16

Als Inez erwachte, nahm sie eine Geräuschkulisse wahr, die sich nach Sex anhörte, Stöhnen, Keuchen und Seufzen.... Dann erst wurde ihr klar, dass sie selbst diese Geräusche verursachte, und das geschah eindeutig nicht aus Lust und Freude. Sie kniff den Mund zu und versuchte die Augen zu öffnen. Die gute Neuigkeit war, dass sie immer noch die Kontrolle über sich besaß, die sie unmittelbar vor dem mörderischen Sturz zurückerlangt hatte. Die schlechte Neuigkeit war, dass sie am Fuß einer Steintreppe lag und jede Region ihres Körpers sie mit Schmerzen bombardierte: das Bein, ihr Rücken, ihr Magen, der Kopf, ein Arm....

Sie biss die Zähne zusammen, um den Schmerz zu unterdrücken, und hob den Kopf ein Stück weit an, um sich selbst zu betrachten. Viel konnte sie nicht erkennen, da sich alles vor ihren Augen zu drehen begann und sie den Kopf wieder sinken ließ. Was sie gesehen hatte, genügte ihr. Sie lag auf dem Rücken, ein Unterschenkel wies einen völlig unnatürlichen Winkel auf, die linke Schulter war wohl gebrochen oder ausgekugelt, eine Verletzung im Bauchbereich blutete stark, und als sie ihren Kopf bewegt hatte, war ihr aus einer Platzwunde am Schädel warmes Blut übers Gesicht gelaufen. Oh ja, sie hatte einiges abbekommen.

Ein wütendes Knurren ließ sie aufhorchen, und sie drehte den Kopf vorsichtig zur Seite, bis sie sehen konnte, wie Rachel nur ein paar Meter entfernt mit dem blonden Unsterblichen kämpfte. Dabei wurde ihr klar, dass nicht nur sie bei dem Sturz verletzt worden war, da der Blonde nur mit einem Arm kämpfen konnte, weil der andere schlaff herabhing. Rachel nutzte jede Gelegenheit, diesen Arm mit Fausthieben und Tritten zu traktieren.

Sobald der Mann vor Schmerzen aufschrie und sich den Arm hielt, änderte Rachel ihre Taktik und attackierte seinen Kopf oder die Lendengegend. Inez war zutiefst beeindruckt und fragte sich, ob die Frau wohl einen Selbstverteidigungskurs absolviert hatte.

Plötzlich war ein wutentbrannter Aufschrei zu hören, der Inez stutzen ließ, da ihr nicht aufgefallen war, dass der blonde Unsterbliche den Mund aufgemacht hatte. Sie war sich zudem sicher, dass auch Rachel nicht als Verursacherin infrage kam, denn es hatte sich ohne jeden Zweifel um den Schrei eines Mannes gehandelt.... oder vielleicht war es auch nur das Dröhnen eines vorbeifahrenden Lastwagens gewesen, überlegte Inez und richtete ihren trägen Blick auf die Straße.

Ein Gefühl der Überraschung überkam sie, als sie am Kopf der Steintreppe Thomas stehen sah, dessen Augen in der Dunkelheit silbern leuchteten. Sie hoffte, dass der Mann nicht glaubte, sie sei in ihrer Verfassung zum Sex mit ihm bereit. Oh ja, sie liebte ihn von ganzem Herzen, aber das hier war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für dieses erotische silberne Leuchten, das immer in seine Augen trat, wenn er in Stimmung war. Das Denken fiel ihr schwerer, zudem hatte sie das Gefühl, seit dem Sturz nicht ganz klar im Kopf zu sein. Doch ihre sich verschlechternde geistige Verfassung schien etwas damit zu tun zu haben, dass sie aus etlichen Wunden blutete.

Der wütende Aufschrei, der sich mit einem Mal seiner Kehle entrang, traf Thomas völlig unvorbereitet. Er bahnte sich seinen Weg explosionsartig nach draußen, als er Inez blutverschmiert und mit gebrochenen Knochen am Fuß der Treppe liegen sah. Im nächsten Moment stürmte er die Stufen hinab und wurde mit jedem Schritt noch etwas schneller, bis er die letzten beiden Stufen einfach übersprang und neben Inez landete.

Er nahm wahr, wie Bastien und Etienne an ihm vorbeirannten, um den blonden Unsterblichen zu fassen zu bekommen, aber er wusste, sie würden ihn nicht einholen können. Sein Schrei hatte ihn und Rachel dazu veranlasst, in seine Richtung zu sehen, und als Thomas weiterlief, da versetzte der bärtige Blonde Rachel einen Stoß, der sie rücklings zu Boden schickte, und rannte davon. Damit hatte er den Vorsprung herausgeholt, den er brauchte, um seinen Verfolgern zu entwischen.

Thomas kniete sich neben Inez und verschaffte sich einen raschen Überblick über das Ausmaß ihrer Verletzungen. Er schob die Arme unter sie und drückte sie behutsam an seine Brust, hielt aber inne, als sie vor Schmerzen aufstöhnte. Sein Herz setzte einen Moment lang aus, da er fürchtete, sie könne tot sein. Daher waren ihre Laute des Schmerzes Musik in seinen Ohren, auch wenn sie noch so qualvoll klangen.

„Inez”, flüsterte er zärtlich und kniff seine Augen zu, um nicht die Freudentränen zu vergießen, die ihm plötzlich vor Erleichterung kamen. „Es ist alles in Ordnung, meine Liebe. Es ist alles wieder gut.”

„Nein”, murmelte sie. „Keinen Sex, Thomas. Ich habe Schmerzen.”

„Sie fantasiert.”

Thomas sah Terri neben sich stehen, die Inez mit sorgenvoller Miene betrachtete. Die anderen kamen ebenfalls zu ihnen und scharten sich um sie. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er seine Cousins und setzte zu einem Wutausbruch an, als er etwas bemerkte, das ihn in Aufregung versetzte.

„Ihr Herzschlag wird langsamer”, rief er entsetzt. „Leg sie auf den Boden, Thomas”, forderte Bastien ihn auf und kniete sich ebenfalls hin.

Am liebsten hätte sich Thomas auf ihn gestürzt, um auf ihn einzuprügeln, doch er wollte dafür nicht Inez loslassen. Bevor er ihn jedoch zumindest mit Worten zum Teufel jagen konnte, sagte Bastien: „Ich weiß, du wirst mich im Augenblick vermutlich hassen, Thomas, aber du kannst mich nicht so sehr hassen, wie ich mich selbst hasse. Und jetzt leg sie auf den Boden, damit Rachel sie untersuchen kann. Wenn wir sie retten wollen, wirst du womöglich sofort mit der Wandlung beginnen müssen.”

Einen Moment lang zögerte er, dann ließ er sie langsam auf den Asphalt sinken. Rachel kniete auf der anderen Seite nieder. Zwar arbeitete sie im Leichenschauhaus, aber sie war Ärztin, und das sah man sofort daran, wie sie Inez abtastete und untersuchte. Dabei murmelte sie: „Beinbruch, gebrochenes Schlüsselbein, Rippenbrüche, Schädelfraktur.... Sie hat viel Blut verloren.... zu viel Blut.” Sie warf Thomas einen ernsten Blick zu. „Du musst sie jetzt wandeln.”

„Kann das nicht warten, bis wir zurück im Haus sind?”, fragte Terri besorgt.

„Bis dahin wird sie nicht überleben”, entgegnete Rachel.

Sofort hob Thomas seinen Arm, um sich ins Handgelenk zu beißen, doch bevor er dazu kam, hielt ihm jemand ein aufgeklapptes Taschenmesser hin.

Es war Etiennes Messer, dem Thomas ein leises „Danke” zuraunte. Dann setzte er die Klinge an und schnitt sich auf eine Länge von zehn Zentimetern den Unterarm auf. Er ignorierte den Schmerz, der bis zur Schulter ausstrahlte, beugte sich vor und hielt erst inne, als er sah, dass Inez’ Mund geschlossen war.

Mit einem geübten Griff drückte Rachel ihr die Kiefer auseinander, dann hielt Thomas sein Handgelenk an ihre Lippen.

„Hey, ist da unten alles in Ordnung?”

Thomas reagierte nicht auf die Frage, sondern überließ es den anderen, sich darum zu kümmern. Beiläufig nahm er wahr, dass Etienne aufstand und die Treppe hinaufging. Er selbst hob den Arm und verzog das Gesicht, als er sah, dass die Nanos bereits ganze Arbeit geleistet und die Blutung gestoppt hatten.

„Hat sie genug bekommen?”, wollte Rachel wissen.

Thomas sah zu Bastien, der sichtlich zögerte, diese Frage zu beantworten, was nichts Gutes verhieß. „Was ist los?”

„Sie hat wahrscheinlich genug bekommen, um die Wandlung auszulösen”, sagte Bastien bedächtig.

„Aber?”, hakte Thomas nach.

„Aber wenn ihr Zustand so ernst ist, wie Rachel gesagt hat, dann wird sie vielleicht nicht lange genug überleben, um ihrem Körper die Zeit zu geben, die nötig ist, um alle Schäden zu beheben und die Wandlung abzuschließen”, erklärte er und fügte hastig hinzu: „Ich habe allerdings gehört, je mehr Blut ein Unsterblicher spendet, umso schneller verläuft die Heilung und umso größer sind die Chancen, dass ein schwer verletzter Sterblicher die Wandlung überlebt.” Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da schnitt sich Thomas abermals in den Arm. Das Ganze ergab durchaus einen Sinn, denn je mehr Nanos in ihren Körper gelangten, umso schneller konnten die ihre Arbeit erledigen, die in diesem Fall tatsächlich einen Wettlauf mit der Zeit darstellte. Schließlich wurde Inez’ Herzschlag immer noch langsamer und langsamer.

