Sechstes Kapitel

Don Alfonso sehnte sich immer heftiger nach der sänftigenden Gegenwart Leonors. Überdies machte ihr die Schwangerschaft Beschwer, die Entbindung war in sechs bis sieben Wochen zu erwarten, er durfte sie nicht länger allein lassen. Er schickte ihr Nachricht, er werde nach Burgos kommen.

Doña Leonor hatte es ihm nicht übelgenommen, daß er sich so lange von ihr fernhielt. Sie fühlte ihm die Qual der erzwungenen Untätigkeit nach, sie begriff, daß er’s vermeiden wollte, an ihrem Hofe mit Männern zusammenzutreffen, die auf der Fahrt ins Heilige Land waren, sie rechnete es ihm hoch an, daß er nun doch kam.

Sie zeigte ihm, wie tief sie ihn verstand. Sosehr es sie schmerzte, sie erkannte, daß Kastilien neutral bleiben mußte. Hatte sie doch selber gesehen, wie tief die Kränkung an Don Pedro fraß. Sie wußte: selbst wenn wider Erwarten eine notdürftige Allianz mit Aragon zustande kam, das bittere Vergeltungsgefühl des jungen Königs mußte zu stetem, verderblichem Hader über den Oberbefehl führen, die Niederlage war von vornherein gewiß.

In guten Worten versicherte sie Alfonso, seine Selbstüberwindung sei tapferer als jede noch so kühne Waffentat. Auch verstehe man überall die unselige Konstellation, die ihn in seine Untätigkeit hineinzwinge. »Du bist nach wie vor der Erste Ritter und Held Hispaniens, mein Alfonso«, sagte sie, »und die ganze Christenheit weiß es.«

Ihm wurde, wenn sie so sprach, das Herz warm. Sie war seine Dame und Königin. Wie hatte er’s ohne ihren Trost, ihren Rat, ihre Sorge so lange in Toledo aushalten können?

Er mühte sich, sie seinesteils besser zu begreifen. Bisher hatte er’s als eine freundlich damenhafte Laune hingenommen, daß sie ihr Burgos seinem Toledo vorzog; jetzt verstand er, daß es in ihrem Wesen begründet war. Aufgewachsen an den Höfen ihres Vaters Heinrich von Engelland und ihrer Mutter Ellinor de Guienne, wo man Bildung und feinste Sitte pflegte, mußte sie sich verloren vorkommen in seinem abgelegenen Toledo. Von ihrem Burgos aus, das an der großen Pilgerstraße nach Santiago de Compostela lag, war leicht Verbindung zu halten mit den verfeinerten Höfen der Christenheit; es kamen denn auch ständig zu Besuch Ritter und Dichter vom Hofe ihres Vaters und von dem ihrer Halbschwester, der damenhaftesten Dame der christlichen Welt, der Prinzessin Marie von Troyes.

Burgos selber beschaute Alfonso jetzt mit besser wissenden Augen. Er sah die strenge, strebende Schönheit der uralten Stadt, die das arabische Wesen abgetan hatte und nun dastand hehr, ragend, spröd, christlich. Er war ein Narr, daß er sich sein edles, ritterliches Burgos einen Augenblick lang hatte verleiden lassen von dem Geschwätz eines törichten Mädchens.

Er ärgerte sich, daß er Auftrag gegeben hatte, die Galiana in ihrer moslemischen Pracht wiederaufzubauen, und erzählte Leonor nichts davon. Ursprünglich hatte er gedacht, wenn das schöne, kühl gelegene Schloß wiederhergestellt sei, könne er sie überreden, auch einmal ein paar Sommerwochen in Toledo zuzubringen. Jetzt wußte er, La Galiana wird ihr mißfallen; sie liebte das Gehaltene, Feste, Ernsthafte, nicht das weichlich Üppige, Verspielte, Verfließende.

Er bestrebte sich in diesen Wochen, es Doña Leonor recht zu machen. Da ihr Zustand Reit- und Jagdausflüge verbot, versagte auch er sich dieses Vergnügen und blieb die meiste Zeit in der Burg. Auch beschäftigte er sich mehr als früher mit seinen Kindern, vor allem mit der Infantin Berengaria. Sie war ein hochaufgeschossenes Mädchen mit nicht schönem, doch kühnem Gesicht. Von ihrer Mutter hatte sie die Neugier an Welt und Menschen geerbt, auch den Ehrgeiz, sie las und lernte viel. Es machte ihr sichtlich Freude, daß sich ihr Vater jetzt mehr mit ihr abgab, doch blieb sie einsilbig und zugesperrt. Alfonso kam seiner Tochter nicht näher.

