11

„Da wären wir.” Der Page öffnete die Tür und hielt sie auf, damit Inez und Thomas eintreten konnten.

Trotz ihrer plötzlichen Nervosität lächelte Inez den Mann an, betrat die Suite und stellte ihre Handtasche auf den Tisch neben dem Sofa. Sie ging zum Fenster und zog die Vorhänge auf, dahinter war der Blick frei über das nächtliche London. Ihre Aufmerksamkeit galt aber der Geräuschkulisse hinter ihr. Sie hörte, wie der Page das Gepäck ins Zimmer brachte und sich dann überschwänglich bedankte, da Thomas ihm vermutlich ein großzügiges Trinkgeld in die Hand gedrückt hatte.

Als er gegangen war, blieb Inez weiter am Fenster stehen und sah nach draußen, da sie sich fühlte wie eine Jungfrau in der Hochzeitsnacht. Sie waren zurück im Dorchester.

Thomas und Inez hatten im Flughafen Schiphol auf ihre Maschine gewartet, als Bastien anrief, um Neues zu berichten. Er hatte Nottes Kreditkartenbewegungen verfolgen können und Christian Notte in seinem Apartment angerufen, aber nur den Anrufbeantworter erreicht. Danach hatte er es im Büro von Notte Construction versucht, dem Unternehmen, bei dem der Unsterbliche arbeitete und das trotz seiner weltweiten Aktivitäten immer noch ein Familienbetrieb mit Sitz in Italien war. Seine Tante Vita ließ Bastien wissen, dass Christian sich so wie sein Vater in England aufhielt, sie aber nichts dazu sagen könne, wo die beiden dort unterwegs sein mochten. Auch wusste sie nicht, wann sie zurückkehren würden, und dabei war Vitas Tonfall anzuhören, dass ihr das überhaupt nicht gefiel.

Bastien ließ gleich danach die Kreditkartenaktivitäten beider Männer in England feststellen und erfuhr von einer Zahlung für zwei Suiten im Claridge’s Hotel in London, und zwar für eine Übernachtung an dem Tag, nachdem Marguerite das Dorchester verlassen hatte. Er stieß auch auf den Kauf von fünf Bahnfahrkarten nach York, gefolgt von weiteren Belastungen, von denen die letzte erst gestern stattgefunden hatte.

Ein Anruf im Claridge’s ergab keinen Hinweis auf Marguerite, und man konnte ihm lediglich sagen, dass Mr. Notte verlangt hatte, drei der vier Schlafzimmer in den Suiten müssten über je zwei Einzelbetten verfügen.

Da er davon ausgehen musste, dass Marguerite mit Notte unterwegs war, hatte Bastien schließlich versucht, für Thomas und Inez Bahnfahrkarten nach York zu reservieren, doch da ihr Flug aus Amsterdam zu spät in London eintreffen würde, war das nicht möglich gewesen. Einen Flug hatte er auch nicht mehr arrangieren können, sodass er sie für die Nacht erneut im Dorchester Hotelleinquartierte, damit sie sich gleich am nächsten Abend mit dem Zug auf den Weg nach York machen konnten.

Thomas hatte ihr all diese Dinge mit düsterer Miene erzählt, doch als ihm klar wurde, dass sie damit die Nacht für sich hatten, flammten seine Augen silbern auf. Seitdem war Inez ein Nervenbündel, und mit jedem Moment steigerte sich ihre Angst, weil sie darüber nachgrübelte, was sie wohl erwartete.

Seit dem Abflug kreisten ihre Gedanken nur noch um dieses Thema, und jetzt, da sie sich mit Thomas allein in diesem Zimmer befand, bewegte sie sich am Rand einer Panik. Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt, und während des Flugs hatte sie sich nicht ausgemalt, wie diese Nacht verlaufen würde, sondern sich gewünscht, sie wäre schon vor Monaten auf diesen Moment hingewiesen worden. Dann hätte sie nicht so oft ihre Besuche im Fitnessstudio vor sich hergeschoben und ausfallen lassen; und so manches Mal hätte sie auf einen Muffin zum Frühstück verzichtet; und, und, und.... Die Liste war endlos: Maniküre, Pediküre, Gesichtsmaske, Wachsbehandlung.... Tausend Dinge, die sie nackt besser hätten aussehen lassen, gingen ihr durch den Kopf. Tausend Dinge, die sie hätte tun wollen und sollen.

