Reegesk wich zwei potentiell lästigen Sturmtrupplern aus, drückte seine Schätze an sich und wieselte mit nagergleicher Flinkheit in die schmale Gasse hinter seiner Lieblingsbar in Mos Eisley. Ah, ja, sie war wirklich seine Lieblingsbar. Nicht, weil die Drinks oder die Musiker, die dort auftraten, von besonderer Qualität waren, sondern, weil er dort immer jemanden traf, der ein Geschäft machen wollte – oder mußte. Und in dem kleinen Ranaterstamm, der sich mit jedem Tag auf dieser trockenen Außenpostenwelt weiter ausbreitete, war dies schließlich seine Aufgabe: Reegesk der Händler, Reegesk der Marketender, Reegesk der Beschaffungsspezialist Nummer Eins.
Mit zufrieden zuckenden Schnurrbarthaaren setzte er sich an eine sonnige Wand, rollte seinen peitschenartigen Schwanz locker zusammen und öffnete sein Bündel, um die Beute des Tages zu begutachten. Eine backofenheiße Brise trug vom anderen Ende der Gasse die nicht unangenehmen Gerüche von faulendem Abfall und Tierexkrementen zu ihm herüber. Er hatte den Morgen mit wenig mehr als einer Handvoll polierter Steine und ein paar Informationen begonnen und nur ein paar erfolgreiche Geschäfte gebraucht, um sie gegen die viel wertvolleren Dinge einzutauschen, die er jetzt neben sich im Staub ausbreitete. Eine kleine Antenne, ein paar Meter feines Tuch mit sehr wenigen Löchern und ein Bündel Kabel für den winzigen Taukollektor, den sein Stamm heimlich baute. Die Kabel würde er behalten.
Aber er mußte noch mehr Geschäfte machen. Ihm fehlten immer noch ein paar Dinge: eine Energiequelle, um den improvisierten Taukollektor zu betreiben, der seinen Stamm aus der Abhängigkeit von den örtlichen Feuchtfarmern befreien würde, ein oder zwei Seile und Metallteile, um daraus Werkzeuge oder Waffen zu machen.
Von seinem Standpunkt aus erwarb er bei jedem Tausch immer bessere Waren. Glücklicherweise hatte er von seinem letzten Geschäft noch ein paar Dinge übrig, die er eintauschen konnte: einen gesprungenen Sturmtruppenhelm, ein Päckchen mit Feldrationen und einen aus Banthahorn geschnitzten Tusken-Kampftalisman. All dies hatte er für eine mehrere Tage alte Information und einen beschädigten Hemmbolzen bekommen. Er nahm an, daß die Hitze und der Staub das Urteilsvermögen jedes Wesens trüben konnten. Vielleicht hätte der imperiale Offizier ein Lieutenant Alima, der eindeutig nicht zur örtlichen Garnison gehörte – bei dem Geschäft besser aufpassen sollen. Nun, der Offizier hatte bekommen, was er wollte, sagte sich Reegesk schulterzuckend.
Natürlich war die alte Warnung an die Käufer noch immer gültig: Wer ein Geschäft machen wollte, mußte auf der Hut sein. Weniger skrupelbehaftete Händler tricksten ihre Kunden aus oder versuchten, ihnen irgendwelche nutzlosen Dinge anzudrehen, aber nicht Reegesk. Das Imperium hatte die ranatische Rasse zwar mit dem Stigma »halbintelligent« belegt, aber Reegesks Ehrlichkeit hatte ihm auf den Straßen von Mos Eisley den Ruf eingebracht, schlitzohrig, aber fair zu sein. Abgesehen von den lästigen Sturmtrupplern gab es auf dem Raumhafen nur wenige Wesen, die auf ein Geschäft mit Reegesk verzichten würden, solange er hatte, was sie »brauchten«.