Insgesamt sechsmal schnitt er sich den Arm auf, bevor die anderen ihn davon überzeugen konnten, dass Inez genug Blut von ihm bekommen hatte. Er nahm sie in die Arme und versuchte aufzustehen, doch sein Herz machte einen ängstlichen Satz, als er hin und her schwankte und Inez ihm fast noch aus den Armen gerutscht wäre.

„Ich trage sie, Thomas”, sagte Bastien leise, aber bestimmt.

Thomas warf ihm einen finsteren Blick zu, doch ihm blieb gar keine andere Wahl. Er war sich ja nicht einmal sicher, ob er selbst es ohne fremde Hilfe zurück in ihre Unterkunft schaffen würde. Auf keinen Fall war er in der Lage, Inez so weit zu tragen. Widerstrebend ließ er Bastien gewähren und taumelte hinter ihm her, als der sich mit Inez in seinen Armen auf den Weg machte. Nach wenigen Schritten musste Thomas stehen bleiben, da sich alles um ihn zu drehen schien.

„Lass mich dir helfen.” Etienne fasste ihn unter den Armen, um ihn zu stützen. „Wir schaffen euch beide in unsere Unterkunft, und dann bekommt ihr euer Blut. Du hast ihr viel gespendet, du dürftest bereits Schmerzen haben.”

Die Schmerzen verspürte er tatsächlich, aber er äußerte sich nicht dazu, weil er sich zu sehr darauf konzentrieren musste, sich auf den Beinen zu halten.

Die Strecke zurück zu ihrer Unterkunft war der längste Weg seines Lebens. Er fühlte sich benommen, und der Blutverlust bereitete ihm erhebliche Schmerzen. Zudem war er wütend darauf, dass genau die Leute, die ihm nun zu helfen versuchten, die Schuld daran trugen, dass Inez überhaupt erst in diese Lage geraten war. Und zu allem Überfluss war er auch noch in Sorge um sie, weil sie schon bald schlimmste Quallen erleiden würde.

Quallen, die schon jetzt einsetzten, weil sie so viel Blut von ihm bekommen hatte. Einerseits war die große Menge von seinem Blut gut gewesen, weil so die Verletzungen schneller heilten, andererseits jedoch wurde dadurch auch das Einsetzen ihrer Wandlung beschleunigt. Inez stöhnte bereits, und sie schlug mit den Armen um sich, als sie auf das letzte Stück zu ihrer Unterkunft einbogen.

Terri eilte voraus und schloss auf, doch als sie die Tür öffnete, war im Haus alles hell erleuchtet. Sie stieß einen überraschten Ausruf aus, dessen Grund Thomas erst dann klar wurde, als Etienne ihm nach drinnen half und er Lucern und Kate im Flur stehen sah, während Vincent mit seiner Lebensgefährtin Jackie soeben aus dem Wohnzimmer kam. Thomas sah sie an, konnte aber kein Interesse an ihrer Gegenwart aufbringen. Dafür waren die Schmerzen viel zu stark, da die Nanos in seinem Körper sich zu reproduzieren versuchten, dafür aber das wenige noch vorhandene Blut benötigten. Sie hatten längst den Blutkreislauf verlassen und suchten anderswo nach Blut. Doch sosehr er darunter auch litt, bemerkte er dennoch, dass Bastien Inez ins Wohnzimmer tragen wollte, woraufhin er seine letzten Kraftreserven anzapfte und ihn anknurrte: „Nach oben. In unser Zimmer.”

Bastien widersprach ihm nicht, sondern drehte sich zur Treppe um, wobei er Terri bat, eine der Kühltaschen in den ersten Stock zu bringen. Etienne ging mit Thomas ebenfalls auf die Treppe zu, doch bevor sie sie erreichten, wurde er von einem so heftigen Schmerz erfasst, dass seine Beine unter ihm wegknickten. Ob Etienne ihn noch auffangen konnte, erfuhr er nicht mehr, da er während des Sturzes bewusstlos wurde. Als er wieder erwachte, lag er auf einem der zwei Einzelbetten in ihrem Zimmer. Ein zur Hälfte geleerter Blutbeutel hing an seinen Zähnen, und Etienne und Terri standen über ihn gebeugt und sahen ihn mit sorgenvoller Miene an.

Terri reagierte erleichtert, als er die Augen aufschlug, wohingegen Etienne nur noch besorgter dreinblickte, sich wegdrehte und rief: „Er kommt wieder zu Bewusstsein.”

Thomas sah, dass Etienne die Lippen bewegte, und wunderte sich, wieso er ihn so schwer verstehen konnte. Erst dann bemerkte er den hohen, gellenden Schrei, der durch das Zimmer hallte. Ruckartig drehte er den Kopf herum und sah Inez, die sich auf dem anderen Bett hin und her warf, während Rachel und Bastien sie festzuhalten versuchten.

Ohne auf den eigenen Schmerz zu achten, riss sich Thomas den Beutel vom Mund, sodass das Blut aus den beiden Löchern spritzte, die seine Zähne in den Kunststoff gebohrt hatten. Doch davon nahm Thomas ebenfalls keine Notiz, stattdessen versuchte er aufzustehen, um zu Inez zu gelangen.

„Verdammt!” Etienne fasste ihn an den Schultern und drückte ihn mühelos zurück aufs Bett, während Terri den Beutel an sich nahm, ihn in ein Handtuch wickelte und zur Tür eilte.

„Bleib liegen”, wies Etienne ihn an. „Du brauchst erst mehr Blut. Ihr kannst du nicht helfen, solange du nicht selbst wieder bei Kräften bist. Bastien und Rachel kümmern sich um sie.”

„Und warum haben sie ihr noch keine Medikamente gegeben?”, knurrte Thomas, der sich gezwungen sah, den Kampf gegen Etienne aufzugeben. Der benötigte nur eine Hand, um ihn weiter aufs Bett zu drücken, und selbst das bewältigte er mit minimalem Kraftaufwand.

„Die Medikamente sind in der anderen Kühlbox. Lucern holt sie gerade”, erklärte er und fügte hinzu: „Wir haben euch beide gerade erst nach hier oben gebracht. Das war dein erster Beutel.”

„Hier.” Marguerites ältester Sohn Lucern kam ins Zimmer geeilt, Kate war dicht hinter ihm. Im Gehen wühlte er in der Box, und als er bei Bastien stehen blieb, drückte er ihm eine Ampulle und eine Spritze in die Hand.

Bastien hatte dafür Inez loslassen müssen, woraufhin die mit ihrem unversehrten Arm so heftig zu fuchteln begann, dass sie Bastien ins Gesicht schlug, der daraufhin rückwärts vom Bett fiel. Thomas lächelte bei diesem Anblick, denn es war genau das, was er selbst mit ihm hatte machen wollen, als sie Inez am Fuß der Treppe liegend vorgefunden hatten. Es tat ihm im Herzen gut, dass Inez das jetzt für ihn nachgeholt hatte.

„Bastien!” Kate lief um Lucern herum, um sich neben ihm hinzuknien. Von irgendwoher tauchten auf einmal Vincent und Jackie auf, auch wenn Thomas nicht zu sagen vermochte, woher sie gekommen waren. Bis gerade eben waren sie ihm nicht aufgefallen, und jetzt standen sie plötzlich neben dem Bett und halfen Rachel dabei, Inez festzuhalten. Das Zusammenspiel von Nanos und Schmerzen verlieh ihr ungeheure Kräfte, sodass die anderen sogar zu dritt Schwierigkeiten hatten, sie aufs Bett zu drücken.

„Gebt ihr die verdammten Medikamente!”, brüllte Thomas. Zumindest versuchte er zu brüllen, aber seine Stimme besaß nicht die gewohnte Kraft. Er musste tatsächlich noch viel mehr Blut trinken.

Auf einmal tauchte Bastien auf der anderen Seite des Betts auf, dem er sich auf allen vieren näherte. Seine gebrochene, blutende Nase ignorierte er für den Augenblick, stattdessen zog er die Spritze mit der Flüssigkeit aus der Ampulle auf, die er dann in Inez’ Ader injizierte, während Vincent ihren Arm so hielt, dass sie ihn nicht wegziehen konnte.

Alle beobachteten sie aufmerksam Inez, die fast augenblicklich deutlich ruhiger wurde. Sie schlug nicht weiter mit den Armen um sich, sondern wand sich nur noch auf dem Bett, und aus ihren Schreien wurde lautes Stöhnen. Endlich hörte sie ganz auf, sich zu bewegen, und wurde leise. Erleichtert atmeten alle Anwesenden durch und drehten sich dann zu Thomas um.

Etienne brach als Erster das Schweigen. „Mund auf, sagte er und drückte ihm einen frischen Beutel gegen die Zähne.

„Nun denn”, meinte Vincent ironisch. „Möchte uns jemand erzählen, wer diese junge Frau ist und was sich hier eigentlich zugetragen hat?”

Bastien ließ geschlagen die Schultern sinken und berichtete von den Ereignissen des gestrigen Abends.