Nachdem es Inez gelungen war, auch den letzten Rest Selbstbewusstsein in die Flucht zu schlagen, kam sie zum nächsten Thema: ihrer sexuellen Erfahrung beziehungsweise ihrem Mangel an ebensolcher. Zwar war sie keine Jungfrau mehr, aber sie hatte ihr Privatleben völlig vernachlässigt, um sich ganz auf ihre Karriere zu konzentrieren. Dadurch war sie bis zur Vizepräsidentin aufgestiegen, doch ihr Liebesleben war auf der Strecke geblieben. Eine Verabredung mit einem Mann lag schon lange zurück. Und noch länger war es her, dass sie mit einem Mann geschlafen hatte. So lange, dass es nicht verkehrt gewesen wäre, zu einem Handbuch zu greifen, um ihr Gedächtnis aufzufrischen.

Inez wusste, es war eine blöde Idee, noch während sie ihr durch den Kopf ging, schließlich hatte sie nicht vergessen, was zu tun war. Vielleicht jedoch gab es inzwischen irgendwelche neuen Techniken und Fertigkeiten, von denen sie gar nichts wusste. Zum Beispiel ein geheimer Knopf, den man drücken konnte, damit der Mann erblindete und nicht sah, welchen unvollkommenen Körper er vor sich hatte.

Sie verzog skeptisch den Mund, da die Existenz eines solchen Knopfs nicht sehr wahrscheinlich war. Plötzlich strich etwas über ihre Schultern, sie quiekte vor Schreck auf und fuhr herum. Thomas stand da, die Hände erhoben, um sie auf ihre Schultern zu legen, und sah sie ratlos an. Einen Moment lang rührte sich keiner von ihnen, schließlich räusperte sich Thomas. „Alles in Ordnung? Ich wollte dich nicht erschrecken.”

„Alles bestens”, versicherte sie ihm sofort mit so hoher Stimme, dass sie Minni Maus hätte Konkurrenz machen können.

„Hmm”, sagte er und betrachtete sie nachdenklich. „Ich wollte vorschlagen, dass wir uns vom Zimmerservice etwas zu essen bringen lassen. Hast du Hunger?”

„Ja”, stieß sie hervor und ging sofort auf seinen Vorschlag ein. Alles, was den Rest der Nacht hinauszögern würde, war ihr mehr als willkommen.

„Gut.” Er schien noch immer über irgendetwas nachzudenken. „Dann sieh dir doch mal die Speisekarte an und such dir etwas aus.”

Sie nickte, durchquerte das Zimmer und nahm die Speisekarte an sich. Unterdessen stellte sich Thomas ans Fenster und schaute auf die Lichter der nächtlichen Stadt. Zwar hatte sie sich schnellentschieden, aber zum Schein ließ Inez sich viel Zeit damit, die Karte zu studieren, weil sie so noch ein paar Minuten mehr schinden konnte. Als sie schließlich die Speisekarte weglegte, schätzte sie, gut zehn Minuten herausgeholt zu haben. Plötzlich spürte sie erneut eine Hand auf ihrer Schulter, und sie zuckte abermals zusammen, verkniff sich aber einen weiteren Aufschrei.

Thomas ging über ihre Reaktion hinweg und fragte wie beiläufig: „Und? Hast du was gefunden?”

Mit einem erzwungenen Lächeln auf den Lippen drehte sie sich zu ihm um und machte gleichzeitig einen Schritt rückwärts. „Willst du auch was?”, entgegnete sie und hielt ihm die Speisekarte hin.

Als er sie ihr aus der Hand nahm, sagte er zwar kein Wort, doch sie hätte schwören können, dass er sich ein Lächeln verkneifen musste. „Danke”, murmelte er, musterte sie und meinte dann: „Du kommst mir etwas angespannt vor. Wie wäre es, wenn du dir dein Schlafzimmer aussuchst und dann ein Bad nimmst? Ich warte mit der Bestellung, bis du gebadet hast.”

„Oh ja, das ist eine gute Idee”, stimmte sie ihm erleichtert zu. Das war ein weiterer Aufschub, der ihr Gelegenheit gab, ihre Beine zu rasieren und noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, die ihrem Selbstvertrauen ein wenig Auftrieb geben konnten. Sie hätte diesen Mann dafür umarmen und küssen können, stattdessen jedoch griff sie nach dem Koffer, den sie in Amsterdam gekauft hatten, und verließ das Zimmer.

„Inez.”

An der Tür angekommen, blieb sie wie erstarrt stehen und drehte sich argwöhnisch um. „Ja?”

„Du musst mir schon sagen, was du haben willst, sonst kann ich nichts bestellen”, machte er ihr lächelnd klar.

