16

Alexander stand inmitten eines Fußballplatzes, mit Saras Armen um sich, die ihn besitzergreifend festhielten. Dies war nicht der Ort, das Bild, das er sich vorgestellt hatte, als sie kurz zuvor aufgebrochen waren. Er suchte den Orden, hatte versucht, im Geiste ihr Bild heraufzubeschwören, aber es war nutzlos. Als er sich nun umsah, musste er zugeben, dass er keine Kontrolle darüber hatte, wohin er flog und wann. Der Orden hatte den Kontakt zu ihm hergestellt und manipulierte ihn, wie er es vermutet hatte.

Er spürte Saras zarten, anschmiegsamen Körper zittern. Vor Kälte, vor Verlangen, vor Angst? Er war sich nicht sicher, aber er zog sie näher an sich. Ja, er hatte geschworen, sie zu beschützen, aber etwas in ihm warnte ihn, dass auch er Schutz brauchte. Im Leuchtturm hatte sich eine Veränderung eingestellt – sein Leuchtturm, derjenige, der einst seine Rettung gewesen war, hatte ihn ins Leben zurückgeführt. Ein Schalter war umgelegt worden, als er Sara von ihrer Vergangenheit, von ihrem Schmerz sprechen hörte, als er sie auf seinen Schoß gezogen und ihr Körper so unmittelbar, so perfekt reagiert hatte. Das Verlangen danach, sie zu kennzeichnen, entsprang nicht dem verzweifelten Bedürfnis, sich von ihrem Blut zu nähren – das hätte er begreifen können, damit konnte er umgehen, daran war er gewöhnt.

Nein. Das Verlangen, das jetzt in ihm pulsierte, war etwas völlig anderes. Er wollte, dass sie ihn nährte, ihn mit etwas weitaus Größerem erfüllte, als Blut es war. Da trat sie zurück und sah mit ihren wunderschönen blaubeerfarbenen Augen zu ihm hoch. »Hast du eine Ahnung, wo wir sind, Vampir?«

Ja, dachte er, während sein Körper vor Leben, vor Verlangen pulsierte. Er steckte wirklich in der Klemme. Diese Frau beherrschte sein Herz, während der Orden seinen Geist beherrschte.

»In Schottland.« Er sah sich auf dem Platz um, der nicht wesentlich anders aussah als vor einhundert Jahren. »Auf dem Gelände der Creglock Academy.«

»Eine Schule?«

»Lucian war hier.«

»Ist es eine Vampir-Schule?«

»Nein. Eine knallharte Militärakademie für rebellische, gesetzesbrecherische Menschenkinder. Seine Mutter gab ihn hierher, als er ein Balas war, noch nicht einmal acht Jahre alt, und ging dann für immer davon. Es war ein Albtraum. Er war ein Vampir, so dass er langsamer vorankam als die anderen Kinder.«

Sara wirkte bestürzt. »Seine Mutter hat ihn mit dem Wissen in eine Menschenschule gegeben, dass er nicht wie die anderen Kinder vorankäme, und kehrte dann nie wieder zurück? Sie hat nicht einmal nach ihm gefragt?«

Alexander runzelte die Stirn. Es war wenig verwunderlich, dass Lucian allen Frauen misstraute. »Er zog von einer kleinen Vampir-Credenti außerhalb Glasgows hierher. Hier wurde er gebrochen und auch der letzte Rest Sanftheit eines jungen Menschen zerstört.«

»Seine Mutter scheint genau solch ein Glückstreffer gewesen zu sein wie deine.«

»Ja.«

»War es bei Nicholas genauso?«

»Nein. Nicholas’ Mutter hat ihn nie für seine Existenz bestraft. Er hat es für sie getan.« Alexander bemerkte, dass Sara ihn so besorgt ansah wie schon im Leuchtturm, und fragte: »Wie spät ist es?«

Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Halb zwei.«

»Mist. Ich muss meine Gedanken von allen und jedem abziehen und mich nur noch auf den Orden konzentrieren.« Alexander schloss die Augen und wehrte alle Bilder ab außer einem. Es war nur seine Wahrnehmung dieser Bilder, aber mehr brauchte er nicht.

Das vertraute Summen begann an seinen Füßen, schoss aufwärts, und sie wehten wie in einem Windstoß fort. Dieses Mal trafen sie auf Waldboden außerhalb einer Höhle auf, und es war warm. Sommer.

