jetzt alles vollkommen verrückt ist. Ich war auf einer Seite des Hauptraums einer Möbelfabrik und versteckte mich vor jagenden Vong; sie waren auf der anderen Seite. Ich hatte schon Angst genug, aber plötzlich bekam ich noch viel mehr Angst und wusste nicht warum. Dann ging ein Geschrei los. Dort, wo die Krieger waren, konnte ich sehen, wie sich jemand bewegte. Ein riesiger Mann, geisterhaft weiß. Ein Brüllen erklang, und überall leuchtete es rot, aber es gab keine Blastergeräusche. Ich konnte unbemerkt fliehen. Ein paar Stunden später bin ich zurückgekehrt. Die Vong-Krieger waren tot. In Stücke gehackt, stellenweise verbrannt, einige angefressen.

Das zweite Mal habe ich ihn vor etwa vier Tagen gesehen.« Aus seiner Tasche holte er ein funktionierendes Chrono und warf einen Blick darauf. »Vor vier Tagen. Ich war dabei, Wohnungen weit unterhalb der Skyline zu durchsuchen, und wieder spürte ich diese Angst. Es wurde schlimmer und schlimmer, und ich wusste, dass ich verfolgt wurde. Ich wusste, dass ich so enden würde wie diese Vong-Krieger.«

»Wie konnten Sie entkommen?«, fragte Mara.

Yassat schüttelte den Kopf und begegnete ihrem Blick nicht. »Ich bin einfach entkommen.«

»Das genügt nicht«, sagte Tenga. »Niemand ›entkommt einfach‹. Bist du entkommen, indem du uns verraten hast?«

»Nein«, sagte Yassat nachdrücklich. Er wandte sich Mara zu. »Es gibt hier einen Mann, der sich Skiffer nennt. Er gehört zu einer Gruppe, die nichts mit dem Walkway-Kollektiv zu tun hat. Sie lauern uns auf. Sie haben ein paar von unseren Spähern getötet und einen unserer Graufilzreaktoren gefunden und gestohlen. Aber Graufilz genügt ihnen nicht; ich bin sicher, einige von ihnen sind Kannibalen. Ich weiß, wo sie sich aufhalten. Ich habe Lord Nyax durch das Herz ihres Territoriums geführt, und als ich hörte, wie Skiffer seinen Leuten befahl anzugreifen, habe ich mich abgesetzt. Ich hörte sie schreien.« Er sah Tenga an. »Ich habe uns nicht verraten, Tenga. Ich habe Skiffer verraten.«

Tenga tätschelte ihm die Schulter. »Gute Arbeit.«

Ein anderer Mann sagte: »Es waren die Vong, die dich verfolgt haben, Yassat. Es gibt keinen Lord Nyax. Das bildest du dir nur ein.«

Yassat starrte den Mann wütend an, sagte aber nichts.

»Wo sind Sie Lord Nyax begegnet?«, fragte Luke.

Yassat zeigte nach Nordwesten, genau in die Richtung, aus der Luke und die anderen machtsensiblen Mitglieder der Gruppe das Ziehen gespürt hatten. »In dieser Richtung. Nahe dem alten Regierungszentrum. Im Vergleich mit hier wimmelt es dort nur so von Vong, aber es gibt immer etwas Interessantes mitzunehmen.«

»Wir müssen uns das ansehen«, sagte Luke. Dann wandte er sich wieder an Yassat: »Können Sie mitkommen? Uns führen?«

Tenga schüttelte den Kopf. »Nein, es sei denn, Sie lassen uns die« − sie zeigte auf Bhindi − »als Ersatz da.«

Aber Yassat schüttelte den Kopf. »Mit einer großen lärmenden Gruppe umherschleichen, wenn Vong in der Nähe sind? Nein. Tötet mich lieber jetzt gleich, das wird nicht so wehtun.« Luke zuckte die Achseln. »Wir kommen wieder.« Yassat schaute ihn mitleidig an. »Nein, das werdet ihr nicht.«

 

Borleias

 

Jaina stand auf, fegte das Laken in die Ecke und eilte zu ihrem Spind, ohne zu wissen warum. Die Sonne Pyria stieg gerade erst über den Horizont, also hatte sie vielleicht drei Stunden im Bett gelegen.

Der Lärm, der sie geweckt hatte, wurde nun klar: Alarm. Die Yuuzhan Vong kamen. Sie hörte das Röhren der Triebwerke der Dienst habenden Staffel − um diese Tageszeit würde das Schwarzmond sein.

Jag wartete im Flur auf sie − in diesem besonderen, abgetrennten Flur des Biotikgebäudes, der für die Piloten der Zwillingssonnen-Staffel reserviert war. Auch andere Türen gingen auf. Piggy saBinring, der sich bemühte, seinen Pilotenanzug über seinem umfangreichen Gamorreanerbauch zu schließen, erschien im Flur.

»Was ist los?«, fragte Jaina. Jag hielt ihr einen Datenblock hin, aber sie konnte den Blick nicht darauf konzentrieren und schob ihn gereizt weg.

