32. Kapitel

Am folgenden Morgen, gleich nach dem Frühstück, schleichen Ann und ich uns in die Waschküche.

»Ich habe diese Nacht vor Aufregung kaum ein Auge zugetan«, sagt Ann. »Heute Nachmittag könnte sich mein Schicksal entscheiden.«

Ich habe den Großteil der letzten Tage damit zugebracht, einen Plan für unseren Ausflug ins Theater auszuhecken. Felicity hat einen fingierten Brief ihrer »Cousine« Nan Washbrad verfasst, in dem diese die Bitte äußert, dass wir sie nach London begleiten dürfen, und Mrs Nightwing hat zugestimmt.

»Glaubst du, dass es klappen wird?«, fragt Ann, an ihrer Lippe nagend.

»Das hängt hauptsächlich von dir ab. Bist du bereit?«, frage ich.

Ann grinst von einem Ohr bis zum anderen. »Ganz und gar!«

»Gut. Also fangen wir an.«

Wir lassen die Magie zwischen uns fließen. Ich kann Anns Aufregung, ihre Nervosität, ihre unbändige Freude fühlen. Es macht mich ein bisschen beschwipst und ich kann nicht umhin zu kichern. Als ich die Augen öffne, ist Ann in fließender Verwandlung begriffen. Sie wechselt ihre Gestalt, als probiere sie Kleider an. Schließlich ist sie in die äußere Erscheinung geschlüpft, nach der sie gesucht hat, und Nan Washbrad steht wieder vor mir. Sie dreht sich in ihrem neuen Kleid aus indigoblauem Satin mit einem Besatz aus Spitze am Kragen und am Saum. Am Hals steckt eine mit Edelsteinen besetzte Brosche. Ihr Haar ist zur Farbe von Ebenholz gedunkelt. Es ist hoch auf ihrem Kopf aufgetürmt wie die Frisur einer sehr feinen Dame.

»Oh, wie schön, wieder Nan zu sein. Wie sehe ich aus?«, fragt sie, tätschelt ihre Wangen und betrachtet ihre Hände kritisch.

»Wie jemand, der auf der Bühne stehen sollte«, antworte ich. »Jetzt wollen wir sehen, ob wir dein schauspielerisches Talent richtig in Schwung bringen.«

Wenig später tritt Nan Washbrad ins Haus, um uns wie vereinbart abzuholen. Sie wird ins Empfangszimmer geführt, wo Mrs Nightwing liebenswürdig mit ihr plaudert, ohne zu ahnen, dass ihr eleganter Gast in Wirklichkeit Ann Bradshaw, die arme Stipendiatin, ist. Felicity und ich können unsere hämische Schadenfreude kaum verbergen.

»Das war wundervoll«, kichert Felicity, als wir auf unseren Zug warten. »Sie hat keinen Verdacht geschöpft. Nicht einen Moment lang. Du hast Mrs Nightwing getäuscht, Ann. Wenn dir das nicht das nötige Selbstvertrauen gibt, um Mr Katz gegenüberzutreten, dann ist dir nicht zu helfen.«

*

»Wie spät ist es?«, fragt Ann ungefähr zum zwanzigsten Mal, seit wir Victoria Station hinter uns gelassen haben und auf dem Weg zu unserer Verabredung sind.

»Es ist fünf Minuten später, als es war, als du das letzte Mal gefragt hast«, knurre ich.

»Ich darf mich nicht verspäten. Das hat Miss Trimble in ihrem Brief ganz unmissverständlich klargemacht.«

»Du wirst dich nicht verspäten, denn wir sind schon hier im Stadtteil Strand. Siehst du? Da ist das Gaiety.« Felicity zeigt auf die breite, geschwungene Fassade des berühmten Varietétheaters.

Drei hübsche junge Damen kommen aus dem Theatergebäude. Mit dem auffallenden Federschmuck ihrer Hüte, den langen schwarzen Handschuhen, ihren modischen Kleidern und, als Tupfen auf dem i, einem Blumensträußchen an der Taille, sind sie nicht zu übersehen.

