Was jetzt?

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1

Die vier sahen sich sprachlos an. Von einem Moment auf den anderen war die Atmosphäre der Angst und des Terrors verpufft. Tall Jakes Macht war gebrochen. Sie standen auf einem ganz normalen Dachboden, der kalt war und verstaubt und voller stummer Bilder.

»Wo sind sie hin?«, fragte Alicia schließlich.

Justin ging langsam auf das Gemälde mit der Landschaft zu, in dem Scratch und Grendel verschwunden waren, und strich vorsichtig mit den Fingerkuppen darüber. Nichts als Leinwand. Er drehte sich um und zuckte ratlos mit den Achseln.

»Ich nehme an, sie sind in Malice«, sagte Kady.

»Aber wie kann das sein?« In Alicias Augen glitzerten wieder Tränen.

»Na ja, ich könnte mir vorstellen…«, begann Kady, beendete den Satz aber nicht. Sie hatte auch keine Erklärung.

»Grendel hat eine Welt erschaffen, die so real war, dass wir alle dort hingehen konnten«, sagte Seth. »Aber er selbst ist nie dort gewesen. Bis jetzt.« Er sah Alicia an und lächelte schwach. »Er hat es getan, um uns zu beschützen. Um dich zu beschützen.«

Alicia knabberte an ihrer Unterlippe und betrachtete das Gemälde. Es war völlig unverändert.

»Tja.« Justin klopfte sich den Staub von den Händen. »Das war’s dann wohl.«

Es war vorbei, aber noch schien keiner von ihnen es wirklich zu begreifen.

Nach einer Weile sagte Kady: »Vielleicht sollten wir nach einem Telefon suchen, um jemanden anzurufen, der uns abholen kommt.«

»Da draußen vor dem Tor war ein Mann«, sagte Alicia. »Nein, kein Mann… etwas anderes… ein Dämon. Er scheint so eine Art Pförtner zu sein. Ich hab gehört, wie er mit Scratch darüber gesprochen hat, dass da draußen zwischen den Bäumen irgendwelche Monster leben, die…«

»Du hast gesehen, was mit Miss Benjamin passiert ist«, beruhigte Seth sie. »Als Tall Jake gestorben ist, sind diese Kreaturen mit ihm gestorben. Ich glaube nicht, dass wir uns noch Sorgen machen müssen.«

Sie verließen den Dachboden und gingen langsam die Treppe hinunter. Die Schatten hatten sich verzogen. Schweigend wanderten sie durch die Flure von Crouch Hollow. Ihre Schritte hallten von den Wänden der verlassenen Irrenanstalt wider. Es war nichts mehr da, vor dem sie Angst haben mussten. Jetzt war es nur noch ein altes, halb verfallenes Gebäude.

»Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte Justin. »Mit Malice, meine ich?«

»Keine Ahnung«, sagte Seth. »Ich weiß nur, dass von jetzt an keine Jugendlichen mehr verschwinden werden.«

»Und was ist mit denen, die noch drin sind. Mit Dylan, Scotty und den anderen?«

Seth hob ratlos die Schultern. »Vielleicht geht alles so weiter wie bisher, solange Malice existiert. Der einzige Unterschied ist, dass Tall Jake jetzt weg ist und mit ihm auch die Regulatoren und die anderen Monster. Dylan hat das Kommando über Havoc übernommen. Die Züge fahren wahrscheinlich immer noch, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bahnstrecke stillgelegt ist, bloß weil Tall Jake weg ist. Und es gibt immer noch genügend weiße Tickets, die überall in Malice versteckt sind. Jeder, der nach Hause will, kann den Zug nehmen.«

»Aber wenn Grendel jetzt in Malice ist, bedeutet das doch, dass die Welt weiterhin existieren wird, auch wenn es den Comic nicht mehr gibt, oder?«, sagte Justin stirnrunzelnd. »Ich meine, wie könnte Malice aufhören zu existieren, wenn der Mann, der es erschaffen hat, selbst darin lebt?«

Seth nickte. »Du könntest Recht haben. Der Gedanke gefällt mir.«

2

In der Eingangshalle fanden sie ein Telefon, das auf einem Stapel vergilbter Unterlagen hinter der Theke stand. Es war ein altes Modell aus den Siebzigerjahren mit einer Wählscheibe anstelle von Tasten. Kady hob den Hörer ans Ohr. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie das Freizeichen hörte.