„Ihr habt Thomas’ Lebensgefährtin als Köder benutzt?”, fragte Lucern entsetzt, als er alles gehört hatte. „Seine Lebensgefährtin? Als sie noch eine Sterbliche war?”

Thomas schloss die Augen aus Dankbarkeit für Lucerns Reaktion, da er sich in seiner Entrüstung bestätigt fühlte. Eine Lebensgefährtin war etwas genauso Wertvolles wie ein Unsterblicher. Sterbliche konnten sich scheiden lassen und wieder heiraten, so oft sie wollten, aber ein Unsterblicher fand nur einmal, in ganz seltenen Fällen auch ein zweites Mal, in seinem Dasein eine Lebensgefährtin. Und für einen Unsterblichen stellte dieses Dasein eine verdammt lange Zeit dar.

„Mein Gott, Bastien. Was hast du dir dabei gedacht?” Lucern fuhr sich ungläubig durchs Haar. „Ich hätte dich dafür umgebracht, wenn du auch nur auf die Idee gekommen wärst, so was mit Kate zu machen. Und ich weiß genau, du hättest Terris Leben niemals so aufs Spiel gesetzt.”

„Ich habe einen Fehler gemacht”, gab Bastien betrübt zu. „Ich war so in Sorge um Mutter.... und ich dachte, ich könnte Inez’ Sicherheit garantieren. Ich war davon überzeugt, jede Eventualität berücksichtigt zu haben.”

„Wir waren davon überzeugt”, ließ Etienne verlauten, der entschlossen war, Bastien das Ganze nicht allein ausbaden zu lassen.

Lucern warf ihm einen abfälligen Blick zu und wandte sich dann von ihm ab. Thomas sah, wie Etienne die Fäuste ballte, und mit einem Mal wurde ihm klar, dass er nicht der Einzige war, der von den beiden älteren Argeneau-Brüdern wie ein kleiner, dummer Junge behandelt wurde. Seine Wut auf Etienne ließ ein wenig nach und wurde durch Mitgefühl ersetzt. Sie saßen beide im selben Boot, dachte er und sah zu seinem älteren Cousin, als Lucern durch den schmalen Gang zwischen den beiden Betten ging. Der Mann sah die nun zur Ruhe gekommene Inez an, betrachtete ihre erlittenen Verletzungen und wandte sich dann zu Thomas um.

„Wie zornig bist du?”, fragte er. Als die Frage seine Wut wieder hochkochen ließ, konnte er nicht anders als die Zähne zusammenzubeißen, woraufhin der Blutbeutel zerplatzte und das Blut in alle Richtungen spritzte. „Ich denke, das beantwortet meine Frage”, sagte Lucern sarkastisch und wischte sich das Blut aus dem Gesicht.

Terri lief abermals aus dem Zimmer, um weitere Handtücher herbeizuschaffen. Thomas zog den aufgeplatzten Beutel von den Zähnen und wollte sich wieder aufsetzen, diesmal von dem dringenden Wunsch erfüllt, seine Hände um Bastiens Hals zu legen.

„Ganz ruhig, Tiger”, meinte Lucern und drückte ihn zurück aufs Bett. „Du bist noch nicht wieder ausreichend bei Kräften, um dich mit Bastien anzulegen. Und abgesehen davon würde Mutter es dir nie verzeihen, wenn du ihn umbringst.”

Sofort presste Etienne ihm einen neuen Blutbeutel auf den Mund, während Terri mit einem Stapel Handtücher zurückkehrte. Etienne und Lucern nahmen je eins, um sich das Blut abzuwischen. „Ich ziehe mich besser um”, murmelte Etienne, stand auf und verließ das Zimmer.

Im nächsten Moment setzte sich Lucern zu Thomas auf die Bettkante. „Du musst ein wenig Nachsicht üben, Thomas. Bastien ist ein Planer. Das hat er sich so angewöhnt, weil er bereits seit so langer Zeit die Firma führt. Ich bezweifle nicht, dass er alle Möglichkeiten in Erwägung gezogen und die Risiken bewertet hat. Er hat wirklich geglaubt, alle Faktoren berücksichtigt zu haben. Er hätte diesen Plan ganz sicher nicht in die Tat umgesetzt, wenn er gedacht hätte, dass irgendeine echte Gefahr für deine Lebensgefährtin besteht.” Eine Weile schwieg er, um Thomas Zeit zu geben, über seine Worte nachzudenken, dann fügte er hinzu: „Und es hätte keine Gefahr bestanden, wenn alle Beteiligten weiterhin wachsam gewesen wären. Denn das ist immer der gefährlichste Moment. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele hervorragende Krieger ich habe sterben sehen, nachdem eine Schlacht geschlagen war. Sie wurden unaufmerksam, sie entspannten sich, und Peng, ein für viel schwerer verletzt gehaltener Gegner bäumte sich plötzlich auf und tötete sie.”

Thomas sah ihn nur an und lauschte Lucerns Worten. Lucern war eigentlich kein gesprächiger Typ, und das hier war das erste Mal, dass er von ihm gleich mehrere längere Sätze am Stück zu hören bekommen hatte. Der Unsterbliche war über sechshundert Jahre alt. Als junger Mann war er ein Krieger gewesen, der mit dem Breitschwert kämpfte, und er besaß noch jetzt die Statur, um eine solche Waffe führen zu können. Er war auch ein Autor, der einen Satz nach dem anderen zu Papier brachte, doch wenn es ans Reden ging, dann schien es manchmal so, als habe er all seine Worte in seinen Büchern verbraucht, weshalb er nichts weiter zu sagen hatte.

Lucern sah zu Bastien, musterte ihn sekundenlang und wandte sich dann kopfschüttelnd wieder an Thomas. „Bastien leidet im Moment unter seiner Schuld. Wenn er zu dir kommt, um sich zu entschuldigen, dann nimm seine Entschuldigung an. Wir sind alle eine Familie, und selbst Unsterbliche machen Mal einen Fehler.”

Thomas zögerte, sein Blick wanderte zum Bett nebenan. Rachel und Bastien kümmerten sich um Inez, indem Rachel die Kleidung aufschnitt und jene Verletzungen verband, die sich allmählich schlossen, während Bastien ihren Kopf und die Schultern leicht anhob, um ihr Blut zu trinken zu geben. Ihr waren noch keine Reißzähne gewachsen, und sie hatten keinen Infusionsständer zur Verfügung, sodass Bastien nichts anderes tun konnte, als das Blut aus dem Plastikbeutel direkt in ihren Mund laufen zu lassen.

Als Lucern ihm auf die Schulter klopfte, drehte Thomas den Kopf herum und sah, dass Etienne ans Bett zurückgekehrt war.

Lucern stand auf. „Kate und ich wollen euch nicht im Weg sein. Wir gehen nach unten und warten dort. Wenn ihr uns braucht, müsst ihr uns nur rufen.”

Thomas sah ihm nach und stellte fest, dass nicht nur Kate ihm folgte, sondern auch Jackie und Vincent, sodass die beiden anderen Paare sich um alles kümmern mussten.

„Es tut mir leid, Thomas”, sagte Etienne ernst. „Wir haben wirklich nicht geglaubt, dass Inez in Gefahr schweben könnte. Wenn wir nicht davon überzeugt gewesen wären, ihr würde nichts passieren, hätten wir den Vorschlag niemals gemacht.”

Thomas zögerte und war darauf gefasst, dass sich die vertraute Wut wieder regte, doch diesmal geschah nichts. Er fühlte sich einfach nur müde und erschöpft, also nickte er schwach, schloss die Augen und wartete darauf, dass der Blutbeutel sich leerte. Insgesamt trank er fünf Beutel, ehe Etienne und Terri ihm widerstrebend gestatteten, sein Bett zu verlassen. Sofort stellte er sich zu Rachel und schaute ihr über die Schulter.

„Mehr kann ich im Moment nicht tun”, sagte Rachel und deckte Inez zu. „Ich habe das Bein geschient, damit es gerade zusammenwächst, und die Wunden sind alle verbunden. Jetzt können wir ihr nur weiterhin Blut zu trinken geben und darauf warten, dass die Nanos ihre Arbeit tun.”

Schweigend studierten sie alle Inez’ fahles Gesicht. Für den Augenblick lag sie so ruhig da, als würde sie friedlich schlafen, doch keiner der Anwesenden ließ sich davon täuschen. Vor ihnen lag noch die Phase, in der die Medikamente kaum etwas gegen den Schmerz ausrichten konnten und in der ihr Geist von schrecklichen Bildern von Feuer, Tod und Blut erfüllt sein würde. Sie würde glauben, sie stehe in Flammen oder sie werde in Stücke gerissen. Es war unmöglich, ihr diesen Teil der Wandlung zu ersparen.

„Du siehst blass aus.” Thomas sah zu Etienne, der seinerseits seine Frau sorgenvoll anschaute.

Rachel lächelte schwach und lehnte sich gegen seine Schulter. „Du hast auch schon mal besser ausgesehen.”

„Im Kühlschrank unten ist genug Blut für alle, und außerdem genug zu essen”, sagte Bastien. „Geht ihr zwei doch schon mal nach unten und genehmigt euch ein paar Beutel.”

Etienne und Rachel sahen sich kurz an und entfernten sich vom Bett. „Ruft uns, wenn ihr uns braucht.”

Terri blickte den beiden sehnsüchtig nach, dann sah sie nervös zwischen Thomas und Bastien hin und her. Schließlich schüttelte sie den Kopf und betonte: „Ich bleibe hier bei euch.”