»Sieht aus, als griffen sie den Stützpunkt an«, fasste Jag zusammen. »Nur Schiffe, keine Spur von Bodentruppen. Die Staffeln der Lusankya kämpfen bereits im Orbit gegen feindliche Jäger. Mehr werden bald hier sein.«

Nicht weit entfernt gab es eine Explosion, als feindliches Feuer die Schilde traf, die das ehemalige Biotiklabor schützten. Alle Transparistahlfenster an der Westseite des Gebäudes klapperten.

»Korrektur«, sagte Jag. »Sie sind schon hier.«

»Also los.« Jaina führte ihre halb bekleidete, halb wache Staffel zum Turbolift.

 

Corran Horn, Pilot und Jedi-Ritter, der als Renegat Neun flog, aktivierte die Repulsoren, ließ seinen Jäger geschickt vom Ferrobeton der neuen Dockbucht der Renegaten-Staffel abheben und flog durch eine Lücke, wo kurz zuvor noch die Decke gewesen war. Aus der Luft hatte er einen besseren Blick auf den Kampf − Yuuzhan-Vong-Korallenschiffe, die in etwa leichten Kreuzern entsprachen, schwebten sowohl im Osten als auch im Westen in einiger Entfernung, geschützt von Korallenskippern, und schleuderten Salven von Plasma auf das Biotikgebäude und die Anbauten. Bisher hatten die Schilde des Stützpunkts, die vor nicht allzu langer Zeit aus flugunfähigen großen Schiffen der Neuen Republik ausgebaut worden waren, dem Angriff gut standgehalten. »Komm schon, Leth.«

»Schon unterwegs.« Leth Liavs X-Flügler stieg neben dem von Corran auf. Leth, eine Sullustanerin, war Kampfpilotin gewesen, bevor die Yuuzhan Vong sie abgeschossen und gefangen genommen hatten. Man hatte sie in eine Schutzblase gesteckt und im Raum abgeworfen, damit sie in der Atmosphäre von Borleias verglühte − eine weitere Demonstration der Grausamkeit der Yuuzhan Vong. Leth und ihre Leidensgenossen waren durch die Flugkünste der Zwillingssonnen-Staffel gerettet worden. Corran bezweifelte, dass Leth sich in besseren Zeiten für die berühmte Renegaten-Staffel hätte qualifizieren können, aber hier, in diesem Zermürbungskrieg mit wenigen Möglichkeiten, war sie sehr willkommen gewesen.

»Führer an Staffel, bitte nicht so viel Geschwätz.« Colonel Darklighter klang so sachlich wie immer. »Bereitschaftsmeldungen. Führer bereit. Zwei?«

»Zwei bereit.«

»Drei?«

Während der Appell weiterging, nahm auch das dritte Mitglied von Corrans Schildtrio, Dakorse Teep, seine Position ein. »Renegat Sieben im grünen Bereich.«

Corran verzog das Gesicht. Bei Teep bezog sich das Grün nicht nur auf die Bereitschaft seiner Triebwerke. Er war ein Teenager, der eigentlich noch mit Corrans Sohn Valin, der nur ein paar Jahre jünger war, hätte spielen sollen. Corran hörte Leths Stimme: »Acht, vier gezündet und bereit«, dann sagte er: »Neun, optimal.«

Er war der Letzte, der seine Bereitschaft meldete. Die Renegaten-Staffel war nun auf neun Piloten geschrumpft, drei Schildtrios. Andere Staffeln waren in noch schlimmerem Zustand; einige von ihnen waren so schnell reduziert worden, dass man sie hatte auflösen oder zeitweilig mit anderen verringerten Einheiten zusammenlegen müssen, bis Verstärkung es wieder ermöglichen würde, sie in einzelne Staffeln aufzugliedern.

»Wir kümmern uns um den Kreuzer im Osten«, kündigte Gavin an. »Die älteren Piloten haben Protonentorpedos, alle anderen müssen mit Lasern zurechtkommen. Tut mir Leid. In Schildtrios auf mein Kommando … jetzt.« Er folgte seiner eigenen Anweisung, und die drei Mitglieder von Kette Eins stiegen weiter auf, über die vertikalen Schilde der Einrichtung hinaus, und verharrten unterhalb des horizontalen Schilds.

Corran wartete, während Kette Zwei folgte, dann führte er Leth und Teep nach oben. Man musste es Leth lassen, sie blieb dicht bei ihm, wie es sich gehörte, aber Teep hing hinterher und bot seinen Kameraden daher ebenso wenig Schutz durch seine Schilde, wie er welchen von ihnen erhielt.

»Sieben, aufschließen«, sagte Corran.

»Tut mir Leid, Neun. Schon auf dem Weg.«

Als Corran und Leth die Schilde des Gebäudes hinter sich ließen und auf den Dschungel zuhielten, kam eine Plasmasalve von dem Kreuzer, den sie zerstören sollten, im Bogen auf sie zu. Wenn die Vong auch nur ein bisschen besser gezielt hätten, wären die Geschosse zwischen dem oberen Rand der vertikalen Schilde und dem Boden der horizontalen eingedrungen. So rasten sie auf Teep zu, direkt über Corrans Kopf hinweg. »Sieben«, rief er, »scharf nach backbord …«

Corran hatte sich nur deshalb für »backbord« entschieden, weil es eine Silbe kürzer war als »steuerbord«, was Teep einen Sekundenbruchteil mehr gab, zu begreifen und zu reagieren. Teep zog seinen Jäger tatsächlich nach backbord und nutzte dazu die Repulsoren ebenso wie die Triebwerke, und die größten Plasmabatzen gingen an ihm vorbei, ohne Schaden anzurichten.