»Oh, die Gaiety Girls!«, ruft Ann. »Sie sind die schönsten Revuetänzerinnen der Welt, nicht wahr?«

Tatsächlich sehen ihnen Männer bewundernd nach, aber anders als Mrs Worthington scheinen sie nicht nur für diese anerkennenden Blicke zu leben. Sie haben ihre eigene Arbeit und ihr selbst verdientes Geld. Und sie bewegen sich auf eine Art, als gehöre ihnen die Welt.

»Eines Tages werden die Leute sagen: ›Seht nur, da geht die berühmte Ann Bradshaw! Sie ist ein reines Wunder!‹«, ermuntere ich sie.

Ann richtet die Brosche an ihrem Hals, wieder und wieder. »Nur wenn ich zu dieser Verabredung nicht zu spät komme.«

Mit der Adresse in der Hand wandern wir von Haus zu Haus. Endlich finden wir die unauffällige Tür. Auf unser Klopfen öffnet ein schlaksiger junger Mann mit Hosenträgern, ohne Weste und mit einer Melone auf dem Kopf. Zwischen seinen Lippen klemmt eine Zigarette. Er betrachtet uns neugierig.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragt er mit einem amerikanischen Akzent.

»J-ja, ich habe eine Verabredung mit M-Mister Katz.« Ann zieht den Brief heraus.

Der junge Mann überfliegt ihn und öffnet schwungvoll die Tür. »Ganz pünktlich. Das wird ihm gefallen.« Er senkt die Stimme. »Mr Katz kürzt dir den Lohn, wenn du unpünktlich bist. Übrigens, Charlie Smalls. Sehr erfreut.«

Charlie Smalls hat ein zahnlückiges Lächeln, das sein schmales Gesicht lebendig macht. Man kann nicht anders als zurückzulächeln.

»Sind Sie Schauspieler?«, fragt Ann.

Er schüttelt den Kopf. »Komponist. Nun ja, jedenfalls hoffe ich, einer zu werden. Im Moment bin ich Korrepetitor.« Er lächelt wieder, breit und herzlich. »Nervös?«

Ann nickt.

»Kein Grund, nervös zu sein. Hier entlang. Willkommen im Tadsch Mahal«, scherzt er, mit einer Geste den bescheidenen Raum umfassend. In einer Ecke steht ein Klavier. Davor sind einige Stühle mit Blick auf den Flügel aufgestellt. Vorhänge deuten eine Bühne an. Der Raum ist ziemlich dunkel, die einzige Lichtquelle besteht aus einem kleinen Fenster, von dem aus man gerade nur die Beine der Pferde und die Wagenräder auf der Straße sehen kann. Staubkörner tanzen im schwachen Licht und kitzeln in der Nase, sodass ich niesen muss.

»Gesundheit!« Ein drahtiger Mann mit einem dünnen Schnurrbart betritt polternd den Raum. Er trägt einen einfachen schwarzen Anzug und hält seine Taschenuhr in der Hand. »Charlie? Wo zum Teufel steckt diese Notiz von George?«

»Von Mr George Bernhard Shaw, Sir? Auf Ihrem Schreibtisch.«

»Ah ja. Hervorragend.«

Charlie räuspert sich. »Eine junge Dame für Sie, Sir. Miss Nan Washbrad.«

Die Uhr schlägt zwei und Mr Katz steckt seine Uhr weg. »Famos. Auf die Sekunde genau. Sehr erfreut, Miss Washbrad. Lily sagte, Sie seien ein erfreulicher Anblick. Wir wollen sehen, ob Sie auch in Bezug auf Ihr Talent recht hat.« Mr Katz schüttelt meine Hand, bis mein ganzer Arm zittert. »Und wer sind diese charmanten jungen Damen?«

»Ihre Schwestern«, sage ich und reiße mich los.

