Wir spielen nicht auf Hochzeiten:
Die Geschichte der Band
Kathy Tyers
Der höhlenähnliche, verräucherte Thronsaal von Jabba dem Hutt stank nach verschütteten Rauschmitteln und verschwitzten Körperpanzern. Wächter und Gauner, Tänzerinnen und Kopfgeldjäger, Menschen und Jawas und Weequays und Arconas lagen, wo sie umgefallen waren, zusammengerollt unter den Torbögen oder bunt durcheinandergewürfelt in den nischenförmigen Separees oder überall im Raum verstreut. Die inneren Fallgatter standen sperrangelweit offen.
Nur ein weiteres rauschendes Fest in Jabbas Palast.
Diese Fallgatter stören mich – was ist, wenn man plötzlich verschwinden muß? –, aber sie halten den übelsten Abschaum fern.
Lassen Sie es mich anders ausdrücken. Der übelste Abschaum, Jabba persönlich, bezahlte uns gut. Verbrecherlord, Genießer, Kritiker; sein haarloser, gefleckter Schwanz zuckte im Rhythmus, wenn wir spielten. Nicht in unserem Rhythmus. In seinem.
Wir sind Figrin D’an und die Modalnodi, angesehene Mitglieder der Intergalaktischen Musikervereinigung, und wir sind – oder waren – Jabbas festangestellte Hausband. Ich habe seine Ohren nie gesehen, aber Jabba weiß eine gute Swingband zu schätzen. Er liebt es außerdem, Kredit zu geben und Schmerzen zuzufügen, und er findet beides wesentlich therapeutischer als Musik.
Wir hockten in der Garderobe und packten unsere Hörner ein, während Jabbas Gäste schnarchten. Meine Fizzz – symphonische Erbsenzähler wie Sie würden sie als dorenianischen Beschniquel bezeichnen, aber das ist gequirlter Quark – hatte ich schneller im Koffer verstaut als man braucht, um einen imperialen Inspektor auf den Kopf zu stellen und seine Taschen nach Kreditcoupons zu durchsuchen.
Wir sind Bith. Unsere langen, haarlosen Hälse stellen eine höhere evolutionäre Entwicklungsstufe dar, und unsere Mundfalten sind für Blasinstrumente wie geschaffen. Wir nehmen Geräusche so klar wahr wie andere Spezies Farben.
Unser Bandleader, Figrin D’an, polierte müde sein Kloo-Horn (dahinter verbirgt sich ein Wortspiel, aber man muß schon Bithisch sprechen, um es zu verstehen). Es ist ein Doppelrohrblattinstrument, länger als meins und reicher an Pastellharmonien, aber sein Klang ist nicht so einschmeichelnd. Tedn und Ickabel stritten sich um ihre Fanfarkoffer. Nalan war bereits dabei, die Hornglocken von seinem Bandfill abzunehmen, und Tech – wir sehen für Nichtbith alle gleich aus, aber man kann Tech an seinem glasigen Blick erkennen – saß zusammengesunken an seiner Ommnibox. Die Empfangsschüssel der Ommni war von Gipsstaub und kleinen Mörtelbrocken bedeckt, die während einer nächtlichen Blasterschießerei von der Decke gefallen waren. (Die Ommni verstärkt die hohen und tiefen Töne unserer Instrumente und sorgt für einen satten, klaren Sound. Um sie zu spielen, muß man selbst als Bith ein Genie sein. Tech haßt Figrin. Figrin hat die Ommni in der letzten Saison in einem Sabaccspiel gewonnen.)
»He, Doikk.« An Figrins Kopf glitzerten Schweißperlen. Es versprach ein brütend heißer typischer Tatooine-Tag zu werden, und Jabbas Wärmeaustauscher brauchten dringend eine Überholung.
Ich legte meine Fizzz zur Seite. Meine Fizzz. »Was ist?« fragte ich barsch. Ich war nicht in der Stimmung für irgendeinen Unsinn.
»Lust auf ein Sabaccspiel unter Freunden?«
»Ich spiele nicht, Figrin.«
Figrin wischte sich mit einer knorrigen Hand den Schweiß vom Kopf. »Du bist ganz schön eigensinnig, Doikk.«
Und du bist widerlich. »Alle Musiker sind eigensinnig.«
»Selbst für einen Musiker bist du zu eigensinnig. Wer hat je von einem Bandmitglied gehört, das nicht spielt?«
Ich bin der Außenseiter der Band, die personifizierte Vernunft. Ich habe diese süße kleine Fizzz durch sechs Systeme geschleppt. Ich stimme sie regelmäßig und öle sie vor jedem Auftritt ein. Ich schnitze mir meine eigenen Blasinstrumente. Ich hatte ganz bestimmt nicht vor, sie in irgendeinem Sabaccspiel einzusetzen. Nicht einmal, um Feuerkopf Figrin D’an zu besänftigen, einen Bandleader, der jede schiefe Note kritisiert, Eigentümer aller Bandinstrumente ist und uns nach Lust und Laune herumkommandiert.
