Das graue Licht des traurigen Morgens schwebte ins Abteil und erleuchtete das matte Gesicht des Mannes, während böiger Wind den Zug peitschte. Die leeren Teegläser starrten den Schlafenden an, und die junge Frau schaute aus dem Fenster auf eine vollkommen neue Landschaft. Hinter den Notenlinien der Telegrafendrähte sah sie im Dämmerschein der Morgensonne die erste hundertköpfige bunte Pferdeherde, sie sah Tausende Fettbürzelschafe mit schwarzem Fleck auf der Stirn und dachte an Mitka und an den Tag im Juli, als sie aus dem Sommerurlaub in Finnland zurückgekommen war und Mitka sie am Bahnhof abgeholt hatte. Sie dachte daran, wie sie zuerst ins Wohnheim gegangen und Hand in Hand die neun Stockwerke nach oben gerannt waren, wie der Gang des Wohnheims bis zu den Knien voller dauniger Löwenzahnfrüchte gewesen war, wie sie wie Kinder auf dem Gang hin und her gerannt waren und wie der Löwenzahnflaum durch die offenen Fenster herein- und hinausgeschwebt war.
Auf der Höhe eines unmittelbar neben der Strecke errichteten Jurtendorfs drosselte der Zug das Tempo und glitt wenig später auf ein Nebengleis, um den Weg für eine Güterzugkolonne frei zu machen. Die junge Frau betrachtete die Jurten durch das graue Abteilfenster. Es waren fünf, und sie waren um eine freie Fläche herum aufgebaut worden, wo man einen alten hölzernen Kinderwagen sah. Daneben stand eine Frau im traditionellen roten monogolischen Kleid und hielt ein kleines Kind auf dem Arm. Auf dem Kopf trug sie ein Tuch mit gelben Blumen. Sie winkte dem Zug, ein kleiner Junge hinter ihr kämpfte sich auf den Rücken eines Fohlens mit dünnen Beinen.
Der Mann bewegte sich. Unruhig wälzte er sich in seinem Bett hin und her, als wollte er unschöne Erinnerungen abschütteln, schließlich blieb er mit dem Rücken zu der jungen Frau liegen. Eine Tätowierung bedeckte seinen Rücken: in der Mitte die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, unterhalb der einen Schulter ein Tempel mit Zwiebelturm und Stern.