»Schwestern, dass ich nicht lache. Sie sind Schulfreundinnen, Marcus. Und an Ihrer Stelle würde ich meine Brieftasche im Auge behalten.« Lily Trimble kommt in einem smaragdgrünen Kleid hereingerauscht, das ihre ansehnlichen Kurven zur Geltung bringt. Ein pelzgesäumtes kurzes Cape hängt reizend um ihre Schultern. Sie lässt sich in den anscheinend bequemsten Sessel im Raum fallen. »Nur nicht nervös werden, Nannie. Das ist nicht Henry Irving.«

»Henry Irving«, brummt Mr Katz bei der Erwähnung des großen englischen Schauspielers und Lehrers. Königin Viktoria hat ihn sogar zum Ritter geschlagen. »Der alte Snob hat vielleicht dazu beigetragen, das Theater zu verändern, aber ich werde es in die Zukunft führen. Vaudeville. Tänzerinnen und volkstümliche Unterhaltung – das ist es, was die Leute wollen, und ich bin der Mann, es ihnen zu geben.«

»Könnten wir uns die Reden für später aufheben, Marcus?«, sagt Lily und nimmt einen kleinen Spiegel aus ihrer Handtasche.

»In Ordnung. Charlie?«, brüllt Mr Katz.

Charlie setzt sich ans Klavier. »Was werden Sie singen, Miss Washbrad?«

»Äh, ja …«

Ich fürchte, Anns Nerven könnten ihrer Illusion und ihrem Gesang übel mitspielen.

Los, komm schon, forme ich mit den Lippen. Ich lächle sie ermutigend an und sie lächelt ziemlich hilflos zurück.

Felicity springt auf. »Sie wird ›Nach dem Ball‹ singen!«

Lily Trimble schaut in ihren Spiegel und pudert sich die Nase. »Siehst du, was ich meine, Marcus? Miss Washbrad braucht dich vielleicht gar nicht als Manager – nicht mit diesen beiden im Schlepptau.«

»Meine Damen, Sie haben gefälligst den Schnabel zu halten, wenn Sie in diesem Raum bleiben wollen«, sagt Mr Katz.

»Wie vulgär«, flüstert Felicity, aber sie setzt sich.

»Also ›Nach dem Ball‹?«, fragt Charlie und Ann nickt. »Welche Tonart?«

»Äh, ich … ich … C?«, stottert Ann.

Ich habe das Gefühl, vor Nervosität in Ohnmacht zu fallen. Ich muss in mein Taschenbuch beißen, um nicht laut zu stöhnen.

Charlie schlägt eine Walzermelodie an. Er spielt drei Takte und schaut zu Ann. Sie bringt vor Angst keinen Ton heraus, also gibt er ihr noch einen Auftakt, doch sie zögert immer noch.

»Jetzt oder nie, Miss Washbrad«, ruft Mr Katz.

Ann ist so starr wie der Big Ben. Los, Annie. Zeig ihnen, was du kannst. Ich halte es nicht länger aus. Gerade als ich glaube, unter Marterqualen zu sterben, erhebt sich Anns Stimme über das Geklimper der Tasten und den Zigarrenrauch. Dünn zuerst, doch zunehmend voller. Felicity und ich beugen uns vor, um zu lauschen. Bald erfüllt ihre Stimme den Raum, glockenrein und schmelzend. Das ist kein Zaubertrick der Magie; das ist der Glanz von Anns Stimme, in der Seele und Musik sich vereinen, und wir sind völlig in ihrem Bann.

Sie hält mit unendlich langem Atem den letzten Ton, und als sie geendet hat, erhebt sich Mr Katz und setzt seinen Hut auf. Heißt das, er will gehen? Hat es ihm gefallen? Fand er es schrecklich? Er klatscht laut in seine kräftigen Hände.

»Das war famos! Ganz famos!«, ruft er.

Lily Trimble zieht eine Augenbraue hoch. »Die Kleine ist nicht übel, stimmt’s?«

»Gut gemacht«, sagt Charlie.

»Sie sind zu freundlich«, wendet Ann errötend ein.

Charlie legt die Hand aufs Herz. »Bei meinem Leben, Sie waren großartig. Wie ein Engel! Wenn ich mein Musical komponiere, muss ich eine Nummer für Sie schreiben.« Charlie greift in die Tasten und eine muntere Melodie erklingt.

»Schon gut, Charlie, schon gut. Flirten kannst du in deiner Freizeit. Ich brauche Miss Washbrad, damit sie vorspricht.«

Ann bekommt eine Stelle aus The Shop Girl und sie ist mindestens genauso gut wie Ellaline Terriss, die in dieser beliebten musikalischen Komödie am Gaiety Triumphe feiert. Ja, noch besser. Es ist offensichtlich, dass jeder im Raum von Anns Talent beeindruckt ist, und ich empfinde eine Mischung aus wildem Stolz und Neid über ihren Erfolg hier.