Dann trafen sie die vertikalen Schilde des Gebäudes und explodierten. Die Druckwelle traf Teep, Corran und Leth. Sein Cockpit von Flammen umzüngelt, beobachtete Corran, wie sein künstlicher Horizont sich drehte. Er verließ sich eher auf seinen Instinkt als auf die Anzeige, richtete das Schiff wieder horizontal aus und beschleunigte. Einen Augenblick später hatte er das Feuer hinter sich gelassen.

Teep und Leth trudelten beide auf den Dschungel zu.

Leth zog ihren Jäger aus der unkontrollierten Bewegung und richtete ihn nicht weit oberhalb der Bäume wieder aus; Corran hörte sie über das Kom − ein wortloser Schrei der Angst und der Begeisterung.

Teep kam nicht aus der Drehbewegung. Er fiel durch die Baumkuppeln, und einen Augenblick später stieg aus dem Loch, das er gerissen hatte, ein Feuerball auf.

Corran fluchte. Dieser Krieg verschlang Kinder wie ein hungriges Wampa. »Also los, Acht. In Formation.«

 

In seinem Transporter tief unter dem Kampf um die Lusankya und weit von dem Krieg um das Biotikgebäude entfernt, starrte Harrar in die Linse, die am Bauch des Schiffs montiert war. »Erfolgt dieser Einsatz nach Ihren Plänen oder nach denen von Czulkang Lah?«, fragte er.

Charat Kraal kniete neben ihm am Rand der Linse. »Der Plan ist der des großen Meisters. Aber es ist nur eine Sondierung, eine Möglichkeit, die Stärke des Feinds einzuschätzen, und darüber hinaus wollen wir ihnen keine Zeit lassen, sich auszuruhen. Ich habe meine Mission seiner Operation angeschlossen.«

»Wann werden Ihre Einheiten mit dem Einsatz beginnen?«

»Bald. Wenn der Feind am meisten beansprucht ist.«

 

Die Zwillingssonnen-Staffel raste nach Westen, auf den Yuuzhan-Vong-Kreuzer dort zu. Dieses Schiff und die Staffeln, die es schützten, wurden bereits von der Schwarzmond-Staffel und zwei TIE-Staffeln von der Lusankya bedrängt. »Piggy, Analyse«, rief Jaina.

Die mechanische Stimme ihres gamorreanischen Piloten dröhnte laut aus dem Kom; Jaina verzog das Gesicht und stellte eine geringere Lautstärke ein.

»Diesmal konzentrieren sie sich nicht auf das Biotikgebäudes«, sagte Piggy. »Wahrscheinlich, um eine Katastrophe wie beim letzten Angriff zu vermeiden. Sie haben ihre Lektion aus der Orbitalbombardierung gelernt. Und dennoch versuchen sie nicht, General Antilles’ Verteidigungsstrukturen systematisch zu zerfetzen. Sie sollten sich eigentlich darauf konzentrieren, die Lusankya vom Schlachtfeld zu schaffen, damit sie gegen den Stützpunkt vorgehen können, ohne auf zu großen Widerstand aus dem Orbit zu stoßen. Aber das tun sie nicht.«

Jaina brauchte nicht zu fragen, was das bedeutete. Die Yuuzhan Vong hatten diesmal nicht vor, den Stützpunkt zu überrennen. Sie hatten ein anderes Ziel, zum Beispiel einen weiteren Versuch, Jaina gefangen zu nehmen. Für die Yuuzhan Vong waren Zwillinge heilig, und Jaina als Zwillingsschwester von Jacen faszinierte sie besonders. »Halten Sie die Augen offen, ob sie uns besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen«, sagte Jaina.

»Ja, Göttliche.«

»Zwillingssonnen, die Torpedos erst absetzen, wenn ihr ein klares Schussfeld habt und die Dovin Basale die Torpedos nicht mehr aufhalten können«, fügte sie hinzu. »Wir haben alle eine volle Ladung, aber andere Staffeln nicht. Also verschwendet keinen einzigen Schuss, wenn ihr keinen Ärger bekommen wollt. Tilath, bist du mit deiner Sprengladung bereit?«

»Ja, Göttliche.« Tilath Keer in Zwillingssonne Elf klang ausgesprochen unglücklich. An der Unterseite ihres X-Flüglers hing etwas, das wie eine Rakete aussah − die neueste Experimentalwaffe im Arsenal der Zwillingssonnen −, aber das Ding war länger als das Cockpit des X-Flüglers und schwer genug, dass es sich anfühlte, als müsste sie einen fliegenden Felsblock manövrieren.