»Ich spiele nicht, Figrin. Du weißt das…«
Eine schattenhafte Gestalt rollte durch den Haupttorbogen. »Figrin«, flüsterte ich, »dreh dich um. Langsam.«
Die Wespentaille, die breiten Schultern und der abgeflachte Kopf des Droiden hatten sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingeprägt, kurz nachdem Jabba uns unseren Exklusivvertrag gegeben hatte: sein uralter E-522-Attentäter. E-522 hatte meinen Hals gerettet, als mich einer von Jabbas menschlichen Segelbarkenwarten beschuldigt hatte, Jabbas persönlichen Vorrat an lebenden Sommersprossenkröten zu plündern. Zum Glück hatte mir E-522 ein Alibi verschafft. Danach hatte ich mir geschworen, nach Möglichkeit jeden Kontakt mit Menschen zu vermeiden.
Aber Jabba war ganz versessen darauf gewesen, jemanden an den Rancor zu verfüttern. Die Gerechtigkeit hätte verlangt, meinen menschlichen Verleumder zu nehmen, aber Jabba und Gerechtigkeit waren zwei verschiedene Dinge. Also hatten sie E-5 dick mit Fleischsaft beschmiert und durch die Falltür vor Jabbas Thron in die Rancorgrube geworfen. Als ihn Jabbas riesiger imitierter Sklave wieder ausgespuckt hatte, war er so beschädigt gewesen, daß sich eine Reparatur nicht mehr lohnte.
Hatte ich wenigstens gedacht. War er zurückgekehrt, um Rache zu nehmen?
Er trug keine Hemmbolzen. Wie eine von Blasterstrahlen zernarbte Säule auf Rädern rollte er auf uns zu. Verzweifelt sah ich mich um. Niemand wachte auf, um uns zu retten.
Der Droide hob seine oberen Gliedmaßen. Beide endeten in Ellbogengelenken. Jemand hatte seine Waffenaufsätze entfernt – aber das machte ihn nicht hilflos. Attentäterdroiden tragen immer Ersatzwaffen bei sich.
»Figrin D’an?« sagte er mit blechern klingender Stimme.
»Was würdest du tun… wenn du ihn findest?« Figrin rutschte näher zu mir und bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall. Ich hatte noch nie einen Blaster getragen. Ich wünschte mir jetzt, einen zu haben, auch wenn er mir wahrscheinlich nicht viel genutzt hätte.
»Ich habe eine Botschaft für ihn«, tutete der Droide. »Haben Sie keine Angst. Mein Attentatsprogramm ist gelöscht worden, und wie Sie sehen können, bin ich unbewaffnet. Mein neuer Besitzer hat mich vor dem Schrottplatz gerettet und setzt mich jetzt als Kurier ein.«
»Er kann sich nicht an uns erinnern«, wisperte Figrin auf bithisch. »Seine Gedächtnisspeicher sind ebenfalls gelöscht worden.«
Während ich mich langsam beruhigte, trat meine alte Einstellung gegenüber Attentäterdroiden wieder in den Vordergrund: Solange man sie sieht, muß man sich keine Sorgen machen. Er hatte nicht geschossen, bevor wir ihn entdeckt hatten, also waren wir sicher. Und ich bin mit Droiden schon immer besser zurechtgekommen als mit den meisten anderen intelligenten Wesen. Vor allem den Menschen.
Aber E-5 all seine Waffen zu nehmen… Ebensogut hätte man mir alle Finger abschneiden können, um mein Leben zu retten.
»Wer ist dein neuer Besitzer?« fragte ich.
Der Droide mahnte mich zischend, leiser zu sprechen.
Ich senkte meine Stimme. »Wer?« wiederholte ich sotto voce.
Die Antwort war kaum hörbar. »Mistress Valarian.«
Oho. Val, wie ihre Freunde sie nannten, eine hauerbewehrte Whiphidin, die erst vor kurzem nach Tatooine gekommen und Jabbas Erzrivalin in der Raumhafenstadt Mos Eisley war. Glücksspiel, Waffen- und Informationshandel, das übliche… aber ihr Geschäft lief prächtig. Kein Wunder, daß sie einen recycelten Kurier geschickt hatte.
Jetzt, wo ich wußte, daß mir keine unmittelbare Gefahr drohte, lehnte ich mich an die Bühne. »Was will sie?«
»Sie möchte Sie für eine Hochzeit engagieren, die in ihrem Hotel zum Glücklichen Despoten in Mos Eisley stattfinden wird.«
Ich hatte vom Glücklichen Despoten schon gehört. Figrin schürzte seine Lippenfalten. »Wir spielen nicht auf Hochzeiten«, antworteten wir gleichzeitig.
Das müssen Sie verstehen. Für einen Auftritt bei einer Hochzeit gehen zwei Tage drauf (je nach Spezies sogar drei Tage, plus die Zeit, die man braucht, um neue Stücke einzustudieren.) Man wird wie ein Tonband behandelt, muß unmögliche Phrasen wiederholen, die üblichen Hochzeitsmärsche in die Länge ziehen und bekommt obendrein noch aufgetragen, einen Tusch zu spielen, wenn das völlig entnervte Brautpaar endlich anrollt… falls es überhaupt anrollt. Dann der Empfang, wo sich jeder besäuft, bis keiner mehr einen Ton hört. All das für das halbe Honorar und die doppelte Befriedigung: Man hat geholfen, den Fortbestand einer Spezies zu sichern.
E-5 drehte seinen flachen Kopf zu Figrin. Offensichtlich funktionierten seine Erkennungsschaltkreise noch. »Mistress Valarian hat sich einen Gemahl von ihrer Heimatwelt kommen lassen«, erklärte er.