»Ich werde dieses Musical schreiben«, flüstert Charlie Ann zu. »Und Sie bekommen darin einen Part. Das ist die Stimme, die ich suche.«

Mr Katz streckt seine Hand aus und hilft Ann von ihrem Platz neben dem Klavier. »Miss Washbrad, wie würde es Ihnen gefallen, der jüngste Star in der Katz-und-Trimble-Theatertruppe zu werden?«

»Ich … nichts würde ich mir mehr wünschen, Mr Katz!«, ruft Ann. Ich habe sie nie so überglücklich gesehen. Nicht einmal im Magischen Reich. »Wenn Sie sicher sind, dass Sie mich aufnehmen wollen.«

Mr Katz lacht. »Meine Liebe, ich wäre ein Narr, es nicht zu tun. Sie sind ein sehr hübsches Mädchen.«

Anns Lächeln schwindet. »Aber das ist nicht alles …«

Mr Katz kichert. »Nun, es schadet jedenfalls nicht. Die Leute hören gern eine schöne Stimme, meine Liebe, aber sie wollen auch sehen, aus welchem Mund die Stimme kommt. Und wenn sie aus dem Mund einer Schönheit kommt, werden sie mehr für eine Eintrittskarte zahlen. Stimmt’s, Lily?«

»Nicht umsonst trage ich Rouge auf meine Wangen auf«, sagt Lily mit einem Seufzer.

»Aber – was ist mit meinem Talent?« Ann beißt sich auf die Lippe und es macht sie nur noch reizender.

»Natürlich, natürlich«, sagt Mr Katz, aber er wendet den Blick nicht von ihr. »Dann wollen wir also Ihren Vertrag aufsetzen.«

*

Als wir aus der dunklen Höhle von Mr Katz’ Studio heraustreten, scheint die Welt eine andere geworden zu sein, aufregend und voller Hoffnung.

»Wir sollten auf deinen Erfolg anstoßen! Ich hab gewusst, dass du es schaffen wirst«, jubelt Felicity. »Ich glaube, dieser Charlie Smalls ist in dich verschossen.«

Ann hält ihren Blick auf den Boden geheftet. »Verschossen in Nan Washbrad, meinst du.«

»Das darfst du nicht sagen. Es ist ein Glückstag.«

Der Big Ben schlägt die volle Stunde. »Oh«, sagt Ann und seufzt. »Wir sollten zurückfahren. Ich wünschte, der Tag würde nicht zu Ende gehen.«

»Dann lassen wir ihn jetzt noch nicht zu Ende gehen«, sagt Felicity.

Wir kehren in einer Teestube ein, um den Erfolg zu feiern. Mit Gläsern prickelnden Ginger Ales stoßen wir auf Ann an und Felicity und ich versichern ihr zum soundsovielten Mal, wie absolut brillant sie war. An einem Nebentisch sitzen vier Frauen und besprechen eine Demonstration vor dem Unterhaus. Mit ihren Plakaten mit der Aufschrift Wahlrecht für Frauen ziehen sie alle Blicke auf sich. Einige Damen im Lokal sehen missbilligend zu ihnen hin. Andere hingegen nähern sich schüchtern und nehmen ein Flugblatt oder stellen Fragen und ich sehe, dass Ann an diesem Tag nicht die einzige Frau ist, die die Absicht hat, ihr Leben zu verändern.

*

Zurück in Spence suche ich im Efeu unter meinem Fenster nach Kartiks Halstuch, aber es ist nicht da und ich hoffe, dass er bald kommen und Neuigkeiten bringen wird.

»Hast du Ann gesehen?«, fragt mich Felicity, als ich den Marmorsaal betrete. »Sie ist nach dem Abendessen verschwunden. Ich dachte, wir wollten Karten spielen.«

»Nein«, antworte ich. »Aber ich gehe und such sie, ja?«

Felicity nickt. »Ich bin in meinem Zelt.«

Ann ist an keinem ihrer üblichen Aufenthaltsorte zu finden – unserem Zimmer, der Bibliothek, der Küche. Ich kenne nur noch einen Platz und da finde ich sie – allein auf dem Balkon im dritten Stock, von dem man über den Rasen bis zum dahinterliegenden Wald blickt.