»Keine Sorge, Tilath. Du musst nicht immer die Dreckarbeit machen, wir wechseln uns ab.« Jaina beschleunigte auf den Feind zu. »Also los, bringen wir’s hinter uns.«

 

Charat Kraal und Harrar beobachteten, wie der Kampf sich entwickelte. Die großen Schiffe der Yuuzhan Vong wurden als mobile Artillerie genutzt und hielten eine stetige Bombardierung des Biotikgebäudes und der Gebäude rings umher aufrecht, um die schützenden Energieschilde der Ungläubigen zu prüfen und möglicherweise zu überlasten. Die Korallenskipperstaffeln hatten den Auftrag, die großen Schiffe zu schützen und feindliche Jäger zu eliminieren. Die Situation war einfach genug, nun erklärte Charat Kraal Harrar auch noch die Einzelheiten.

»Wo stehen diese Sternenlanze-Schiffe − die Rohrjäger?«, fragte Harrar. Damit meinte er die Schiffe, die vor nicht allzu langer Zeit im Pyria-System ein kompliziertes Energienetz errichtet und dann einen Laserangriff durchgeführt hatten − einen, der irgendwie durch den Hyperraum beschleunigt worden war und tatsächlich das Yuuzhan-Vong-Weltschiff im Orbit um Coruscant getroffen hatte.

Charat Kraal zeigte auf ein quadratisches, flaches Gebäude nahe dem alten Biotiklabor. »Dort ist der Hangar für die Schiffe der Elitestaffeln. Jaina Solos Staffel hat ihre Jäger dort. Bei der heutigen Übung stellt der Hangar kein Ziel dar, da die meisten Schiffe, die üblicherweise dort untergebracht sind, ohnehin aufgestiegen sind, um unsere Leute anzugreifen.«

»Und wo züchten sie die Leuchtkristalle?« Die letzten Spionageversuche mithilfe eines Menschen, der unter ihrem Einfluss stand, ließen die Yuuzhan Vong annehmen, dass das Sternenlanze-Projekt einen riesigen Kristall benötigte, einen, der mithilfe von Yuuzhan-Vong-Techniken gezüchtet wurde, um die Wirkung des Langstreckenlasers ausreichend zu vergrößern, damit er auch weit entfernten Zielen schweren Schaden zufügen konnte.

Charat Kraal zeigte auf das Biotikgebäude. »Dort. Unser Agent konnte nicht jeden Teil des Gebäudes durchsuchen. Bevor wir ihn verloren haben, konnte er uns noch übermitteln, dass er glaubte, die untersten Ebenen des Gebäudes, die gewöhnlichen Soldaten nicht zugänglich sind, seien der wahrscheinlichste Platz für die Kristall züchtenden …« Es fiel ihm schwer, das nächste Wort herauszubringen, so widerwärtig war es ihm: »… Maschinen. Unser nächster Agent wird sie finden und für ihre Zerstörung sorgen, wenn unsere Bombardierung diese Anlage nicht vorher vernichtet.«

»Hervorragend. Und nun lassen Sie uns über die Gefangennahme von Jaina Solo sprechen.«

 

Jaina ließ den Abzug los, als der Korallenskipper vor ihr explodierte. Seine Stücke regneten auf den Dschungel hinab. Ein rascher Blick auf die Sensoranzeige machte ihr deutlich, dass ihre Flügelleute, Jagged Fel und Kyp Durron, nicht weit entfernt waren und auf sie zuhielten.

Vor ihnen hing der Yuuzhan-Vong-Kreuzer im Raum, eine riesige Masse aus Yorikkorallen und organischen Waffen. »Wir wollen den großen Geschützen etwas zum Nachdenken geben«, sagte Jaina. Sie schaltete die Laser auf Quadfeuer und begann die Stellen zu beschießen, an denen die riesigen Plasmageschütze des Kreuzers aus dem Rumpf ragten.

»Dein Status, Tilath?«

»Bereit zum letzten Anflug. Ich bin fünfzehn Sekunden vom optimalen Schussabstand entfernt. Vierzehn.«

»Schieß, wenn du so weit bist, und warte nicht auf mein Kommando.«

»Zehn.«

Jag und Kyp verbanden ihr Laserfeuer mit dem von Jaina. Die Schwerkraftanomalien, die den Kreuzer schützten, hatten keine Schwierigkeiten, die richtigen Positionen zu beziehen, um die zerstörerische Energie zu absorbieren.

»Eins. Abwurf.«

Die Rakete fiel vom Bauch von Tilaths X-Flügler. Sie fiel ein Dutzend Meter, dann zündeten die Triebwerke an ihrem hinteren Ende und trieben sie vorwärts.

Jaina schaltete ihr Kom auf die Einsatzfrequenz um. »Führen Operation ›Tiefschlag‹ aus. Wiederhole, ›Tiefschlag‹.«

In der Nähe des Zielkreuzers gewannen die Sternjäger der Neuen Republik an Höhe. Sie flüchteten nicht, sie stiegen nur auf, bis sie sich alle oberhalb des Kreuzers befanden. Sie kämpften auf dem Weg nach oben und kämpften auch auf ihrer neuen Höhe weiter.

Zur gleichen Zeit machten Jaina, Kyp und Piggy jeweils einen Protonentorpedo scharf und schossen ihn ab.

Einen halben Kilometer vor dem Kreuzer tat Tilaths Rakete, was sie tun sollte.