»Ich ruf gleich meine Eltern an!«, sagte sie und begann die Nummer zu wählen, als Seth plötzlich ihre Hand festhielt. »Tu das nicht, Kady.«

Sie sah ihn erstaunt an. »Warum denn nicht?«

»Denk doch mal nach. Die werden die Polizei einschalten und dann müssen wir tausend Fragen beantworten. Wie sollen wir ihnen erklären, was hier passiert ist?«

»Ist doch egal. Wir sagen ihnen einfach…« Kady verstummte, weil ihr plötzlich klar wurde, wie verrückt es sich für andere anhören musste, wenn sie von einem mörderischen Comic und von Tall Jake erzählen würden. Zumal sie keinerlei Beweise hatten. »Aber… wir haben nichts Verbotenes gemacht!«, rief sie empört.

»Ich weiß«, sagte Seth. »Aber die stecken uns trotzdem in eine Gummizelle, wenn wir ihnen von Malice erzählen.«

Kady warf verärgert den Hörer auf die Gabel. »Dann sag du mir, was wir ihnen erzählen sollen!«

»Wir erzählen ihnen gar nichts«, sagte Seth ruhig. »Jedenfalls nichts von Tall Jake oder der Druckerei oder dem Comic. Das ist auch gar nicht nötig. Scratch und Grendel sind verschwunden, Tall Jake und Miss Benjamin sind tot. Der Comic wird vergessen werden.«

»Wir erzählen ihnen nichts?«

»Weil wir uns an nichts erinnern«, sagte Seth. »Genau wie all die anderen Jugendlichen, die ohne Erinnerungen zurückgekehrt sind. Wenn wir auch nur ein Wort von dem sagen, was uns passiert ist, wird die ganze Welt uns für verrückt erklären.«

Kady stimmte zögernd zu. Und auch Alicia war einverstanden, obwohl ihr bei dem Gedanken, ihre Eltern anzulügen, nicht wohl war.

Justin nickte bloß. Er war immer stiller geworden, seit sie den Dachboden verlassen hatten.

»Okay«, sagte Seth. »Aber wenn wir es so machen, müssen wir von hier aus nach Hause kommen, ohne die Polizei oder jemand anderen, den wir kennen, anzurufen. Niemand darf wissen, wo wir gewesen sind. Wir müssen plötzlich wie aus heiterem Himmel bei unseren Eltern vor der Tür stehen.«

»Aber wie sollen wir von hier wegkommen?«, fragte Kady. »Selbst wenn wir Geld für ein Taxi hätten, könnten wir es nicht herbestellen, weil wir die Adresse gar nicht kennen.«

»Wir trampen«, sagte Justin.

»Das ist zu gefährlich!«, rief Alicia.

Justin zuckte mit den Schultern. »Nach dem, was wir heute durchgemacht haben, mache ich mir darüber die wenigsten Sorgen.«

»Er hat Recht«, entschied Seth. »Was anderes bleibt uns gar nicht übrig. Wir müssen nach Hause kommen, ohne eine Spur nach Crouch Hollow zu hinterlassen.«

»Aber wir sind zu viert«, gab Kady zu bedenken.

»Ähem… zu dritt«, sagte Justin leise. »Ich bleib vielleicht noch ein bisschen hier.«

»Du willst hierbleiben?«, fragte Kady entsetzt.

»Klar. Warum nicht? Ob hier oder woanders ist doch egal.« Er ging mit hängenden Schultern aus der Empfangshalle Richtung Flur.

»Was hat er denn?«, fragte Kady.

»Das werde ich gleich herausfinden«, sagte Seth und ging Justin hinterher.

3

Seth fand seinen Freund in einem der Büros, das genauso heruntergekommen aussah wie der Rest des Gebäudes. In den Regalen und Schränken moderten Akten und Dokumente vor sich hin. Justin begann in Schubladen zu wühlen und in alle Ecken zu spähen. Seth stellte sich neben ihn und sah ihm über die Schulter.

»Wonach suchen wir eigentlich?«, fragte er.

Justin antwortete nicht. Wahrscheinlich wusste er es selbst nicht.

