KAPITEL 25

 

 

Sven führte die Jungs durch den Speisesaal, wobei er sich fast ausschließlich auf sein Gefühl verlassen musste, da die Kontrolllampe des Ofens die einzige Lichtquelle war. Sie schlichen um die zerkratzten und fleckigen Picknick-Tische. Sven schüttelte seinen Kopf. Was für ein dreckiges Loch.

Gregory und Pedro tuschelten wie ein Paar quasselnder Schulmädchen. »Shh. Sonst hört uns noch Booger.«

»Vielleicht raucht er dann etwas mit uns«, sagte Pedro unter kindischem Kichern.

»Er ist ein Erwachsener, du Trottel«, erwiderte Sven. »Erwachsene sind unsere Feinde. Warum glaubst du, sind wir in diesem Idiotencamp ohne Alk und heiße Miezen?«

»Holen wir uns Feuer für die Joints und dann nichts wie raus hier«, sagte Gregory hastig, als ob er wirklich nervös geworden wäre.

Verdammte Feiglinge.

Sie schlüpften in die Küche, obwohl die Jungs hinter ihm so einen Lärm machten, dass es eher ein Hineinholpern und –stolpern war. Kein Wunder, dass die ertappt worden waren und dann hier gelandet waren. Sven war damals nicht so doof gewesen; er war nur von seinem Sozialarbeiter übers Ohr gehauen worden, da der sich eingebildet hatte, dass es »gut für ihn wäre und außerdem entweder Camp oder Gefängnis hieß«. Wow, danke für den Gefallen.

Sie schafften es, bis zum Ofen vorzudringen, ohne Pfannen hinunterzuwerfen oder eines der Gläser zu zerbrechen. Sven drehte eine Herdplatte auf. Die Flammen zuckten auf und erwärmten ihre Gesichter. Sven steckte sich den Joint in den Mund und lehnte sich nahe an die Gasflamme, um ihn anzuzünden. Er holte tief Luft, zog etwas zu fest an seinem Joint und begann zu husten. Er drehte sich von Gregory und Pedro weg und schluckte den Husten wieder hinunter.

»Das bedeutet, dass das Zeug gut ist«, sagte er.

Gregory nahm den nächsten Zug, kaum der Rede wert, aber was konnte man von Gregory auch anderes erwarten?

Pedro bekam einen kleinen Wutanfall. »Verdammte Scheiße, lasst mir auch noch etwas über!«

Sven nahm noch einen Zug. »Immer mit der Ruhe. Außerdem musst du erst höflich darum bitten‹.«

Für einen Moment spielte Sven mit Pedro herum, hielt ihm den Joint hin und zog ihn zurück, wenn sich der Junge danach ausstreckte, so wie wenn er einen Hund mit einem Leckerli reizen würde. Schließlich überließ Sven ihm den Joint und der, was man dem Jungen lassen musste, nahm einen beachtlichen Zug und inhalierte den Rauch für lange Zeit. »Scheiße, Mann«, sagte er beim Ausatmen. »Das habe ich jetzt gebraucht.«

Gregory nahm ihn als nächstes. »Erstklassig, Kumpel. Ich werde mich noch mit Wallace anfreunden müssen.«

Sven angelte sich den Glimmstängel. Das Gefühl der Schwerelosigkeit begann schön langsam zu kommen, so wie beim Hinauffahren in einem unsichtbaren Aufzug. »Na ja, wenn du seinen Arsch finden kannst. Hatte mir eigentlich gedacht, dass wir ihn hier treffen würden.«

Die Jungs blickten sich um, als ob all die anderen Mitbewohner hier plötzlich aus dem Nichts auftauchen würden.

»Stimmt«, sagte Gregory. »Wo zum Teufel sind denn alle? Jeder, der richtig tickt, schleicht sich doch nach der Bettruhe raus und geht im Camp herum.«

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Es verstand gerade genug, um in seinem Versteck auszuharren und zu beobachten, aber sein Verstand war bereits zu weit hinüber, als dass er den einfachen Befehl »ruhig« verarbeiten konnte. Es sah die drei, wie sie um die flackernden Flammen herumstanden. Es beobachtete sie durch ein schmutziges Fenster, und es wünschte sich nichts sehnlicher als dieses Fenster aufzubrechen und sie sich zu holen. Es war hungrig. Ausgehungert.

Es beobachtete sie und es gluckste mit einem bibbernden, gackernden und schnüffelnden Laut. Sogar mit seinem kranken Verstand realisierte es, dass es verrückt geworden war.

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Booger war wieder eingeschlafen, als ihn plötzlich etwas aufweckte. Er hatte Geräusche gehört. Diesmal war er sich sicher. Nun hörte es sich wie Lachen an. Das war in Ordnung. Er war vorbereitet.

Er schlug die Decke zurück und nahm das Hackbeil, das auf seiner Brust geruht hatte, in die Hand.

Waschbär oder Junge, jetzt würde er ihnen eine Lektion fürs Leben erteilen: Niemand macht sich an Boogers Keksen zu schaffen.