Sie zerbrach nicht, dazu war sie zu stabil gebaut. Der größte Teil der Rakete bestand aus einer extrem festen, an einem Ende offenen Metallröhre. Der hintere, geschlossene Teil war voll gestopft mit Sprengstoff auf Plasmabasis. Die vorderen zwei Drittel, nur von der zerbrechlichen Nase verschlossen, enthielten metallene Kugeln von der Größe von Menschenköpfen.

Die Plasmaladung explodierte, erhitzte die Kugeln bis zum Glühen und trieb sie auf das Ziel zu.

Sie schossen heraus, eine sich ausbreitende Salve superheißer Geschosse.

Nicht eine einzige Kugel würde dem Ziel bei einem Treffer nennenswerten Schaden zufügen; bei den besten Treffern würde sich das heiße Metall in den Yorikkorallenrumpf bohren und darin stecken bleiben, während der Rest einfach abprallen würde.

Nein, die Treffer als solche waren nicht sonderlich gefährlich. Aber jede Kugel, erhitzt von der Plasmaexplosion, hatte nun das gleiche spezifische Gewicht und die gleiche Temperatur wie die Protonentorpedos, die den Kreuzer von hinten einholten.

Die Dovin Basale des Schiffs spürten die Geschosse, die sich näherten. Sie gerieten nicht in Panik; Angst gehörte nicht zu ihrem Repertoire an Empfindungen. Aber sie wussten, dass ihre winzigen Schwarzen Löcher nicht jedes Geschoss absorbieren konnten. Stattdessen gingen sie streng nach Prioritäten vor und projizierten ihre Schwerkraftanomalien über den verwundbarsten Teilen der Flanke des Schiffs, schützten die Räume der höheren Offiziere, die Geschütze und sich selbst.

 

Charat Kraal und Harrar sahen zu, wie die Zwillingssonnen vier Raketen abschossen − erst die größte, dann die drei anderen. Die größte explodierte schon vor dem Ziel und überzog das Matalok mit rot glühendem Schutt, aber die anderen trafen direkt, eins, zwei, drei, die Seite des Kreuzers. Die Waffen der Ungläubigen blitzten grell auf und ließen Wolken von Schutt umherfliegen, Trümmer, die einmal die Seite und die inneren Organe des Matalok gewesen waren.

Das Schiff legte sich tödlich verwundet auf die Seite und begann, sich aus dem Kampf zurückzuziehen. Plasma strömte aus der Wunde. Es gewann einen Augenblick an Höhe, dann nahm es einen geraden Kurs. Und nun konzentrierten die Dovin Basale ihre Projektionen ausschließlich über den Hauptgeschützen.

Charat Kraal wusste, was das bedeutete. Das Matalok würde es nicht wieder in den Raum zurückschaffen, also befahl der Kommandant den Waffen, gewaltige Massen an Plasmaenergie zu schaffen, eine Ladung, die das Schiff von innen her zerstören würde.

Charat Kraal sackte zusammen; all seine Energie und sein Stolz waren für einen Augenblick verflogen. Er schlug mit der Faust auf den Boden neben der Linse. »Wie hat sie das gemacht?«, fragte er. »Wie hat sie die Dovin Basale dazu gebracht, die Raketen durchzulassen?«

»Ich weiß es nicht.«

Charat Kraal sah den Priester an. »Es steht mir nicht zu, diese Frage zu stellen. Es ist Ihr gutes Recht, dafür meine Hinrichtung anzuordnen. Aber ich muss es wissen. Sie sind ein Priester von Yun-Harla − sicher wissen Sie, was hier vorgeht. Ist Jaina Solo ein Avatar der Göttin? Ist sie die Göttin selbst?«

»Selbstverständlich nicht. Sie ist eine Ungläubige, die unsere Göttin verhöhnt.« Aber Harrar war sich bewusst, dass er seine Worte nicht mehr mit sonderlicher Überzeugungskraft aussprach. Er wusste selbst nicht mehr, ob er die Wahrheit sagte.

Charat Kraal, dem eine zufrieden stellende Antwort versagt worden war, wandte sich einem Villip zu, der neben ihm auf dem Boden lag. Er sagte zu dem Yuuzhan-Vong-Krieger, den der Villip abbildete: »Sind Sie in Stellung?«

»Nein, Kommandant. Es ist noch früh.«

»Beginnen Sie dennoch. Wir können nicht auf den besten Augenblick warten.«

»Verstanden, Kommandant.«

 

Corran Horn sah, wie sich drei Korallenskipper von dem Hauptkampf an der Nordseite lösten und zur Westseite des Biotikgebäudes flogen. »Kommen Sie, Acht. Kümmern wir uns um diese Streuner.« Er zog den Jäger herum, ein Manöver, das ihn in den Weg der drei brachte. Leth folgte ihm, auch wenn ihr Manöver nicht so glatt war wie das des erfahrenen Piloten.

Es gelang ihnen, sich in Position zu bringen, bevor die Korallenskipper mit dem Angriff begannen. Die Skips wendeten abermals in einiger Entfernung, hinter der Sicherheitszone und über dem Dschungel. Nun flogen sie direkt auf das Biotikgebäude zu. Sie beschleunigten auf Höchstgeschwindigkeit und wichen nicht von ihrem Kurs ab, selbst als Corran und Leth das Feuer eröffneten.

