Eine letzte Nacht in der Mos Eisley Bar:
Die Geschichte des Wolfsmannes und der Lamproidin
Judith und Garfield Reeves-Stevens
Wenige Augenblicke nach dem Sprung aus der Lichtgeschwindigkeit stellte sich die Lage so simpel dar wie die Beziehung zwischen Raubtier und Beute. Trotz der mit Bothanblut erkauften Geheimhaltung war der halbfertige Todesstern über dem Waldmond Endor auf das vorbereitet, was eigentlich als Überraschungsangriff geplant war. Die Rebellen-Flotte war dem Untergang geweiht.
Sivrak betätigte schon die Kontrollen seines X-Flügel-Jägers, bevor Admiral Ackbar den Befehl zum Ausweichmanöver geben konnte. Aber das verschaffte ihnen nur eine kurze Atempause. Die imperiale Flotte näherte sich bereits aus dem Sektor 47 – Sternzerstörer, Kreuzer, ganze Wellen von TIE-Jägern –, und Sivrak wußte, es war eine Falle. Es war immer eine Falle.
Sein Gesichtsfell sträubte sich. In einer instinktiven Drohgebärde fletschte er die Fänge. Sivrak war ein shistavanenischer Wolfsmann, und er stellte sich dem Tod mit der Urwut, die die Evolution und unbekannte Gentechniker in seinen Zellen kodiert hatten.
Die TIE-Jäger rasten ihrer Flotte voraus, als würden die Sternzerstörer in dieser Entscheidungsschlacht gar nicht gebraucht. Schon erblühten im Weltraum die tödlichen Blumen explodierender Raumschiffe. Sivrak hörte durch das Prasseln der imperialen Störsender seinen Befehl und die Schreie der Sterbenden: Beschütze die Flotte um jeden Preis.
Sivrak heulte auf. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Alles, was seinem Leben einen Sinn gegeben hatte, war jetzt verstreute Asche auf den Eisfeldern von Hoth.
Seine Lippen zuckten erregt, als er die Waffenkontrollen auf Handsteuerung umschaltete und auf Kollisionskurs mit einem Trio TIE-Jäger ging. Aus seinem Helmkommunikator hörte er, daß die Sanitätsfregatte angegriffen wurde. Aber es war schon zu spät, um den Kurs zu ändern. Wie an dem Tag, an dem er ihr zum erstenmal begegnet war.
Vor Sivrak tauchte der Mond Endor auf. Die drei TIE-Jäger drehten bei und rasten auf ihn zu. Seine Waffen spuckten Tod und Verderben, erbarmungslos wie der Biß seiner Fänge. Die imperialen Maschinen erwiderten das Feuer und kamen so schnell näher, daß nicht einmal das perfekte Auge eines Jägers ihren Flug verfolgen konnte.
Aber Sivrak beschleunigte noch weiter, so daß hinter ihm die Triebwerke des Jägers aufheulten. Mit kehliger Stimme schrie er ihren Namen als seinen Schlachtruf hinaus. Der ohrenbetäubende Maschinenlärm schwoll zu einem donnernden Crescendo an, als geladene Partikel von den imperialen Jägern die Kanzel seines eigenen Jägers zum Schwingen brachten. Der Raum verzerrte sich, hüllte ihn in rote Zerstörung. Er stellte sich dem Ende seiner Existenz, dem Beginn des Nichts. Doch irgendwo in diesem sinnlosen Mahlstrom hörte Sivrak leise Musikfetzen. Musik, die er früher schon gehört hatte. An dem Tag, an dem er zum ersten Mal…
… die Mos Eisley Bar betreten hatte. Der Staub von Tatooine bedeckte seine Stiefel, die Hitze der Straßen unter dem sengenden Licht der Doppelsonne brannte auf seinem Gesicht. Er wischte sich mit der Pfote über den Mund, spürte Staub und Sand auf seinen Fängen knirschen, und verharrte, bis sich seine Augen an das trübe Licht gewöhnt hatten.
Für einen Moment überkam ihn ein leichtes Schwindelgefühl, als hätte sein Körper nicht damit gerechnet, so bald wieder der natürlichen Schwerkraft ausgesetzt zu sein, nachdem… nachdem… er konnte sich nicht erinnern. Er schloß die Augen, und vor ihm drehte sich eine grüne Welt. Es hatte irgend etwas mit einem Deflektorschild zu tun. Irgend etwas mit einem… Todesstern? Er bewegte heftig den Kopf, wie um die Verwirrung abzuschütteln, ging dann am Droidendetektor vorbei die Treppe hinunter und trat an den Tresen.
Unaufgefordert stellte der Barkeeper einen Krug mit zerstoßenen Gilden vor Sivrak hin – die organischen Ranken zuckten noch und bestätigten die Frische des Drinks. In dieser Bar bestellte er jedes Mal Gilden. Sivrak schlabberte die dicke Flüssigkeit und fragte sich, wie er in dieser Bar jedes Mal den gleichen Drink bestellen konnte, wenn er noch nie einen Fuß in sie gesetzt hatte. Er war ein Randscout – oder war es gewesen, bis das Imperium die weitere Erforschung der Äußeren Randterritorien verboten hatte. Jetzt war er nur ein weiteres heimatloses Wesen, auf der Flucht vor dem Imperium und allen politischen Verwicklungen. Und in Mos Eisley gab es für seinen Geschmack viel zu viele Sturmtruppen. Er wußte, daß er verschwinden mußte, sobald er die nötigen Kredits aufgetrieben hatte. Er trat plötzlich, instinktiv, zur Seite, und im nächsten Moment huschte schon ein Jawa an ihm vorbei und die Treppe zur Tür hinauf.