„Oh.” Sie lachte nervös auf, rasselte ihre Bestellung herunter und zog sich dann hastig zurück, bevor er sie aufhalten konnte. Sie stürmte in das erste Zimmer, das sie fand, legte den Koffer auf den Gepäckhalter und öffnete ihn, um ihn nach den Dingen zu durchwühlen, die sie für ihr Bad benötigte. Anschließend sah es rings um den Koffer so aus, als sei ein Tornado durch das Zimmer gefegt, doch das war ihr egal. Sie hatte das Gefühl, in ihrem ganzen Leben noch nie so unter Druck gestanden zu haben. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf, während sie ins Badezimmer lief und alles neben dem Waschbecken deponierte.

Sie hatte sich um Fusionen und feindliche Übernahmen gekümmert, und mit der gleichen Lässigkeit meisterte sie auch andere geschäftliche Notsituationen, überlegte sie, während sie den Wasserhahn aufdrehte und Badelotion in die Wanne gab. Außerdem handelte es sich hier nicht um ihr erstes Mal. Sie hatte schon früher Sex gehabt, aber nie war sie so nervös gewesen wie jetzt, nicht einmal beim allerersten Mal. Aber da war es ihr auch weitestgehend egal gewesen. Kein Mann hatte ihr je so viel bedeutet wie Thomas.

„Was denn?”, fragte sie ihr Spiegelbild, doch im gleichen Moment wusste sie, es stimmte. An der Universität war sie mit etlichen Männern ausgegangen, doch die waren ihr alle schrecklich unreif und sogar langweilig erschienen, woraufhin sie irgendwann ganz damit aufgehört hatte, sich zu verabreden. Ihre Arbeit war einfach viel interessanter gewesen, und wenn sie es genau betrachtete, pflegte sie seit zehn Jahren eine Liebesaffäre mit ihrer Karriere, mit der kein Mann mithalten konnte.

Bis jetzt.

Thomas konnte damit mühelos mithalten. Und nachdem sie zunächst gedacht hatte, das Schönste an dieser Sache mit dem Lebensgefährten sei die Tatsache, dass sie von ihrer Seite aus keinerlei Anstrengungen unternehmen musste und sich nebenher weiter ihrer Arbeit widmen konnte, begann ihre Einstellung dazu sich allmählich zu wandeln. Die Arbeit gab ihr nie dieses mitreißende, aufregende Gefühl, das Thomas bei ihr mit einem Blick oder einer sanften Berührung auslösen konnte, von einem seiner leidenschaftlichen Küsse ganz zu schweigen. Die Arbeit brachte sie nie zum Lachen, und sie vermittelte auch nicht diese Unbeschwertheit, die sie heute erfahren hatte, als sie durch Amsterdam spaziert waren. Und die Arbeit bewirkte auch nie, dass Inez sich schön und sexy fühlte, wie es ihr bei Thomas gegangen war, als er im Kattenkabinet all diese reizenden Dinge zu ihr gesagt hatte.

Thomas konnte mit ihrer Arbeit mithalten, und er hatte bereits einen deutlichen Vorsprung herausgeholt.

„Ich stecke in Schwierigkeiten”, raunte sie ihrem Spiegelbild zu, weil es ihr tatsächlich so vorkam. Thomas war der Erste, der den Computer geknackt hatte, von dem ihre früheren Freunde immer behauptet hatten, dass er sich dort in ihrem Körper befand, wo bei anderen Menschen das Herz saß.... Zwar hatte er mit ihr darüber gesprochen, dass sie seine Lebensgefährtin war, doch von Liebe war nie die Rede gewesen. Inez fürchtete, sich auf einen düsteren, beängstigenden Pfad zu begeben, der alles in einem ganz neuen Licht erscheinen ließ. Bislang hatte sie nur entscheiden müssen, ob sie damit zurechtkommen würde, jahrhundertelang zu leben. Aber nun stellte sich ihr die Frage, ob sie auch in der Lage war, mit einem Mann zusammenzuleben, den sie über kurz oder lang von ganzem Herzen lieben würde, von dem sie aber nicht wusste, ob er diese Liebe jemals erwidern würde.

Ihre Panik wich einem düsteren Gefühl, während Inez sich auszog und in die Wanne stieg.

„Inez?” Die Frage, die von einem leisen Klopfen an der Tür begleitet wurde, ließ sie die Augen aufschlagen. Sie setzte sich abrupt in der Wanne auf, sank dann aber schnell wieder zurück, bis ihre Schultern unter dem wenigen noch verbliebenen Schaum verschwanden. „Ah, du bist ja wach”, sagte Thomas, der einen Blick durch den Türspalt warf. „Ich hatte befürchtet, du könntest eingeschlafen sein.”

„Nein, nein”, erwiderte sie rasch und lächelte ihn an. „Wie lange bin ich denn schon im Bad?”