»Ein Selbstmordangriff«, sagte Leth.

»Ich glaube, Sie haben recht.« Corran sah sich um. Wenn diese drei Skips bis zu den Schilden gelangten, die das Biotikgebäude verteidigten, wenn sie durchbrachen und diese Schilde durchbrechen konnten, würde das Gebäude einen Augenblick lang nicht gegen feindliche Angriffe verteidigt sein.

Aber keine anderen Yuuzhan-Vong-Schiffe hielten sich bereit, um einen solchen Vorteil zu nutzen. Das Ganze war vollkommen unverständlich.

Corran zog seinen Jäger nach steuerbord und beschoss das Skip auf dieser Seite und das in der Mitte. Leth zog nach backbord und tat es ihm nach. Ihr gemeinsames Feuer war für das Skip in der Mitte zu viel; ein Teil von Corrans Lasersalve kam an den Schwerkraftanomalien vorbei, und das Gleiche galt für Leths Salven. Der Korallenskipper stürzte mit der Nase voran am äußeren Rand der Sicherheitszone ab. Er explodierte nicht; Skips detonierten nicht immer, da sie keinen Treibstoff mitführten. Der Korallenskipper brach einfach auseinander.

Das gab jedem der beiden einen Feind, auf den sie sich konzentrieren konnten. Corran beharkte den auf ihn zufliegenden Jäger mit Laserfeuer und sah, wie seine Salven Stücke aus dem vorderen Teil des Schiffs herausfraßen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass Leth mit dem anderen Skip weniger Glück hatte. Aber er konnte sich dafür jetzt keine Zeit nehmen, nicht, solange sein Ziel Plasmakugeln auf ihn abschoss.

Corran manövrierte seinen X-Flügler direkt in den Weg des Korallenskippers. Wenn das Ziel des Piloten tatsächlich die Schilde waren, würde er um ihn herumfliegen müssen. Und wenn er das nicht tat − nun, dann würde er seinen Gegner eben auf die harte Tour kampfunfähig machen.

Aber das Skip manövrierte tatsächlich, ging ein wenig tiefer, um unter Corrans Jäger hindurchzufliegen, und Corrans Laser trafen die Kuppel. Der Yuuzhan-Vong-Pilot zog seinen Jäger zur Seite, dann verlor er die Kontrolle.

Das Skip explodierte, und Trümmer flogen in alle Richtungen. Corran zog den Jäger aus dem Weg, war noch einen Augenblick von Trümmern umgeben, und als er auf der anderen Seite wieder auftauchte, hatte er keinen schlimmeren Schaden genommen als einen überhitzten äußeren Temperatursensor.

Er zog den Jäger herum und sah, dass Leth das Gleiche tat. Ihr Gegner war jedoch an ihr vorbeigekommen und raste nun direkt auf die Schilde zu.

Das Skip traf, und einen Moment konnte Corran die Energie des Aufpralls sehen, als sie den Schild sichtbar machte, ihn Wellen schlagen ließ wie die Oberfläche eines Teichs, in den ein Landspeeder abgestürzt war.

Der Korallenskipper zerbrach, zerrissen vom Aufprall. Trümmer breiteten sich über die Sicherheitszone direkt vor dem Biotikgebäude aus. Einer der größeren Brocken traf einen Erdtransporter, der vom Bodenpersonal benutzt worden war; das Fahrzeug explodierte, und Flammen überzogen die nächsten Gebäude und Fahrzeuge. Ein paar Stücke des Korallenskippers rollten bis ein paar Meter vor das Hauptgebäude.

»Es tut mir so Leid.« Leths Stimme war gequält, geprägt von der Erkenntnis ihres Versagens.

Zu gequält. Corran schnaubte, als er sich an die Melodramen erinnerte, die sich für gewöhnlich im Kopf neuer Piloten abspielten. »Es ist nicht viel passiert«, sagte er. »Machen Sie sich keine Gedanken. Und jetzt zurück an die Arbeit.«

Corran und Leth wendeten und flogen wieder zur Staffel zurück.

 

Schadenskontrollmannschaften eilten aus dem Biotikgebäude und den damit verbundenen Hangars und sprühten Löschschaum auf die brennenden Teile von zerstörten Korallenskippern.

Eine Mannschaftsführerin, eine dunkelhaarige Corellianerin, deren Körperbau den einen oder anderen Rancor in ihrer Ahnenreihe vermuten ließ, winkte hektisch nach den anderen Mitgliedern ihrer Einheit. »Ich habe hier einen Verletzten! Holt die Sanitäter!« Sie beugte sich vor und schob ein großes Stück Kqrallenskipperhülse von dem Opfer, einem hoch gewachsenen Menschen im Mechanikeroverall.

