KAPITEL 21
In der Schlafbaracke lag Sven auf seinem Bett und blätterte durch den Playboy, während Gregory auf und ab rannte. Pedro saß auf seinem Bett, wobei er seine Beine so unrhythmisch baumeln ließ, dass Sven hoffte, dass diese Bewegungen nicht zu der Musik passten, die Pedro mit seinem iPod hörte. Sonst hörte dieser Junge irgendeinen durchgeknallten Rock, den ein schizophrener Musiker während eines epileptischen Anfalls mit einem Reggaebeat unterlegt hatte.
»Wo ist dieser Schlappschwanz?«, fragte Gregory ungefähr zum hundertsten Mal.
»Bleib cool, Mann. Er wird schon zurückkommen«, beruhigte ihn Sven.
»Er hat den Joint mitgenommen. Er ist wahrscheinlich irgendwo da draußen und raucht ihn selbst.«
Sven lächelte. »Mach dir keine Sorgen. Da wo der herkam, gibt´s noch haufenweise.« Er nahm eine Tüte mit Gras heraus. »Das Problem ist nur, wie wir das Zeug zum Glühen bringen.«
Pedro schaute auf, sah die Tüte und nahm seine Ohrstöpsel heraus. Er sprang von seinem Bett herunter. »Warum zeigst du uns das Zeug erst jetzt, compadre?«
»Ich hab´s Wallace abgenommen.«
»Mann, und ich dachte, sie haben Drogenhunde über unsere Postsendungen laufen lassen.
»Ja schon, aber das da marschierte geradewegs durch den Haupteingang herein«, sagte Sven. »Wallace stammt von hier aus der Gegend und sein Vater ist irgend so ein Star-Anwalt. Er ließ ihn hierher schicken statt in ein Jugendgefängnis.
»Dieses kleine Weichei? Warum ist der denn überhaupt hier? Hat er einen Tante-Emma-Laden überfallen oder einem kleinen Mädchen den Kaugummi weggenommen?«
»Was ich gehört habe, war es schwere Körperverletzung.«
»Schwachsinn«, entfuhr es Gregory.
»Ist ja egal.« Sven schnüffelte an der Tüte. Der süße Geruch versprach die Aussicht auf bessere Zeiten, auf Flucht. »Du musst zugeben, dass dieser Kerl ein paar brauchbare Verbindungen hat.«
»Da bekommen wir wenigstens etwas Ordentliches zwischen die Kiemen. Hast du gesehen, wie Wallace das Abendessen verschlungen hat? Er muss so was wie drei von diesen verdammten Keksen gegessen haben.«
»Boogers Kekse. Dieser fettarschige Koch war sicher stolz auf das Zeug.«
Sven setzte sich auf. Wie konnte er nur so dumm gewesen sein? Die Antwort lag doch direkt vor ihnen. »Die Küche«, rief er. »Alle Herde laufen mit Gas. Das heißt, dass eine Zündflamme …«
»Heiliger Strohsack, verdammt!«, schrie Gregory.
Er und Pedro gaben sich High-Fives und Pedro vollführte einen kleinen Freudentanz. Es sah so aus, als ob die beiden so etwas wie einen ägyptischen Paarungstanz aufführten. »Das könnt ihr Süßen euch für später aufsparen, wenn die Lichter aus sind. Jetzt holen wir uns erst einen Mega-Kick von diesem Zeug da.«
Pedro stoppte ihn, noch bevor er einen halben Meter weit gegangen war. »Was, wenn uns jemand erwischt?«
Sven seufzte. Er hielt die Tüte in die Höhe. »Haben wir denn eine echte Alternative? Oder glaubst du tatsächlich den fröhlichen Scheiß-Slogan, ›Fleisch-Camp: Saubere Luft und sauberer Verstand‹?«
Pedro zögerte, nickte jedoch schließlich. »Lass uns gehen, Mann.«
Und Sven ging voran.