„Weit über eine Stunde”, ließ er sie wissen. „Das Essen ist eben gebracht worden.”

„Ich komme sofort.” Wieder wollte sie sich aufsetzen, hielt aber inne, als ihr klar wurde, dass er sie nach wie vor ansah.

Er lächelte ihr flüchtig zu und nahm ein Badetuch von einem der Halter, faltete es auseinander und stellte sich vor die Wanne. Als Inez skeptisch das Tuch betrachtete und weiter zögerte, fragte er: „Bist du jetzt auf einmal schüchtern? Heute Morgen warst du das aber nicht.”

Ihr Blick glitt zu seinem Gesicht, da seine Stimme auf einmal viel tiefer klang, und sie entdeckte wieder dieses silbrige Leuchten in seinen Augen. Sie musste schlucken, überlegte kurz und stand schließlich auf, obwohl sie spürte, dass ihre Wangen vor Verlegenheit glühten. Zu ihrer Erleichterung hüllte er sie sofort in das Badetuch, doch zu ihrer Verwunderung ließ er sie nicht los, sondern hob sie wie ein Kind aus der Wanne. Der Vergleich mit einem Kind löste sich sofort in Luft auf, als Thomas sie an sich drückte und küsste.

Überrascht klammerte sie sich an seinen Armen fest, eigentlich, um ihn auf Abstand zu halten. Sie hatte in der Badewanne nicht geschlafen, sondern nachgedacht, und dabei war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie zu diesem Mann besser Distanz wahrte und sich mit ihrer Entscheidung zur Frage der Lebensgefährtin Zeit ließ, bis sie sicher sein konnte, dass er sie eines Tages auch lieben würde. Dieser Plan war jetzt allerdings schon wieder vergessen, als seine Zungenspitze über ihre Lippen glitt.

Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, und sie schlang die Arme um seinen Hals, wobei sie kurz stutzte, als sie bemerkte, wie feucht sein Haar war. Offenbar hatte er in der Zwischenzeit in dem anderen Badezimmer geduscht. Jetzt drehte er sich mit ihr in den Armen zur Seite und setzte sie auf die Marmorplatte neben dem Waschbecken, dann ließ er das Badetuch los, sodass es nicht länger ihre Blöße bedeckte.

Ein wohliger Schauer lief ihr über die Haut, als Thomas ihre Schenkel auseinanderdrückte und sich zwischen sie stellte, damit er sie küssen konnte. Seine Hände strichen über ihren nackten Rücken und zogen sie nach vorn, bis ihre Brüste sein Hemd berührten. Er küsste sie weiter, und sie stöhnte abermals auf. Mit einer Hand fuhr sie durch sein Haar, die andere war unverändert in seine Schulter gekrallt. Sanft strich Thomas an ihrer linken Brust entlang, woraufhin Inez ihn gieriger küsste und ihr Oberkörper ein Eigenleben zu entwickeln schien und sich mit einer Brust fester gegen ihn presste.

Ihre wortlose Einladung verfehlte nicht die gewünschte Wirkung, und sogleich fühlte sie seine Hand auf ihrem Busen, was sie genießerisch aufstöhnen ließ. Im nächsten Moment stieß sie einen leisen Schrei aus, weil er ihren Nippel zwischen seine Finger genommen hatte, um ihn sanft zu kneten. Als er seinen Mund von ihrem löste, protestierte sie zuerst dagegen und drückte dann ihren Rücken noch weiter durch, denn er hatte seine Lippen um ihren steil aufgerichteten Nippel geschlossen. Sie vergrub ihre Hände in seinem Haar, während er von einer Brust zur anderen wechselte. Keuchend stieß sie für ihn unverständliche Worte auf Portugiesisch aus, die ihn anfeuern sollten, doch je mehr sich ihre Lust steigerte, umso weniger war sie in der Lage, etwas Vernünftiges über die Lippen zu bringen. Schon bald konnte sie nur noch stöhnen, bis sie an seinen Haaren zog, weil sie von ihm auf den Mund geküsst werden wollte.

Amüsiert reagierte Thomas auf ihre wortlose Aufforderung und küsste sie tatsächlich wieder auf den Mund. Dabei schloss er sie aber in seine Arme, sodass er sich mit Oberkörper und Lenden an sie schmiegen konnte. Wie berauscht griff sie nach dem Saum seines T-Shirts und schob es hoch. Thomas unterbrach den Kuss, leimte sich zurück und hob die Arme, damit sie ihm das T-Shirt ausziehen konnte. Als er sich danach wieder vorbeugen wollte, hielt sie ihn zurück und erforschte stattdessen seine Muskeln, die nicht wie bei einem Bodybuilder unnatürlich ausgeprägt, sondern glatt und klar umrissen waren. Brust und Schultern waren breit und boten ihr viel Platz für ihre Erkundungen. Voller Ehrfurcht ließ Inez ihre Finger über seine Haut wandern, bis sie sich auf einmal vorbeugte, um seine Brust zu küssen.