Der Mann schien erstaunlicherweise unverletzt zu sein, und als die Frau das Stück Schutt von ihm gezerrt hatte, öffnete er die Augen. Seine Züge waren wenig bemerkenswert, aber er hatte einen ausdrucksvollen, entschlossenen Blick und schaute ohne auch nur das geringste Anzeichen von Verwirrung als Erstes seine Retterin, dann seine Umgebung an. »Keine Sanitäter«, sagte er. »Ich bin nicht verletzt.«

Sie streckte die Hand aus, um ihm aufzuhelfen. »Sie sind vielleicht schlimmer dran, als Sie glauben.«

»Nein. Ich bin nicht verletzt.« Er sah sich um. »Was kann ich tun?«

Sie wies mit dem Daumen auf den größten Teil des Korallenskippers, an dem Leute von ihrer Einheit arbeiteten. »Helfen Sie denen da. Suchen Sie nach Überlebenden. Und wenn Ihnen auch nur das Geringste fehlt, gehen sie sofort ins Lazarett.«

»Ich … ja.« Ohne sich auch nur zu bedanken, eilte der hoch gewachsene Mann in die angewiesene Richtung.

Sie machte eine ärgerliche Geste hinter seinem Rücken. »Er steht unter Schock. Aber sie werden schon mit ihm fertig werden, wenn sich die Auswirkungen zeigen.« Während sie ihre Suche durch Stücke von Schiffstrümmern fortsetzte, sah sie den Mann allerdings noch mehrmals, wie er ihren Leuten half, Verletzte zu den Hilfsstationen trug, Schutt beiseite schob und nach weiteren Überlebenden suchte.

 

Nachdem die Hälfte ihrer großen Schiffe zerstört war, wurde der Angriff der Yuuzhan Vong beendet. Der verbliebene Kreuzer und zwei Staffeln von Korallenskippern stiegen auf, verfolgt von Sternjägern der Neuen Republik, bis General Antilles diese zurückrief.

»Wie geht’s deinem Bein, Tarc?«, fragte Han.

Der Junge im Krankenhausbett, braunhaarig, blauäugig und energiegeladen, zog das Laken beiseite, um sein rechtes Bein zu zeigen. Ein großer Teil seiner Wade war mit einem transparenten Bactaverband bedeckt. Der Verband war rosa gefärbt von dem Heilmaterial, das er enthielt, aber immer noch durchsichtig genug, dass man die zornigen Linien einer halbmondförmigen Brandwunde auf der Haut darunter erkennen konnte. »Nicht schlecht«, sagte der Junge. »Ich kann nicht besonders schnell laufen, aber ich könnte gehen. Sie lassen mich nur nicht.«

Han versuchte etwas zu sagen, wollte eine boshafte Bemerkung auf Kosten der Pfleger machen, aber kein Wort kam heraus. Er hatte diese Szene schon so oft erlebt, hatte seinem Sohn Anakin den Rat gegeben, es mutig und mit Humor durchzustehen, und die schlichte Tatsache, dass dieser Junge nicht Anakin war, obwohl er beinahe genauso aussah, war wie eine Vibroklinge, die sich Zentimeter um Zentimeter tiefer in seine Brust bohrte.

Leia schien Hans Zögern zu spüren. »Hör auf sie«, sagte sie. Ihre eigene Stimme klang ebenfalls ein wenig heiser. »Wenn wir von unserer Mission zurückkehren und hören, dass du dich zu sehr angestrengt hast, werden wir sehr ärgerlich sein.«

»Was, wenn ich sie besteche, es euch nicht zu verraten?«

Han schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und zwang sich zu halbwegs normalen Tönen. »Womit bestechen? Das hiesige Wirtschaftssystem beruht nicht gerade auf Geld, Junge.«

»Ich könnte eine Vorstellung geben und Eintritt nehmen, aber statt Geld zu verlangen, könnte ich alle, die kommen, versprechen lassen, dass sie euch nicht sagen, dass ich rumgelaufen bin.«

Leia bedachte ihn mit einem kühlen Politikerinnenlächeln. »Du vergisst unsere Spione. Sie sind überall.«

»Was, wenn ich mein eigenes Spionagenetz aufstelle und herausfinde, welches eure Leute sind, und sie davon abhalte, zu meiner Vorstellung zu kommen?«

Leia streckte die Hand aus, um das Haar des Jungen zu zausen. »Wir müssen gehen. Aber wir kommen noch einmal kurz vorbei, bevor wir Borleias verlassen.«

»Ich könnte mit euch kommen. Ich könnte ein Diplomat werden.«

»Tut mir Leid, Junge«, sagte Han. »Ich glaube, du wirst zu viel damit zu tun haben, für deine Vorstellung zu üben.«

»Ich brauche keine Übung. Ich improvisiere einfach.«

Han und Leia wechselten einen Blick, der von einer gewissen Heiterkeit und langer Erfahrung sprach. »Nun«, sagte Leia. »Eine interessante Herangehensweise. Und jetzt auf Wiedersehen.«

»Bis bald, Junge.«

»Oooh.«

Als sie die Krankenstation verließen, sagte Leia: »Er wird sich langweilen, wenn wir weg sind.«

»Wir könnten Goldrute als Babysitter zurücklassen. Damit er ihm Geschichten erzählt.«

»Gelangweilt zu sein ist eine Sache, wirklich unerträglich gelangweilt zu werden, etwas ganz anderes, Han.«

»Stimmt.«

 

C-3PO stand nahe der Stelle, wo der Millennium Falke in der Sicherheitszone geparkt war, und starrte zur oberen Luke des leichten Frachters. Dort oben hockte Han Solo und führte wie so oft zwischen Flügen des uralten Schiffs Reparaturen aus. Er trug eine Schutzbrille, weil er mit komplizierten Schweißarbeiten am Rumpf des Schiffes beschäftigt war.