»Du willst nicht nach Hause, stimmt’s?«, fragte Seth.

»Ich hab kein Zuhause«, sagte Justin. »Jedenfalls keins, in das ich zurückgehen will. Wenn es sein muss, schlaf ich auf der Straße.«

»Das lasse ich nicht zu.«

Justin lächelte traurig. »Das ist echt nett von dir, Kumpel, aber was willst du machen? Ich kann ja wohl kaum zu euch ziehen, oder? Immerhin gibt es in dieser Welt so was wie das Jugendamt. Die bringen mich ruckzuck zu meinem Vater zurück.« Er schnippte mit den Fingern. »Und du kannst Gift darauf nehmen, dass ich dann auf einen Schlag die ganzen Prügel bekomme, die sich im letzten Jahr angesammelt haben. Nein danke, darauf kann ich echt verzichten.«

Seth legte Justin beide Hände auf die Schultern. »Das meine ich nicht. Ich rede davon, dass wir nach Malice zurückgehen. Ich bringe Kady nur nach Hause und vergewissere mich, dass meinen Eltern nichts passiert ist.« Er griff in seine Hosentasche und zog zwei weiße Tickets hervor. »Und dann nehmen wir den Zug zurück.«

Justin sah ihn mit offenem Mund an. »Du hast weiße Tickets? Wie bist du denn an die gekommen?«

Seth grinste. »Die hab ich im Haus des Todes gefunden, als wir die Bombe versteckt haben.«

»Die kleine Metallkiste, die du hinter den Heizungsrohren gefunden hast!«, rief Justin. »Die hatte ich schon ganz vergessen.«

»Nach der Flucht vor dem Oger habe ich auch nicht mehr daran gedacht.« Er betrachtete die Tickets nachdenklich. »Eigentlich komisch, dass es so lange gedauert hat, bis ich welche gefunden hab, wenn man bedenkt, dass die Dinger überall in Malice versteckt sind.«

»Danke, Tall Jake! War der Dreckskerl doch noch zu was zu gebrauchen.« Justin strahlte, dann wurde er wieder ernst. »Aber bist du dir auch sicher? Ich meine, willst du wirklich für immer nach Malice zurück? Was ist mit deinen Eltern… und mit Kady?«

Seth seufzte. »Klar fällt es mir schwer, ohne sie zu gehen«, sagte er. »Und meine Eltern… Ich hab mir die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Schließlich kann ich ihnen schlecht erklären, wo ich hingehe und dass es mir dort gut geht. Es wäre was anderes, wenn ich sie von Zeit zu Zeit mal anrufen oder eine Postkarte schicken könnte.«

»Das ist echt hart für dich«, sagte Justin mitfühlend. »Da hab ich es einfacher. Es gibt nichts, was ich vermissen werde. Aber du…«

»Kady wird hier glücklich werden«, sagte Seth. »Und meine Eltern sind auch glücklich mit ihrem Leben– zumindest so glücklich, wie sie es eben sein können. Aber für mich ist diese Welt nichts. Ich weiß jetzt, wo ich wirklich hingehöre.«

Justin nickte. »Ja. Ich weiß es auch.« Er sah seinen Freund an. »Ich bin verdammt froh, dass du mitkommst, Alter. Es wäre nicht dasselbe ohne dich.«

»Ja«, sagte Seth. »Für mich auch nicht.«

4

Es war dunkel und ein schneidend kalter Wind blies, als sie sich Hathern näherten. Sie waren von Crouch Hollow aus die Landstraße entlanggewandert, schließlich hatte jemand sich ihrer erbarmt und sie bis zur Autobahn mitgenommen. Dort hatten sie lange in der Kälte gestanden, bis sich ein Lkw-Fahrer bereit erklärt hatte, sie alle vier mitfahren zu lassen. Als sie sich nacheinander in die enge Fahrerkabine gequetscht hatten, hatte der Fahrer eine Bemerkung über ihre seltsame Kleidung gemacht, worauf sie ihm erzählt hatten, sie kämen gerade von einem Musikfestival. Er war begeistert gewesen, hatte ihnen den ganzen Weg bis zur Abzweigung nach Hathern Songs von Johnny Cash vorgesungen. Von dort aus waren sie zu Fuß weitergelaufen.

