Reisen mit leichtem Gepäck

Am liebsten fährt sie in den Süden, schon deshalb, weil sie mit leichtem Gepäck reisen kann. Grundsätzlich lebt sie mit der Formel »Keep it simple«. An dieser Stelle unseres Gesprächs macht Gabi einen Früher-Heute-Vergleich. »Meine Güte, wenn ich daran denke, wie ich meine ersten Reisen angetreten bin, alle Sachen sorgfältig gebügelt und gefaltet!« Sie lacht auf. »Schuhputzzeug hatte ich dabei, Waschmittel, am Anfang sogar ein Reisebügeleisen.«

Sie war, so lange sie zu Hause wohnte, keine Jungrebellin gewesen, sondern jemand, der vor allem eines wollte: ja nicht ungut auffallen. Umso verblüffender die Wandlung, die begann, als Gabi Sonnbach von zu Hause fortzog, 19 Jahre alt, unsicher, leicht zu irritieren, und getrieben von einem einzigen großen Verlangen »Bloß raus hier!« – als hinge ihr Überleben davon ab.

Wer ihr heute zum ersten Mal begegnet und ihren Hintergrund nicht kennt, muss glauben, sie käme aus einem liberalen Elternhaus. Tatsächlich aber schildert sie eine gnadenlose Dressur, vor allem von Seiten des Vaters. Bevor sie auf typische Situationen zu sprechen kommt, muss sie noch etwas loswerden. Sie sagt, sie stehe noch unter dem Eindruck einer Radiosendung vom Vortag. Hier sei der Altersforscher und Experte für Kriegskindheiten Hartmut Radebold zu Wort gekommen. »Er hat davon berichtet, wie er mit etwa 55 mit seiner eigenen Kriegsvergangenheit wieder in Berührung kam und wie sich danach die Beziehungen zu seinen |236|Kindern gebessert hätten. Ich musste weinen. Das wäre mal ein Vatermodell gewesen, von dem man nur träumen kann.« Und sie fügt hinzu: »Wenn in einem Fernsehfilm jemand seine Tochter in den Arm nimmt, dann sitze ich da und heule, heute noch!«

Ihre Eltern Wilhelm und Hanna Sonnbach* stammten aus Berlin. Nach Kriegsende hatte es sie in eine rheinische Kleinstadt verschlagen, wo Gabi mit ihrer sieben Jahre älteren Schwester aufwuchs. Ihr Vater, Jahrgang 1902, war für den Ersten Weltkrieg zu jung gewesen und für den Zweiten Weltkrieg schon zu alt. Nur in den letzten zwölf Monaten bis Mai 1945 hatte man ihn noch in eine Wehrmachtsuniform gesteckt, glaubt Gabi zu wissen, und sie schickt gleich eine Warnung hinterher. »Nichts, was Sie jetzt hören werden, ist gesichert. Auf eine Frage, die mit ›Wissen Sie, ob …‹ beginnt, muss ich immer gleich Nebel streuen, weil alles, was ich diesbezüglich schon mal gehört habe, bei mir versandet.«