Sivrak hatte das schockierende Gefühl, alles schon einmal erlebt zu haben. Er hatte erwartet, daß der Jawa an ihm vorbeilaufen würde. Er hatte gewußt, was der Jawa tun würde. Das, was der Jawa auch getan hatte, als er zum ersten Mal hier hereingekommen war und sie getroffen hatte…
Sivrak blickte am Tresen entlang in den düsteren hinteren Teil der Bar gegenüber der Band.
Und er sah sie wieder. Genau wie er sie bei jenem ersten Mal gesehen hatte.
Er trat an ihren Tisch, schnüffelte die unverwechselbaren Pheromone, die sie als Frau identifizierten, bewunderte die Sinusschwingungen ihres auf dem Stuhl zusammengerollten Schlangenkörpers, kräftig genug, um einen Banthaschädel zu zerquetschen. Sie drehte sich zu ihm um und zeigte ihm ihre glitzernden Fänge, die so lang wie Sivraks Krallen waren. Ihre Lichtsensoren richteten sich auf ihn, fähig, Wellenlängen zu sehen, die selbst für die glühenden Augen eines Wolfsmannes unsichtbar waren.
Sivrak hatte von solchen Wesen gehört – Florn-Lamproiden –, die einzigen Intelligenzen einer Welt, die so voller Gefahren war, daß jeder, der sie ohne hyperschnelle Nervenimplantate betrat, auf der Stelle starb.
»Möchtest du was trinken?« zischelte die Lamproidin verführerisch, in einem Tonfall, als hätten sie schon tausendmal zusammen gejagt und Blut vergossen.
Sivrak spürte, wie die Temperatur in der Bar stieg. Er schlüpfte aus seiner Jacke und setzte sich ihr gegenüber, genau wie beim ersten Mal.
Aber dies war das erste Mal, oder nicht? Zwei Wesen konnten sich nur beim ersten Mal zum ersten Mal begegnen.
»Lak Sivrak«, keuchte sie, und Sivrak grollte verblüfft. Sie kannte sogar seinen Rudelnamen – es war einfach unglaublich!
»Dice Ibegon«, erwiderte er, und erst dann dämmerte ihm verstört, daß er auch ihren Namen kannte, ihn soeben laut ausgesprochen hatte.
»Du siehst besorgt aus«, stellte Dice fest.
»Wir sind uns schon einmal begegnet.« Sivrak hatte diese Worte schon in hundert anderen Bars auf Dutzenden anderer Welten gesagt, aber dieses Mal meinte er es ehrlich. Denn wie konnte er, ein perfekter Jäger, eine perfekte Killerin wie sie vergessen?
»Bist du sicher?« fragte die Lamproidin. Sie tauchte die feine Spitze ihres tödlichen Schwanzes in ein Glas mit einer schimmernden, halb durchsichtigen Flüssigkeit, vermutlich raffiniertes Banthablut. Die spiegelnde Oberfläche der Flüssigkeit erinnerte Sivrak an Kraftfeldemanationen. War da nicht etwas anderes, was er unbedingt tun mußte? Sollte er nicht an einem anderen Ort sein?
»Als ich gerade am Tresen stand, wußte ich schon vorher, daß mich ein Jawa anrempeln würde«, murmelte er.
»Jawas machen so etwas oft.«
Sivrak konzentrierte sich. Eine neue Erinnerung stieg in ihm hoch. »Gleich wird ein goldener Droide hereinkommen.«
Dice brachte einen einzelnen Tropfen Banthablut dicht an Sivraks Schnauze. Die Flüssigkeit zitterte an der Spitze ihres Schwanzes. »Droiden sind hier nicht erwünscht«, meinte sie. Ihre Stimme klang lockend, verwirrend.
Sivrak berührte mit einer seiner rasiermesserscharfen Krallen das kühle rosa Fleisch von Dices Schwanzspitze, verzaubert von ihren Lichtsensoren und ihrem Scharlachmund und seinen endlosen Reihen nadelspitzer Zahne. »Ein Farmerjunge begleitet den Droiden. Der Junge wird mit ihm reden.«
Dice senkte verschwörerisch die Stimme. »Und der goldene Droide wird wieder gehen.«
Sivraks rauhe Zunge leckte den Blutstropfen vom Schwanz der Lamproidin. Seine Krallen schlossen sich um das süße, knochenlose Fleisch und spürten, wie sich die stählernen Stränge ihrer Muskeln spannten.
»Sag mir, was hier geschieht«, bat Sivrak.
»Nur das, was bereits geschehen ist«, antwortete die Lamproidin. Einer ihrer Lichtsensoren drehte sich nach links. Sivrak blickte in diese Richtung und sah einen gehörnten Devaronianer an der Wand sitzen und träumerisch zur Musik der Barband mit dem Kopf nicken, während er die Vordertür beobachtete.
Sivrak sah zum Eingang hinüber – und entdeckte einen alten Mann in Wüstenkluft, einen Farmerjungen, eine R2-Einheit.