Unwillkürlich schnappte er nach Luft und legte die Hände an ihren Kopf, damit sie ihr Gesicht nach oben wandte. Er drückte ihr einen gierigen, lüsternen Kuss auf die Lippen, was sie mit einem zufriedenen Lächeln kommentierte. Von diesem kleinen Erfolg angespornt, strich sie mit den Fingern über seinen Bauch, bis sie den Hosenbund seiner Jeans erreichte. Ohne hinzusehen, öffnete sie Gürtel, Knopf und Reißverschluss, dann schob sie den schweren Stoff nach unten, bis sein Po zur Hälfte entblößt war. Sie hielt kurz inne, um seine straffe Haut zu ertasten, und schließlich glitt sie mit den Händen wieder nach vorn, damit sie seine vom Stoff befreite Erektion mit den Fingern umschließen konnte. Intensive Erregung durchströmte sie, während Thomas ein kehliges Knurren ausstieß und nach ihrer Hand griff, um sie wegzuziehen. Das gelang ihm aber nicht, und als Inez’ Finger über seinen Schaft glitten, stieß sie einen lustvollen Aufschrei aus, der bei Thomas ein weiteres Knurren auslöste.

Inez wollte den Kuss unterbrechen, um ihn zu fragen, was soeben geschehen sei, doch Thomas ließ das nicht zu. Genauso wenig wollte er, dass sie ihn weiter berührte. Er führte ihre Hand über ihren Kopf nach hinten, gleichzeitig bekam er ihre andere Hand zu fassen, drückte sie ihr ebenfalls auf den Rücken und packte sie so, dass er mit einer Hand ihre beiden Handgelenke zugleich festhalten konnte. Als sie bemerkte, wie wehrlos sie ihm dadurch ausgeliefert war, wollte Inez protestieren, was jedoch schwierig war, da doch seine Zunge ausgiebig mit ihrer spielte. Seine freie Hand legte er wieder um ihre Brust, sodass er sie mit seinen Küssen und seinen Berührungen fast wahnsinnig machte.

Sie glaubte bereits, es nicht länger aushalten zu können, da ließ er auf einmal ihre Handgelenke los. Erleichtert versuchte sie, die Arme wieder um seinen Hals zu schlingen, aber sie fand keinen Halt, da er seine Küsse über ihren ganzen Körper wandern ließ. Sie spürte seine Lippen auf der Schulter und der Brust, dann glitt er weiter nach unten und zog sie zu sich an die Kante der Marmorplatte. Inez schnappte erschrocken nach Luft und stützte sich rasch ab, damit sie nicht nach hinten wegkippte und gegen den Spiegel schlug. Dass sie dabei den größten Teil der Kosmetika umwarf, bekam sie kaum mit, dafür war sie viel zu sehr auf das konzentriert, was Thomas mit ihr machte, dessen Lippen auf ihrem Bauch brannten. Als er weiter hinunter wanderte und sich ihrer Hüfte näherte, schüttelte sie den Kopf und wollte die Beine zusammendrücken, doch das ließ er nicht zu. Stattdessen drückte er sie noch ein wenig weiter auseinander, damit seine Schultern Platz genug hatten, als er sich vor ihr auf den Boden kniete.

Was er beabsichtigte, wusste sie ganz genau, dennoch musste sie unwillkürlich aufschreien, als er den Kopf zwischen ihre Schenkel sinken ließ und mit der Zungenspitze ihre empfindlichste Stelle berührte. Es war ein Schrei, der kein Ende zu nehmen schien und der in einem atemlosen Keuchen endete, dann aber erneut aufkam, da sie, auf der Marmorplatte sitzend, sich mal gegen seinen Mund zu drücken und mal zurückzuweichen versuchte, wenn die Empfindungen zu intensiv wurden. Aber ihr war weder das eine noch das andere möglich, zu beharrlich war Thomas’ Griff um ihre Schenkel, während er sie an den Rand des Wahnsinns brachte. Plötzlich brach er ab und richtete sich auf, doch sie wusste nicht, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte. Er sagte kein Wort, sondern schob nur eine Hand unter ihren Po und hob sie hoch.

„Was ist.... ?”, murmelte sie verwirrt, schlang die Beine um ihn und verschränkte die Knöchel, während er sich mit ihr zur Tür umdrehte.