Gut, daß ich in diesem Moment nicht trank. Ich hätte mich verschluckt. Es gibt nur ein Wesen, das häßlicher ist als ein Hutt: ein Whiphide. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein weiterer gigantischer Whiphide mit ranzigem Fell und gelben Hauern auf Tatooine eintraf. Valarian hatte ihn wahrscheinlich mit luxuriöser Unterbringung und guten Jagdmöglichkeiten geködert. Ich war gespannt, wie er reagierte, wenn er Mos Eisley sah.
Der Droide fuhr fort: »Ihr Auftritt ist nur für den Empfang geplant. Mistress Valarian bietet Ihrer Band dreitausend Kredits. Für Transport und Unterkunft wird gesorgt, Verpflegung und Getränke sind während Ihres Aufenthalts gratis. Außerdem stehen Ihnen beim Empfang fünf Pausen zu.«
Dreitausend Kredits? Mit meinem Anteil konnte ich meine eigene Band gründen – in den besten Hotels wohnen…
Figrin beugte sich nach vorn. »Sabacctische?« fragte er.
Ich erholte mich zu spät von meinem Gieranfall. Jabba hatte uns einen Exklusivvertrag gegeben. Es würde ihm nicht gefallen, wenn wir für Valarian spielten, und wenn Jabba die Stirn runzelte, gibt es Tote. Nein, Figrin! dachte ich.
»Sicher«, antwortete der Droide, »nur während Ihres Auftritts nicht.«
Ich summte mit meinen Mundfalten, um Figrins Aufmerksamkeit zu erregen, aber unser genialer Bandleader ignorierte mich. Figrin legte das Kartenspiel beiseite und begann mit den Vertragsverhandlungen.
Wir flogen bei Einbruch der Abenddämmerung nach Mos Eisley, während eine der Sonnen hinter einem trüben, dunstverhangenen Horizont versank. Unser vollgestopfter kleiner Transporter brauste durch den zerfallenen südlichen Sektor und wurde von einem orangefarbenen Dienstdroiden gesteuert. Wie der ehemalige Attentäter trug er keine Hemmbolzen, was mich dazu zwang, ihre Besitzerin zu mögen. Nur schattenhaft erkennbare Wesen huschten in dunkle Winkel, als wir vorbeiflogen. Das Motto von Mos Eisley, das wie eine Ansammlung bewohnter Sanddünen aussieht, ist Tarnung. Wenn dich keiner sieht, kann dich auch keiner erschießen. Oder als Zeuge gegen dich vor dem aussagen, was in dieser Stadt als Gericht durchgeht.
Drei Stockwerke über einer von Mos Eisleys namenlosen Straßen blinkten zwei Leuchtfeuer wie Schiffslaternen, und aus einer weit geöffneten Einstiegsluke fiel blendend helles, gelbes Licht. Der Droide flog näher heran. Eine lange, gewundene Rampe und eine gerade Treppe führten von der Straße zum erhöhten Haupteingang. Unter der Treppe entdeckte ich das Wahrzeichen des Hotels: drei große Bullaugen.
Eine Gruppe von Investoren, die verrückt genug waren, um ihre Kredits auf Tatooine in den Sand zu setzen, hatten einen heruntergekommenen Frachter zur Oberfläche geschleppt und ein Viertel des Rumpfes im Sand versenkt. An der Steuerbordseite, die mir am nächsten war, türmte sich der Unrat, der vom letzten Staubsturm angeweht worden war. Das ehemalige Cockpit war halb unter zerschrammten Antennenschüsseln begraben. Im Geiste grüßte ich den Glücklichen Despoten nach Art der Raumfahrer, denen ein fremdes Schiff begegnet: Was für ein Schrotthaufen.
Unser Transporter landete am Fuß der langen Rampe. »Bitte aussteigen, meine Herren«, brummte der Droide.
Wir luden unsere Anlage aus dem Kofferraum des Luftbusses auf einen Repulsorkarren. Wir hatten nur eine Garnitur Wäsche zum Wechseln und unsere Bühnenkostüme mitgenommen und den Rest unserer Habseligkeiten in Jabbas Palast zurückgelassen. Mos Eisleys unverwechselbares Aroma – Treibstoffdämpfe, ranziges Essen, der Smog primitiver Fabriken und der betäubende Geruch von heißem Sand – hing in der flimmernden Luft.
In der Halle blieben wir stehen und warteten blinzelnd darauf, daß sich unsere Augen an die veränderten Lichtverhältnisse anpaßten. In einer Ecke lungerte ein orangerot uniformierter menschlicher Sicherheitsbeamter herum. Von Lady Val war nichts zu sehen. Sofort sank sie in meiner Achtung. Sie mochte vielleicht Droiden vertrauen, aber sie behandelte Musiker wie Küchenhilfen.
»Hier entlang.« Unser Droide führte uns an einer extrem attraktiven Empfangsdame unbekannter Herkunft vorbei, deren Facettenaugen verführerisch glitzerten. Ein langgestreckter, riesiger Saal nahm ein Drittel des ehemaligen Oberdecks des Schiffes ein. Spiegelnde schwarze Spundwände und ein glänzend schwarzer Boden schlossen mehrere Dutzend Tische ein, aber mehr als ein Tisch stand schief auf wackeligen Beinen, und durch das abblätternde Schwarz der Spundwände schimmerten weiße Streifen. Hier – im berühmten Café Sternkammer – bauten wir unsere Anlage auf und spielten eine Nummer, um ein Gefühl für die Akustik des Raums zu bekommen. Die wenigen Gäste an den Tischen klatschten, klapperten mit ihren Klauen oder klickten mit ihren Mandibeln. Zufrieden schalteten wir unsere Anlage wieder aus und setzten uns an einen freien Tisch. Minuten später begann die Show. Ein Komet raste an Figrins Kopf vorbei. Sternbilder erschienen unter der Decke und spiegelten sich in meiner Suppe.
