57

Ich war schon ewig nicht mehr in Daniels Wohnung gewesen. Bei meinem letzten Besuch hatte es dort ausgesehen wie auf einer Baustelle, weil er versucht hatte, Regale aufzuhängen und der größte Teil der Wand eingebrochen war. Man hatte vor herabgefallenem Putz den Teppich kaum sehen können.

Diesmal hätte man kaum gewußt, daß man sich in der Wohnung eines Junggesellen befand – es sah dort weder aus wie auf einem Schrottplatz noch wie im Inneren einer Sporttasche. Weder standen kaputte Motorrad-Motoren auf dem Küchentisch, noch Spanplatten in der Diele, auf dem Sofa lagen keine Badmintonschläger, und auf dem Fernseher waren keine Federbälle aufgereiht.

Trotzdem möchte ich nicht den Eindruck erwecken, als wäre Daniels Wohnung schön gewesen. Seine Möbel waren ein bißchen sonderbar. Manche stammten von seinem älteren Bruder Paul, dessen Ehe in die Brüche gegangen war und der eine Stelle in Saudi-Arabien angenommen hatte; andere hatte er von seiner Oma geerbt, als sie sanft entschlummert war. Ich nehme an, das beste, was man über Daniels Einrichtung sagen konnte, war, daß sie nicht genug Charakter hatte, um abstoßend zu sein.

Hier und da gab es – wie Oasen in der Wüste – manches, das tatsächlich nett war: ein roter CD-Ständer, der wie eine Giraffe aussah, ein einzelner Kerzenhalter, Dinge von der Art, wie sie Simons Wohnung im Übermaß enthielt. Aber wenn man zu Simon sagte »hübsches Regal«, quittierte er das nicht mit einem einfachen »Danke«, sondern spulte ab »Hab ich aus dem Conran-Laden, ist von Ron Arad, limitierte Auflage, ist bald ein Vermögen wert«. Das stimmte wahrscheinlich alles, aber irgendwie fand ich es, na ja, unmännlich. Alles, was Simon umgab, hatte einen Stammbaum und eine reinrassige Abstammung, die er am liebsten bis zurück zu Le Corbusier oder dem Bauhaus verfolgte.

Simon sagte nie »Setz den Wasserkessel auf«, sondern »Schalte vorsichtig den türkisfarbenen emaillierten Knopf an meinem Edelstahl-Alessi-Pyramidenkessel ein. Er ist die Kopie eines Originals aus den fünfziger Jahren. Solltest du seiner schlanken Silberspitze auch nur ein Haar krümmen, bring ich dich mit dem größten aus meiner vollständigen Sammlung von echten Sabatier-Messern um.«

Wenn ich es nicht besser gewußt hätte, ich hätte geschworen, daß Simon schwul war. Er war von einer geradezu leidenschaftlichen Häuslichkeit, die ich – ob zu Recht oder zu Unrecht – für ein typisches Merkmal Homosexueller hielt.

Daniels Nette Dinge waren ein sonderbares Sammelsurium  – manche sahen aus wie antike Stücke, während andere ultramodern waren und vor Neuheit nur so glänzten.

»Die Uhr gefällt mir«, sagte ich und nahm sie von einer affenscheußlichen Anrichte, die aus seiner Erbmasse stammte. »So eine hätte ich auch gern. Woher hast du sie?«

»Äh, von Ruth.«

»Oh.« Dann sah ich etwas anderes, das mir gefiel. »Und woher hast du diesen wunderschönen Spiegel?« stieß ich hervor und ging hinüber, um den grünen Holzrahmen voll Begierde zu berühren.

»Hm, von Karen«, sagte er verlegen. Das erklärte den Stilmischmasch in Daniels Wohnung – all seine Frauenbekanntschaften waren darauf aus gewesen, der Einrichtung ihren Stempel aufzudrücken, nur hatte ersichtlich jede einen anderen Geschmack gehabt.

»Wundert mich, daß sie den nicht zurückverlangt hat«, sagte ich.

»Hat sie«, gestand Daniel.