»Verdammt.« Dies war vor langer Zeit für ihn und seine Brüder ein Schlachtfeld gewesen. Hier hatten sie gelernt, einfache Waffen zu handhaben. Hier verlor sich die Spur von Alexanders Freund und Lehrer. Warum spielte der Orden dieses Spiel? Nur um ihn zu demütigen?

Ein Knurren baute sich tief in seiner Kehle auf. Sie würden auf ewig auf eine solche Gelegenheit warten müssen, und selbst wenn er schon Staub wäre, könnten sie sich weiterhin umsonst bemühen.

Sara hustete, trat von ihm fort zum Eingang der Höhle und setzte sich dort mit dem Rücken am Felsen hin. Sie wirkte blass, müde und in ihrer Schönheit doch so zerbrechlich. Er trat zu ihr und kniete sich neben sie. »Geht es dir gut?«

»Mir ist ein wenig übel.«

»Es tut mir leid. Ich habe nicht darüber nachgedacht, was die Bewegung durch Geisteskraft deinem Körper antun würde.«

»Ist schon in Ordnung. Es geht schon wieder. Ich war nur nie wirklich eine robuste Fliegerin.«

Er lächelte leicht.

Sie ließ den Kopf wieder an den kühlen Fels sinken und blickte ins Gebüsch hinaus. »Vielleicht liegt es an mir.«

»Was meinst du?«

»Vielleicht wollen sie dich nicht sehen, weil du mit mir zusammen bist.«

»Völliger Blödsinn.« Aber er hatte sich schon dasselbe gefragt. »Sie treiben zweifellos einfach ihr Spiel mit mir.« Bastarde. »Wenn sie mich so sehr wollen, dass sie meinen Körper vorzeitig der Umwandlung unterziehen konnten, dann werden sie mich auf jede Art nehmen, auf die sie mich kriegen können.«

»Umwandlung?«

»Die Zeit der Reife für einen Paven, einen reinblütigen männlichen Vampir.«

»Ist es das, was vor meinem Apartment geschehen ist? Das Sonnenlicht und die Brandmale auf deiner Haut?«

»Ja.«

»Warum haben sie das getan?«

»Ich weiß es nicht, aber ich werde es erfahren.« Ein lautes Krachen ertönte, wie Donner eine Meile am Himmel entlang. Alexander lief instinktiv auf Sara zu, aber ein unsichtbarer Haken erwischte sein Handgelenk und zog daran. Er griff in die Luft, aber es war sinnlos. Er wurde in einen Tunnel gesogen, sah nur noch Schwärze, und Sekunden später stand er auf Sand, und Sara war nirgendwo mehr zu sehen.

»Willkommen, Alexander, Sohn des Breeding Male

Alexander nahm Kampfhaltung ein, und sein Blick zuckte umher, um die Quelle der Stimme und eine Waffe zu finden, die er dagegen benutzen könnte. Eine Lage Sand peitschte vor ihm auf und sank dann so schnell wieder zu Boden, als hingen an jedem Sandkorn Gewichte.

Vor ihm, an einem langen Glastisch, der bemerkenswert an eine moderne Version des Letzten Abendmahls erinnerte, saßen die zehn Ältesten des Ordens. Sie entsprachen nicht im Geringsten seiner Vorstellung von ihnen als Balas: geisterhaft, jenseitig, papierdünn, aber dennoch zutiefst tödlich. Letzteres entsprach zweifellos der Wahrheit, aber die herrschenden zehn waren ebenso von fester Beschaffenheit und dreidimensional wie er selbst. Sie saßen in ihren Sesseln, die Hände auf dem Glastisch gefaltet, die Blicke auf ihn gerichtet. Sie alle trugen eine rote mönchsähnliche Robe, ein schwarzer Kreis, ein perfektes O, war um das jeweils linke Auge eingebrannt, und alle wiesen, bis auf drei Veanas, einen Vollbart auf.

»Wo ist sie?«, grollte Alexander drohend.