Es war allerdings nicht Han, den C-3PO beobachtete; seine Aufmerksamkeit war auf die Funken gerichtet. Ein Strom von ihnen sprang vom Rumpf und erlosch, bevor er den verkohlten Boden traf. C-3PO sah zu, wie einer der Funken seinen Flug begann, den Höhepunkt seines Bogenkurses erreichte und dann herunterfiel.

Dann bemerkte er, dass ein weiterer Droide in sein Blickfeld geschlendert kam. Dieser Droide war kantig und gepanzert, machte einen kriegerischen Eindruck und trug eines der größten und neuesten Blastergewehre, das den Kämpfern der Neuen Republik zur Verfügung stand. Aber seine Haltung hatte im Augenblick nichts Bedrohliches an sich.

»Sei gegrüßt«, sagte C-3PO. »Ich bin C-3PO.«

»YVH 1-1A«, erwiderte der andere. »Soldat und Leibwächter für Lando Calrissian, derzeit beauftragt, Anomalien aufzuspüren. Du bist eine Anomalie. Wieso überwacht ein Protokolldroide die Reparaturarbeiten, die Han Solo und seine Besatzung durchführen?«

»Oh, ich überwache hier keine Reparaturarbeiten. Ich beachte sie nicht einmal. Um meine sprachliche Gewandtheit zu erhöhen, versuche ich gerade, das beste Wort zur Beschreibung des Flugs und Verlöschens der Funken aus dem Reparaturprozess zu finden.«

»Das sollte für einen Protokolldroiden kein Problem sein.«

»Es sollte keines sein, aber es ist eins, weil das Wort, das mir am angemessensten vorkommt, nicht das logischste ist.«

»Was wäre denn das angemessenste Wort?«

»Traurig.«

1-1As Cams bewegten sich seitwärts, um die Funken für einen Sekundenbruchteil zu beobachten, dann wandte er sich wieder C-3PO zu.

»Korrekt. Dieses Wort ist in diesem Zusammenhang nicht logisch.«

»Aber es ist ausgesprochen angemessen. Wenn man die Funken nämlich symbolisch betrachtet, als ein Symbol des Lebens. Helles Aufleuchten, das Verfolgen eines bestimmten Kurses und dann das Erlöschen. Bleibt danach noch eine Spur von ihnen?«

»Wenn sie auf eine brennbare Substanz fallen, wird das der Fall sein.«

»Wäre es eine Anomalie, wenn ich feststellte, dass du ein unsensibler Block aus Panzerung und aggressionsbasierter Programmierung bist?«

Seltsamerweise antwortete 1-1A nicht sofort, sondern richtete seine Cams für einen weiteren Sekundenbruchteil auf die Funken. Schließlich sagte er: »Denkst du, dass ein Funke in den letzten Nanosekunden spürt, dass seine Dauer ein Ende finden wird?«

»Das bezweifle ich. Das bezweifle ich sehr. Ein Funke kann keine Angst empfinden oder über seine eigene Sterblichkeit nachdenken.«

»Das behaupten sie auch von Droiden, aber in einigen Fällen trifft das nicht zu.«

Nun war es an C-3PO zu zögern. »Wenn ich hier vielleicht etwas anmerken dürfte: Dies ist eine sehr einsichtsvolle Aussage, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie von einem Kampfdroiden stammt.«

»Ich werde jeden Tag erneut mit meiner möglichen Auslöschung konfrontiert. Dies hat mir viele Gelegenheiten zur Reflexion gegeben. In der letzten Zeit war ich nicht imstande, diese mögliche Konsequenz zu ignorieren. Ich fürchte allerdings, solche Berechnungen wirken sich nachteilig auf meine Tätigkeit aus.«

»Auch ich fand mich vor Kurzem solchen Gedanken gegenüber. Sehr beunruhigend. Und mein Kollege R2-D2 ist philosophisch gesehen überhaupt keine Hilfe. ›Alles findet ein Ende‹, sagt er. ›Geh ihm mutig entgegnen.‹ Ich nehme an, für einen Astromech ist das eine angemessene Philosophie, aber ich finde sie vollkommen unzulänglich. Ich habe mich gefragt, ob ich der einzige Droide bin, der imstande ist, über solche Dinge nachzudenken. Es ist ausgesprochen erfrischend herauszufinden, dass ich nicht allein bin.«

YVH 1-1 As Cams wandten sich wieder C-3PO zu. »Wenn du zu irgendwelchen Schlüssen kommst, selbst solchen, die sich nicht verifizieren lassen, könntest du sie mir dann mitteilen?«

»Mit Vergnügen. Und ich hoffe, dass auch du mir deine Einsichten sendest. Vielleicht können wir uns dann weiter unterhalten.«

»Ja.«

YVH 1-1A begab sich wieder auf seine Runde.

Der Funke, dessen Weg C-3PO zu verfolgen begonnen hatte, kurz bevor er den Kampfdroiden bemerkte, verschwand nun, einen Meter oberhalb des Bodens und ganze zwei Sekunden, nachdem er vom Rumpf des Falken gefallen war.