»Und wieso ist er noch da?«

»Sie hat aufgelegt, nachdem sie gesagt hatte, daß sie ihn zurückhaben wollte. Danach hat sie nicht mehr mit mir gesprochen, und ich hab keine Ahnung, wann ich ihn ihr vorbeibringen soll.«

»Ich könnte ihn heute abend mit nach Hause nehmen«, schlug ich begeistert vor und sah ihn schon vor meinem inneren Auge in meinem Zimmer hängen. »Ach nein, das geht nicht... dann würde sie wissen, daß ich hier war, und das wäre ihr wohl nicht recht.«

»Du darfst doch hier sein...« sagte Daniel. Aber ich achtete nicht auf ihn. Ich wußte das vielleicht, aber Karen würde das mit Sicherheit anders sehen.

»Und jetzt wollen wir uns mal den wichtigsten Raum im Hause ansehen«, sagte ich und machte mich zum Schlafzimmer auf. »Was hast du da Neues gekauft?«

Ich warf mich auf Daniels Bett und hopste ein wenig auf und ab. »Und hier geht es also ab?« fragte ich.

»Ich weiß nicht, wovon du redest«, murmelte er. »Es sei denn, du sprichst vom Schlafen.«

»Was ist denn das?« fragte ich und zupfte an seiner Daunendecke. »Die sieht verdächtig nach Habitat aus – ich dachte immer, Bumsmaschinen wie du hätten Felldecken auf dem Bett.«

»Doch, natürlich, aber nur als Tagesdecke, und ich hab sie abgenommen, als du gesagt hast, daß du kommen würdest. Außerdem hab ich den Spiegel von der Decke abmontiert. Leider hat die Zeit nicht gereicht, die Videokamera abzuschalten.«

»Du bist widerlich«, sagte ich lässig. Er lächelte ein wenig.

»Das muß man sich mal vorstellen«, sagte ich und sah von seinem Bett zu ihm auf. »Ich bin in Daniel Watsons Bett, na ja, auf seinem Bett, und das muß auch genügen. Hunderte von Frauen beneiden mich darum. Auf jeden Fall zwei«, fügte ich hinzu und dachte an Karen und Charlotte.

Dann tat ich, was ich immer tat, wenn ich in Daniels Schlafzimmer war.

»Rate, wer ich bin«, sagte ich, wälzte mich auf seinem Bett herum und gab Laute gespielter Verzückung von mir. Ich wartete darauf, daß er lachte, wie er das sonst tat, aber es kam nichts.

»Hast du es erraten?« fragte ich.

»Nein.«

»Dennis«, sagte ich triumphierend.

Er lächelte matt. Vielleicht hatte ich es einmal zu viel vorgeführt.

»Und wer ist gegenwärtig dein Betthäschen?« fragte ich, das Thema wechselnd.

»Das brauchst du nicht zu wissen.«

»Gibt es eins?«

»Nicht unbedingt.«

»Was? Willst du etwa sagen, daß du seit über vier Stunden auf eine Frau scharf bist und es noch nicht geschafft hast, sie mit deinem keuschen und knabenhaften Charme zu verführen? Du läßt nach«, rief ich aus.

»Muß wohl so sein.« Er lächelte nicht wie sonst, sondern ging einfach aus dem Zimmer. Das beunruhigte mich, und so sprang ich auf und lief ihm nach.

»Wie kommt es eigentlich, daß deine Wohnung so sauber und aufgeräumt ist?« fragte ich voll Mißtrauen, als wir wieder im Wohnzimmer waren.

Ich schämte mich, denn unsere Wohnung sah, trotz zahlreicher Aufräum- und Putzpläne, die Charlotte, Karen und ich aufstellten, wie eine Müllkippe aus.

Stets begannen wir voll guter Vorsätze, aber nach einem oder zwei Tagen erlahmte unser Eifer, und wir sagten beispielsweise: »Charlotte, wenn du für mich das Badezimmer putzt, leih ich dir am Freitag abend mein Wildlederkleid für die Party, zu der du eingeladen bist.« Oder »Verzieh dich, Karen, ich hab geputzt... Ja, wie soll ich ein Scheuerkissen nehmen, wenn Charlotte sie alle verbraucht hat, um sich abzuschrubben, nachdem sie mit dem dämlichen Dänen geschlafen hatte... Was kann ich dazu, daß nicht alles runtergegangen ist, ich hab mir jedenfalls Mühe gegeben.« Oder »Ich weiß, daß wir Sonntagabend haben und wir alle auf dem Sofa liegen und fernsehen wollen und so entspannt sind, daß wir fast im Koma sind, aber ich muß jetzt leider Staub saugen und deswegen müßt ihr beide aufstehen. Außerdem müssen wir den Fernseher abschalten, weil ich die Steckdose brauch... He, schrei mich nicht an! Schrei mich bloß nicht an! Wenn es euch zu sehr stört, kann ich es ja lassen. Ich würde zwar gern Staub saugen, aber wenn ihr unbedingt meint, ich soll nicht...«