Und den goldenen Droiden.
Der alte Mann trat an den Tresen. Sivrak wußte plötzlich, was sich unter der Robe des alten Mannes verbarg – ein antikes Lichtschwert. Am Tresen saß ein aqualishanischer Pirat, der bald einen Arm verlieren würde.
Sivrak ließ den Schwanz der Lamproidin los und wollte von seinem Stuhl aufstehen. Aber Dices Schwanz drückte ihn wieder zurück, umschlang ihn und hielt ihn auf seinem Platz fest.
»He! Typen wie ihr haben hier keinen Zutritt!« brüllte der Barkeeper.
»Sag es mir«, forderte Sivrak.
»Was weißt du bereits?« erwiderte Dice.
Der Farmerjunge sprach mit dem goldenen Droiden. Der goldene Droide und die R2-Einheit gingen wieder hinaus. Der Farmerjunge stellte sich zu dem alten Mann an den Tresen. Sivrak kämpfte – nicht gegen die Lamproidin, sondern um das Wissen, das irgendwo in ihm verborgen war.
Es konnte nur eine Antwort geben, doch sie ergab keinen Sinn.
»Bindet uns die Macht an diesen Ort?«
»Die Macht bindet und verbindet alle, wenn man an sie glaubt.«
»Ich glaube nur an die Jagd.«
Die Lamproidin fletschte amüsiert die Fänge – das Florn-Äquivalent eines Lächelns. »Das hast du nicht gesagt, als wir uns hier zum erstenmal begegnet sind. Du warst damals überaus eloquent, mein romantischer Wolfsmann.«
Sivraks Augen verengten sich. Wollte sie ihn etwa verspotten? »Ist ein Preis zu bezahlen?« fragte er steif. Am Tresen kam es zu einer Auseinandersetzung. »Um zu erfahren, warum alles vertraut und gleichzeitig neu ist?«
»Armer Wolfsmann«, sagte Dice. »Du verstehst immer noch nicht das Versprechen, das ich dir gegeben habe. Der Preis ist derselbe wie bei unserer ersten Begegnung.«
Sivrak versuchte sich zu erinnern, was als nächstes geschehen würde. Am anderen Ende des Tresens wurde der Farmerjunge gegen einen Tisch geschleudert. Obwohl Dice ihn festhielt, beugte sich Sivrak drohend nach vorn. »Du bist ein Mitglied der Allianz, nicht wahr?«
Ein Lichtschwert erwachte summend zum Leben. Der aqualishanische Pirat schrie auf. Sivraks Nüstern blähten sich, als der Geruch von frischem Blut in der verräucherten Luft explodierte. Die Schwanzspitze der Lamproidin zuckte, als sie es auch roch. Ein abgetrennter Arm fiel auf den Boden der Bar.
»Ich bin ein Mitglied der Allianz«, sagte sie. »So wie du es auch bei dieser ersten Begegnung sein wolltest.«
Aber der betäubende Blutgeruch war zu stark, als daß Sivrak den Sinn dieser Bemerkung erfassen konnte, und Dice sonderte bereits ihre Pheromone ab. Sivrak bäumte sich in ihrer tödlichen Umklammerung auf, und Dice entrollte den Rest ihres Körpers und glitt über den Tisch auf ihn zu. Dann trafen die Fänge der perfekten Killerin die des perfekten Jägers, und sie verschmolzen im tödlichen Kuß der Raubtiere. Die Sinneseindrücke überwältigten Sivrak. Er spürte, wie sich der Boden der Bar unter ihm bewegte, sich schneller und immer schneller drehte, wie ein…
… X-Flügel-Jäger, der durch den Weltraum wirbelte. Ein Trümmerhagel prasselte gegen die Hülle des Jägers, während Sivrak verzweifelt versuchte, die Maschine zu stabilisieren. Sein Taktikdisplay zeigte, daß zwei der TIE-Jäger seinen Frontalangriff überstanden hatten. Der dritte war eine Wolke weißglühender Partikel, die sich im Vakuum zerstreuten. Er drehte sich zu Dice um, wollte sich vergewissern, daß sie unverletzt war, und knurrte, als er nur das Spiegelbild seiner leuchtenden Augen in der Kanzel sah. Die Bar war eine Halluzination gewesen, ein Traum aus der Vergangenheit… oder Zukunft… er wußte es nicht.
Eine zweite Sonne flammte über Endor auf, und Sivrak schrak aus seinen Erinnerungen hoch, als der Todesstern einen mächtigen Energiestrahl abfeuerte und eine Fregatte der Rebellen vernichtete. Aus dem Kom drangen entsetzte und verwirrte Stimmen. Der Todesstern war voll einsatzfähig.
Admiral Ackbar ordnete den Rückzug an – alle Jäger sollten zur Basis zurückkehren. General Calrissian widerrief den Befehl – alle Jäger sollten die Sternzerstörer aus nächster Nähe angreifen. Und die Stimme eines anderen Rebellen fragte nach General Solos Einsatzkommando auf der Mondoberfläche. Würde es ihnen gelingen, die Kraftfeldgeneratoren zu zerstören? Hatten sie es bereits versucht und versagt?
Sivrak konzentrierte sich wieder auf die Kontrollen und nahm Kurs auf den nächsten Sternzerstörer. Man konnte im Weltraum auf viele verschiedene Arten sterben. Bald würde er erfahren, welche Todesart ihm vom Schicksal bestimmt war.