Auf mehreren Tischen tauchten holographische Sabaccfelder auf. Jetzt erinnerte ich mich an den Rest der Geschichten, die ich gehört hatte: Jabba hatte dafür gesorgt, daß der Despot niemals eine Glücksspiellizenz von der korrupten imperialen Verwaltung bekommen würde. Deshalb mußte Valarian ihre Spieltische bis zum Einbruch der Dunkelheit tarnen. Wie es hieß, hatte Jabba Lady Val mehrfach vor geplanten Polizeirazzien gewarnt… gegen entsprechende Bezahlung.
Figrin schlang sein Essen hinunter, zog sein Kartenspiel aus der Tasche und machte sich davon. Heute nacht würde er verlieren. Absichtlich. Meine anderen Kollegen beteiligten sich an einem Schickele-Spiel mit niedrigen Einsätzen.
Ich fand einen gelangweilt wirkenden Kubaz-Wachposten und plauderte eine Weile mit ihm. Die Kubaz sind hervorragende Sicherheitskräfte. Ihre langen Greifnasen reagieren auf Gerüche so empfindlich wie Bith-Ohren auf Tonlagen und Tonqualität, und die grünlich-schwarze Haut der Kubaz verschmilzt mit jedem Schatten. Im Tausch gegen meine persönlichen Ansichten, die er wahrscheinlich längst kannte, und einen Krug mild berauschenden Lums erfuhr ich, daß der Kubaz Thwim hieß, daß er auf Kubindi geboren und daß Mistress Valarians zukünftiger Gemahl ein Meisterjäger war – kein ungewöhnlicher Beruf auf der Heimatwelt der Whiphiden.
Ich entdeckte außerdem ein vertrautes dreieckiges Gesicht. Kein Freund, aber ein Bekannter. Kodu Terrafin ist der Pilot von Jabbas Pendelfähre, die zwischen dem Palast und seinem Stadthaus verkehrt. Er ist ein Arcona: In seinem Raumfahreroverall sieht er wie eine schmutzigbraune Schlange mit klauenbewehrten Beinen und Armen und einem großen, amboßähnlichen Kopf aus.
Ich unterhielt mich weiter mit Thwim, während Kodu von Tisch zu Tisch tänzelte und den Amboßkopf ständig hin und her drehte. Ich beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Plötzlich sah ich das gelb-grüne Glitzern seiner Augen.
Sofort glitt er in meine Richtung. Er muß mich mit einem anderen Bith verwechseln, dachte ich beunruhigt. Thwim warf seinen grünen Umhang zurück und machte Kodu Platz.
»Ssie ssind Figrin?« Das knollige Riechorgan zwischen Kodus Facettenaugen zuckte.
»Nicht direkt«, murmelte ich.
»Oh, Doikk. Tut mir leid.« Wenigstens erkannte er meine Stimme. »Verkaufe Informationen. Wollen Ssie Figrin finden?«
Ich warf einen Blick zu Figrins schimmerndem holographischen Sabacctisch hinüber. Unser gerissener Bandleader hatte sich hinter seinen Karten verschanzt und mimte den Berauschten. Keine gute Zeit, um ihn zu stören. (Wer hat Doikk Na’ts eigentlich zum Bandmanager ernannt? dachte ich.)
Kodu rückte näher an mich heran. »Ich will nicht lange bleiben«, zischte er. »Wollen Ssie kaufen? Ssie ssollten ess tun.« Er grinste schlau.
»Zehn«, bot ich an. Figrin würde schon zahlen, wenn die Neuigkeiten interessant genug waren. Thwim beobachtete während dessen das Uvide-Rad. Seine Greifnase zuckte wie eine Bande aufgeregter Jawas.
»Hundert«, antwortete Kodu sofort. Nach drei Minuten hatten wir uns auf fünfunddreißig geeinigt. Ich drückte meine Kreditkarte gegen seine und überwies das Geld.
»Jabba.« Kodu klapperte mit seinen Klauenfingern. »Er isst wütend.«
»Wütend?« Ich sah mich um. »Auf wen denn diesmal? Und warum?«
»Ssie haben Ihren Vertrag gebrochen.«
Meine Mägen zogen sich zusammen. Wer hätte ahnen können, daß es die große Nacktschnecke merken würde? »Wie hat er reagiert?«
Kodu zuckte die Schultern. »Zwei Wachen an den Rancor verfüttert und geschworen…« Er zuckte erneut die schmalen Schultern unter seinem braunen Hals.
Geschworen, jeden zu belohnen, der uns zurück in seinen Palast schleppte. Lebewohl, IMV-Altersheim. »Danke, Kodu.« Ich versuchte, aufrichtig zu klingen. Ich hatte eine liebende Mutter in den blubbernden rosa Sümpfen von Clak’dor VII zurückgelassen. Sie vermißte ihren musikalischen Sohn.