Doña Leonor hatte sich damit abgefunden, keinen männlichen Erben zu gebären. Aber es werde, meinte sie lächelnd, auch sein Gutes haben, wenn sie ein viertes Mal mit einer Tochter niederkomme. Denn dann habe der künftige Gemahl ihrer Berengaria so gut wie sichere Aussichten auf die Krone Kastiliens und werde also diesem Reiche ein ehrlicher Bundesgenosse sein. Sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, Don Pedro trotz allem für eine aufrichtige Allianz zu gewinnen, und sie beabsichtigte, gleich nach ihrer Entbindung nach Saragossa zu fahren, um das Verlöbnis von neuem zu betreiben. Auch in diesem Dritten Kreuzzug vollzog sich der Aufmarsch der christlichen Heere sehr langsam, die große Fahrt nach dem Osten war bisher nur bis Sizilien gekommen, so daß, wenn nur die Versöhnung mit Aragon zustande kam, gute Aussicht war, daß Alfonso noch am Heiligen Krieg werde teilnehmen können.

Fürs erste sann Doña Leonor allerlei Geschäftigkeit aus, ihm die träge Zeit des Wartens schneller fließen zu machen.

Da war etwa der Calatrava-Orden. Diese Kerntruppe Kastiliens unterstand dem König nur in Kriegszeiten; im Frieden war der Großmeister so gut wie unabhängig. Der Heilige Krieg gab Don Alfonso gute Gründe, auf Änderung zu drängen. Doña Leonor schlug vor, Alfonso solle nach Calatrava reisen, dem Orden für den Ausbau der Wälle und für die Ausrüstung der Ritter eine Stiftung machen und sich mit dem Großmeister, Don Nuño Perez, einem mönchischen, doch sehr kriegskundigen Herrn, über die Umgestaltung der Regel und Zucht verständigen.

Dann waren da die Gefangenen, die Sultan Saladin bei dem Kampf um die Heilige Stadt in die Hände gefallen waren. Der Papst mahnte und drängte alle Christenheit, sie auszulösen. Aber der Heilige Krieg verschlang riesige Beträge, man zögerte und vertröstete, die Frist lief ab. Der Sultan hatte ein Lösegeld von zehn Goldkronen für den Mann, fünf für die Frau, eine für das Kind festgesetzt, das war hoch, doch nicht unangemessen. Doña Leonor riet, Alfonso solle Gefangene in sehr großer Zahl auslösen. Auf solche Art könne er der Welt zeigen, daß er an heiligem Eifer den andern nicht nachstehe.

Das waren Projekte, die Alfonso einleuchteten. Aber wenn er sie unternahm, brauchte er Geld.

Er entbot Jehuda nach Burgos.

Dieser Don Jehuda mittlerweile war in Toledo gesessen in seinem schönen Castillo Ibn Esra. Und während überall in der Welt Krieg war, erfreute sich sein Sepharad des Friedens, und die Geschäfte des Landes und seine eigenen blühten.

Aber eine neue, schwere Sorge schlich ihn an, Sorge um die Judenheit Toledos und ganz Kastiliens.

Nach dem unzweideutigen Edikt des Papstes hatten alle jene, die nicht an dem Kreuzzug teilnahmen, den Saladins-Zehnten zu entrichten, also auch die Juden. Erzbischof Don Martín machte sich diesen Erlaß zunutze und forderte die Aljama auf, ihm diese Abgabe zu zahlen.

Don Ephraim brachte Jehuda das Schreiben des Erzbischofs. Es war scharf, drohend. Jehuda las; er hatte die Forderung Don Martíns seit langem erwartet.

»Die Aljama«, sagte mit dünner Stimme Don Ephraim, »wird zusammenbrechen, wenn sie zu den andern Steuern auch noch den Saladins-Zehnten zahlen soll.«

»Wenn ihr euch von der Zahlung drücken wollt«, antwortete unverblümt Jehuda, »rechnet nicht mit meiner Hilfe.«

Das Gesicht des Gemeindevorstehers wurde böse und entsetzt. Diesen Jehuda, dachte er bitter, kümmert es keinen Daumenbreit, was wir andern zahlen. Er streicht seine Kommission ein, der Wucherer: uns läßt er verderben.

Don Jehuda erriet genau die Gedanken des andern. »Winsele mir nicht um das Geld, mein Herr und Lehrer Ephraim«, wies er ihn zurecht. »Ihr verdient genug an der kastilischen Neutralität. Ich hätte euch den Saladins-Zehnten schon lange abfordern sollen. Es geht nicht um das Geld. Es geht um Wichtigeres.«

Dem Párnas Ephraim war vor der ungeheuren Höhe des Betrags, den da seine Aljama zahlen sollte, jede andere Sorge verdämmert; nun Jehuda ihn so unsanft weckte, konnte er sich nicht länger blind stellen vor der sehr viel schlimmeren Gefahr. Der Saladins-Zehnte war eine Steuer, die der Kirche zustand, nicht dem König. Schon als es darum ging, die Steuern von den Christen zu erheben, hatte der Erzbischof die Eintreibung als sein Recht beansprucht, und die Krone hatte ihm mancherlei Zugeständnisse machen müssen. Den Juden gegenüber wird Don Martín auf diesem seinem Privileg noch viel schroffer bestehen; wenn er aber durchdrang, dann war es mit der Unabhängigkeit der Aljama zu Ende.