„Hier können wir nicht weitermachen”, brummte er. „Du schlägst dir sonst noch den Kopf an der Marmorplatte oder am Spiegel an.”

Inez verstand nicht, wovon er da redete, da sie nicht den Eindruck gehabt hatte, sie könnte sich irgendwo verletzen. Aber dann ging er einen Schritt mit ihr in Richtung Tür und blieb sofort stehen, da diese Bewegung dazu führte, dass Inez mit seiner Erektion in Berührung kam. Sie sah, wie er das Gesicht verzog, aber er schien eher beunruhigt als freudig erregt. Er presste entschlossen die Lippen aufeinander, dann tat er einen weiteren Schritt, musste aber gleich wieder innehalten, da sie beide zu stöhnen begannen. Kopfschüttelnd ging er ein Stück weiter, und diesmal konnte Inez spüren, wie ein Zittern seine Schultern durchfuhr, da sie beide von der gleichen Lust erfasst wurden.

Ein verzweifelt und zugleich frustriert klingendes Knurren kam aus seiner Kehle, und plötzlich drehte sich Thomas um. Mit den drei Schritten war er bis zur Tür gekommen, aber jetzt drückte er Inez gegen den Türrahmen. „Tut mir leid, aber ich kann keinen Schritt mehr weitergehen”, stöhnte er, während er sie so weit hochhob, dass sie seine Erektion nicht mehr spüren konnte.

Da sie glaubte, sie sei ihm zu schwer geworden, lief ihr Kopf rot an, und sie wollte ihm eben sagen, er solle sie doch besser absetzen, wenn sie zu viel für ihn wog. Dazu kam sie aber nicht mehr, da er sie plötzlich wieder langsam nach unten sinken ließ und sie die Augen weit aufriss, als ihr klar wurde, dass er dabei tief in sie eindrang. Sie sah ihn an, sah in seine fast völlig silbernen Augen, die keinen Schimmer Blau mehr erkennen ließen. Ihre eigenen Augen mussten vor Schreck über das, was sie soeben verspürt hatte, weit aufgerissen sein. Als sie ihn zuvor berührt hatte, da war sie von einer Welle der Lust überspült worden, so als habe er seine eigenen Empfindungen auf sie übertragen, doch das endete im gleichen Moment, als sie ihn losließ. Und nun war es wieder ganz genauso gewesen, dass ihre eigene Lust aus einem unerklärlichen Grund praktisch verdoppelt worden war.

„Ich wollte dich davor bewahren. Ich wollte nicht, dass du davon überwältigt wirst, aber ich kann mich nicht genügend konzentrieren, um das noch länger durchzuhalten”, presste Thomas hervor. Inez sah ihn ratlos an, da sie nicht genau verstand, was er meinte. Allerdings ahnte sie, dass es seine Lust war, die sie zusätzlich zu ihrer eigenen wahrnahm.

„Schaffst du das?”, fragte er besorgt.

Einen Moment lang schwieg sie, dann flüsterte sie: „Mach es noch einmal.” Unschlüssig sah er sie an, dann zog er sich ein Stück weit zurück und drang erneut in sie ein. Inez schrie auf und warf den Kopf in den Nacken, während eine weitere Woge ihrer vereinten Lust durch ihren Körper brandete. „Noch mal”, rief sie und bohrte die Fingernägel in seine Schultern.

Er holte unüberhörbar erleichtert tief Luft und begann, sich wieder zu bewegen. Inez wurde klar, dass er sich immer noch zurückzuhalten versuchte, auch wenn er behauptete, sich darauf nicht konzentrieren zu können. Plötzlich war es nicht mehr nur eine Welle, die mit einer Bewegung einherging, sondern ein ganzes Meer der Lust, das sie zu überfluten schien. Es dauerte nicht lange, da hatte sie das Gefühl, in dieser Wonne zu ertrinken. Sie konnte nicht mehr atmen, sie spürte nicht den Türrahmen, der sich in ihren Rücken drückte, sie hörte keinen der Laute, die sie ausstieß, und sie konnte auch keinen zusammenhängenden Gedanken mehr fassen. Das Einzige, was sie noch wahrnahm, war das immer wilder werdende Verlangen, das Thomas mit jedem Stoß hervorrief. Dann auf einmal war der Punkt gekommen, an dem es für keinen von ihnen mehr ein Halten gab, und ihre Lust explodierte förmlich.

Inez schrie auf, und irgendwie bekam sie mit, dass auch Thomas schrie, und dann auf einmal fiel sie in ein bodenloses schwarzes Loch. Es war ein gleichmäßiges Tippen auf seiner Wange, das Thomas aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit holte. Irritiert schlug er die Augen auf und sah in Inez’ besorgtes Gesicht.