Kodu berührte seinen Blaster. »Auf Wiedersehen, Doikk. Viel Glück.«
Glück. Genau. Entweder verschwanden wir so schnell wie möglich aus Jabbas Reichweite, in welchem Fall mich Kodu niemals wiedersehen würde, oder…
Ich wieselte durch die Menge zu Figrins Tisch. Glücklicherweise hatte Figrin gerade auf spektakuläre Weise verloren. Ein Duro mischte die Sabackkarten mit geschickten grauen Händen. Ich zupfte an Figrins Kragen. »Mach Schluß. Schlechte Neuigkeiten.«
Er entschuldigte sich mit schwerer Zunge und stand auf. Wenn man sich bei jedem Schritt umschauen muß, braucht man doppelt so lange, um einen Raum zu durchqueren. Für Jabba arbeiten eine Menge Schläger.
Wir fanden einen freien Platz an der Bar. »Was ist?« Figrins Augen schienen geschrumpft zu sein; entweder lag es an der Wirkung des Gewürzes, oder er war ein besserer Schauspieler, als ich dachte.
Ich erzählte ihm die Neuigkeiten. »Wir haben unsere Instrumente und zwei Garnituren Wäsche zum Wechseln«, schloß ich.
»Aber ich verliere. Ich liege zurück.«
Ich blies meine Mundfalten auf. Wir brauchten das Geld für diesen Gig, um uns bis zum nächsten Job über Wasser zu halten – oder bis Jabbas Zorn abgekühlt war. Ich erklärte es Figrin.
Die Barbeleuchtung spiegelte sich auf seiner Stirn und tanzte auf und ab, als er den Kopf schüttelte. »Wir verlassen den Planeten«, sagte er.
»Was ist mit deinen… Sachen, die sich immer noch in Jabbas Palast befinden?«
»Darunter ist nichts, was sich nicht ersetzen ließe. Wir verschwinden morgen nachmittag, direkt nach der Hochzeit. Es wird sowieso Zeit, daß ich wieder vor größerem Publikum spiele.«
Ich stimmte zu. »Allerdings ist draußen in der Galaxis der Wettbewerb härter. Wir werden weniger Gigs bekommen.« Wir hatten uns bisher immer durchgeschlagen, aber von Hoffnungen allein kann man nicht leben.
»Dafür ist der Tisch reicher gedeckt«, meinte er aufmunternd. »Heute nacht sollte jemand Wache halten. Habe ich eben gehört, daß du dich freiwillig meldest?«
Sein Gewürzrausch war also nur gespielt gewesen. »Ich übernehme die erste Wache«, versprach er.
Unsere Band saß am nächsten Morgen mit verquollenen Augen im Café Sternkammer. Nach dem Frühstück walzten, quollen und staksten die ersten Hochzeitsgäste in die Halle des Glücklichen Despoten! Wir warteten im Café und stimmten unsere Instrumente. Ich versuchte mir eine Whiphid-Hochzeit vorzustellen. (Küßten sie sich nach der Trauung, verhakten sie ihre Hauer oder stießen sie ihr Kriegsgeheul aus?) Ich entdeckte zwei Turbolifte, einen Kücheneingang, den Haupteingang und eine kleine runde Luke, die einst als Notschleuse gedient haben mußte. Mein umhangtragender, langnasiger Freund Thwim hielt derweil stur ein Ende des Bartresens besetzt. Lady Vals Stab deckte rund zehn Bankettische, schleppte Essen heran, programmierte die Barkeeperdroiden, hängte Girlanden auf und bemühte sich, die Sternkammer so festlich herzurichten, wie es ihr erbärmlicher Zustand erlaubte.
Hinter den großen Tischen standen ein Dutzend kleinere. Ich konnte fast spüren, wie Figrins Mundfalten in Erwartung einer reichen, festlich gestimmten Gästeschar zuckten.
Aus der Halle drang ohrenbetäubender Jubel. »Sie müssen gerade getraut worden sein«, murmelte Figrin. Die ersten Gäste strömten in das Café. Figrin gab uns das Zeichen für die Auftaktnummer. Bevor wir damit fertig waren, begann ich zu schwitzen… aber nicht wegen der Hitze. Mehrere von Jabbas Schlägern hatten sich im Café eingefunden. Gehörten sie zu den geladenen Gästen? Oder hatte uns Jabba eine Reise ohne Wiederkehr zur Großen Grube von Carkoon spendiert?
Zum wiederholten Male sah ich mich nach Valarians Sicherheitskräften um. E-522 stand neben dem Hinterausgang und war für das Fest mit glänzenden neuen Blastern und Nadlern ausgestattet worden – und mit einem funkelnagelneuen Hemmbolzen, der an seiner breiten Brust prangte. Offenbar traute sie ihrem Droiden doch nicht ganz über den Weg.
Ein junger Mensch in sauberer, ungeflickter Kleidung und mit Schlapphut kam zu unserer Bühne geschwankt. »Spielt doch mal ›Tränen von Aquanna‹.« Er zerrte an Figrins Hosenbein, das sich über dem Stiefel bauschte. Figrin riß sein Bein los. Der Mensch wiederholte seine Bitte und wandte sich dann an mich.
Ich wollte nicht, daß er meine Hose anfaßte. »Alles klar«, sagte ich zu ihm, holte dann tief Luft und legte los.