Das machte jetzt Don Jehuda dem andern in brutalen Worten klar. »Du weißt doch so genau wie ich, worum es geht«, sagte er. »Kein Zwischenglied darf eingeschoben werden zwischen uns und den König. Unabhängig müssen wir bleiben, wie es niedergelegt ist in den alten Büchern. Unsere eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit müssen wir beibehalten, so wie die Granden. Der König muß das Recht bekommen, ich muß das Recht bekommen, diese Steuer einzuziehen, nicht Don Martín. Darauf werde ich hinarbeiten, nur darauf. Und wenn es mir gelingt, und wenn es euch nichts weiter kostet als das Geld, dann singt Halleluja!«

Don Ephraim, so hart angepackt, gab in seinem Innern Jehuda recht. Ja, er bewunderte, wie rasch und klar dieser erfaßte, worum es ging. Aber er wollte seinen widerwilligen Respekt nicht zeigen. Zu tief traf ihn der Kummer um das Geld. Er saß da, unbehaglich, fröstelnd, rieb sich die Fläche der einen Hand mit den Nägeln der andern und maulte weiter: »Dein Vetter Don Joseph hat erwirkt, daß die Juden Saragossas nur die Hälfte des Zehnten zu zahlen haben.« – »Vielleicht ist mein Vetter geschickter als ich«, entgegnete trocken Jehuda. »Sicher ist, daß er keinen Erzbischof Don Martín zum Gegner hat.« Er erhitzte sich. »Willst du denn immer noch nicht sehen? Ich werde zufrieden sein, wenn uns dieses Mal der Erzbischof nicht unters Joch kriegt. Dafür zahle ich gern den vollen Zehnten an den König, und es wird ein fetter Zehnter sein, Don Ephraim, verlaß dich drauf. Die Autonomie der Aljama ist mir das wert.« Er sprach unerwartet heftig, ja, er verhaspelte sich und lispelte.

»Ich weiß, daß du unser Freund bist«, beeilte sich Don Ephraim zu erwidern. »Aber du bist ein strenger Freund.«

Der Erzbischof, auf eine ehrerbietig ablehnende Antwort Don Ephraims, schickte keine zweite Mahnung. Wohl aber reiste er nach Burgos, offenbar um den König zu bestürmen, er möge ihm Vollmachten gegen die Juden erteilen.

Jehuda befürchtete, es könnte ihm gelingen. Alfonso und Leonor waren fromm, die kastilische Neutralität bedrückte ihr Gewissen, Don Martín konnte sich auf ein unzweideutiges Edikt des Papstes berufen und sie mahnen, nicht Sünde auf Sünde zu häufen. Jehuda fragte sich, ob er nicht selber nach Burgos fahren solle. Aber das Bedenken des alten Musa, er könnte gerade durch »Tun« alles verderben, hielt ihn ab.

Es war ihm ein Zeichen des Himmels, als ihn der König nach Burgos befahl.

In der Tat setzte der Erzbischof dem König hart zu. Er berief sich auf eine ganze Reihe von Erlassen des Heiligen Stuhles und auf Schriften höchster kirchlicher Autoritäten. Hatten nicht die Juden dem Pilatus erwidert: »Das Blut Christi komme über uns und unsere Kinder«, und so sich selber verurteilt? Damals hatte sie Gott zu ewiger Knechtschaft bestimmt, und Pflicht der christlichen Fürsten war es, die Nacken der Verfluchten gebeugt zu halten. »Du aber, Don Alfonso«, rief er ihn an, »hast während deiner ganzen Regierung die Juden verhätschelt und verwöhnt, und in dieser schweren Zeit, da das Grab des Heilands dem beschnittenen Antichrist von neuem in die Hände gefallen ist und da das päpstliche Edikt alle, also auch die Juden, eindeutig zum Saladins-Zehnten verpflichtet, weigerst du dich, es durchzuführen, und privilegierst die Ungläubigen vor deinen rechtgläubigen Untertanen.«

Die Ermahnungen des Erzbischofs machten den König mürb. Er versprach: »Gut, Don Martín. Auch meine Juden werden den Saladins-Zehnten zahlen.«

Don Martín jubelte: »Sofort schreib ich die Steuer aus.«

So hatte es Alfonso nicht gemeint. Der Papst konnte verlangen, daß er, der König, den Zehnten einfordere, auch daß er ihn für Zwecke des Krieges verwende; aber das Geld einzutreiben und über die Einzelheiten der Verwendung zu bestimmen, blieb seine, des Königs, Befugnis. Es war das ein alter Streit, er war wieder aufgelebt schon bei der ersten Ausschreibung des Saladins-Zehnten, und sosehr Alfonso den Erzbischof als treuen, ritterlichen Freund schätzte, er war nicht gewillt, ihm nachzugeben. »Verzeih, Don Martín«, sagte er, »das ist nicht deines Amtes.« Und da der Erzbischof auffuhr, begütigte er: »Du gierst nicht nach Geld, und ich giere nicht danach. Wir sind christliche Ritter. Wir machen Beute vom Feind, aber wir streiten uns nicht mit dem Freund um Gelddinge. Lassen wir auch dieses Mal die Juristen und Repositarii entscheiden.«