Was wir wirklich gebraucht hätten, wäre jemand gewesen, der für ein paar Stunden pro Woche gegen Bezahlung zum Putzen gekommen wäre, aber Karen stimmte den Vorschlag jedesmal nieder. »Warum sollen wir fremde Leute für was bezahlen, was wir ebensogut selbst machen können?« wollte sie wissen. »Wir sind jung und gesund und können das ohne weiteres.« Nur taten wir es nicht.

»Hältst du dir eine arme philippinische Sklavin, die von ihren Eltern schon in der Wiege verheiratet worden ist und der du einen Hungerlohn zahlst, damit sie dir die Hausarbeit macht?« fragte ich Daniel.

»Nein«, sagte er und war schwer beleidigt.

»Nicht mal eine von den Frauen, wie man sie in den Fernsehserien sieht, mit Kopftuch und Schürze, kaputtem Kreuz und roten Knien, die zum Staubsaugen, Teetrinken und Jammern kommt?«

»Nein«, sagte Daniel. »Ich mach alles selbst, wenn du es genau wissen willst.«

»Klar«, sagte ich ungläubig. »Ich möchte wetten, daß dir deine gegenwärtige Freundin, das arme Geschöpf, die Hemden bügeln und das Badezimmer putzen muß.«

»Nein.«

»Warum nicht?« wollte ich wissen. »Das täten die sicher gern. Wenn mir jemand anbieten würde, im Tausch gegen sexuelle Gefälligkeiten für mich zu bügeln, könnte ich das unmöglich ablehnen.«

»Lucy, ich bin gern bereit, im Tausch gegen sexuelle Gefälligkeiten für dich zu bügeln«, sagte Daniel mit todernstem Gesicht.

»Ich hab vielleicht vergessen zu sagen, jeder außer dir«, korrigierte ich mich.

»Aber Lucy, ich mach gern Hausarbeit«, sagte er.

Ich warf ihm einen empörten Blick zu. »Und du sagst, ich wäre komisch.«

»Ist doch gar nicht wahr«, sagte er und sah gekränkt drein.

»Nein?« fragte ich überrascht.

»Das müßtest du aber... Also ich zum Beispiel kann Hausarbeit nicht ausstehen. Ich stell mir die Hölle so vor, daß man die ganze Bügelwäsche für den Teufel erledigen muß. Und staubsaugen – das ist in meinen Augen die schlimmste aller Arbeiten im Haushalt. Ich bin davon überzeugt, wenn ich in die Hölle komm – und ich seh weit und breit nichts, was dagegen spricht –, muß ich sie jeden Tag von vorne bis hinten staubsaugen.« Ich fügte hinzu: »Mein Standpunkt ist: Staub bist du, und Staub sollst du bleiben.«

Daniel lachte. Gott sei Dank, dachte ich. Er war völlig gegen seine Gewohnheit die ganze Zeit hindurch ernst gewesen.

»Komm mal her«, sagte er und legte den Arm um mich. Eine leichte Furcht beschlich mich, dann aber merkte ich, daß er mich lediglich durch das Zimmer zum Sofa schob.

»Wolltest du nicht flach liegen?«

»Ja.«

»Das ist der ideale Ort dafür.«

»Und was ist mit der versprochenen Schokolade?« fragte ich, denn ich wollte mich nicht mit leeren Zusagen abspeisen lassen. Flach liegen ohne Schokolade ist nichts wert. Schokolade ist am besten, wenn man sie liegend genießt.

»Kommt sofort.« Er ging hinaus, um sie zu holen.

 

An jenem Tag Ende August schlug das Wetter um. Zwar war es nicht mehr drückend heiß, doch immer noch so warm, daß alle Fenster in Daniels Wohnzimmer offenstanden.

Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, wurde mit einem Mal aus der leichten Brise ein heftiger Wind, das Rascheln in den Blättern der Bäume lauter, der Himmel verfinsterte sich, und wir hörten das erste unheildrohende Grummeln eines näherziehenden Gewitters.

»War das Donner?« fragte ich hoffnungsvoll.