Ein Ordensmitglied, das hinten links saß, ein Paven mit funkelnden himmelblauen Augen und einem schwarzen Bart, der in einer perfekten Spitze endete, sprach zuerst. »Es geht ihr gut. Sie schläft. Sie wird nicht einmal merken, dass du fort bist.«

Alexanders Finger zuckten, als er sich vorstellte, wie er sie um den Hals jedes einzelnen Mitglieds des Ordens legen und zudrücken würde, bis ihre Augen ebenso deutlich hervorträten wie ihre Brandzeichen. »Ich hoffe, das stimmt, sonst haben wir ein ernsthaftes Problem.«

Der ältere Paven lächelte leicht und offenbarte dabei zwei ziegelrote Fänge – ein weiteres Zeichen dafür, dass er dem Orden angehörte, dass sein Hunger vollkommen gestillt worden war, dass sein langes Dasein mit Blut als Nahrung vorüber war. »Der Umwandler stimmt mit dir überein, Sohn des Breeding Male

»Wie habt ihr mich gefunden?«, knurrte Alexander.

»Durch die Menschenfrau, die du beinahe verschlungen hättest.«

»Unmöglich!«, brüllte Alexander. »Ich habe ihr nicht das Leben genommen.«

Die Tötung war neben der Umwandlung die einzige andere Möglichkeit, wie der Orden außerhalb der Credenti einen Unreinen oder einen Reinblütigen aufspüren konnte.

»Nein, aber der Unreine, der dich beobachtet und sich dann von dem Menschen genährt hat, nachdem du aufgehört hast – ihm ist es gelungen, ihr Herz nach weniger als einer Minute anzuhalten.« Der ältere Paven schnaubte. »Ein widerlicher kleiner Sacro-Bastard, aber seine Erinnerungen haben uns zu dir geführt.«

Alexanders Blick zuckte zu dem schwarzhaarigen Paven. So hatte ihn sein unkontrollierter Hunger zum Gefangenen gemacht. »Was wollt ihr?«

»Du bist zu lange vor uns davongelaufen. Es ist an der Zeit. Du und deine Brüder müsst unserer Art helfen.«

»Helfen?« Alexander stieß ein verbittertes Lachen aus. »Ihr fordert mich auf, denjenigen zu helfen, die mich gequält und gefoltert haben? Darum habt ihr mich vor der Zeit umgewandelt?«

»Du sprichst von einem oder zwei Mitgliedern der Credenti, nicht von der Ewigwährenden Art als Ganzes.«

»Ich spreche von euch.«

»Du bezichtigst den Orden der Folter? Hüte deine Zunge, Sohn des Breeding Male

Ein Knurren entrang sich Alexanders Kehle, und er warnte die Männer: »Bezeichnet mich noch ein einziges Mal mit diesem dreckigen Titel, und ihr werdet sehen, wie sehr ich umgewandelt wurde!«

Die Augen des Paven verengten sich, er hob eine Hand vor sein Gesicht und bereitete sich auf einen geistigen Kampf vor. Ein weiteres Mitglied des Ordens neben ihm, eine Veana mit tonfarbener Haut und hüftlangem, schneeweißen Haar, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas zu. Kurz darauf ließ der Paven die Hand sinken, aber sein Zorn auf Alexander blieb. »Es gibt in mehreren unserer Credenti Probleme«, sagte er angespannt. »Eine Unterwanderung. Unreine sind in unsere Gemeinschaften eingebrochen, haben mehrere unserer Veanas gefangen genommen, sie geschwängert und dann zu uns zurückgebracht. Glücklicherweise haben die meisten der Balas nicht einmal den ersten Monat der Schwangerschaft überlebt, aber die Gemeinschaften sorgen sich nun. Es ist die Rede davon, dass Familien davonlaufen, sich verbergen wollen.«

»Gut«, äußerte Alexander obenhin. Glaubte dieses Arschloch wirklich, es würde ihn kümmern, wenn Vampire die Credenti verließen? Zum Teufel, er war begeistert!

»Du hast vielleicht das Verlangen verspürt davonzulaufen«, fuhr der Paven fort, »aber für andere ist das Leben hier nicht qualvoll. Es geht um Familien, die auseinanderbrechen.«

»Vielleicht wollen sie nicht mehr unter eurer Kontrolle stehen. Ich weiß, dass es bei mir so war.«

»Sie sind friedliebende, leichtgläubige Vampire. Die meisten werden außerhalb ihrer Credenti nicht überleben können.«

»Sie werden zurechtkommen.«

Der ältere Paven wandte sich mit vor Zorn bebenden Nasenflügeln an die Übrigen und murmelte etwas in der alten Sprache. Alexander konnte es nicht verstehen, aber er vermutete, dass es etwas mit seiner herausfordernden Haltung zu tun hatte. Das gefiel ihm.