»Hast du Lust auf Gesellschaft?«, frage ich. Sie weist auf den freien Platz am Geländer. Von hier habe ich einen vollständigen Blick auf den halb fertig gebauten Turm und den eingerüsteten Ostflügel. Ich frage mich, ob meine Mutter und ihre Freundin Sarah je solch ein Glück empfunden haben wie wir an diesem Tag.

Ein sanfter Wind weht. Weit entfernt kann ich die Lichter des Zigeunerlagers sehen. Kartik. Nein, ich werde jetzt nicht an ihn denken.

»Ich hab gedacht, du packst schon für deine Reise zu den Bühnen der Welt«, sage ich.

»Wir brechen erst nächste Woche auf.«

»Die Zeit wird wie im Flug vergehen. Was ist das?« Ich zeige auf ein versiegeltes Kuvert in ihrem Schoß.

»Oh«, sagt Ann und dreht es in den Händen. »Ich kann mich nicht entschließen, es aufzugeben. Es ist ein Brief an meine Verwandten, in dem ich ihnen meine Entscheidung mitteile. War ich heute wirklich gut?«

»Du warst fantastisch«, bestätige ich. »Deine Stimme hat sie bezaubert.«

Ann starrt auf den Rasen hinaus. »Sie wollten mich nur hören, weil ihnen gefallen hat, was sie zuerst gesehen haben. Und erzähl mir nicht, wir werden nach unserem Charakter beurteilt, denn das ist Unsinn.« Sie lacht, aber es klingt nicht fröhlich. »Schönheit ist Macht und mein Leben wäre viel leichter, wenn ich so schön wäre wie Nan Washbrad.«

Ann ist reizend, aber nicht auf die Art, wie sie es sich wünscht. Sie ist keine Schönheit. Was ihren Reiz ausmacht, das zeigt sich, wenn man sie lange und sehr gut kennt. Aber das ist nicht das, was sie hören möchte.

»Ja, es ist leichter, wenn du schön bist«, sage ich. »Der Rest der Welt muss sich mehr anstrengen.«

Sie streicht den Brief auf ihrem Schoß glatt und ich fürchte, ich habe sie mit meiner Ehrlichkeit gekränkt.

Ich drücke ihre Hand. »Du hast es geschafft, Ann. Du hast dein Leben verändert. Ich werde es jedem sagen, der es hören will: Ann Bradshaw ist das tapferste Mädchen, das ich kenne.«

»Gemma, wie soll ich es ihnen erklären? Entweder ich behalte diese Illusion bei oder ich bringe sie irgendwie dazu, dass sie an Ann Bradshaw glauben. Aber wie?«

»Wir werden einen Weg finden. Wir brauchen nur genug Magie, um sie davon zu überzeugen, dass sie Ann Bradshaw aufgenommen haben. Das Weitere machst du mit deinem Talent. Das ist deine Magie.« Aber ich weiß, wie ihr zumute ist. Der Gedanke, das alles hier aufzugeben, belastet sie immer mehr.

»Nicht wahr, das war ein guter Tag?« Ein kleines Lächeln vertreibt den Kummer aus Anns Gesicht.

»Und es werden noch bessere kommen.«

Ann dreht den Brief in ihrer Hand. »Ich denke, ich brings hinter mich.«

Ich reiche ihr galant meinen Arm. »Ich habe nicht jeden Tag die Ehre, einen Bühnenstar zu geleiten.«

»Danke, Lady Doyle«, sagt sie, als begebe sie sich auf die Bühne, um sich zu verbeugen. Sie marschiert geradewegs zu Brigid und übergibt ihr den Brief. »Brigid, würden Sie diesen Brief bitte morgen für mich aufgeben?«

»’türlich«, sagt Brigid und steckt den Brief in ihre Schürzentasche.

»Das wär’s also«, sage ich.

»Ja. Das wär’s.«