»Hat sich ganz so angehört.«

Ich rannte zum Fenster und lehnte mich hinaus. Der Wind trieb eine Chipstüte über den Bürgersteig, die wahrscheinlich den ganzen Sommer hindurch dagelegen hatte. Binnen Sekunden fing es an zu regnen, und die Welt hatte ein anderes Gesicht.

Straßen und Gärten waren nicht mehr gelblich, staubstumpf und trocken, sondern mit einem Mal von glänzendem Dunkelgrau, und das leuchtende Grün der Bäume hatte sich schlagartig in Schwärze verwandelt. Es war herrlich.

Die Luft war kühl und roch aromatisch nach Grün. Der Duft des nassen Grases stieg zu mir auf, während ich mich gefährlich weit hinauslehnte.

Von Zeit zu Zeit fielen mir so große Regentropfen auf das Gesicht, daß ich fast eine Gehirnerschütterung davon bekommen hätte.

Ich liebte Gewitter – nur bei Gewitter empfand ich inneren Frieden. Der ganze tobende Aufruhr schien mich zu beruhigen.

Offenbar lag das nicht nur daran, daß ich ein wenig sonderbar war – es gab dafür auch eine wissenschaftliche Erklärung. Bei einem Gewitter ist die Luft voller negativ geladener Ionen, und wenn ich auch nicht sicher bin, was das ist, so weiß ich, daß man sich in ihrer Anwesenheit gut fühlt. Nachdem ich dahintergekommen war, hatte ich mir sogar ein Ionisierungsgerät gekauft, um jederzeit selbst die Auswirkungen eines Gewitters erzeugen zu können. Aber die Ergebnisse waren nichts im Vergleich mit der Wirklichkeit.

Wieder grollte der Donner, es blitzte und bläulich-silbriges Licht erfüllte das Zimmer. In diesem kurzen Aufzucken wirkten Daniels Tisch, Stühle und andere Gegenstände wie aufgeschreckt, wie Menschen, die davon aufwachen, daß jemand unverhofft das Licht im Schlafzimmer einschaltet.

Der Regen stürzte herab, und ich konnte das Donnergrollen tief in meinem Inneren spüren.

»Ist das nicht sagenhaft?« sagte ich und wandte mich lächelnd zu Daniel um. Er stand etwa einen Meter von mir entfernt und sah mich reglos und mit sonderbarer Neugier an.

Sofort fühlte ich mich unbeholfen. Offensichtlich hielt er mich für verrückt, weil ich den Wolkenbruch genoß.

Dann hörte er auf, mich merkwürdig anzustarren und lächelte.

»Ich hatte ganz vergessen, daß du Regen schon immer gern hattest«, sagte er. »Du hast mir mal gesagt, wenn es regnet, hast du das Gefühl, daß dein Inneres zu deinem Äußeren paßt.«

»Tatsächlich?« Es war mir peinlich. »Kein Wunder, daß du meinst, ich bin reif für die Klapsmühle.«

»Stimmt doch gar nicht«, sagte er. Ich lächelte ihn an. Er lächelte ein wenig angestrengt zurück.

»Du bist erstaunlich«, sagte er. Das brachte mich völlig aus der Fassung.

Eine lange Pause trat ein. Ich suchte nach einem unbeschwerten und – für ihn oder mich – kränkenden Spruch, mit dem ich die Spannung verscheuchen konnte. Aber mir fiel nichts ein. Ich war verstummt. Ich war mir ziemlich sicher, daß er das ›erstaunlich‹ als Kompliment gemeint hatte, wußte aber nicht, wie ich darauf reagieren sollte.

»Komm vom Fenster weg«, sagte er schließlich. »Sonst erschlägt dich noch der Blitz.«

»Wenn das jedem passieren kann, kann es auch mir passieren«, sagte ich, und beide lachten wir betont herzlich. Allerdings hielten wir uns auch betont voneinander fern. Er schloß die Fenster, und das Toben des Gewitters wurde leiser.

Nach wie vor toste und grollte über uns der Donner. Es goß in Strömen, und schon um fünf Uhr nachmittags war der Himmel fast nachtschwarz. Nur, wenn ein Blitz aufleuchtete, wurde es im Zimmer einen Augenblick lang blendend hell. Wasser lief in Bächen an den Scheiben herunter.