Der X-Flügler reagierte nicht auf die Steuerimpulse.
Sivrak aktivierte das Diagnoseprogramm, leitete die Notenergie in den Antrieb und zog die Flügel ein.
Aber der X-Flügler stürzte weiter dem Waldmond entgegen, und er konnte nichts tun, um seinen Kurs zu ändern.
Ein einziger Gedanke beherrschte ihn: Er würde leben.
Sivrak wußte, sobald er in der Mondatmosphäre war, konnte er mit den Stabilisatoren – die im Vakuum nutzlos waren – den Jäger weich zur Landung bringen. Eine ganze Waldwelt wartete auf ihn. Er würde die Allianz und das Imperium vergessen, wenn er seiner Beute nachstellte und zu dem zurückkehrte, was er kannte und beherrschte – die Jagd. Vielleicht würde er im Lauf der Zeit sogar Dice Ibegon vergessen, und alles würde wieder so sein wie früher. Einfach. Ausgeglichen. Die reine Harmonie von Leben und Tod, frei von Schmerz und Liebe und Pflicht.
Die erbitterte Raumschlacht fiel hinter ihm zurück. Er verfolgte auf einem Cockpitdisplay, wie die Feuerbälle der Explosionen zusammenschrumpften und von der Finsternis des Weltraums verschluckt wurden. Wie es schien, hielt das Imperium seinen beschädigten X-Flügler für kein lohnendes Ziel.
Er konzentrierte sich auf den heranrasenden Waldmond, der ihm ein neues Leben versprach. Ein anderes Leben.
Als hätte irgendein Leben ohne sie einen Sinn.
Auf dem Schlachtdisplay explodierte ein Rebellen-Schiff. Sivrak wußte, daß dies bedeutete, daß der Kraftfeldgenerator auf der Mondoberfläche den Todesstern noch immer schützte. Vielleicht war sein Kampf doch noch nicht zu Ende.
Er aktivierte die Atmosphärekontrollen des Jägers und wartete auf das erste Anzeichen von Luftwiderstand. Er konnte sicher landen. Aber er konnte auch den Generator attackieren, obwohl die Taktiker der Rebellen errechnet hatten, daß die Erfolgschancen eines atmosphärischen Angriffs verschwindend gering waren. Die imperiale Luftabwehr war zu stark.
Sivrak trommelte mit den Krallen auf das Kontrollpult, während er um eine Entscheidung rang. Und dann durchbohrte ein imperialer Partikelstrahl eine Heckflosse und schüttelte seinen Jäger heftig durch. Sein Taktikdisplay zeigte zwei TIE-Jäger direkt hinter ihm, in der Deckung seines Düsenschweifs – dieselben Maschinen, die ihn im All angegriffen hatten. Aus irgendeinem Grund, vielleicht, um den Tod ihres Staffelkameraden zu rächen, verfolgten sie ihn immer noch.
Der Wolfsmann war erleichtert, daß die Last der Entscheidung von ihm genommen war. Nun mußte er nicht mehr planen, keine Wahl treffen. Es gab nur noch den Kampf. Das Gleichgewicht. Die Ungeheuerlichkeit des Hier und Jetzt.
Da er nicht in den Weltraum zurückkehren konnte, ließ er den Jäger abtrudeln und klinkte alle Köder und Minen aus, die hinter ihm eine expandierende Wolke aus sensorstörenden Kohlenstofffasern bildeten. Dann schwenkte er die Heckzielerfassung auf das dunkle Zentrum der Wolke ein, für den Fall, daß einer oder beide TIE-Jäger den Flug durch die gefährliche Wolke heil überstanden. Sivrak kalkulierte, daß er Zeit für mindestens zwei Schüsse hatte, bevor die imperialen Piloten ihn anvisieren konnten. Vielleicht würden diese Schüsse genügen. Vielleicht auch nicht. Sivrak kümmerte es nicht.
Er sah nach vorn zur rasend schnell größer werdenden Scheibe des Mondes und spürte endlich, wie der erste schwache Luftwiderstand den trudelnden Sturz des Jägers verlangsamte. Mit grimmiger Befriedigung stellte er sich vor, wie sein X-Flügler in Stücke gerissen wurde und die Trümmer wie ein Meteoritenschwarm zu Boden regneten. Es war ein schönes Bild. Ein passendes Bild. Ein guter Tod für einen Jäger.
Auf dem Taktikdisplay explodierten die Minen, die er ausgestoßen hatte. Zumindest einer der Feindjäger war verschwunden. Aber dann zuckte ein greller Energieblitz aus der Kohlenstoffwolke und blendete seine Hecksensoren mit einem Ausbruch statikerfüllter weißer Helligkeit, die wie ein Schneesturm über Sivrak hereinbrach…
… während die eisigen Winde von Hoth heulten.
Sivrak warf sich in den Schützengraben, als der Energieblitz eines imperialen Läufers eine nahe Artilleriestellung verkochte. Die Echostation – der einzige Außenposten der Rebellenbasis auf dem nördlichen Gebirgszug – war eine Leichenhalle. Überall lagen Tote, als er sich aufrappelte und Schnee und Eiskristalle aus seinem verfilzten Fell schüttelte. Es war so bitterkalt, daß er nicht einmal das Blut der Sterbenden riechen konnte. Aber dann nahm er ihren Duft wahr.