Reegesk verzog die fellbedeckte Schnauze zu einem trockenen, zähnebleckenden Grinsen. Nun, er wußte, was erbrauchte, und er wußte, wo er sein nächstes Geschäft machen konnte.
Im Inneren der Bar war es relativ kühl, und das Halbdunkel war nach dem ausdörrenden, grellen Licht von Tatooines Doppelsonne eine Wohltat. Die Luft roch nach verschwitztem Fell und erhitzten Schuppen, nach Nic-o-Tin-Rauch, nach seit Monaten nicht mehr desinfizierten Raumanzügen und den Rauschmitteln von Dutzenden verschiedener Welten.
Reegesk trat an den Tresen, bestellte bei Wuher dem Barkeeper ein Glas rydanisches Bier und suchte das Lokal nach potentiellen Kunden ab. Ein Devaronianer? Nein. Reegesk hatte kein Interesse an ihm. Einer der Bith-Musiker, die gerade eine Pause machten? Vielleicht. Ah. Reegesks Blick fiel auf die vertraute Gestalt eines Jawas.
Perfekt.
Reegesk zog die Kapuze seines Mantels tief ins Gesicht und näherte sich dem kleinen Tisch des Jawas. Jawas waren scheue Wesen, die großen Wert auf völlige Vermummung legten, und Reegesk hatte herausgefunden, daß es dem Geschäft diente, wenn er sich den Eigenheiten seiner Kundschaft anpaßte. Erleichtert stellte er am Geruch des Jawas fest, daß er ihn kannte. Es war Het Nkik, mit dem er schon häufiger Geschäfte gemacht hatte.
Als Reegesk sah, wie der Bandleader Figrin D’an seinen Musikern mit einem Wink bedeutete, daß die Pause zu Ende war, beeilte er sich, vor dem nächsten Song Het Nkik anzusprechen. »Reegesk grüßt Het Nkik und bietet ihm Geschichten oder Waren zum Tausch an«, sagte er formell zu dem Jawa, der ganz in Gedanken versunken zu sein schien und Reegesk noch nicht bemerkt hatte.
Het Nkik reagierte nicht sofort, doch als er aufblickte, glaubte Reegesk so etwas wie Erleichterung in seinen Augen zu bemerken, als wäre der Jawa froh, daß ihn jemand von seinen Gedanken ablenkte. »Die Gelegenheit für einen Tausch ist immer willkommen, und eine Gelegenheit bietet sich immer«, antwortete Het Nkik genauso formell, aber seine Stimme klang höher als gewöhnlich und seine Blicke irrten unruhig durch den Raum.
»Mögen beide Händler das bessere Geschäft machen«, schloß Reegesk die rituelle Begrüßung ironisch ab, denn er wußte sehr wohl, daß es die Jawas wenig interessierte, ob ihre Kunden zufrieden waren oder nicht. Nun, er war da ganz anders. Reegesk war zwar ein Schlitzohr, aber er machte nur Geschäfte mit Kunden, die brauchten (oder glaubten, daß sie es brauchten), was er hatte, und er gab nur Waren weg, die der Stamm nicht benötigte.
Reegesks Nase kräuselte sich leicht, als er versuchte, Het Nkiks Geruch einzuordnen. Er witterte etwas, das er nur als Ungeduld oder Erwartung interpretieren konnte, und entschied sich, nicht länger zu zögern und sofort mit dem Handeln zu beginnen. In leuchtenden Farben beschrieb er die Geschäfte, die er im Lauf des Morgens gemacht hatte. Seltsamerweise wirkte Het Nkik nicht gerade begeistert, als er von seinen eigenen Geschäften erzählte und Reegesk einen geladenen, ausgezeichnet erhaltenen Blastech DL-44-Blaster zeigte. Reegesk blieb es erspart, Bewunderung oder Neid zu heucheln; da es einem Ranater in den Territorien des Äußeren Randes noch immer verboten war, Waffen zu tragen, konnte Reegesk nichts eintauschen, das sich als Waffe gebrauchen ließ.