»Heißt das«, fragte argwöhnisch und streitbar Don Martín, »du willst deinen Juden bestimmen lassen über das Edikt des Heiligen Vaters?« – »Es trifft sich gut«, erwiderte Alfonso, »daß Don Jehuda auf dem Weg hierher ist. Gewiß werde ich auch von ihm ein Gutachten einholen.« Nun aber brach der Erzbischof los: »Den zwiefach Ungläubigen willst du befragen? Den Sendling des Teufels? Glaubst du, er wird dir tauglichen Rat erteilen gegen seinen Freund, den Emir von Sevilla? Wer bürgt dir dafür, daß er nicht heute noch mit ihm konspiriert? Schon Pharao hat gesagt: ›Wenn uns ein Krieg trifft, werden sich die Juden zu unsern Feinden halten.‹«

Don Alfonso mühte sich, ruhig zu bleiben. »Dieser Escrivano hat mir guten Dienst getan«, sagte er, »besseren als je einer vor ihm. Es herrscht mehr Ordnung in der Wirtschaft meines Reiches und weniger Unterdrückung. Du tust dem Manne unrecht, Don Martín.« Die Wärme, mit welcher der König für den Hebräer eintrat, erschreckte den Erzbischof. »Jetzt zeigt es sich«, sagte er, nun eher bekümmert als zornig, »der Heilige Vater hat guten Grund gehabt, die christlichen Fürsten vor jüdischen Ratgebern zu warnen.« Er zitierte das Sendschreiben des Papstes: »Hütet euch, ihr Fürsten der Christenheit. Wenn ihr die Juden mitleidig in zu nahe Nähe aufnehmt, dann danken sie es euch wie im Sprichwort: mus in pera, serpens in gremio et ignis in sinu – wie die Maus im Beutel, die Schlange im Wams, der Zunder im Ärmel.« Und er schloß betrübt: »Dieser Mensch ist dir furchtbar nahegekommen, Don Alfonso, er hat sich dir ins Herz gewurmt.«

Den König rührte die Trauer des Freundes. »Glaube nicht«, sagte er, »ich will der Kirche vorenthalten, was ihr zukommt. Ich werde deine Gründe abwägen und die seinen, und wenn er nicht sehr Gewichtiges, Triftiges, Uneigennütziges vorbringt, dann folge ich dir.«

Der Erzbischof blieb finster und bekümmert: »War es nicht genug«, mahnte er, »daß der Herr dich um deiner Sünden willen verdammt hat, auf dem Lotterbett zu liegen, während die ganze Christenheit kämpft? Häufe nicht neue Sünde zur alten! Laß nicht, ich beschwöre dich, in deinen Reichen die Ungläubigen Schindluder treiben mit dem Edikt des Heiligen Vaters!« Don Alfonso nahm seine Hand. »Ich danke dir für deine Mahnung«, sagte er. »Ich werde daran denken, wenn der andere mich beschwatzen will.«

Während all der Zeit, da er auf Jehuda wartete, gingen ihm die Worte Don Martíns nicht aus dem Kopf. Der Erzbischof hatte recht: er hatte sich mit dem Juden zu tief eingelassen. Er hatte ihn nicht wie einen Menschen gehalten, mit dem man notgedrungen Geschäfte macht, sondern wie einen Freund. Hatte ihn in seinem Hause aufgesucht, seinen Sohn zum Edelknaben genommen, mit seiner Tochter scharmutziert und sich vom Spott und Hochmut des Mädchens verlocken lassen, das islamische Lustschloß aufzubauen. Wenn man die Schlange in den Schoß nahm, dann biß sie. Vielleicht hatte sie schon gebissen.

Der Jude soll ihn nicht länger berücken. Er soll sich verantworten, daß er der Aljama den Saladins-Zehnten noch nicht abverlangt hat. Und wenn er keine Gegengründe weiß, die schlagen und treffen, dann wird Alfonso die Juden dem Don Martín überantworten. Sie sollen ihm nicht den Kopf zu dreist in die Höhe strecken, die Ungläubigen!

Aber darf er sein Besitzrecht an den Juden, dieses Patrimonio Real, der Kirche überschreiben? Keiner seiner Vorfahren hat daran tasten lassen.

Er nahm die Berichte vor über die Finanzlage des Reiches. Sie waren günstig, mehr als günstig. Der Mann hatte ihn gut bedient, das war nicht zu leugnen. Aber er wird die Mahnung des Erzbischofs im Herzen tragen; niemand soll ihn übertölpeln.

Zunächst einmal wird er dem Juden für Calatrava und für den Freikauf der Gefangenen eine ungeheure Summe abverlangen. Schon die Antwort des Juden wird zeigen, ob er die Interessen der Krone und des Reiches voranstellt oder seine eigenen und die seiner Judenheit.