„Du lebst ja noch”, stellte sie erleichtert fest und hielt inne. „Einen Moment lang habe ich gedacht, ich hätte dich umgebracht.”

Thomas lachte leise und versicherte ihr: „Dann wäre ich als glücklicher Mann gestorben.”

Ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre Lippen, doch dann setzte sie eine fragende Miene auf: „Würdest du mir bitte erklären, was genau eben passiert ist?”

Grinsend begann er: „Also wenn du es genau wissen willst: Die große Huschehusch ist in den Tunnel gefahren und.... ” Er brach lachend ab, als sie ihm mit der flachen Hand auf die Brust schlug.

„Blödmann”, raunte sie ihn an, auch wenn sie kaum ernst bleiben konnte. „Nein, jetzt Mal ehrlich. Ich meine das, was sich in meinem Kopf abgespielt hat. Was war das?”

„Das, meine Liebste”, antwortete er und zog sie an sich, „war Sex mit einem Unsterblichen.”

„Ja, aber.... jetzt hör schon auf, ein so unverschämt befriedigtes Gesicht zu machen”, forderte sie ihn amüsiert auf.

„Ich kann nichts dafür, ich bin schließlich befriedigt.” Er wackelte mit den Augenbrauen und fuhr ihr mit den Fingern durch die Haare.

„Was soll das werden?”, erkundigte sie sich, als seine Hände von ihrem Kopf zu ihrem Hals und weiter zu ihrem Rücken wanderten.

„Ich suche nach Verletzungen. Du hast dir nichts getan, als wir hingefallen sind, oder?”

„Ich glaube nicht”, murmelte sie. „Mir tut jedenfalls nichts weh.”

„Gut”, meinte er und ließ seine Hände nur noch langsam weiterwandern, wobei er nicht widerstehen konnte, sie auf ihren Po zu legen, der für seine Finger wie geschaffen schien. Der kleine Thomas regte sich prompt, was Inez dazu veranlasste, ungläubig die Augen aufzureißen.

„Thomas!”, ermahnte sie ihn. „Komm nicht auf dumme Gedanken! Ich will eine Antwort hören. Was ist hier eben passiert? Ich habe gespürt.... ich glaube, ich habe das gefühlt, was du gefühlt hast. Außerdem bin ich in meinem ganzen Leben noch nie ohnmächtig geworden, aber heute.... ” Sie verzog das Gesicht über eine Reaktion, die sie für ein Zeichen der Schwäche hielt.

„Ich auch nicht”, versicherte er ihr und suchte weiter nach Verletzungen.

„Hey!” Sie versteifte sich, als seine Finger zwischen ihre Schenkel glitten.

„Ich muss dich gründlich untersuchen”, sagte er und zog eine Unschuldsmiene, während ihr Atem schneller und flacher wurde.

„Thomas!”, flehte sie ihn an, wand sich hin und her und ließ den kleinen Thomas durch ihre Bewegungen weiterwachsen.

Kopfschüttelnd versuchte sie aufzustehen, doch es wollte ihr nicht gelingen, da er sie nicht losließ. Schließlich gab sie ihre Bemühungen auf und keuchte: „Bitte. Ich will verstehen, was das war.”

Er hörte auf, sie zu quälen, und legte die Hände um ihre Taille. „So ist es zwischen Lebensgefährten. Sie können sich gegenseitig nicht lesen und nicht kontrollieren, aber beim Sex sind sie in der Lage, ihre Gefühle und Gedanken miteinander zu teilen, ohne ein Wort zu sagen.”

Verdutzt hörte sie seinen Erklärungen zu, wunderte sich dann aber über etwas und fragte: „Du hast gesagt, du wolltest mich davor bewahren. Wie meinst du das?”

Thomas zögerte, dann auf einmal ergriff er ihre Taille und drehte sich mit ihr um, sodass sie unter ihm lag. Er stützte sich auf seine Ellbogen, um Inez nicht mit seinem ganzen Gewicht zu belasten, und während er sich darauf konzentrierte, den Schutzwall in seinem Kopf aufrechtzuerhalten, rieb er sich an ihr. Er ballte die Fäuste, als die Lust durch seinen Körper jagte. Der kleine Thomas wuchs noch etwas mehr, und Inez schnappte unter ihm nach Luft. Plötzlich ließ er den Schutzwall einstürzen, schloss die Augen und genoss seine und ihre vereinte Lust, die seinen Geist ebenso überrannte wie seinen Leib.

„O Deus”, stöhnte Inez.

Als auch die letzten Wellen verebbt waren, sah er sie an und erklärte: „Ich liebe es, wenn du ordinär redest.”