Wie hätten wir wissen können, daß eine der Straßengangs von Mos Eisley eins unserer Stücke zu ihrer offiziellen Hymne erkoren hatte? Der Schlapphut und mehrere seiner Freunde drängten sich am Fuß unserer Bühne und jaulten einen Text, den sie offenbar selbst verbrochen hatten.
Ein paar andere Menschen bahnten sich mit finsteren Gesichtern einen Weg zur Bühne. Ich gab Figrin einen Rippenstoß. Er improvisierte einen unorthodoxen Schlußakkord, und wir waren mit der Nummer fertig, ehe die Gang mit dem Singen fertig war. Einige von ihnen funkelten uns drohend an.
Ein Neuankömmling, eine dunkelhäutige Frau, schob einen Zuschauer zur Seite, der nicht mitgesungen hatte. »Jetzt spielt Wurmfall«, grollte sie mit einer Stimme, die perfekt zu ihrer Hautfarbe paßte. »Für Fixer und Camie.«
»Alles klar«, sagte Figrin. Das Intro zu Wurmfall hat sechs Takte. Ich reduzierte es auf vier.
Wenn man ein Stück sechshundertmal gespielt hat, vergißt man irgendwann während des Spielens völlig, wo man ist. Dieses Mal steigerte ich mich in ein wahnsinniges Solo hinein und verpaßte dem verschnarchten alten Song einen Drive, der jeden Gedanken ans Mitsingen schon im Keim erstickte.
Thwim und ein anderer Wachposten schafften beide Gangs nach draußen. Ich suchte nach Jabbas Schlägern. Sie drängten sich an der Bar und schlugen nur die Zeit tot… bis jetzt.
Am Ende unseres Auftritts eilte Figrin zum nächsten Sabacctisch. Ich blieb auf der Bühne, wo ich vor dem Rauch und den diversen Gerüchen im Saal halbwegs sicher war.
Einer der häßlichsten Menschen, die ich je gesehen hatte, kam mit einem schiefmäuligen Grinsen und zwei Krügen in den Händen zu mir geschlendert. »Sie sitzen wohl auf dem Trockenen«, stellte er in einem eindeutig schwarzen Tonfall fest. »In dem einen ist Lum, in dem anderen Hochzeitspunsch.«
»Danke.« Obwohl mir der Mann nicht gefiel, griff ich nach dem Krug mit dem Punsch und leerte ihn zur Hälfte.
»Keine Ursache.« Mein häßlicher Freund setzte sich auf den Rand der verspiegelten Bühne und beobachtete die Menge. Wollte ihr wohl nicht den Rücken zudrehen. Wahrscheinlich ein Einheimischer. Ich fragte mich, ob er es für ein Zeichen der Höflichkeit halten würde, wenn ich ihn nach seinem Namen fragte, oder ob er mir direkt einen Schwinger verpaßte. »Gute Band«, brummte er. »Was machen Sie hier auf Tatooine?«
Ich stellte meinen Krug neben der Ommni ab. »Gute Frage«, sagte ich steif. »Wir haben in den besten Megastadien von sechs Planeten gespielt.«
»Das glaube ich. Sie sind hervorragend. Aber das beantwortet nicht meine Frage.«
Ich begann mich allmählich für ihn zu erwärmen. »Die Antwort sitzt dort.« Ich nickte Figrins Spieltisch zu. »Wir waren auf der Durchreise und sind hängengeblieben. Sie arbeiten hier?«
»Ja.« Sein Tonfall klang blaugrau, als er nach meinem Krug griff. »Ich bin Barkeeper in einem Laden am Ende der Straße. Das Leben ist hart, aber irgend jemand muß die Droiden daran hindern, alles zu übernehmen.«
Ich zischte leise in einer für Menschen unhörbaren Tonhöhe. Droiden erleichtern einem das Leben. Ich wollte ihn schon darauf aufmerksam machen, als er sagte: »Halten Sie Ihre Flöte feucht, mein Freund!« und davoneilte.
Gehörte er zu den seltenen umgänglichen Vertretern seiner Spezies? War dies eine Warnung gewesen? Ich suchte nach Thwims grünem Umhang und zuckender Nase, konnte ihn aber nirgendwo entdecken.
Kurz darauf gesellte sich Figrin wieder zu uns auf die Bühne. »Verloren?« murmelte ich, als er sein Horn einstöpselte.
»Natürlich. Gib mir ein A.« Wir machten uns wieder an die Arbeit. Am Tisch direkt unter uns wechselte etwas mit professioneller Unauffälligkeit den Besitzer: ein ganz normales Mos Eisley-Geschäft.
Etwas anderes – etwas Großes – walzte in mein Blickfeld. Zwei riesige Whiphiden – zweieinhalb Meter Hauer und Klauen und hellgelbes Fell, durch eine Girlande aus importiertem Grünzeug miteinander verbunden – tanzten auf unsere Bühne zu und hatten dabei ihre langen pelzigen Arme umeinandergeschlungen. Ich stand auf einer erhöhten Plattform, aber ihre Köpfe überragten meinen.
D’Wopp starrte verzückt in das breite, lederige, hauerbewehrte Gesicht seiner Braut. Ohne die heimlichen Geschäftemacher zu bemerken, die den nächsten Tisch bereits besetzt hatten, sanken die Eigentümerin des Despoten und ihr Berufsjäger auf die freien Stühle.