Trotzdem lobte er den Jawa für das gute Geschäft, aber Het Nkik hörte kaum hin, sondern machte sich sofort daran, wertvolle Informationen mit Reegesk auszutauschen. Die beiden Händler waren so in ihr Gespräch vertieft, daß Reegesk den rodianischen Kopfgeldjäger erst bemerkte, als der rücklings gegen ihren Tisch stieß. Reegesk griff hastig nach seinem Bierglas, das am Tischrand gefährlich wackelte. Seine Nüstern zogen sich verärgert zusammen, als hätten sie einen unangenehmen Geruch aufgefangen.
Greedo drehte sich um, als wollte er sich für seine Ungeschicklichkeit entschuldigen, aber als er sah, wer am Tisch saß, verzichtete er darauf. Der grünliche Ton seiner Haut wurde dunkler, und die Lippen seiner Schnauze verzogen sich verächtlich, als er Reegesk musterte. »Womp!« stieß er hervor und versetzte dem Tisch einen Tritt, bevor er sich zum Tresen trollte.
Reegesks Rückenfell sträubte sich vor Empörung, und er schleuderte dem säuerlich riechenden, grünhäutigen Kopfgeldjäger haßerfüllte Gedanken hinterher. Diese Frechheit! Diese Beleidigung. Schließlich waren die Ranater in keinster Weise mit den primitiven tatooinischen Wompratten verwandt! Greedo war die einzige Person, die er ohne zu zögern bei einem Geschäft übers Ohr hauen würde.
Als er sich wieder beruhigt hatte, trat das Geschäft ins nächste Stadium, und Reegesk präsentierte diskret die Waren, die er eintauschen wollte. Het Nkik zeigte mildes Interesse am Sturmtruppenhelm, aber als Reegesk den Tusken-Kampftalisman aus geschnitztem Banthahorn hervorholte, war Het Nkiks Erregung nicht zu übersehen. Reegesk rief sich ins Gedächtnis zurück, was er über diese Amulette wußte. Die Sandleute glaubten, erklärte er, daß ein derartiger Talisman ihnen in einem Kampf die Körperkräfte eines Banthas verlieh und ihnen den Mut gab, sich dem Tod zu stellen, wenn es nötig sein sollte. Het Nkik bat, den Talisman in die Hand nehmen zu dürfen, drehte ihn hin und her und stieß Laute in einem Dialekt aus, den Reegesk nicht kannte.
Reegesk unterdrückte ein triumphierendes Lächeln. Das war fast zu einfach. Es war ungewöhnlich, daß ein Jawa so großes Interesse an einer Ware zeigte, denn es brachte ihn beim Feilschen in eine unterlegene Position. Reegesk entschloß sich, sofort mit dem Schachern zu beginnen. »Der Talisman ist tatsächlich sehr kostbar. Das Tauschangebot müßte seinem Wert entsprechen.«
Het Nkiks ehrfürchtiger Gesichtsausdruck verwandelte sich in Verärgerung. »Ich habe heute nichts Wertvolles dabei.«
Reegesks Herz schlug schneller, als er seine Chance witterte. Der Jawa wollte eindeutig das Geschäft machen. Reegesk senkte bedeutungsvoll den Blick, um Het Nkik an den Blaster zu erinnern, der in seinem Schoß lag, verdeckt vom Tisch. »Eine Gelegenheit bietet sich immer.«
Die Hände des Jawas verkrampften sich um den Blaster, und für einen Moment wirkte er ratlos. »Ich kann keinen derart hohen Preis zahlen«, antwortete er bedächtig, »… jedenfalls nicht heute.« Er mied Reegesks Blick. Sie feilschten noch eine Weile und einigten sich schließlich auf eine Summe, die viel höher war, als Reegesk erwartet hatte.