An der Kreuzung zum Nachbardorf verabschiedeten sie sich rasch von Alicia, die es kaum erwarten konnte, endlich wieder nach Hause zu kommen. Seth war der Einzige, der sie halbwegs gut kannte, für die anderen war sie im Grunde eine Fremde. Seth tat es leid, sich von ihr verabschieden zu müssen. Sie hatte eine wichtige Rolle beim Sturz von Tall Jake gespielt und er würde sie vermissen. »Jetzt brauchst du wenigstens keine Angst mehr zu haben, dass er dich holen kommt«, sagte er zum Abschied. »Und dein Freund Philip ist jetzt auch in Sicherheit.«

»Wir haben doch das Richtige getan, oder?«, sagte Alicia zweifelnd, und Seth spürte, dass sie an Grendel dachte.

»Du hast den Kerl wirklich ins Herz geschlossen, was?«, sagte er.

»Er brauchte Hilfe.« Alicia schüttelte seufzend den Kopf. »Ich wünschte nur, ich hätte mehr für ihn tun können.«

Sie umarmten sich kurz und dann ging sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, die Straße entlang Richtung Heimat.

Die übrigen drei stahlen sich durch die schmalen Gassen Hatherns den Hügel hinauf zur Kirche, in deren Nähe Seths Eltern wohnten. Die Straßen waren verwaist, sodass ihnen unterwegs niemand begegnete.

»Wartet hier«, sagte Seth zu seinen Freunden und ging im Schatten der anderen Gebäude auf sein Elternhaus zu. Er dachte mit Grauen an die kichernde Stimme am Telefon, die sich für seine Mutter ausgegeben hatte. Vielleicht war es nur ein fieser Trick von Tall Jake gewesen, aber er machte sich trotzdem Sorgen, seinen Eltern könnte etwas passiert sein. Er musste sich Gewissheit verschaffen, dass es ihnen gut ging, bevor er nach Malice zurückkehren konnte. Auf Zehenspitzen ging er die Einfahrt hinauf und schlich zum Wohnzimmerfenster.

Drinnen brannte Licht. Durch einen schmalen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen konnte er ins Zimmer spähen.

Da waren sie. Beide saßen in ihren Sesseln. Sie schauten eine Unterhaltungsshow im Fernsehen. Seine Mutter trug ihren Jogginganzug und sah alt und erschöpft aus, sein Vater schien in den vergangenen Wochen noch mehr Haare verloren zu haben. Aber sie lebten. Seth seufzte erleichtert.

Also war es doch nur ein Trick gewesen. Tall Jake war nie hier gewesen. Natürlich nicht. Er und seine Spießgesellen hatten immer sorgfältig darauf geachtet, keine Erwachsenen in ihr grausames Spiel mit einzubeziehen. Wahrscheinlich war es für Tall Jake ein Leichtes gewesen, die Telefonleitung anzuzapfen.

Tja, damit war jetzt ein für alle Mal Schluss.

Im Wohnzimmer lachte seine Mutter über etwas, was jemand im Fernsehen sagte, und sein Vater lächelte. Seth war beruhigt. Ihr Sohn war zwar verschwunden, aber sie hatten immer noch ihren geliebten Fernseher. Vielleicht würde ihnen das genügen.

Er wandte sich um und ging langsam wieder zu der Straßenecke zurück, an der seine Freunde warteten. Kady war überrascht, dass er so bald wieder zurückkam. »Willst du denn nicht reingehen?«

»Was sollte ich ihnen denn sagen?«, fragte Seth. »Hi, da bin ich, aber ich muss gleich wieder los, sorry und tschüss?« Er schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Bleiben kann ich aber auch nicht.«

»Solltest du ihnen nicht wenigstens sagen, dass du lebst und in Sicherheit bist?«

»Ich rufe sie vom Bahnhof aus an, bevor ich fahre.« Seth hätte alles dafür gegeben, seinen Eltern erklären zu können, warum ihm nichts anderes übrig blieb, als aus dieser Welt wegzugehen. Aber er wusste, dass sie es nicht verstanden hätten. Er wäre ihnen gern der Sohn gewesen, den sie sich wünschten, aber das konnte er nun mal nicht. Vielleicht waren sie einfach zu verschieden.