Ich drehte meinen Kopf so, daß es aussah, als würde ich die Tanzfläche beobachten, doch in Wirklichkeit hielt ich einen von Jabbas Schlägertypen im Auge, einen anämischen, grauhäutigen Duro, der in unsere Richtung glitt… allein.
Drei Pappfaks wirbelten vorbei. Sie hatten ihre türkisfarbenen Tentakel ineinander verschlungen, als wollten sie ebenfalls vor den Traualtar treten. Dabei stolperten sie fast über einen Mausdroiden, der zu Lady Val huschte. Als unsere gastgebende Braut den Droiden sah, tätschelte sie D’Wopps mächtigen Schädel und folgte ihrem mechanischen Diener in die Küche.
Die roten Augen des Duros leuchteten auf. Er drängte sich durch die Paare auf der Tanzfläche, blieb vor D’Wopp stehen und verbeugte sich. »Guuute Jagd, Whiphide?« grollte Jabbas Duro und schmatzte mit den Gummilippen. Er streckte eine schmale, knotige Hand aus.
D’Wopps mächtige Pranke, an der noch ein Stück der Girlande hing, schloß sich um den Arm des Duros. »Erkläre diese Bemerkung, Duro, oder ich werde meiner Herzensdame deine gegrillten Rippen zum Frühstück servieren.«
»Nei-in, nei-in.« Der Duro wackelte schaudernd mit dem Kopf. »Ich meinte damit nicht Ihre bezau-aubernde Braut. Ich spreche doch mit D’Wopp, dem berühmten Kopfgeldjäger, oder nicht?«
Geschmeichelt ließ D’Wopp den grauen Arm los. »Der bin ich.« Der Whiphide legte den Kopf zur Seite. »Möchtest du, daß ich jemanden für dich zerquetsche, Duro?«
Ich atmete ebenfalls auf. Ich beherrsche unsere Songs im Schlaf, was manchmal ganz schön langweilig sein kann, aber gelegentlich rettet es einem den Hals. Ich hörte weiter zu, während ich spielte.
»Hat die bezaubernde Brau-ut Ihnen noch keine Jagdbeute angeboten?« fragte der Duro.
D’Wopp rieb sich mit der Klaue einen Hauer. »Worauf willst du hinaus?«
Ich spitzte die Ohren. »Es gibt auf Tatooine einen mächtigeren Bo-oß, Exzellenz. Lady Valarian zahlt ihm Schutzgeld. Ein Whiphide, der die Jagd wirklich liebt, gibt sich nicht mit kleiner Beute zufrieden. Mein Arbeitgeber hat soeben ein Kopfgeld in Rekordhöhe ausgesetzt. Sie sind im Moment wahrscheinlich nicht auf Arbeitssuche, aber Gelegenheiten wie diese gibt es selten.«
Die Schläger waren also hinter Lady Val her – nicht hinter uns! – und wollten ihren Bräutigam für ihre schmutzigen Zwecke benutzen. Ich spielte eine ausgefallene Improvisation und erinnerte mich daran, daß Jabba noch genug Zeit hatte, sich um uns zu kümmern.
D’Wopp faltete seine Klauenhände auf dem Tisch. »Kopfgeld? Ist der Gesuchte gefährlich?«
Der Duro zuckte die Schultern. »Er heißt Solo. Ein kleiner Schmuggler, aber er hat den Boß sehr, sehr wütend gemacht. Jabba hat vie-iel mehr Feinde als Lady Valarian, verehrter D’Wopp.« Der rotäugige Duro blinzelte. »Darf ich Sie dem mächtigen Jabba empfehlen?«
Die lederige Nase des Whiphiden zuckte. »Kopfgeld? In Rekordhöhe?«
Jetzt senkte der Duro seine Stimme. Ich konnte nicht hören, wie hoch das Angebot war, aber D’Wopp schien damit zufrieden zu sein, denn er sprang auf. »Sage deinem Arbeitgeber, daß D’Wopp ihm die Leiche bringen wird. Ich beginne sofort mit der Jagd.«
Solo… Figrin hatte einmal erwähnt, daß er ein ganz passabler Sabaccspieler war – für einen Menschen. Jetzt stand er wie ich auf Jabbas Schwarzer Liste. Der Duro jaulte: »Wollen Sie nicht das Ende der Hochzeit abwarten?«
»Später«, grollte der Whiphide. »Meine Gemahlin und ich werden meine triumphale Rückkehr feiern. Sie ist eine Whiphidin. Sie wird es verstehen.«
Lady Val drängte sich durch die Menge. Jabbas Duro verschmolz mit dem Hintergrund wie ein Eiswürfel auf einer Sanddüne. Ich hielt den Atem an. Figrin gab das Zeichen für einen neuen Song, einen, den ich nicht besonders gut kannte. Ich mußte mich konzentrieren. Am Fuß der Bühne polterte es. Eine tiefe Stimme grollte »Wankelmütiger« auf Basic. Eine noch barschere Stimme rief »Treulose«.
Mein Blasinstrument schrillte mißtönend. Der lautstarke Streit wurde in einer unidentifizierbaren Sprache fortgesetzt. Direkt vor der Bühne fiel unser liebendes Paar mit Hauern und Klauen übereinander her. Ich wich zurück und stolperte fast über Techs Ommni. Figrin stieß mit dem Hinterkopf gegen Ickabels Fanfar.