Thomas wusste, sie wollte nicht das Zimmer verlassen, weil sie fürchtete, er könnte auf Bastien losgehen, sobald niemand sonst mehr anwesend war. Er wollte sie beruhigen, aber Etienne kam ihm zuvor.

„Wir bringen für euch drei was nach oben”, erklärte sein Cousin, während er Rachel aus dem Zimmer dirigierte.

Mit einem Schulterzucken wandte Thomas sich ab und setzte sich auf die Bettkante, um Inez’ Hand zu halten.

„Du solltest duschen gehen und dann etwas Schlaf nachholen”, meinte Bastien zu Thomas. Terri war inzwischen auf dem Bett eingeschlafen, auf dem er zuvor noch gelegen hatte. Er und Bastien saßen zu beiden Seiten von Inez’ Bett und wachten weiter über sie.

„Du kannst dich ruhig schon hinlegen”, erwiderte Thomas und besah sich Inez. „Ich möchte hierbleiben.... für den Fall , dass sie aufwacht.”

Einen ganzen Tag war es jetzt her, dass Inez verletzt und gewandelt worden war. Für keinen von ihnen war dies eine einfache Zeit. Zwar war die Wirkung der Medikamente über lange Strecken unbestritten, aber dann gab es auch wieder Phasen, in denen sie gegen die Schmerzen rein gar nichts auszurichten schienen, und bei diesen Gelegenheiten hatten sie zu mehreren dafür sorgen müssen, dass sie auf ihrem Bett liegen blieb. Rachel und Etienne waren in der Nacht und den Tag über immer wieder zu ihnen gekommen, um Thomas, Bastien und Terri dabei zu helfen, Inez festzuhalten, damit sich durch ihre unkontrollierten Bewegungen nicht die soeben verheilten Wunden wieder öffneten. Neben den Schmerzen litt sie auch unter Halluzinationen, die mit jeder Wandlung einhergingen.

Das Schlimmste von allem waren aber ihre Schreie gewesen, von denen jeder einzelne sich wie eine Klaue in Thomas’ Herz gebohrt hatte, um ein Stück herauszureißen. Doch das war vor vielen Stunden zum letzten Mal passiert, und seitdem schlief sie tief und friedlich.

Als Bastien Terri vor einer Weile vorgeschlagen hatte, sie solle sich schlafen legen, hatte sie zuerst gezögert, sich dann aber auf das andere Bett gelegt und den Männern gesagt, sie sollten sie nur wach rütteln, wenn sie ihre Hilfe benötigten. Danach war sie in einen tiefen, festen Schlaf gefallen. Seitdem passten Thomas und Bastien gemeinsam auf Inez auf und gaben ihr im Wechselleinen neuen Blutbeutel zu trinken, oder sie injizierten ihr wieder etwas von dem Medikament, sobald Anzeichen zu erkennen waren, dass die Schmerzen einsetzten.

„Sie könnte darüber erschrecken, dass du von Kopf bis Fuß mit Blut beschmiert bist”, betonte Bastien.

Thomas sah an sich herab und stutzte. Seit der Rückkehr in ihr Quartier hatte sich keiner von ihnen umgezogen, und so saßen sie jetzt in zerknitterter, mit Blut bekleckerter Kleidung da. Er hatte Inez’ Blut ebenso abbekommen wie den Inhalt der zwei vergossenen Konserven, und das alles war inzwischen getrocknet. Ja, Inez würde sich vermutlich tatsächlich über seinen Anblick aufregen, sobald sie aufwachte und ihn zu sehen bekam. Er nickte, zögerte dann jedoch aufzustehen.

„Ich bleibe bei ihr”, versicherte Bastien ernst.

„Danke”, murmelte Thomas reflexartig, dann ließ er Inez’ Hand los und stand auf.

„Das ist das Mindeste, was ich tun kann”, fügte Bastien betrübt hinzu und sah ihm in die Augen. „Es tut mir wirklich leid, Thomas. Ich hätte sie niemals in Gefahr bringen dürfen. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass so etwas dabei herauskommen könnte.”

„Schon gut, Bastien. Ich weiß, du hast das nicht mit Absicht gemacht”, entgegnete er und reagierte mit einer abwinkenden Geste auf die Entschuldigung. Plötzlich musste er an Lucerns Worte denken und ergänzte: „Außerdem gehörst du zur Familie, und selbst Unsterbliche machen manchmal Fehler.”

„Danke”, sagte Bastien leise.

„Allerdings”, fügte er dann in einem härteren Tonfall hinzu, „wäre ich nicht so nachsichtig, wenn sie das nicht überlebt hätte.”

„Ich weiß. Ich hätte dich zusammen mit ihr verloren.” Thomas widersprach ihm nicht und drehte sich um. Wäre Inez gestorben, dann hätte er das Bastien und Etienne niemals verziehen. Niemals.

Er nahm seinen Rucksack und ging ins Badezimmer auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs, duschte und zog sich frische Kleidung an oder besser gesagt: halbwegs frische Kleidung. Die sauberen Sachen waren ihm längst ausgegangen, aber zumindest war das, was er aus dem Rucksack zog, frei von Blutflecken.

Als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, wäre er fast mit Etienne zusammengeprallt, der gerade den Raum verließ. „Wir sehen uns in York um, ob wir irgendwo einen Hinweis auf Mutter oder auf den Unsterblichen finden können.”

„Außer Rachel hat ihn niemand zu Gesicht bekommen”, machte Thomas ihm klar.

„Richtig. Aber Terri hat nach ihren Beschreibungen eine Skizze angefertigt, die laut Rachel genauso aussieht wie unser Angreifer. Wir werden uns paarweise jeder ein Drittel der Stadt vornehmen und Straße um Straße absuchen.”

Thomas nickte müde. Ihm war völlig entfallen, dass Terri in den Pausen zwischen Inez’ Anfällen diese Zeichnung angefertigt hatte, während Rachel ihr präzise Anweisungen gab: „Die Nase war etwas größer.... die Augen etwas mehr zusammengekniffen.... die Haare ein Stück kürzer.” Irgendwann war sie dann mit dem Ergebnis zufrieden gewesen.

„Bastien und Terri bleiben bei dir und Inez”, fuhr Etienne fort und ging um ihn herum zur Treppe. „Wenn ihr uns braucht, kannst du mich auf meinem Handy erreichen.”

Thomas sah ihm nach, dann kehrte er ins Schlafzimmer zurück. Terri schlief noch, aber Bastien schaute zu ihm, als er eintrat. Der Mann hatte vor Übermüdung und Erschöpfung dunkle Schatten unter den Augen, was bei einer Kreatur von seiner Konstitution eine Seltenheit war.

„Du solltest dich schlafen legen, du siehst schrecklich aus”, sagte Thomas, legte den Rucksack in die Ecke und kehrte zum Bett zurück.

Bastien zögerte, dann entgegnete er: „Wenn wir ihr noch einen Blutbeutel einflößen, sollten wir eigentlich beide für eine Weile etwas Schlaf nachholen können.”

Er sah zu Inez. Eigentlich wollte er nicht schlafen, aber er wusste, Bastien würde sich nicht zurückziehen, wenn er selbst nicht zumindest so tat, als willige er ein. Also nickte er zustimmend. Zur allgemeinen Erleichterung hatten sich Inez’ Reißzähne im Lauf des Nachmittags herausgebildet. Das war nicht nur ein Zeichen dafür, dass sie das Schlimmste überstanden hatte, sondern die Wandlung näherte sich auch ihrem Ende. Damit wurde es einfacher, ihr Blut zu trinken zu geben.

Bastien nahm einen weiteren Blutbeutel aus der mittlerweile fast leeren Kühlbox, dann bot er Thomas ebenfalls einen Beutel an. Der schüttelte den Kopf, und nach kurzem Überlegen drückte er die Konserve an seinen eigenen Mund. Thomas griff unterdessen nach einem der blutgetränkten Handtücher und hielt es Inez unter die Nase, woraufhin ihre Reißzähne zum Vorschein kamen, die sich in den Kunststoffbeutel bohrten.

Sowohl Bastien als auch Inez hatten ihren Beutel schnell ausgetrunken, und Thomas legte sich kurzerhand zu ihr ins Bett. Gleich darauf legte sich Bastien zu Terri in das andere, und nach kurzer Zeit hörte Thomas ihn gleichmäßig und ruhig atmen, was ihm verriet, dass er eingeschlafen war.

Allen guten Absichten zum Trotz, die Augen offenzuhalten, merkte er nach einer Weile, wie die Müdigkeit ihn übermannte.

 

Kaum war Inez aufgewacht, da saß sie auch schon kerzengerade im Bett. Angst ließ ihr Herz rasen, und sie benötigte ein paar Sekunden, um die Überreste jenes Albtraums zu verscheuchen, der sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Erst dann wurde ihr bewusst, dass sie sich im Schlafzimmer ihres Quartiers in York befand. Erleichtert atmete sie auf, als die Angst von ihr abfiel, doch als sie sich im Zimmer umsah, nahm sie das ringsum herrschende Chaos mit Erstaunen wahr. Überall lagen blutige Kleidungsstücke und Handtücher verstreut, und in einer Ecke hatte sich ein ganzer Berg von leeren Blutbeuteln angesammelt.