Der Boden erbebte unter den donnernden Schritten der vorstoßenden Läufer und dem Dauerfeuer einer Ionenkanone, mit der die verzweifelten Rebellen versuchten, den Fluchttransportern den Weg freizuschießen. Aber Sivrak spürte nur sie – sie war ganz nah.
Er rannte zu ihr, drängte sich durch die anderen Soldaten in dem spiegelglatten, vereisten Graben. Seine leuchtend orangefarbene Bordmontur hob sich grell vom Weiß ihrer Hoth-Tarnanzüge ab. Aus dem Kom drang der Befehl, alle Bodentruppen zu evakuieren. Das Kommandozentrum hatte einen Treffer abbekommen. Alle Truppen im Sektor 12 sollten sich zum Südposten zurückziehen, um die Jäger zu beschützen. Er stürzte neben Dice in den Schnee.
Der Schnee war vom dunklen Purpur ihres Blutes gefleckt.
Sivrak sagte ihren Namen und berührte ihr Gesicht. Ein gezackter Metallsplitter hatte ihren Isolieranzug durchschlagen und sich tief in ihren Brustkorb gebohrt. Dort glitzerten purpurne Tropfen aus gefrorenem Blut, als wäre für sie die Zeit stehengeblieben.
Ihre Augensensoren zitterten und richteten sich auf, und sie sah ihn an.
»Geh«, sagte sie.
»Ich kann nicht«, wehrte er ab. »Ich habe geschworen, für die Prinzessin und die Wiederherstellung der Republik zu kämpfen.«
Die Lamproidin fletschte trotz ihrer Schmerzen amüsiert die Zähne. Ihr keuchender Atem hing als Nebel in der eisigen Luft.
»Du hast nie die Uniform eines Rebellen tragen wollen. An jenem Tag in der Bar, bei unserer ersten Begegnung, hast du mein Angebot, dich der Allianz anzuschließen, nur angenommen, weil dies der schnellste Weg für dich in die Umarmung meines Körpers war.«
Natürlich hatte sie recht. Bei ihrer ersten Begegnung in der Bar – der echten ersten Begegnung – hatte er viel Aufhebens um seine Sympathie für die Rebellen gemacht, weil er gespürt hatte, daß er so ihre Zuneigung gewinnen konnte. Aber im Lauf der Zeit hatte er sich immer mehr mit den Zielen der Allianz identifiziert. Er war ein stolzer und opferbereiter Kämpfer für die gerechte Sache geworden. Aber jetzt lag Dice im Sterben, und die Vergangenheit war unwichtig.
»Was ist die Vergangenheit?« fragte Dice, wieder seine Gedanken lesend.
Sivrak riß das Medset von seinem Gürtel, irgendwie wissend, daß über einer Welt aus Wäldern diese andere Schlacht geschlagen wurde. Enttäuscht starrte er den Inhalt des Sets an. Die meisten Salben und Medikamente waren auf seine Spezies abgestimmt. Er hatte keine Ahnung, wie sie auf die Florn-Biologie wirken würden. Aber er mußte irgend etwas tun.
»Du hast etwas getan«, sagte Dice tröstend. Ihre Stimme klang ruhig, fast friedlich. Sie richtete ihre Lichtsensoren auf den wolkenlosen blauen Himmel.
»Wir sind uns ähnlich«, fuhr sie fort, »wie du schon immer gewußt hast. Der Jäger und die Killerin wissen, daß die Kranken und Schwachen von der Herde getrennt und ausgemerzt werden müssen – und das Imperium ist durch und durch verfault. Deshalb mußt du mich verlassen und unseren Kampf bis zum Ende führen.«
Die Ampullen und Spritzen aus dem Medset entglitten Sivraks klammen Pfoten. »Dice, nein. Ich kann nicht.«
»Ich weiß, daß du es nicht kannst. Ich weiß, daß es eine Zeit geben wird, in der du es nicht brauchst. Aber jetzt, mein Geliebter, mußt du es. Allianz und Imperium. Räuber und Beute.«
Aus Sivraks Kommunikator drang das kodierte Evakuierungssignal. Eine gepreßte Stimme meldete, daß die imperialen Truppen in die Basis eingedrungen waren.
»Ich werde hier mit dir sterben«, erklärte Sivrak.
Er barg ihren Kopf an seinem warmen Körper.
»Was ist der Tod im Vergleich zur Liebe?« fragte Dice mit ersterbender Stimme.
Sivrak konnte sich nicht bewegen. Er verlor sie.
»Du mußt an die Macht glauben«, flüsterte sie.
»Wenn du es möchtest«, sagte Sivrak mit belegter Stimme. Er wollte nicht mit ihr über die alte Religion streiten, wenn sie darin ihren Frieden fand. Er spürte, wie das Klagegeheul in seiner Brust hochstieg.
»Nicht, weil ich es möchte, sondern weil du keine andere Wahl hast.«
Ehe Sivrak antworten konnte, verkrampfte sich der Körper der Lamproidin und lag dann still. Er blickte auf Dice hinunter, während ihre Lichtsensoren nach und nach matt wurden. Und dann, im Donner der Schlacht, die in diesem Moment Lichtjahre entfernt war, segnete ihn Dice mit der Macht, damit sie auf ewig bei ihm bleiben konnte.