»Du weißt, daß ich ein angesehener Händler bin«, erklärte Het Nkik. »Hier sind schon einmal ein paar Kredits, um meinen guten Willen zu beweisen. Den Rest zahle ich dann morgen.«
Erfolg! Aber konnte er dem Jawa trauen? Reegesk mahnte sich zur Vorsicht. »Dann gebe ich dir morgen den Talisman«, sagte er ruhig. Er wollte nicht ungeduldig erscheinen, und er hoffte, daß sein Körpergeruch ihn nicht verriet.
Aber der Jawa wollte sich nicht vertrösten lassen. »Nein. Ich brauche den Kampftalisman heute.« Het Nkiks Stimme klang mit jedem Wort erregter. »Ich werde den Rest morgen bezahlen, aber ich kann nicht bis morgen warten.« Er verstummte und schien nach einer Möglichkeit zu suchen, Reegesk von seinen ernsten Absichten zu überzeugen. »Wenn du bis morgen wartest, bekommst du obendrein von mir diesen Blaster.«
Allein die Vorstellung, eine derart wunderbare Waffe zu besitzen, ließ Reegesks Augen aufleuchten.
Het Nkiks Augen bohrten sich in Reegesks, als er der unter dem Tisch versteckten Waffe zunickte. »Ja. Du kannst sie haben und benutzen. Mir macht es nichts aus, einen Ranater zu bewaffnen. Überlaß mir heute den Talisman, und morgen bekommst du, was du brauchst.«
Reegesk konnte sich den brennenden Blicken des Jawas nicht entziehen. Zögernd streckte er eine Pfote aus und befingerte die Waffe. Sollte er das Risiko eingehen und dem Ehrenwort dieses Jawas vertrauen? Wer ein Geschäft machen will, muß auf der Hut sein. Schließlich traf er eine Entscheidung.
In diesem Moment kam es am anderen Ende der Bar zu einem Tumult. Licht und Funken erfüllten die Luft, begleitet vom beißenden Geruch versengten Fleisches. Als die Luft wieder rein war, konnte Reegesk die Gestalt von Greedo dem Kopfgeldjäger erkennen, der reglos auf einem ansonsten leeren Tisch lag.
Tot? Ja, eindeutig tot. Dies war wirklich ein Glückstag für Reegesk. Er schauderte vor Erregung, und seine Schnurrbarthaare zitterten vor Entzücken. »Ja. Ich akzeptiere das Angebot«, sagte er zu dem Jawa, der noch immer zum anderen Ende der Bar hinüberschaute. »Du kannst den Talisman behalten. Bring mir morgen den vereinbarten Kaufpreis.«
Het Nkik richtete seine Aufmerksamkeit abrupt wieder auf Reegesk. Wortlos entzog er dem Ranater die Waffe und eilte davon.
»Beide Händler haben heute das bessere Geschäft gemacht«, rief Reegesk Het Nkik nach, aber der Jawa schien ihn nicht zu hören.
Reegesk verfolgte lächelnd, wie Het Nkik selbstbewußt zum Ausgang der Bar marschierte. Er war glücklich, ein derart faires Geschäft gemacht zu haben. Der Jawa sah sich herausfordernd um und verließ die Bar, das DL-44-Gewehr unter seinem Mantel verborgen, den kostbaren Kampftalisman in der Hand.
Reegesk leerte sein Bierglas, stand auf und atmete tief durch. Der verbrannte Geruch des niedergeblasterten rodianischen Kopfgeldjägers hing noch immer in der Luft. Sehr befriedigend, dachte er mit einem erleichterten Seufzer.
Kurz darauf verließ er ebenfalls die Bar und trat auf die ausgedörrten Straßen von Mos Eisley. Reegesk griff in die Tasche unter seinem Mantel nach der Energiezelle, die er aus Het Nkiks Blaster genommen hatte. Sie hatten heute beide bekommen, was sie wollten. Er war auf der Hut gewesen.
Und jetzt hatte Reegesk die perfekte Energiequelle für den neuen Taukollektor des ranatischen Stammes.