Ihr Blick wanderte zu dem Mann neben ihr im Bett. Thomas. Er trug etwas anderes als am Abend zuvor, als sie die Falle gestellt hatten, und er schlief tief und fest an der äußersten Bettkante. Sie bemerkte, wie er irritiert das Gesicht verzog, als ihn durch ihre Bewegung ein Lichtschein traf. Seine Reaktion ließ sie lächeln.

Sie drehte den Kopf in die andere Richtung zur Nachttischlampe, die sie eigentlich ausmachen wollte, damit das Licht ihn nicht aufweckte. Allerdings hielt sie in ihrer Bewegung inne, als sie im zweiten Bett Bastien Argeneau und Terri liegen sah, die ebenfalls fest schliefen. Sie hatte die Bettdecke über sich gezogen, während Bastien neben ihr auf der Decke lag. Im Gegensatz zu Thomas trug Bastien noch die gleiche Kleidung wie am Vorabend, die jetzt zerknittert und mit verkrustetem Blut überzogen war. So wie bei Thomas sprach auch sein fast graues Gesicht für seine Erschöpfung.

Nachdem sie die Nachttischlampe ausgeschaltet hatte, legte sie sich wieder hin, musste jedoch feststellen, dass sie nicht einschlafen konnte. Sie war auch nicht müde, sondern hungrig. So hungrig, dass sie sogar leichte Magenschmerzen verspürte, was sie grübeln ließ, wie lange sie nichts mehr gegessen hatte. Wie es schien, hatte sie deutlich länger geschlafen, denn beim Gedanken an den Berg leerer Blutbeutel wurde ihr klar, wie viel Blut Thomas und die anderen in der Zwischenzeit getrunken hatten.

Und dann waren da auch noch die blutigen Handtücher, die sie stutzen ließen. Sie tastete ihren Körper ab, um nach irgendwelchen Verletzungen zu suchen, konnte jedoch nichts feststellen. Von den Magenkrämpfen abgesehen, verspürte sie keine anderen Schmerzen, obwohl sie sich ganz genau daran erinnern konnte, wie ihr Unterschenkel zwischen die Beine des Unsterblichen geraten war, als er mit ihr die Straße entlang gerannt war.

Den schrecklichen Schmerz hatte sie noch gut im Gedächtnis, und sie war davon überzeugt gewesen, dass ihr Bein dabei gebrochen worden war. Doch jetzt musste sie sich korrigieren, denn allem Anschein nach hatte er es ihr nur ein Stück weit verdreht, da sie ihr Bein bewegen konnte, ohne Schmerzen zu spüren. Alles, was sich danach abgespielt hatte, war nur noch eine verschwommene Erinnerung, wenn sie von dem explosionsartigen Schmerz absah, der sie durchzuckt hatte, als sie mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen war. Diese Wunde hätte eigentlich stark bluten müssen, aber auch ihr Kopf fühlte sich gut an.

Nur ihr Magen ließ ihr keine Ruhe.

Langsam setzte sie sich auf die Bettkante, um Thomas nicht zu wecken. Sekundenlang blieb sie reglos dort sitzen, da sie abwarten wollte, ob sie nicht plötzlich von Schwindel oder heftigen Schmerzen befallen wurde. Als nichts davon eintrat, stand sie auf und stellte zu ihrer Verwunderung fest, dass ihre Beine ein wenig wacklig waren. Sie hielten aber durch und trugen sie problemlos in Richtung Schlafzimmertür, die sie gut ausmachen konnte, da ein Lichtschein aus dem Flur unter der Tür in den Raum drang.

An der Tür angelangt, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie völlig nackt war. Da sie sich nicht vorstellen konnte, dass es Rachel und Etienne gefallen würde, wenn sie wie eine Blitzerin durchs Haus lief, versuchte sie sich zu erinnern, wo ihr Koffer stand. Doch je länger sie in der Dunkelheit dastand, umso deutlicher konnte sie im Zimmer vage Formen und Konturen ausmachen. Vermutlich hing das mit dem Lichtschein aus dem Flur zusammen, überlegte sie, während sie zu ihrem Koffer ging, der auf dem Boden lag. Eigentlich wollte sie sich komplett anziehen, doch gleich obenauf fand sich der seidene Morgenmantel. Ihr Hunger konnte sie davon überzeugen, dass dieses eine Kleidungsstück genügen würde, also zog sie es an und ging wieder zur Tür. Ihre Magenkrämpfe wurden stärker, und sie wollte schnellstens den Kühlschrank plündern.

Das Haus schien verlassen, und sie fragte sich, ob Rachel und Etienne immer noch schliefen. Allerdings wäre dann das Licht vermutlich aus gewesen, weshalb sie davon ausging, dass die beiden sich auf den Weg in die Stadt gemacht hatten.

Die Küchenlampe war anscheinend die einzige Lichtquelle im Haus, die nicht brannte. Inez schaltete sie ein und öffnete den Kühlschrank, der gut gefüllt war. Dummerweise musste das meiste davon erst noch gekocht oder gebraten werden, aber für so etwas war sie viel zu hungrig. Sie entschied sich für ein Stück Käse und ein schottisches Ei, dann schaltete sie den zur Hälfte gefüllten Wasserkocher ein.

Aus dem Schrank holte sie einen Teller, und kaum hatte sie das Scotch Egg aus der Plastikfolie gewickelt, biss sie ein großes Stück von dem Ei im Hackfleischmantel ab. Aufgewärmt wäre es ihr zwar lieber gewesen, aber es war auch kalt genießbar, und sie war sogar zu hungrig, um die wenigen Sekunden zu warten, die die Mikrowelle benötigt hätte.

Sie kaute und schluckte gierig, dann widmete sie sich dem Käse, dessen Verpackung sich jedoch nicht so leicht öffnen ließ. Eben wollte sie nach einem Messer greifen, da bemerkte sie einen leichten Luftzug auf ihrer Wange. Als sie sich umdrehte, machte ihr Herz vor Schreck einen Satz, da sie sah, dass die Hintertür einen Spaltbreit offen stand.

Sie ließ das kleine Küchenmesser liegen und legte stattdessen ihre Finger um das große Fleischermesser, das in der Schublade lag, während sie sich genauer die Tür ansah, die eindeutige Spuren aufwies, dass sich jemand mit Gewalt Zutritt zum Haus verschafft hatte.

Ein Schlurfen hinter ihr veranlasste sie dazu, sich langsam umzudrehen, während sie die Hand in der Schublade behielt, um weiter das Messer zu umklammern. Ihr Blick wanderte zum Durchgang zur Diele, und es überraschte sie gar nicht so sehr, den blonden, bärtigen Unsterblichen dort stehen zu sehen. Er trug schwarze Kleidung und einen langen Mantel.

„Deine Verletzungen sind ja schnell verheilt”, erklärte er und musterte ihren rosefarbenen Morgenmantel. „Ich dachte, das Bein wäre gebrochen.”

„Das habe ich auch gedacht”, gab sie zu und schaute an sich hinunter, dann zog sie den Morgenmantel ein Stück weit nach oben, sodass ihr perfekt verheilter Unterschenkel zum Vorschein kam. Sie drehte das Bein ein wenig, um so darüber hinwegzutäuschen, dass sie das Messer aus der Schublade holte, um es hinter ihrem Rücken zu verstecken. „Ich vermute, es war nur verdreht oder verrenkt.”

Er betrachtete ihren Kopf und zog verwundert eine Augenbraue hoch. „Und die Platzwunde am Kopf?”

„Solche Wunden bluten immer ziemlich stark. Aber zum Glück habe ich heute kein Problem damit”, antwortete sie ruhig und dachte gleichzeitig darüber nach, wie bizarr diese Situation eigentlich war. Sie unterhielt sich wie selbstverständlich mit einem Mann, der sie wiederholt attackiert hatte. Inez räusperte sich und fragte: „Hast du mich auch in Amsterdam kontrolliert?”

Er schüttelte den Kopf. „Das war ein anderer.”

Sie nickte, stutzte dann aber. „Warum?”

„Ich würde sagen, weil der Boss es befohlen hat.”

„Aber warum ausgerechnet ich?”, fragte sie.

„Ich habe keine Ahnung, aber mein Auftrag lautet, dich und Thomas hier in York festzuhalten und von Marguerites Fährte abzulenken.... und euch notfalls beide zu töten, um das zu erreichen.” Er zuckte mit den Schultern. „Und dir fallen nun mal ständig neue Orte ein, an denen ihr nach ihr suchen könnt.”

Inez nickte bedächtig. „Dann lebt Marguerite also noch?”

„Soweit ich weiß”, antwortete er.

Sie sah ihn schweigend an, aber als er einfach nur weiter abwartend dastand, wurde die Anspannung für sie zu viel, und sie fragte: „Dann bist du hergekommen, um mich zu töten?”

Plötzlich schlug er eine Seite seines Mantels zurück, darunter kam ein Schwert zum Vorschein. Dieser Anblick und sein bejahendes Lächeln ließen ihr das Blut in den Adern gefrieren. „Warum kontrollierst du mich diesmal nicht?”, wollte sie wissen, da sie mit einem Mal alles daransetzen wollte, diese Unterhaltung so lange wie möglich hinauszuziehen.

„Ich möchte nicht als Feigling angesehen werden, der vor einer kleinen sterblichen Frau Angst hat”, erwiderte er spöttisch.

„Indem ich dich nicht kontrolliere und dir das Fleischermesser lasse, das du hinter dem Rücken versteckst, bekommst du deine Chance, dich zur Wehr zu setzen, nicht wahr?”