Sivrak hielt sie in den Armen, bis ein Läufer den Hauptgenerator zerstörte und Energiestrahlen die Luft zerschnitten. Aus Sivraks Kommunikator drang die letzte Aufforderung zur Evakuierung. Das Dröhnen der inzwischen zu zweit startenden Transporter hörte nicht mehr auf.
Aber als befände er sich auf einer anderen Welt, auf einer, wo es keinen Krieg und keine Konflikte gab, erhob sich Sivrak und bewegte sich mit einer Bedächtigkeit und Entschlossenheit, die in völligem Gegensatz zu dem Chaos um ihn herum stand.
Er hörte keine Explosionen, als er Dices Leichnam in einer geschützten Nische des verschneiten Schützengrabens zur letzten Ruhe bettete. Er spürte nicht mehr die donnernden Schritte der Läufer, als er ihre pelzumrandete Kapuze um ihr heiteres, lebloses Gesicht arrangierte und zärtlich ihre Fänge streichelte, die nie wieder voller Lust Fleisch zerfetzen würden.
Ein menschlicher Rebell kam neben ihm im Graben schlitternd zum Halt und zerrte an Sivraks Arm, um ihn zum Evakuierungspunkt zu ziehen. Aber Sivraks Grollen vertrieb den Menschen.
Dann stand Sivrak über seiner Geliebten und zog seinen Blaster aus dem Holster. Er hatte gehört, was die imperialen Biogenetiker mit den Leichen der gefallenen Rebellen anstellten. Daß sie sie klonten und am Leben erhielten, um grausige Experimente mit ihnen zu machen. Er stellte den Blaster auf volle Leistung.
»Möge die Macht mit dir sein«, sagte er sanft. Sein Atem trieb als dunstige Fahne durch die eisige Luft.
Er würde es entweder zum Evakuierungspunkt schaffen oder sterben. Es gab keinen Grund zur Eile.
Sivrak aktivierte den Blaster.
Dices Leichnam leuchtete auf, als der Energiestrahl seine zerstörerische Wirkung entfaltete. Sie brannte und verglühte, und Sivrak hatte das Gefühl, daß ihr diese Transformation gefallen hätte. Und dann griff das Feuer, das sie verzehrte, nach Sivrak, verschlang auch ihn, als…
… ein einzelner TIE-Jäger aus der Kohlenstoffwolke schoß und dabei aus allen Waffen feuerte. Sivrak blinzelte überrascht und spürte noch immer die Kälte von Hoth in seinen Gliedern, während er seine Maschine instinktiv abschmieren ließ und den tödlichen Strahlen des TTE-Jägers auswich, bis seine Heckzielerfassung einrastete und er feuerte.
Der TIE-Jäger brach auseinander, als Sivraks Strahl seine Hülle zerfetzte, und die Atmosphäre Endors riß die imperiale Maschine binnen Sekundenbruchteilen in staubkorngroße Fragmente. Die Jagd war vorbei.
Aber jetzt füllte der Mond seine Kanzel. Sivrak schlug auf die Atmosphärekontrollen und versuchte, den trudelnden Flug des X-Flüglers zu stabilisieren. Das Navigationsdisplay zeigte seine beiden möglichen Kurse. Einer führte in Sicherheit. Einer zum Generator. Das Heckdisplay zeigte den unablässig feuernden Todesstern. Der X-Flügler schüttelte sich, als er in die dichteren Atmosphäreschichten eindrang. Sivraks Klauen gruben sich in das Sicherheitsgeschirr. Er war weniger als dreißig Herzschläge von dem Punkt ohne Wiederkehr entfernt. Wieder mußte er eine Entscheidung treffen. Er konnte sich nicht entscheiden. Die Atmosphäre sang. Wie Musik. Wie die Musik…
… in der Bar. Sivrak lehnte sich an den Türrahmen und versuchte die Geräusche zu identifizieren, die aus den Straßen von Mos Eisley drangen. Kampf. Aufruhr. Das Dröhnen schnellfliegender Gleiter. Explosionen aus der ungefähren Richtung des Raumhafens.
Er stolperte atemlos die Treppe zum Tresen hinunter und spürte voller Panik, daß die Zeit knapp wurde.
Es war Nacht. Die Bar war leer. Die Musik kam vom Band. Irgend etwas stimmte nicht.
Sivrak sank gegen den Tresen und spürte, wie er erbebte, als würde er durch eine Atmosphäre pflügen.
»Jabba ist tot«, sagte Dice.
Sivrak blickte auf und sah die Lamproidin neben sich am Tresen stehen und ihr Spiegelbild im raffinierten Blut ihres Schnapsglases betrachten.
»Wie…?« ächzte Sivrak. Seine Frage umfaßte alles, was passiert war, aber Dice mißverstand sie.
»Er wurde auf seiner Sandbarke erdrosselt«, erklärte Dice. »Von einer menschlichen Sklavin. Mit ihren eigenen Ketten.«
Von draußen drang eine Explosion. Die Kämpfe schienen vom Raumhafen näher zu rücken. Die Flaschen und Gläser im Regal hinter dem Tresen klirrten.
Dice nahm ihr Glas. »Mos Eisley steht in Flammen. Niemand weiß, wer die Kontrolle über die Stadt hat.« Sie steckte ihre Trinkzunge in das Glas und saugte.