Er empfing Jehuda erwartungsvoll.

Jehuda selber war voll unruhiger Spannung. Unendlich vieles hing ab von dieser Aussprache mit dem König, er mußte vorsichtig sein.

Zunächst berichtete er ausführlich über den Stand der Wirtschaft. Erzählte von ansehnlichen Erfolgen und vergaß nicht kleinere Errungenschaften, die geeignet schienen, dem König Vergnügen zu machen. Da war etwa das große Gestüt; sechzig edle Pferde aus dem moslemischen Andalús und aus Afrika waren auf dem Transport nach Kastilien, drei Pferdezüchter von hohem Sachverstand waren angeworben worden. Dann war da die kastilische Münze; Goldmaravedí wurden in immer größerer Anzahl geprägt, und wiewohl das Bildnis Alfonsos wie jedes Bildnis den Anhängern des Propheten ein Ärgernis war, verbreiteten sich auch in den islamischen Ländern die Goldmünzen, die Don Alfonsos Antlitz und das Wappen seiner Macht zeigten. Und der Frau Königin wird es vielleicht Freude machen, daß sie in nicht allzu ferner Zeit Gewänder wird tragen können, die aus kastilischer Seide gewebt sind.

Der König hörte gut zu und schien befriedigt. Aber er erinnerte sich seines Vorsatzes, den Juden nicht übermütig werden zu lassen. »Das klingt ja erfreulich«, meinte er, um mit bösartiger Freundlichkeit fortzufahren: »Und nun haben wir wohl auch endlich das Geld, um gegen unsere Moslems loszuschlagen.« Don Jehuda war enttäuscht über den geringen Dank, doch antwortete er ruhig: »Wir nähern uns diesem Ziele schneller, als ich hoffte. Und je länger du Frieden hältst, Herr König, um so besser sind deine Aussichten, ein Heer aufzustellen, groß und stark genug, dir den Sieg zu verbürgen.«

Don Alfonso, mit der gleichen, hinterhältigen Freundlichkeit, fragte weiter: »Wenn du glaubst, mir den Heiligen Krieg noch immer verbieten zu müssen, bewilligst du mir wenigstens Geld, der Christenheit meinen guten Willen zu zeigen?« – »Habe die Gnade, Herr König«, erwiderte Don Jehuda, »deinem unverständigen Diener deine Meinung deutlicher zu machen.« – »Ich und Doña Leonor haben beschlossen«, eröffnete ihm Alfonso, »Gefangene des Saladin loszukaufen, viele Gefangene«, und er nannte eine noch höhere Zahl, als er hatte verlangen wollen: »tausend Männer, tausend Frauen, tausend Kinder.«

Jehuda schien betroffen, und Alfonso dachte bereits: Da hab ich ihn ertappt; jetzt zeigt er sein wahres Gesicht, der Fuchs. Da aber antwortete Jehuda: »Sechzehntausend Goldmaravedí sind sehr viel Geld. Kein anderer Fürst dieser Halbinsel könnte für einen uneigennützig frommen Zweck eine so hohe Summe spenden. Du kannst es, Herr König.«

Alfonso, nicht wissend, ob er sich freuen oder ärgern sollte, fuhr fort: »Des weiteren möchte ich dem Calatrava-Orden eine Stiftung machen, und sie soll nicht schäbig sein.«

Nun war Jehuda ernstlich bestürzt. Aber sogleich sagte er sich, der König wolle vermutlich dem Himmel Verzeihung abkaufen für seine Neutralität im Heiligen Krieg, und besser tat er’s auf solche Art als dadurch, daß er den Saladins-Zehnten dem Erzbischof überließ. »An welche Summe hast du gedacht, Herr König?« fragte er. »Ich möchte deine Meinung hören«, verlangte Alfonso. Jehuda schlug vor: »Wenn du Calatrava den gleichen Betrag anwiesest wie Alarcos: viertausend Goldmaravedí?« – »Du scherzest, mein Lieber«, sagte freundlich der König. »Ich werde doch meine besten Ritter nicht wie Bettler abspeisen. Stell die Schenkung aus auf achttausend Maravedí.«

Dieses Mal konnte Don Jehuda sein Gesicht nicht verhindern, zu zucken. Doch verneigte er sich ohne Widerrede und sagte: »Du hast in dieser Stunde vierundzwanzigtausend Goldmaravedí für heilige Zwecke verschenkt, Herr König. Bestimmt wird Gott dir’s lohnen.« Und munter, schon hatte er sich gefaßt, sprach er weiter: »Ich hatte ohnedies erwartet, daß die Gnade Gottes mit dir sein werde, und ich habe Vorsorge getroffen.« Der König schaute verwundert. »Ich habe«, erläuterte Jehuda, »damit rechnend, daß Gott dir nach Verdienst einen Thronerben bescheren wird, meine Repositarii angewiesen, das Register der Taufgeschenke zu revidieren.« Es war nämlich in den alten Büchern festgelegt, daß anläßlich der Geburt eines ersten Sohnes der König das Recht haben sollte, von jedem Vasallen eine Beisteuer zur würdigen Aufziehung des Thronerben einzufordern, und es ging um hohe Beträge.