Inez zuckte überrascht zusammen und erkannte, dass er sie zwar nicht kontrollierte, aber offenbar ihre Gedanken las. Oder aber er hatte einfach nur den richtigen Schluss daraus gezogen, was sie mit der Hand hinter ihrem Rücken machte. Damit war das Überraschungsmoment natürlich dahin.

„Hast du jetzt alles gefragt, was du mich fragen wolltest? Können wir nun zur nächsten Phase übergehen, in der ich dich umbringe, ohne dass du wieder jammerst, ich würde mich wie ein Feigling verhalten? Oder”, fügte er gehässig hinzu, „.... musst du erst noch einen Blick auf meinen Penis werfen, damit du den Beweis geliefert bekommst, dass er nicht mikroskopisch klein ist?”

„Ahm.... nein, dein Wort genügt mir”, versicherte sie ihm und sah sich hastig um, ob irgendwo Gegenstände zu entdecken waren, mit denen sie sich gegen ihn zur Wehr setzen konnte. Ein leises Klicken hinter ihr erinnerte sie an den Wasserkocher, den sie vorhin angestellt hatte.

„Gut, dann können wir ja weitermachen. Einverstanden?”

Sie musterte das lange Schwert, das der blonde Mann zog. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?”, fragte sie und hielt das Fleischermesser vor sich. Zum Glück wanderten seine Augen zu ihrer Waffe, sodass sie mit der anderen Hand hinter sich greifen konnte und den Wasserkocher zu fassen bekam.

„Mag sein”, gab er zurück und betrachtete einen Moment lang die lange Klinge, drehte sie nach links und rechts, um sich daran zu erfreuen, wie sie das Licht der Deckenlampe reflektierte. „Aber das ist meine Glückswaffe, und bei dir habe ich in der letzten Zeit wenig Glück gehabt.”

„Vielleicht liegt das ja an deiner Vorgehensweise”, murmelte Inez, während sie den Griff des Wasserkochers umschloss und den Daumen auf den Druckknopf legte, mit dem sich der Deckel öffnen ließ.

„Meinst du?”, fragte er beiläufig.

Einen Augenblick später stürmte er bereits auf sie los, fast gleichzeitig holte Inez mit dem Wasserkocher aus, klappte den Deckel auf und zielte. Das kochende Wasser traf ihn auf dem Kopf, in die eine Gesichtshälfte und am Hals, sodass er mit einem erschrockenen Schmerzensschrei rückwärts taumelte. Inez drehte sich weg und lief zur Hintertür, doch der Blonde bekam sie zu fassen. Schreiend drehte sie sich in seinen Armen, bis sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Im gleichen Moment hob er sie hoch, sodass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte.

Voller Entsetzen sah sie, dass er den Mund öffnete und seine Reißzähne zum Vorschein kamen. Da ihr klar wurde, er würde sie beißen wollen, riss sie instinktiv den Arm hoch und trieb ihm das Messer in die unversehrte Seite seines Halses. Blut schoss aus der Wunde, als Inez das Messer herauszog, und gerade wollte sie noch einmal ausholen, da geschah etwas sehr Eigenartiges. Der Hunger, von dem sie seit dem Aufwachen gequält worden war, den sie aber seit dem Auftauchen des bärtigen Blonden ignoriert hatte, erwachte zu unbändigem Leben.

Er entwickelte sich fast zu einem eigenständigen Wesen in ihrem Körper, als würden Millionen Bienen durch ihre Adern schwirren. Gleichzeitig nahm sie eine Bewegung in ihrem Oberkiefer wahr, etwas stach ihr in die Zunge, und sie machte verständnislos den Mund auf.

„Jesus”, keuchte der Blonde und starrte sie ungläubig an. „Die haben dich gewandelt! Warum habe ich das nicht in deinen Gedanken gelesen?”

Inez starrte ihn nur an, da ihr Verstand wie leer gefegt war. Sie hatte keine Ahnung. Und sie konnte sich auch nicht daran erinnern, gewandelt worden zu sein. Das letzte klare Bild in ihrem Gedächtnis stammte von ihrem Sturz, dann folgten nur noch Bruchstücke von irgendwelchen Albträumen.

„Du hast gar nichts davon gewusst”, sagte er und begann zu lachen. Dieses Lachen war das, was sie aus ihrem Schock holte. Es ärgerte sie. Sie mochte es nicht, wenn jemand über sie lachte. Wieder holte sie mit dem Messer aus und rammte es ihm erneut in den Hals.

Für einen Moment verkrampften sieh seine Finger um ihren Leib, dann schrie er auf und schleuderte sie so heftig von sich weg, dass sie quer durch die Küche flog und gegen den Tresen prallte. Sie hörte ein unheilvolles Knacken, das von ihrem Rücken ausging, dann sank sie zu Boden und konnte sich nicht mehr rühren. Ihr Verstand schrie panisch, dass der Kerl ihr das Rückgrat gebrochen hatte und dass sie nun gelähmt war, aber irgendwie wollte sie das nicht so recht glauben. Sie war doch jetzt offenbar eine Unsterbliche, die richtigen Zähne dafür hatte sie jedenfalls, aber man konnte einem Unsterblichen doch sicher nicht einfach das Rückgrat brechen, oder doch?

Sie sah den bärtigen Blonden an, der am anderen Ende der Küche stand und schwer atmete, während er eine Hand auf die Stichwunden an seinem Hals presste. Sekundenlang rührte er sich nicht, dann nahm er die Hand weg, und Inez konnte sehen, dass die Blutung aufgehört hatte. Sie war sich sicher, die Halsschlagader getroffen zu haben, also müsste das Blut eigentlich in einer Fontäne aus seinem Hals spritzen, doch offenbar waren die Stiche in seinem Fleisch bereits verheilt. Unwillkürlich fragte sie sich, ob ihre Wirbelsäule wohl auch zusammenwachsen würde.

Vermutlich ja, allerdings wohl nicht schnell genug, um ihr das Leben zu retten. Der Blonde hatte seine Position verlassen und kam nun auf sie zu. Er machte einen sehr verärgerten Eindruck, der sie daran erinnerte, wie er gesagt hatte, er wolle sie langsam sterben lassen und es genießen. Inez fürchtete, er würde das jetzt nachholen und umso mehr genießen.

Der bärtige Mann blieb vor ihr stehen, hockte sich hin und streckte eine Hand nach ihr aus, kam aber nicht mehr dazu, ihr etwas anzutun. Als er in die Hocke ging, entdeckte Inez hinter ihm Thomas, dessen Augen vor Wut silbern loderten. Sein Anblick war so wunderbar wie die aufgehende Sonne nach einer langen Nacht. Sie hätte vor Erleichterung weinen können, als der unsterbliche Blonde plötzlich von hinten gepackt und von ihr weggerissen wurde.

Tatsächlich kamen ihr die Tränen, und nahmen ihr die Sicht. Sie konnte sie nicht wegwischen, weil ihre Arme ihr nicht gehorchen wollten. Nur verschwommen verfolgte sie den Kampf der beiden Männer. Sie blinzelte angestrengt, um wieder klar zu sehen, doch die Tränen wollten einfach nicht versiegen. Als auf einmal Ruhe einkehrte, geriet Inez in Panik und lauschte krampfhaft, weil sie herausfinden wollte, ob es Thomas gut ging.

Aber erst als er ihren Namen sagte, wusste sie, dass er überhaupt noch lebte. Und dann war er plötzlich bei ihr und nahm sie in seine Arme.

„Inez?”, fragte er besorgt, als er bemerkte, dass sie sich nicht rührte.

„Ich glaube, er hat mir das Rückgrat gebrochen”, antwortete sie seufzend. „Ich kann mich nicht bewegen.”

„Das ist nicht so schlimm”, flüsterte Thomas und hielt sie so, dass ihr Kopf an seiner Brust ruhte. Er küsste sie auf die Wange, hob sie hoch und durchquerte mit ihr die Küche. „Das verheilt wieder.”

„Du hast mich gewandelt”, wisperte sie.

„Ja.” Er hörte sich ein wenig unsicher an. „Du warst damit einverstanden. Oder wolltest du nicht.... ?”

„Nein, nein, das ist in Ordnung”, beteuerte sie hastig. „Mir war nur nicht klar.... ”

„Thomas? Was ist passiert?”

Sie vernahm Bastiens Stimme, versuchte aber nicht, den Kopf zu heben.

„Ich habe dir in der Küche ein Geschenk hingelegt”, sagte Thomas zu ihm und ging seinem Cousin entgegen. „Ein Geschenk?”

„Ja, ein Geschenk.” Er ging mit Inez in seinen Armen an Bastien vorbei. „Ich schlage vor, du überlegst dir, wie du ihn fesseln kannst, bevor seine Heilung abgeschlossen ist, damit du ihn nach Tante Marguerite befragen kannst.”

Bastien stellte keine weiteren Fragen, und Inez hörte, wie sich seine Schritte rasch entfernten, während Thomas sie nach oben trug.

„Thomas?” Am Kopf der Treppe angelangt, schlug ihnen Terris aufgeregte Stimme entgegen. „Was ist los? Ich habe einen Schrei gehört, und Bastien wollte nachsehen und.... Wieso ist Inez auf? Sollte sie schon aufstehen?”, fragte sie beunruhigt. „Nach meiner Wandlung hat Bastien darauf bestanden, dass ich eine Woche im Bett bleibe.”