»Das dürfte das Ende des Sommers sein«, sagte Daniel. Einen Augenblick lang war ich traurig. Ich hatte immer gewußt, daß er nicht endlos dauern und daß die Zeit weitergehen würde.

Außerdem mochte ich den Herbst. Es war die Jahreszeit für neue Stiefel.

Schließlich hatte das Gewitter ausgetobt, und der Regen fiel gleichmäßig, beruhigend, hypnotisierend, geradezu heimelig. Ich lag unter einer Daunendecke auf dem Sofa und genoß das Gefühl der Behaglichkeit, Sicherheit und Geborgenheit.

Ich las mein Buch und aß Schokolade.

Daniel saß im Sessel, knabberte Salzstangen, arbeitete die Sonntagszeitungen durch und verfolgte das Fernsehprogramm bei heruntergedrehtem Ton. Ich glaube, wir haben zwei Stunden lang kein Wort miteinander gewechselt.

Gelegentlich drehte ich mich seufzend um und sagte: »Ach, ist das herrlich« oder »Schäl mir noch ’ne Traube, Kopernikus«. Dabei lächelte Daniel zu mir her, aber das zählt wohl nicht als Konversation. Erst der Hunger zwang uns schließlich, miteinander zu sprechen.

»Daniel, ich muß dringend was essen.«

»Na weißt du...«

»Und sag mir nicht, daß ich den ganzen Nachmittag Schokolade gegessen hab und deswegen keinen Hunger haben kann.«

»Das hatte ich nicht vor.« Er wirkte überrascht. »Ich weiß, daß du für Kekse und Süßigkeiten einen getrennten Magen hast. Soll ich dich zum Essen ausführen?«

»Muß ich dazu vom Sofa aufstehen?«

»Aha, ich verstehe«, sagte er. »Möchtest du eine Pizza?«

»Mit Knoblauchbrot?« fragte ich hoffnungsvoll.

»Und Käse?« fragte er geschickt zurück.

Was für ein Mann!

Er zog in seiner Regalwand eine Schublade auf und nahm einen ganzen Stapel Reklame-Blättchen von Pizza-Lieferanten heraus.

»Sieh die durch und sag, was du haben möchtest.«

»Muß ich?«

»Nur, wenn du willst.«

»Und woher weiß ich dann, was es gibt?« Also las er mir alles vor.

»Dünner Boden oder dicker Boden?«

»Dünner Boden.«

»Normaler Teig oder Vollkornteig?«

»Normal!« Was für eine abscheuliche Vorstellung – Vollkorn!

»Klein, mittel oder groß?«

»Klein.« Er schwieg.

»Also von mir aus mittel.«

Sobald die Frage des Essens geklärt war, erstarb unser Gespräch wieder.

Wir sahen fern, aßen, sprachen kaum. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so glücklich gefühlt hatte.

Das allerdings hatte nicht viel zu bedeuten, denn schließlich hatte ich schon seit Wochen Selbstmordgedanken.

Im Verlauf des Abends klingelte das Telefon zweimal, doch als Daniel abnahm, wurde am anderen Ende aufgelegt. Vermutlich war es eine von den Hunderten seiner früheren Freundinnen. Das verursachte mir ein unbehagliches Gefühl, denn ich mußte daran denken, wie ich das mit Männern zu tun pflegte, die mir das Herz gebrochen hatten. Hätte ich Gus’ Nummer gewußt, ich hätte wahrscheinlich zehnmal am Tag bei ihm angerufen.

 

Später brachte mich Daniel nach Hause. Ich wollte, daß er mich an der Ampel aussteigen ließ. »Nein«, sagte er. »Du wirst ja klatschnaß.«

»Bitte, Daniel«, bat ich ihn. »Ich hab Angst, daß Karen dein Auto sieht.«

»Und was ist dagegen einzuwenden?«

»Sie wird mir das Leben zur Hölle machen.«

»Wir haben doch das Recht, uns zu treffen.«

»Möglich«, stimmte ich zu. »Aber ich muß mit ihr leben. Du wärest nicht so mutig, wenn sie mit in deiner Wohnung lebte.«

»Ich komm mit rein und nehm sie mir vor«, drohte er.

»Bloß nicht!« rief ich aus. »Das wäre entsetzlich.« Ein wenig ruhiger fügte ich hinzu: »Ich sprech mit ihr, das ist schon in Ordnung.«

Lucy Sullivan wird heiraten
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