Don Alfonso hatte wie Doña Leonor die Hoffnung auf einen Thronerben aufgegeben, und daß sein Escrivano auf sein Glück baute, freute ihn. Belebt, mit einem kleinen, verlegenen Lächeln meinte er: »Du bist wirklich ein vorsorglicher Mann«, und schon wollte er, da der Jude ihm die verlangte Summe ohne Zögern zur Verfügung stellte, seinem Vorsatz gemäß ihn und nicht Don Martín mit der Eintreibung des Zehnten betrauen.

Aber hatte sich nicht der Jude herumgedrückt um den Saladins-Zehnten der Aljama und ihn mit keinem kleinsten Wort erwähnt? »Wie ist das eigentlich mit eurem Saladins-Zehnten?« fuhr er ihn an, ohne Übergang. »Man sagt mir, ihr wollt die Kirche darum betrügen. Das dulde ich nicht, da seid ihr bei mir an den Falschen geraten.«

Der jähe, gereizte Angriff warf Jehuda aus dem Gleichgewicht. Aber er überlegte, daß jetzt das Schicksal der sephardischen Juden auf seiner Zunge lag, er riß sich zusammen, er befahl sich kühles Wägen und Geduld. »Man hat uns verleumdet, Herr König«, antwortete er. »Ich habe den Saladins-Zehnten der Aljama längst in meine Rechnung eingestellt; sonst wäre das Geld nicht da, das du heute verlangt hast. Aber natürlich wollen deine jüdischen Untertanen auch diese Steuer nur dir entrichten, Herr König, und nicht irgendwem sonst, der sie fordern könnte oder gefordert hat.«

Don Alfonso, wiewohl befriedigt, daß der Jude die Beschuldigung Don Martíns so mühelos widerlegte, wies ihn zurecht: »Werde mir nicht zu dreist, Don Jehuda! Der ›Irgendwer‹, von dem du sprichst, ist der Erzbischof von Toledo.«

»Das Statut«, antwortete Jehuda, »welches deine Väter der Aljama gewährt und welches deine Majestät bestätigt hat, sieht vor, daß die Gemeinde Steuern nur dir zu entrichten hat und niemand sonst. Wenn du es befiehlst, dann wird der Zehnte selbstverständlich an den Herrn Erzbischof gezahlt werden. Allein es wird der Zehnte sein und kein Sueldo mehr, ein sehr magerer Zehnter; denn es ist schwierig, einen widerspenstigen Bock zu scheren. Wenn aber der Zehnte deiner Majestät gehört, wird es ein fetter, reicher Zehnter sein; denn dich, Herr König, liebt und verehrt die Aljama von Toledo.« Und leise, eindringlich fuhr er fort: »Was ich dir jetzt sage, sollte ich vielleicht besser in meinem Busen bewahren. Aber ich bin dein ehrlicher Diener und kann dir’s nicht verschweigen. Es wäre schlimm für uns und drückte unser Gewissen, wenn wir Geld beisteuern sollten zur Eroberung einer Stadt, die uns heilig ist seit Urzeiten und die Gott uns zum Erbteil bestimmt hat. Du, Herr König, wirst unser Geld nicht für den Krieg im Osten verwenden, sondern für die Mehrung der Würde und Macht deines Kastiliens, das uns schützt und uns Blüte und Sicherheit gibt. Wir wissen, du brauchst das Geld zu unserem Wohl. Wofür es der Herr Erzbischof braucht, wissen wir nicht.«

Der König glaubte, was der Jude sagte. Der Jude, aus welchen unheimlichen Gründen immer, ging den gleichen Weg wie er, er war sein Freund, Alfonso spürte es. Aber gerade das durfte nicht sein. Die Maus im Beutel, die Schlange im Wams, der Zunder im Ärmel, klangen ihm die Worte des Heiligen Vaters nach. Er durfte sich den Juden nicht zu nahekommen lassen; es war Sünde, es war zwiefache Sünde jetzt im Heiligen Krieg.

»Nimm uns nicht die Rechte, die wir seit hundert Jahren haben«, beschwor ihn Jehuda. »Gib nicht deine treuesten Untertanen in die Hand ihres Feindes. Wir sind dein Eigentum, nicht des Erzbischofs. Laß mich deinen Saladins-Zehnten eintreiben, Herr König!«

Die Worte Jehudas rührten Alfonso an. Aber der sie sprach, war ein Ungläubiger, und hinter dem, der ihn gewarnt hatte, stand die Kirche. »Ich werde deine Gründe erwägen, Don Jehuda«, sagte er schwunglos.

Jehudas Gesicht erlosch. Wenn er den Mann jetzt nicht überzeugt hatte, wird er’s niemals vermögen. Gott hatte seinen Worten die Gnade versagt. Er, Jehuda, hatte versagt.