Inez entging nicht, dass Thomas aus irgendeinem Grund ein Lachen zu verkneifen versuchte. Als er wieder ernst geworden war, fragte er: „Ist noch Blut in der Kühlbox?”

„Vielleicht ein oder zwei Beutel”, antwortete Terri. „Soll ich euch von unten Nachschub holen?”

„Ja, bitte”, sagte er und legte Inez aufs Bett.

Terri eilte aus dem Schlafzimmer, Thomas nahm unterdessen die restlichen Beutel aus der Box. Zurück am Bett hielt er ihr einen davon hin, und sofort sorgte der Anblick des Bluts dafür, dass sich in ihrem Oberkiefer etwas regte. Sie öffnete den Mund, da ihr tausend Fragen auf der Zunge lagen, doch ehe sie eine davon aussprechen konnte, drückte Thomas ihr einen Beutel gegen ihre Reißzähne.

Das Schlafzimmer war verlassen, als Inez aufwachte. Einen Moment lang lag sie ruhig im Bett und wagte es nicht, sich zu bewegen, weil sie nicht wusste, ob sie das überhaupt konnte oder ob sie gelähmt war. Dann aber biss sie die Zähne zusammen und versuchte eine Hand zu heben. Erleichtert atmete sie aus, als sie merkte, dass sie doch dazu in der Lage war. Thomas hatte ihr versichert, bis Sonnenaufgang würde ihre Wirbelsäule verheilt sein, dennoch war sie von der Angst geplagt worden, irgendetwas könnte schiefgehen, und sie würde die nächsten Jahrhunderte gelähmt verbringen müssen. Sie wusste, es war albern, aber welche Angst war schon rational?

Ein Aufschrei war aus dem Erdgeschoss zu hören, und unwillkürlich verharrte sie mitten in ihrer Bewegung und lauschte angestrengt. Als dann aufgeregtes Gerede folgte, unter das sich beschwichtigende Stimmen mischten, kam sie zu dem Schluss, dass alles in Ordnung war. Sekundenlang hatte sie befürchtet, Blondie könnte sich befreit und jemanden verletzt haben, aber nach dem Tonfall der gedämpften Unterhaltung zu urteilen, war das jetzt nicht mehr anzunehmen.

Sie setzte sich auf, sah sich um und beugte sich dann zur Seite, um ihren Morgenmantel vom Boden aufzuheben. Erst als sie ihn angezogen hatte, schlug sie die Bettdecke um, da sie fürchtete, jemand könne ins Zimmer kommen, während sie nackt dastand. Ihr Quartier war inzwischen förmlich überlaufen, so viele von Thomas’ Verwandten hatten sich dort eingefunden. Sie zog den Gürtel zu und ging zu ihrem Koffer, blieb aber auf halber Strecke stehen, als sie ihr Spiegelbild in der Schranktür erblickte.

Ihre Augen erfassten das Bild, das sich ihr dort bot, und nach kurzem Zögern zog sie den Gürtel wieder auf, da sie neugierig darauf war, was die Wandlung aus ihr gemacht hatte. Zu ihrer Enttäuschung hatte sich nicht viel getan. Sie war nicht fünfzehn Zentimeter gewachsen, und ihr Busen war für ihren Geschmack immer noch viel zu groß. Dennoch wirkte alles etwas straffer, und als sie sich vorbeugte, sah sie, dass ihre Haut absolut makellos war. Ihre Augen hatten eine wunderschöne goldbraune Färbung angenommen, lediglich ihr Haar war weiterhin ein wüstes Meer aus unbändigen Locken.

Während sie ihr Spiegelbild weiter kritisch musterte, wunderte sie sich über die Tatsache, dass sie sich jahrelang mit allen möglichen Diäten und mit Sport gequält hatte, und dabei war sie gar nicht so weit von ihrer körperlichen Bestform entfernt gewesen. Plötzlich ging die Tür auf, und Thomas kam ins Schlafzimmer, aber Inez schaffte es noch eben, ihren Morgenmantel zu schließen. Ihr Lächeln geriet ins Stocken, als sie seine finstere Miene sah.

„Oh”, machte er, als er sie vor dem Spiegel stehend entdeckte. „Du bist auf.”

„Ja”, gab sie zurück und fragte: „Was war das eben unten für ein Trubel? Blondie hatte doch keine schlechten Neuigkeiten zu berichten, oder? Es geht Marguerite doch gut, nicht wahr?”

„Blondie, wie du ihn so freundlich getauft hast, hat kein Wort gesagt. Vielleicht hätte es geklappt, falls uns mehr Zeit geblieben wäre. Aber irgendwie hat der europäische Rat Wind von der Sache bekommen und jemanden hergeschickt, um ihn abzuholen. Sie wollten sich selbst um ihn kümmern. Unsere einzige Hoffnung war, dass sie ihm ein paar Einzelheiten entlocken, aber er zögerte kurz und fuhr dann verärgert fort, „.... ein paar Stunden später mussten wir erfahren, dass er und seine Eskorte angegriffen wurden. Blondie ist dabei einen Kopf kürzer gemacht worden. Wie es aussieht, wollte jemand verhindern, dass er redet.”

Inez verzog das Gesicht und fragte: „Und seine Eskorte?” „Der Mann wird überleben, aber er wurde schwer verletzt.” Sie nickte.

„Gestern Abend hat er mir gesagt, sein Auftrag sei, uns hier in York festzuhalten und von Marguerites Fährte abzubringen. Er hatte es auf mich abgesehen, weil ich auf immer neue Ideen kam, die uns aus York weggeführt hätten.” Leise fügte sie hinzu: „Ich hätte versuchen müssen, ihm mehr zu entlocken.”

„Inez, der Mann wollte dich umbringen”, machte er ihr klar. „Das war nun wirklich keine günstige Gelegenheit, um dem Feind Informationen zu entlocken. Außerdem ist es sowieso nicht mehr wichtig.”

„Nicht?”

„Nein”, erklärte Thomas ihr, während sein Gesichtsausdruck etwas von der Traurigkeit verlor. „Tante Martine hat für Bastien eine Nachricht bei ihm im Büro hinterlasssen, also hat er sie zurückgerufen, um.... Du weißt gar nicht, wer Tante Martine ist, wie?”, unterbrach er sich, da er ihren ratlosen Blick bemerkt hatte. Sie schüttelte den Kopf. „Okay, also, sie ist die Schwester von Jean Claude. Sie war.... ist Tante Marguerites Schwägerin. Sie lebt übrigens hier in York, aber bis vor ein paar Tagen war sie nicht in der Stadt. Bastien hatte sie angerufen, doch sie hat seine Nachricht erst heute erhalten. Jedenfalls ist sie von Tante Marguerite angerufen worden.”

„Tatsächlich?”, fragte Inez erstaunt. Thomas nickte grinsend.

„Und sie hat die Nummer, von der aus Marguerite sich gemeldet hat. Bastien, Lucern, Vincent und Onkel Lucian sind zu Martine gegangen, um sich die Nummer von ihr zu holen, und dann wollen sie dorthin, wo sich Marguerite aufhält.”

„Onkel Lucian?”, wiederholte sie ratlos.

„Der Zwillingsbruder von Jean Claude”, führte er aus. „Er ist mit seiner Lebensgefährtin Leigh eingetroffen, während du geschlafen hast.”

„Oh”, machte sie. „Warum gehen sie erst zu ihr? Sie könnte Bastien die Nummer doch auch am Telefon geben.”

„Er hat Terri gegenüber irgendein fadenscheiniges Argument genannt, das sie nicht mal wiederholen will, aber ich glaube, in Wahrheit hat er längst angerufen. Ich vermute, die Jungs wollen sich mit der Sache beschäftigen, ohne die Frauen dabeihaben zu müssen. Deswegen die Aufregung. Etienne und die Frauen sind außer sich, dass sie übergangen werden sollen.” Inez biss sich auf die Lippe und dachte darüber nach, was er ihr gesagt und was sie von Blondie erfahren hatte.

„Du machst nicht den Eindruck, als wärst du erleichtert oder glücklich darüber, dass Tante Marguerite wohlauf ist”, stellte Thomas fest, dessen eigene Freude zu schwinden begann.

„Ist sie wohlauf?”, fragte sie, und als sie seinen verständnislosen Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: „Warum hat sie keines ihrer Kinder angerufen?”

„Es ist möglich, dass sie das versucht hat. Aber die meisten von ihnen sind jetzt hier in York, und ihr Anruf hätte sie gar nicht erreichen können.”

„Wieso nicht?”, hielt sie dagegen. „Bastien hätte sie erreichen können. Martines Nachricht ist doch auch bei ihm angekommen.”

„Naja.... ” Er stutzte, zuckte dann aber mit den Schultern und meinte: „Jedenfalls hat sie Martine angerufen, also muss es ihr gut gehen.”

„Thomas”, wandte sie ein und zögerte kurz, da es ihr gar nicht gefiel, schlechte Nachrichten zu überbringen. Schließlich fuhr sie seufzend fort: „Blondie hat für jemanden gearbeitet, der bereit ist, uns notfalls töten zu lassen, damit wir Marguerite nicht finden und seine Pläne nicht durchkreuzen.”