Als sich der Paven ihm wieder zuwandte, blitzten seine fahlblauen Augen vor Wut. »Du wirst uns helfen. Du wirst deinen Part in diesem Krieg übernehmen, in dem wir uns befinden.«

»Wie? Indem ich die Credenti beschütze?«, unterbrach Alexander ihn düster.

»In gewisser Weise.«

Alexander knurrte. »Auf keinen Fall.«

Der Paven sprang auf und wurde, während Alexander hinsah, immer größer, bis er doppelt so groß war wie er. »Dein anmaßender Ton wird dein Todesurteil sein«, brüllte er. »Hüte gegenüber dem Orden deine Zunge.«

Alexander stolzierte auf ihn zu und blieb weniger als einen Meter vom Tisch entfernt stehen. »Ich werde den Orden so ansprechen, wie es mir beliebt. Ihr wollt etwas von mir.«

»In der Tat«, erwiderte das Veana-Mitglied des Ordens mit der glatten, tonfarbenen Haut sanft. »Bitte setz dich«, sagte sie zu dem Paven neben ihr. »Wir sollten nicht nur zweckdienlich, sondern auch wohlüberlegt handeln.« Sie wandte sich Alexander zu und neigte den Kopf. »Es ist der Mischling Ethan Dare, der die Unreinen anführt und ihnen befiehlt, unsere Reinblütigen zu entführen und mit ihnen zu schlafen.«

Alexander wandte seine Aufmerksamkeit der Veana zu, obwohl er sich Cruens bewusst blieb. »Warum?«

»Wir glauben, dass es sein Ziel ist, alle Reinblütigen auszulöschen und den Eternal Breed in eine Rasse von Unreinen zu verwandeln. Er will uns entehren.«

Alexander lachte leise. Als wäre die Ewigwährende Art nicht bereits entehrt. Es kümmerte ihn, ehrlich gesagt, keinen Deut, ob ein Vampir reinblütig war oder nicht, und nach all den Jahren, in denen der Orden seine unreinen Bürger wie unerwünschte Peinlichkeiten behandelt hatte, war ein Aufruhr keine große Überraschung. Wenn die Geschichte, die sie ihm aufgetischt hatten, andererseits stimmte und Frauen gegen ihren Willen entführt und entehrt wurden, musste schnell und tödlich gehandelt werden. »Was soll ich, eurer Meinung nach, dagegen tun?«

Nun sprach Cruen, der sich wieder hingesetzt hatte, sein bleiches Gesicht eine Maske der Gleichgültigkeit. »Wir wissen, wo du und deine Brüder hingegangen sind, nachdem ihr uns verlassen hattet. Wir wissen von deinem im Kampf erworbenen Können. Von dem, was du erreicht hast.« Er wölbte eine schwarze Augenbraue. »Wir wollen, dass du dieses Können einsetzt, um unseren neuen Feind zu vernichten.«

»Ihr wollt, dass ich Dare töte«, sagte Alexander.

Cruen nickte, und danach auch alle anderen Mitglieder des Ordens.

»Und wenn ich mich weigere?«

»Dann wird der zweite Roman-Bruder hierhergeholt.«

Alexanders Blick zuckte zu Cruen, der ihn beobachtete, die Mundwinkel zu einem leisen Lächeln verzogen, als wüsste er genau, was Alexander dachte. Es war klar. Verdammt kristallklar. Wenn er nicht kooperierte, sich dem Befehl des Ordens nicht beugte, dann würde Nicholas als Nächster umgewandelt. Gefolgt von Lucian.

Alexander reckte das Kinn. »Hat Dare getötet?«

»Ja.«

»Dann ergreift ihn. Beendet sein Leben.«

»Das haben wir versucht«, erklärte die weißhaarige Veana. »Aber wir können ihn nicht länger als wenige Sekunden halten. Es ist unmöglich, und doch …« Sie blickte zu Cruen hoch, der Alexander gelassen ansah.

Alexander hätte in diesem Moment am liebsten einem jeden von ihnen empfohlen, sich zu verpissen, weil er bereits betrogen worden war, denn er wurde bereits umgewandelt. Aber er musste an Nicholas und Lucian denken.