Alfonso sah die ungeheure Enttäuschung des Juden. Dieser Ibn Esra hatte ihm Dienste geleistet wie kein zweiter. Es war ihm leid, daß er ihn gekränkt hatte.

»Glaube nicht«, sagte er, »daß ich deine Dienste unterschätze. Du hast meinen Auftrag wohl erfüllt, Don Jehuda.« Und, mit Wärme, fügte er hinzu: »Ich werde meine Herren einladen, mit anzuschauen, wie du mir den Handschuh zurückgibst zum Zeichen wohlerfüllten Auftrags.«

Auch Doña Leonor war unsicher, ob man die Eintreibung des Saladins-Zehnten der Juden dem Erzbischof überlassen solle. Als Königin wollte sie das wichtige Kronrecht nicht preisgeben. Als Christin fühlte sie sich in Sünde, da sie aus der fragwürdigen Neutralität des Reiches Vorteil zog, und wollte die Mahnung des Erzbischofs nicht mißachten. Ihre peinvolle Schwangerschaft vermehrte ihre Zweifel. Sie konnte ihrem Alfonso keinen Rat geben.

Er suchte nach einem Fingerzeig Gottes. Beschloß, die Entbindung Doña Leonors abzuwarten. Sollte sie ihm einen Knaben gebären, so war das ein Zeichen. Er wird dann den Saladins-Zehnten für den Kronschatz einziehen lassen; denn er war nicht berechtigt, das Erbe seines Sohnes zu verkürzen.

Vorläufig ehrte er seinen Escrivano, wie er’s versprochen hatte. In großer Versammlung durfte ihm Jehuda den Handschuh des ritterlichen Auftrags zurückgeben, und Alfonso nahm mit nackter Hand die nackte Hand seines Vasallen, dankte ihm mit gnädigen Worten, umarmte ihn und küßte ihn auf die Wangen.

Der Erzbischof war heiß erzürnt. Seine priesterliche Warnung hatte die Luft erschüttert, der Sendling des Antichrists umgarnte den König enger und enger. Allein Don Martín war gewillt, sich dieses Mal den Sieg der Kirche über die Synagoge nicht entreißen zu lassen. Er beschloß, auch vor widerwärtigen Mitteln nicht zurückzuscheuen und List mit List zu bekämpfen.

Nichts liege ihm ferner, stellte er dem König vor, als mit ihm um Geld zu hadern. Des zum Beweis mache er ihm einen Vorschlag, den er vor dem Heiligen Stuhl nur mit schwerer Mühe verteidigen könne. Darauf bauend, daß Don Alfonso den Saladins-Zehnten lediglich für die Rüstung verwenden werde, überlasse er ihm die Verfügung über die Gelder. Sich selber und der Kirche behalte er nur das Recht vor, den Zehnten einzutreiben; die einkommenden Beträge werde er sogleich dem Kronschatz überweisen.

Don Alfonso sah dem treuherzig schlauen Gesichte des Freundes an, wie schwer ihm ein solches Kompromiß fiel. Er selber war sich klar darüber, daß es um das Prinzip ging, und er erwiderte: »Ich weiß, daß du mein Bestes willst. Aber mir scheint, auch mein Escrivano ist ehrlich, wenn er mich mahnt, ein wichtiges Recht meiner Krone nicht aufzugeben.«

Don Martín grollte: »Wieder der Ungläubige! Der Verräter!«

»Er ist kein Verräter«, verteidigte Alfonso seinen Minister. »Er wird aus seinen Juden den Zehnten bis zum letzten Sueldo herausholen. Er hat mir bereits aus diesem Zehnten für unsern Kreuzzug eine riesige Summe versprochen: vierundzwanzigtausend Goldmaravedí.«

Der Erzbischof war beeindruckt von der Ziffer. Aber er wollte es nicht sein und höhnte: »Er hat immer viel versprochen.«

»Er hat noch jedes Versprechen gehalten«, antwortete Don Alfonso.

In Don Martíns Innerem klangen Sätze auf aus päpstlichen Rundschreiben und Verfügungen: die Juden, da sie die Schuld der Kreuzigung auf sich geladen hätten, seien zu ewiger Sklaverei bestimmt, das Zeichen des Kain sei ihnen aufgebrannt, wie er sollten sie unstet und flüchtig herumirren. Und da stand Don Alfonso, ein christlicher Fürst, ein großer Ritter und Held, und statt die Juden aufs Haupt zu schlagen, daß sie es endlich beugten, hatte er nichts als Worte der Achtung und Freundschaft für diesen Teufel, der sich ihm ins Herz gewurmt hatte. Don Martín war entschlossen gewesen, listig zu sein und christliche Milde und Mäßigung zu wahren. Nun aber zähmte er sich nicht länger. »Siehst du denn nicht, du von der Hölle Verblendeter«, eiferte er, »wohin er dich verleitet? Er hat dein Land blühen machen, sagst du: siehst du denn nicht, daß diese Blüte vergiftet ist? Sie sprießt aus der Sünde. Du mästest dich an dem Frevel deiner Neutralität. Während die christlichen Fürsten, um das Heilige Grab zu befreien, Entbehrung, Gefahr, Tod auf sich nehmen, baust du dir ein üppiges, heidnisches Lustschloß! Und der Kirche mißgönnst du den Zehnten, den ihr der Heilige Vater zugewiesen hat!«