Sivrak fuhr sich erregt über das pelzige Gesicht. Er wußte, daß er irgend etwas tun mußte, aber er wußte nicht, was. Er mußte herausfinden, was hier nicht stimmte.
»Wenn Jabba tot ist«, begann er unsicher, »dann ist Hoth… Hoth bereits evakuiert worden.«
Dice stellte ihr Schnapsglas wieder auf den Tresen. »Das ist richtig«, bestätigte sie.
Sivrak spürte, wie sich sein Rückenfell sträubte. »Aber dann«, keuchte er, »bist du tot.«
Dice rollte ihre Schwanzspitze um Sivraks Unterarm. »Fühle ich mich tot an?« fragte sie.
Der Wolfsmann schloß die Krallen um ihre Schwanzspitze und konzentrierte sich auf den Zauber ihrer unwahrscheinlichen Gegenwart. Er hörte jetzt andere Laute. Schritte. Stimmen. Stiefelknirschen auf sandigem Boden. Er sah Dice an.
Sie saßen an dem Tisch in der Ecke, während hinter ihnen der gehörnte Devaronianer im Takt der Musik wippte. Jetzt war die Bar voller Gäste. Wie schon vor langer, langer Zeit.
»Gleich wird der goldene Droide hereinkommen«, sagte Sivrak. Er hatte das vage Gefühl, daß er allmählich zu verstehen begann, was sich hier abspielte, daß er ahnte, welche Entscheidung er treffen mußte. »Und dann wird der goldene Droide wieder gehen.«
Dices Lichtsensoren waren unergründlich, so tief wie ein Gravitationsbrunnen. »Und was ist diesmal mit dir?« fragte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Wirst du ebenfalls wieder gehen?«
»Die Macht«, sagte Sivrak verblüfft, als er endlich alles verstand. »Die Macht ist in mir, nicht wahr?«
Dice lächelte. »Die Macht ist in allem«, erwiderte sie.
»Aber das Hier und Jetzt, diese Bar« – Sivrak hob die Stimme, während all das, was geschehen war, all das, was gerade geschah, all das, was geschehen würde, in diesem einen Augenblick verschmolz – »die Schützengräben von Hoth oder der Sturz auf den Mond Endor – die Macht verbindet alles.«
Sein Puls hämmerte, sein Atem ging keuchend. Jemand betrat die Bar, und der Devaronianer blickte zur Tür.
»Natürlich«, sagte Dice, als hätte sie jedes seiner Worte schon in zahllosen Leben gehört.
Der alte Mann kam die Treppe herunter, gefolgt von dem Farmerjungen, der R2-Einheit und dem goldenen Droiden.
»Kann ich diesmal, wenn der goldene Droide geht, auch gehen?« fragte Sivrak.
»Vor dieser Wahl standest du schon bei unserer ersten Begegnung«, erklärte Dice. »Nichts hat sich geändert.«
Sivrak spürte, wie die Weltenlinien zusammenliefen, sich dann wieder trennten, nicht an diesem Ort und in dieser Zeit, sondern in diesem einen Gefühl, dieser einen Erfahrung, die alles transzendierte. Er wußte jetzt, daß er mit Hilfe der Macht dem goldenen Droiden auf die Straßen von Mos Eisley folgen konnte, und alles würde wieder so sein wie vor dem Tag, an dem er Dice Ibegon begegnet war.
Dieselbe Entscheidung, aber eine zweite Chance.
Durch ihre Liebe hatte ihm Dice diesen Ausweg geöffnet.
»He«, knurrte der Barkeeper hinter dem Tresen. »Typen wie ihr sind hier nicht erwünscht.«
Sivrak verfolgte aufmerksam die weitere Entwicklung. Der Farmerjunge sprach mit seinen Droiden. Ihm blieben nur noch wenige Augenblicke. Die Zeit zwischen zwei Entscheidungen. Eine Richtung oder die andere.
»Ich will dich nicht verlassen«, sagte Sivrak zu Dice.
»Obwohl du alles weißt, was du weißt?« fragte sie. »Obwohl du genau weißt, was vor dir liegt?«
Sivrak antwortete nicht. Er griff nach ihr, um ihren Schlangenleib für einen zeitlosen Moment, der ewig gewährt hatte, ewig währte und ewig währen würde, an sich zu drücken.
Der goldene Droide verließ die Bar. Die Musik spielte weiter. Sivrak wartete darauf, daß das Summen des Lichtschwerts des alten Mannes alle anderen Laute übertönte.
»Manchmal ist die Wahl eine Illusion«, sagte Sivrak, der endlich wußte, daß alle Entscheidungen dieselbe Entscheidung waren, und zwar seit dem Moment, als er diese Bar betreten und Dice Ibegon gesehen hatte, auf ihn wartend, wie sie immer auf ihn gewartet hatte.
Er zwang sich, die Augen zu schließen, denn er wußte, was passieren würde. Der alte Mann griff in seinen Mantel und zog sein antikes Lichtschwert. Die leuchtende Klinge spiegelte sich in den Gläsern auf dem Tresen. Der aqualishanische Pirat schrie. Die Bar erbebte…
… unter dem vernichtenden Ansturm von Endors Atmosphäre.