Genau wie er und Kady.

»Tja, dann…«, sagte Kady, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Ich meine… ich muss jetzt nach Hause. Meine Eltern… Ich bin mir sicher, dass sie vor Sorge um mich schon ganz krank sind. Es ist… Ich muss nach Hause.«

Justin trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich lass euch beide mal allein, okay?«, sagte er und räusperte sich dann. »Ähem. Wie wär’s mit einer Umarmung? Ausnahmsweise.«

Kady schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.

»Ich werde dich sogar noch mehr vermissen als die blöde Blechmieze«, sagte Justin heiser.

»Ich verlasse mich drauf, dass ihr euch gut um sie kümmert!«, sagte Kady.

»Wird gemacht«, versprach Justin und ließ sie los. »Ich warte um die Ecke auf dich«, sagte er zu Seth und schlenderte, die Hände in den Taschen vergraben, die Kapuze über dem Kopf, davon. Und dann standen Kady und Seth plötzlich allein da. Der kalte Wind raschelte in den Bäumen und der Schein der Straßenlaternen tauchte sie in gelbes Licht.

Kady konnte Seth nicht in die Augen sehen. »Es tut mir echt leid«, sagte sie schließlich.

»Was denn?«

»Dass ich nicht so bin wie du. Dass ich nicht alles vergessen und mich Hals über Kopf ins Abenteuer stürzen kann. Ich wünschte, ich könnte Malice so lieben wie du.«

»Das braucht dir nicht leidzutun«, sagte Seth. »Wir… wir wollen eben einfach unterschiedliche Dinge.«

»Es wäre aber schön, wenn wir dasselbe wollen würden«, sagte Kady. »Mich von Justin und von Tatyana zu verabschieden, ist mir schon schwergefallen, aber von dir…?« In ihren Augen standen Tränen. »Es ist einfach so verdammt unfair.«

Seth sah zu Boden. »Ich kann aber nicht bleiben, Kady.«

»Und ich kann nicht mitgehen.«

»Ich hätte auch gar kein Ticket für dich. Ich hab nur zwei.«

Kady lachte schluchzend auf. »Du bist ein Idiot. Es ist echt so typisch für dich, dass du selbst in so einem Moment noch praktisch denkst.«

Seth breitete die Arme aus und sie drückte ihn verzweifelt an sich, als könnte sie ihn zurückhalten, wenn sie ihn nur fest genug hielt. Seth wusste, dass es für lange Zeit das letzte Mal sein würde, dass sie sich umarmten. Seine Kehle schnürte sich zu.

»Du suchst in Malice nach Tickets und kommst zu Besuch, ja?«, sagte Kady.

»Mache ich«, sagte er. »Ich werde irgendwie einen Weg finden, wie ich hin- und herfahren kann und dann besuche ich dich. Und meine Eltern auch.«

»Versprochen?«

»Ehrenwort.«

Kady schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. »Wer wird von jetzt an auf mich aufpassen, Sir Knight?«, flüsterte sie.

Sie trat einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, dann drückte sie ihm schnell einen Kuss auf die Wange, drehte sich um und ging.

Seth wollte sie zurückrufen, um sich richtig von ihr zu verabschieden. Aber er ließ es. Es würde sich nie richtig anfühlen. Es würde immer wehtun. Seth hörte sie leise schluchzen, lief ihr aber nicht hinterher. Er konnte nicht. Seine Beine fühlten sich schwer wie Blei an, als er sich umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung davonging.

Justin wartete an der nächsten Ecke. Er klopfte ihm tröstend auf die Schulter.

»Kopf hoch, Alter«, sagte er. »Du wirst sie wiedersehen.«

»Ich weiß«, sagte Seth. »Ich habe es ihr versprochen.«

»Warum bist du dann so traurig?«, fragte Justin. »Denk an das, was auf uns wartet! Wir fahren nach Malice! Wo ist der nächste Bahnhof?«

Seth musste grinsen. Justins gute Laune war einfach zu ansteckend. »Loughborough«, sagte er. »Aber das ist eine ganz schöne Strecke.«

»Na, dann lass uns keine Zeit verlieren«, rief Justin. »Sonst verpassen wir noch unseren Zug…«

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