Gerade weil Alfonso selber den Wiederaufbau der Galiana bereute, ertrug er nicht den frechen Tadel des Priesters. »Ich verbiete dir solche Sprache!« schmetterte er zurück. Mit Anstrengung zwang er sich zur Ruhe. »Du bist ein großer Kirchenfürst, Don Martín«, sagte er, »ein guter Soldat und ein treuer Freund. Dächte ich nicht daran, dann müßte ich dich jetzt auffordern, mir einen Monat lang aus den Augen zu bleiben.«

Noch am gleichen Tage beschied er Jehuda vor sich. »Ich überlasse die Juden nicht der Kirche«, verfügte er. »Ich behalte sie als mein Eigentum. Sie sollen mir ihren Zehnten zahlen, und du treibst ihn ein. Und laß es einen fetten Zehnten sein, wie du versprochen hast.«

Wenige Tage später genas Doña Leonor eines Knaben.

Maßlos war die Freude Don Alfonsos. Glorreich bestätigte ihn der Segen Gottes. Er hatte recht getan, als er, seiner innern Stimme folgend, der Kirche keines seiner Kronrechte abtrat. Und auch damals hatte er recht getan, als er den jungen Pedro zum Handkuß der Vasallenschaft zwang. Hätte er zugewartet, hätte er vorher dem Knaben von Aragon die junge Infantin verlobt, dann wäre diesem jetzt das verhoffte Erbe weggeschwommen, und viel schlimmerer Zwist wäre ausgebrochen.

In der Kapelle seiner Burg kniete Alfonso, voll seligen Dankes, daß nun Kastilien einen Erben seines Blutes hatte. Er wird seinen großen Krieg führen, trotz allem und allem, und Sevilla und Córdova und Granada schlagen, zur Ehre Gottes. Das Reich mehren wird er, seine Grenzen gewaltig nach dem Süden verschieben. Und wenn nicht er die ganze Halbinsel zurückerobert, dann wird Gott seinen Sohn begnaden, daß er die Arbeit vollende.

Auch Don Jehuda war tief beglückt. Trotz seiner äußeren Zuversicht war er voll Sorge gewesen, die Königin werde wiederum eine Tochter gebären; dann hätte sie schließlich doch Don Pedro durch ein Verlöbnis mit der Infantin Berengaria beschwichtigt, und Allianz und großer Krieg waren da. Jetzt war diese Gefahr beseitigt.

Don Jehuda erwartete, jedermann werde seine Freude teilen, vor allem der freundwillige, staatskluge Don Manrique. Der aber wies ihn hart zurecht: »Denk daran, daß du zu einem christlichen Ritter sprichst! Ich freue mich, daß der König Unser Herr einen Erben hat, aber der größere Teil meiner Freude ist hin, weil nun unser guter Krieg vielleicht für immer verzögert ist. Glaubst du, ich will in die Grube fahren, ohne daß ich noch einmal gegen die Ungläubigen zu Felde gezogen bin? Glaubst du, ein kastilischer Ritter sieht gerne seinen König am Ofen hocken, während die ganze Christenheit im Heiligen Krieg ist? Deine Rede hat mich gekränkt, Jude.«

Jehuda ging weg, beschämt. Aber dankbar erkannte er, aus welch ungeheurer Gefahr der Allmächtige die Halbinsel Sepharad und sein Volk Israel durch die Geburt dieses Infanten gerettet hatte.

Alfonso rüstete großartig die Taufe seines Sohnes und lud seinen ganzen Hofstaat nach Burgos. Nicht aber lud er Doña Raquel.

Dafür zeigte er seinem Pagen Don Alazar besondere Teilnahme. Er rief ihn häufig in seine Nähe und bevorzugte ihn sichtlich vor den andern Edelknaben. Einmal fiel ihm auf, wie wenig Ähnlichkeit das frische, hübsche Gesicht Alazars zeigte mit dem Gesicht der Schwester. Er wunderte sich, daß ihm das auffiel, er scheuchte den Gedanken fort.

Jehuda, anläßlich der Taufe, schickte dem König und Doña Leonor erlesene Geschenke, auch die Infantin Berengaria bedachte er. Er hatte bemerkt, daß sie enttäuscht und bekümmert war. Sie hatte wohl die Hoffnung nicht aufgegeben, dem Don Pedro vermählt zu werden, sie hatte vor sich die Krone Kastiliens und Aragons gesehen, des geeinten Hispaniens. Nun war sie versunken.

Der Infant wurde unter viel Gepränge auf den Namen Fernán Enrique getauft.

Dann kehrte Don Jehuda nach Toledo zurück.