Er biss die Zähne zusammen, so dass jäher Schmerz durch sein Kiefer schoss. »Ich werde Ethan Dare finden und töten, aber ich fordere von euch einen Blutschwur, dass der Orden die Roman-Brüder danach vergessen wird. Nicholas und Lucian werden erst zur gegebenen Zeit umgewandelt.«

Cruens babyblaue Augen flackerten auf. »Bring uns seine Leiche, und wir werden den Schwur leisten.«

»Gut«, sagte Alexander. »Und jetzt will ich nichts wie weg hier.«

Er spürte erneut den Zug wie von einem Haken und sah wieder den Tunnel in die Dunkelheit. Aber bevor die Welt für ihn vollständig schwarz wurde, blieb sein Blick noch an einem weiteren Mitglied des Ordens haften, an jemandem, auf den er bisher nicht weiter geachtet hatte, der ihm aber, obwohl er weitgehend von einer Kapuze bedeckt war, seltsam vertraut vorkam. Der Moment verblasste sofort, und als er wieder Licht sah, war er zurück in den Wäldern, vor der Höhle, und Sara schlief auf einem Grasflecken in der Nähe des Eingangs.

Sie wirkte so weich, so zerbrechlich, und doch hatte er das Feuer erlebt, das unter ihrer hellen Haut loderte, hatte es gerochen und sich gewünscht, dass es mit dem Blut flösse, das in seinen Adern lief.

Er wusste, er sollte sie wecken und das Gebiet sofort verlassen, aber stattdessen legte er sich hinter sie und schlang seine Arme um sie. Die Wärme, die sie ihm spendete, tröstete ihn. Er hörte, wie das Blut sich in ihren Adern bewegte, hörte den Atem in gleichförmigem Rhythmus in ihre Lunge ein- und ausströmen. Er schloss die Augen, barg sein Gesicht in ihrem Haar und sehnte sich verzweifelt nach dem Trost, dem er sich zuvor verweigert hatte, so dass er mit steifem Schwanz und einer trockenen Kehle zurückgeblieben war.

Sie regte sich, hob die Schultern und wölbte den Rücken durch. Kurz darauf wandte sie sich in seinen Armen um. »He …«

»He.« Er hatte dunkelblaue Augen noch nie als so sanft, so zärtlich empfunden. Er wollte genau so bleiben, seine Hände um ihre Hüften gelegt und an sie geschmiegt, und sie wissen lassen, dass er ihren Körper nicht länger vor seinem beschützen konnte.

»Tut mir leid, dass ich eingeschlafen bin«, sagte sie und rieb sich die Augen.

»Das muss es nicht.«

»Ich bin startklar.« Als sie sich aufsetzte, tat er es ihr gleich.

»Es ist geschehen, Sara. Ich habe sie getroffen.«

»Was?«

»Ich habe mit dem Orden gesprochen.«

»Aber wie …«

»Sie haben mich geholt – mit Hilfe der Geisteskraft.«

Es brauchte einen Moment, bis Sara das verdaut hatte, und dann fragte sie: »Was wollen sie?«

»Was sie schon seit einhundert Jahren wollen«, antwortete er verbittert. »Mich und meine Brüder kontrollieren.« Er erhob sich und griff nach ihrer Hand. »Komm, lass uns aufbrechen. Wir müssen nach Hause.«

Sie nahm seine Hand und ließ sich von ihm hochziehen, was er auch tat – direkt in seine Arme. »Dieses Mal das richtige Zuhause? SoHo?«

Er lächelte. »Ja.«

»Ich muss morgen früh arbeiten.«

»Ich weiß.«

»Du …«

»Mach dir um mich keine Sorgen. Mir missfällt der Gedanke, dich nicht mehr in meiner Nähe zu haben, aber ich werde dich nicht aufhalten.«

Nun begann ein Kampf, der Kampf mit sich selbst, mit der Ankunft seiner reinblütigen Frau, mit seiner wahren Gefährtin, mit dem Orden und mit einem unbekannten Mörder namens Ethan Dare. Er hatte keine Ahnung, wo das enden würde, aber er war sich der Tatsache bewusst, dass die Zeit der Selbstbestimmung nach einhundert Jahren der Freiheit vorbei war.

Sara schlang die Arme um seinen Hals, und Alexander hob ab, der Zustand der Umwandlung nun so tief in ihm verwurzelt, dass nur ein rascher Gedanke nötig war.