Sivrak heulte den Mond an, als er die Nase seines X-Flüglers hochriß, um durch die Turbulenzen zu gleiten, auf seiner eigenen überschallschnellen Druckwelle zu reiten und die Geschwindigkeit soweit zu verringern, bis sie unter der kritischen Belastungsgrenze des X-Flüglers lag. Diesmal erreichte er den Punkt ohne Wiederkehr, und er wußte sofort, daß sein ganzes Leben auf diesen einen Punkt ausgerichtet gewesen war. Die Ungeheuerlichkeit des Hier und Jetzt. Seine Bewegungen waren instinktgeleitet, nicht von der Vernunft bestimmt, von jeder Entscheidung befreit. Er zog den Steuerknüppel an sich und nahm Kurs auf die Koordinaten des Bodengenerators.
Sein X-Flügler dröhnte durch die Atmosphäre, die Bugdeflektorschilde glühten rot wie ein sterbender Stern. Sein Taktikdisplay blieb leer – keine imperiale Luftabwehrstellung visierte ihn an. Standardverteidigungssysteme waren normalerweise undurchdringlich, aber jetzt, wo über ihm die Raumschlacht tobte, herrschte keine Normalität.
Das Navigationsdisplay bestätigte die Richtigkeit seines Kurses. Die Scanner peilten den Sendemast des Generators an. Der X-Flügler bockte wie ein tollwütiger Tauntaun. Sivraks Blickfeld verschwamm, während aus dem Kommunikator statisches Prasseln drang, gefolgt von Ackbars triumphierender Stimme: »Der Schild ist zusammengebrochen! Großangriff auf den Hauptreaktor des Todessterns!«
Unter Sivraks X-Flügler breitete sich der mondumspannende Wald aus, und dann sah er eine Säule aus Rauch und Feuer auf sich zurasen, die brennenden Überreste des bereits zerstörten Sendemastes. Solos Einsatzkommando hatte am Ende doch Erfolg gehabt.
General Calrissians Stimme dröhnte durch die Statik. »Wir sind unterwegs!« Laute Jubelrufe. Die Stimmen von Menschen und Bothans, Mon Calamaris und Biths. Sogar ein Droide stieß gellendes Triumphgeheul aus und erklärte, daß er das schon lange hatte tun wollen.
Es war die Raserei einer erfolgreichen Jagd, erkannte Sivrak, während er gleichzeitig begriff, daß keine Macht des Universums seinen Jäger stoppen konnte, weil sein Kurs schon vor langer Zeit von der stärksten aller Mächte festgelegt worden war.
Die brennenden Ruinen der imperialen Basis kamen mit der Geschwindigkeit des Schicksals auf ihn zu. Gelassen nahm Sivrak die Pfoten von den Kontrollen…
… und wanderte durch den Wald von Endor.
Es war Nacht. Der Wind war kühl. In seinen Nüstern prickelten die Gerüche von zahllosen Beutetieren und der Rauch großer Waldbrände. Das ferne Prasseln der Feuer war von rhythmischen Trommelschlägen und dem triumphierenden Gesang vieler aufgeregter Stimmen unterlegt.
Sivrak zog die reine Luft ein und atmete die letzten schalen Reste der wiederaufbereiteten Kabinenluft des Jägers aus. Diesmal versuchte er nicht, sich daran zu erinnern, was geschehen war. Er wußte, daß die Zeit alle Fragen beantwortete.
»Das sind die Ewoks, die da singen«, sagte Dice hinter ihm, so wie es ihr vorherbestimmt war.
Er drehte sich zu ihr um und keuchte angesichts der ätherischen Schönheit ihres Lamproidenkörpers, der in dem inneren Licht erstrahlte, das schon immer in ihr gebrannt hatte. Die düsteren Bäume des Waldes badeten in ihrem Glanz.
»Sie feiern den Tod des Imperators«, sagte sie.
»Dann ist die Schlacht um Endor…?« begann Sivrak.
»… gewonnen. Unser Kampf ist zu Ende.«
Sivrak hob seine Pfote, um sie zu berühren, und war nicht überrascht, als er feststellte, daß sein Arm wie Dices Körper leuchtete.
Sie wand ihre Schwanzspitze um seine Pfote. »Wir sind Geschöpfe des Lichts«, sagte sie, »und wir sind es immer gewesen. Wahre Liebe kann nicht verleugnet werden.«
Lange Zeit stand Sivrak schweigend in diesem Wald, endlich vereint auf eine Weise, die ihm verriet, daß er nie wieder allein sein würde – eine Harmonie, die noch einfacher war als die zwischen Raubtier und Beute, die Vereinigung aller Dinge in der Macht. Aber durch den Chor der Ewoks hörte er Fetzen einer anderen Musik aus einer anderen Zeit.
»Die Bar«, erklärte Dice, ohne daß er fragen mußte.
»Ich weiß«, nickte er. »Aber es gibt keinen Grund mehr, dorthin zurückzukehren.«
»Es hat nie einen gegeben«, sagte sie.
Und dann, Pfote in Schwanz, ihre Herzen und Seelen auf ewig vereint, führte Dice Sivrak durch den Wald von Endor, zu einem besonderen Ort nahe einem Ewok-Dorf, wo drei Freunde warteten, wie sie immer gewartet hatten, wie sie immer warten würden, auf alle, die sich zu ihnen gesellen wollten, vereint in der Macht. Und hinter ihnen im Wald verklang langsam die Musik aus der Bar und wurde nie wieder gehört.