„Ja, ich weiß, aber er ist jetzt tot”, beharrte Thomas. „Er kann ihr nichts mehr tun.” Aber derjenige, für den er gearbeitet hat, ist nicht tot, dachte sie betrübt, wollte es aber nicht aussprechen. Er war glücklich darüber, glauben zu können, dass es seiner Tante gut ging, und sie konnte sich nicht dazu durchringen, ihn in Sorge zu versetzen, wenn vielleicht alles gut ausgehen würde.

„Inez?”

Für den Augenblick verdrängte sie ihre eigene Unruhe in dieser Angelegenheit, sah Thomas an und nahm wieder dessen finstere Miene wahr. „Ja?”, erwiderte sie zögerlich.

„Terri hat mir erzählt, dass du im Cafe überlegt hast, die Wandlung zu verschieben, bis wir Marguerite gefunden haben”, ließ er sie wissen. „Sie ist besorgt, du könntest vielleicht darüber verärgert sein, dass ich dich gewandelt habe.”

Inez stutzte. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, aber sie hatte sich tatsächlich mit dieser Überlegung getragen. Es war nur vorübergehend gewesen, weil sie kurz zuvor erfahren hatte, mit welchen Schmerzen sich diese Wandlung vollzog. Offenbar hatte sie bei der Gelegenheit auch ihre Gedanken an ihre Umgebung gesendet, weil Terri sie hatte wahrnehmen können. Und während sie es im Trubel der nachfolgenden Ereignisse längst wieder vergessen hatte, war es in Terris Gedächtnis haften geblieben, die diese Vorstellung als so beunruhigend empfand, dass sie Thomas einfach davon erzählen musste.

„Inez, es tut mir leid”, beteuerte Thomas ernst. „Aber mir blieb keine andere Wahl. Du wärst fast gestorben, und außerdem hattest du dich am Abend zuvor mit der Wandlung einverstanden erklärt. Das hatte ich doch richtig verstanden, oder?” Leise fuhr er fort: „Allerdings war das zu einem Zeitpunkt, als du gerade beinah ertrunken warst, vielleicht hast du die Sache da nicht vollständig überblickt. Liebst du mich überhaupt? Du hast zwar auf die Frage auch mit einem Nicken reagiert, aber.... Es tut mir leid, wenn du über die Wandlung verärgert bist, aber mir tut es nicht leid, dass ich dich gewandelt habe. Denn ob du mich liebst oder nicht, Inez, ich liebe dich. Du bist stark und klug und reizend, und du besitzt eine Kraft, wie ich sie noch bei keiner anderen Frau beobachten konnte. In dieser letzten Woche hast du alles getan, um mir bei der Suche nach Marguerite zu helfen.

Du hast dich nicht einmal beklagt, und du hast dich nicht von deiner Angst aufhalten lassen. Du warst sogar bereit, den Köder zu spielen.” Seine Miene verfinsterte sich, und dann gestand er ihr: „Auch wenn ich sagen muss, dass ich das für eine idiotische Idee hielt. Ich war wirklich sauer auf dich, weil du dein Leben aufs Spiel setzen wolltest.”

„Hört sich so an, als wärst du immer noch sauer”, bemerkte sie.

„Ich liebe dich, Inez. Es war nicht leicht für mich, dich in einer so verwundbaren Position zu erleben. Aber wie gesagt, es tut mir nicht leid, dass ich dich gewandelt habe. Auch wenn du dich dagegen entscheiden solltest, bei mir zu bleiben, werde ich es nicht bereuen. Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, und du willst dir vermutlich Zeit lassen, um mich erst einmal besser kennenzulernen. Ich bin gern bereit, dir diese Zeit zu lassen. Ich.... ”

„Thomas”, unterbrach sie ihn, woraufhin er sofort verstummte. „In zehn Stunden kenne ich dich seit exakt einer Woche.”

„Na ja, eigentlich sind wir uns schon vor Monaten begegnet”, fügte er rasch an.

Sie lächelte flüchtig, redete aber weiter: „Normalerweise gehe ich alles langsam und vorsichtig an, wenn ich eine Entscheidung treffen soll.”

„Bei deiner Arbeit wirst du doch bestimmt auch von einer Minute zur anderen Entscheidungen treffen müssen”, wandte er ein. „Die Umstände, unter denen wir uns kennengelernt haben, waren nicht gerade ideal. Da war die Sorge um Marguerite, der Zeitdruck, die Attacken.... ” „Inez”, warf er beunruhigt ein.

„Wir standen andauernd unter Hochdruck und Stress. Im Grunde kann man sagen, dass wir die Zeit seit deiner Ankunft in einer Art Dampfkochtopf zugebracht haben.”

„Ja, aber.... ”

„In dieser einen Woche habe ich dich besorgt und wütend erlebt, müde und.... ”

„Inez.... “, unternahm er einen weiteren hektischen Versuch, sie zu unterbrechen.

„Und trotz allem”, fuhr sie unbeirrt fort, „hast du mich lachen lassen und in den wenigen Tagen mehr Freude in mein Leben gebracht, als ich je zuvor erfahren habe. Du hast mir Mut gemacht, du warst liebevoll und fürsorglich, rücksichtsvoll und aufmerksam.”

„Außer das eine Mal in Amsterdam, als ich über dich hergefallen bin”, wandte er schuldbewusst ein. „Und diese Sache tut mir wirklich sehr leid. Das wäre nie passiert, wenn ich nicht dieses.... ”

„Thomas”, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. „Ich versuche dir zu sagen, dass ich dich liebe!”

„Tatsächlich?”, fragte er und setzte zu einem schwachen Lächeln an. „Aber warum hast du Terri dann gesagt, dass du die Wandlung verschieben wolltest?”

„Das hatte nichts mit dir zu tun, sondern mit den damit verbundenen Schmerzen, wie ich dir vorhin schon einmal gesagt habe”, betonte sie. „Ich mag keine Schmerzen, Thomas. Ich habe davor regelrecht Panik. Mein Leben lang habe ich jede Situation gemieden, die mit Schmerzen verbunden ist. Mein Zahnarzt muss mir eine Vollnarkose geben, wenn ich nur eine Füllung bekommen soll.” Sie zuckte traurig mit den Schultern. „Hättest du mich nicht wandeln müssen, um mir das Leben zu retten, hätte ich es vermutlich immer weiter hinausgeschoben. Blondie hat uns beiden einen Gefallen getan, als er diese Ereignisse in die Wege geleitet hat, die dich dazu gezwungen haben, mich zu wandeln.”

„Als er diese Ereignisse in die Wege geleitet hat?”, wiederholte er und kam einen Schritt näher, damit er die Arme um ihre Taille legen und sie auf den Hals küssen konnte. „Ich liebe es, wenn du so gebildet redest.”

Inez lachte, schlang die Arme um seine Schultern und entgegnete: „Beim letzten Mal hast du noch gesagt, du liebst es, wenn ich ordinär rede.”

„Das auch”, versicherte er ihr und hob sie hoch. „Und ich mag es, wenn du mich auf Portugiesisch beschimpfst. Ich schätze, ich höre dich einfach gern reden.”

Sie lächelte ironisch, als er sie zum Bett trug. „Das ist auch dein Glück, denn du wirst mich noch sehr lange Zeit reden hören.”

„Du lässt das wie eine Drohung klingen”, sagte Thomas und setzte sie neben dem Bett ab. „Aber für mich ist es keine Drohung. Ich freue mich schon darauf, endlos viele Jahrhunderte mit dir zu verbringen und dabei deine Stimme zu hören.”

„Du bist so süß”, flüsterte Inez ihm zu und strich mit einer Hand über seine Wange. Als sie hörte, wie die Badezimmertür ins Schloss fiel, schaute sie kurz zur Tür. „Wir sollten nach unten zu den anderen gehen.”

„Nein, das sollten wir nicht. Die Wandlung ist ein traumatisches Erlebnis, dein Körper hat eine Menge durchgemacht, und du musst dich jetzt ausruhen”, versicherte er ihr ernst, gleichzeitig begann er den Knoten ihres Bademantels zu lösen.

„Ausruhen?”, wiederholte sie spöttisch, als er den Knoten geöffnet hatte und den dünnen Seidenstoff teilte.

„Oh ja.” Er ließ den Morgenmantel von ihren Schultern gleiten, dann küsste er ihre eine Brust, während er seine Hand um die andere legte. Seine Lippen strichen über den rasch härter werdenden Nippel, dann flüsterte er: „Hast du nicht gehört, was Terri vorhin gesagt hat? Bastien wollte sie eine Woche lang nicht aus dem Bett lassen, nachdem er sie gewandelt hatte. Es gab dafür einen sehr vernünftigen Grund.”

„Das kann ich mir gut vorstellen”, gab sie zurück, musste dann aber nach Luft schnappen, da er lustvoll an ihrem Nippel knabberte. Was als zynische Entgegnung gedacht war, kam nur als Keuchen über ihre Lippen. Er löste sich von ihrer Brust, richtete sich auf und küsste sie auf den Mund, während seine Hände über ihren Körper wanderten.

„Natürlich w erde ich dir dabei Gesellschaft leisten und sicherstellen, dass du nicht mit irgendwelchen unvorhergesehenen Schwierigkeiten konfrontiert wirst.”

„Wie aufmerksam von dir”, hauchte sie, da er die Hände auf ihren Po legte und sie an sich drückte, sodass sie seine Erregung fühlen konnte.

„Marguerite hat mich eben gut erzogen”, versicherte er ihr und dirigierte sie sanft aufs Bett.

Ihr leises Lachen wurde erstickt, als er seinen Mund auf ihre Lippen drückte.