Sie lachte atemlos und konterte: „Ich habe nur ,Oh Gott’ gesagt.”

Thomas grinste. „Nein, der bin ich nicht. Allerdings kann ich verstehen, dass du mich mit ihm verwechselst, immerhin war das der beste Sex deines Lebens.” Inez schnaubte abfällig.

Er wurde ernster. „Ich hatte noch nie eine Lebensgefährtin, aber ich hatte davon gehört, wie überwältigend Sex mit ihr sein soll. Ich dachte, es könnte dir Angst machen, deshalb hatte ich versucht, mich so lange wie möglich zurückzuhalten. Dann wurde mir bewusst, wie dumm es von mir gewesen war, so etwas im Badezimmer anzufangen. Ich habe gefürchtet, einer von uns könnte sich verletzen, wenn wir anschließend ohnmächtig werden. Deshalb hatte ich noch versucht, dich zum Bett zu tragen.”

„Aber ich war zu schwer für dich”, warf sie betrübt ein.

Thomas sah sie verdutzt an. „Was?”

„Na ja, das war doch der Grund, weshalb du mich nicht bis zum Bett tragen konntest.... oder nicht?”, fragte sie unsicher.

„Inez”, erwiderte er geduldig. „Du hast gesehen, wie ich in Amsterdam diesen blonden Kerl mit einer Hand hochgehoben habe, der gut und gern dreißig Kilo mehr gewogen hat als du. Du bist nicht zu schwer für mich. Du bist überhaupt nicht schwer.”

„Aha.... klar”, murmelte sie und dachte offenbar an die Situation zurück. „Nur hast du gesagt: ,Tut mir leid, aber ich kann keinen Schritt mehr weitergehen.’ Was sollte das denn sonst heißen?”

„Das sollte heißen, dass ich mich nicht länger zurückhalten konnte”, machte Thomas ihr klar. „Meine Selbstbeherrschung war dahin. Ich konnte nicht noch einen Schritt gehen und den kleinen Thomas an dir reiben, weil es mich wahnsinnig gemacht hat. Ich.... ”

„Ja, ja, schon gut, ich habe verstanden”, unterbrach sie ihn lachend und fragte dann: „Den kleinen Thomas?”

„Mhm.” Er bewegte die Hüften und stieß sie mit dem kleinen Thomas an. „Er sagt Hallo und lässt ausrichten, dass er dich sehr gut leiden kann.”

„Ach, tatsächlich?”, gab sie amüsiert zurück. „Nun, ich finde ihn auch ganz interessant. Fast so interessant wie den großen Thomas.”

„Wirklich?” Er grinste Inez an. „Tja, das ist zu schade, weil mich im Augenblick nämlich die Essensdüfte verrückt machen, die vom Servierwagen nebenan ausgehen.”

„Die kannst du von hier aus riechen?”

„Ja, und ich möchte auf die traditionelle unsterbliche Weise essen.”

„Was ist denn die.... “, begann sie, musste aber erstaunt nach Luft schnappen, als Thomas aufsprang und sie mit sich hochzog, „.... die traditionelle unsterbliche Weise?”

„Augenblick”, meinte er nur und griff nach den beiden Frotteebademänteln, die vom Hotel zur Verfügung gestellt wurden. Er zog den einen an, dann half er ihr in den anderen, nahm Inez hoch und ging zur Tür.

„Thomas”, hakte sie nach, während er sie zum Servierwagen trug. „Was ist die traditionelle unsterbliche Weise?”

„Die besteht darin, dass ich die Gerichte von deinem nackten Körper esse”, antwortete er.

„Das ist nicht wahr!”, protestierte sie, fragte aber verunsichert: „Oder doch?”

„Nein”, gab er grinsend zu. „Allerdings können wir ja eine neue Tradition begründen.”

Inez lachte von Herzen und sagte: „Ich liebe es.... ” Thomas spürte, wie sein Herz stehen blieb, als sie ins Stocken geriet. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bis sie ernst fortfuhr, „.... mit dir zusammen zu sein.”

Es war immerhin ein erster Schritt, sagte sich Thomas und hoffte, sie würde ihm seine Enttäuschung nicht anmerken. Einen Moment lang hatte er sich gewünscht, sie würde.... Aber sie standen noch ganz am Anfang, und alles würde schon gut ausgehen. Immerhin war sie seine Lebensgefährtin, hielt er sich vor Augen und versuchte, nicht an die Male zu denken, als es nicht gut ausgegangen war. Die Malle, wenn eine sterbliche Lebensgefährtin sich weigerte, ebenfalls unsterblich zu werden.