Sofort sammelte sich eine Menge um die Streithähne. Da ich Mos Eisley und Jabbas Gorillas kannte, wußte ich, daß sich diese Schlägerei wie ein Sandsturm ausbreiten würde. Ich nutzte eine fünf Takte lange Pause und gab das Alarmsignal. »Sonnenuntergang. Sonnenuntergang, Figrin.«
»Ich verliere noch immer«, zischte Figrin. »Wir können noch nicht gehen.«
Am Fuß des linken Bühnenrands stolperte Lady Val in eine Gruppe Schaulustiger. Sie fing sich wieder und zerrte drei von ihnen mit sich in das wüste Gemenge. D’Wopp pfiff zweimal. Zwei junge Whiphiden stürzten sich in den Kampf. Auf der anderen Seite pflügten Jabbas Schläger durch die Gaffer. Lady Val kreischte. Jeder Außenweltgangster der Stadt und jeder Schaulustige, der genug von Jabba hatte, eilte Lady Val zu Hilfe. Stühle flogen. Einer zersplitterte an der Spundwand links neben der Bühne.
Figrin beugte sich über die Ommni. »Das war’s für heute. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit«, versuchte er vergeblich das Chaos zu übertönen. Tech, plötzlich hellwach, schaltete die Ommni ab. Ich konnte meinen Fizzzkoffer nicht finden. Verzweifelt sah ich mich um und entdeckte weiß gepanzerte Gestalten am Haupteingang.
Sturmtruppen? Nicht einmal Valarian hätte so schnell Verstärkung herbeirufen können! Alle Sabaccprojektoren wurden gleichzeitig abgeschaltet, aber die Gruppe am Uvide-Tisch wurde auf frischer Tat am Rad ertappt. Dieses eine Mal, vermutete ich, hatte Jabba Lady Val nicht vor der Razzia gewarnt. Ich hätte sogar gewettet, daß Jabba persönlich die Sturmtruppen geschickt hatte, aber ich bin kein Spieler.
»Hintertür!« Figrin sprang von der Bühne und entging nur um Haaresbreite dem mörderischen Aufwärtshaken eines stämmigen Menschen. Wir schlichen an der Spundwand entlang hinter Figrin her und hielten unsere Instrumente umklammert – unseren Lebensunterhalt. Ich entdeckte meinen neuen Freund Thwim, der vollauf damit beschäftigt war, diverse Schädel einzuschlagen. »Helfen Sie uns! Wir sind unbewaffnet!« schrie ich.
Seine Nase drehte sich in unsere Richtung. Er zielte mit seinem Blaster auf uns und feuerte. Tedn kreischte und ließ seine Fanfarkoffer fallen. Entsetzt duckte ich mich. »Holt die Instrumente!« rief Figrin. Nalan stürzte sich in das Gewühl. Als er wieder auftauchte, stand einer seiner Arme in einem unnatürlichen Winkel ab – aber er hatte die beiden Fanfarkoffer gerettet. Ich ergriff Tedns unverletzten Arm und zerrte ihn zur Luke, während ich im stillen jeder Gottheit, die zuhören mochte, alles und jedes versprach, wenn ich nur mit heilen Fingern und unversehrter Fizzz aus diesem Schlamassel herauskam.
E-5 stand auf seinem Posten und schoß seelenruhig auf jedes Wesen, das sich ihm näherte. Figrin blieb so abrupt stehen, daß Tech gegen ihn prallte und ihn fast zu Boden riß. Ich warf einen Blick über die Schulter. Dieser Weg war uns versperrt. Überall im Café Sternkammer wurde mit imperialen und illegalen Waffen geschossen.
Nun, rief ich mir ins Gedächtnis zurück, ich bin mit Droiden schon immer besser zurechtgekommen als mit intelligenten Wesen. Ich marschierte direkt auf E-5 zu.
»Doikk!« schrie Figrin. »Komm zurück! Verschwinde von…«
E-5 schoß nicht. Wie ich angenommen hatte, waren wir noch immer in seinen Erkennungsschaltkreisen gespeichert. »Laß uns raus«, flehte ich. Etwas zischte von hinten an meinem Kopf vorbei.
»Schließen Sie bitte hinter sich die Luke«, trompetete er.
»Los!« schrie ich Figrin zu und winkte ihn zum Ausgang.
Figrin duckte sich unter meinen Arm und kurbelte die Luke auf. Ich bildete die Nachhut. Als Tageslicht durch die Luke fiel, stürzten Wesen aller Formen und Größen in unsere Richtung. Unter ihnen entdeckte ich den schiefmäuligen menschlichen Barkeeper.
Ich zögerte. Immerhin schuldete ich ihm einen Krug voll süßem Punsch. »Kommen Sie!« brüllte ich und wies dann E-5 an: »Schieß nicht auf diesen Menschen.«
E-5 hatte mich vielleicht erkannt, aber er nahm keine Befehle von mir entgegen. Er richtete seinen Nadler direkt auf den Barkeeper. Mein häßlicher Freund warf sich zu Boden; für einen derart großen Menschen war er verdammt schnell. »Hohe Töne«, schrie er. »Nun machen Sie schon!«
Es klang verrückt, aber ich hob meine Fizzz, blies mit aller Kraft hinein und produzierte die schrillsten Töne meines Lebens. Irgend einer dieser Töne mußte der Kontrollfrequenz dieses brandneuen Hemmbolzens entsprechen. Der Droide deaktivierte sich.
Der Barmann sprang auf und stürmte an mir vorbei. Wir zwängten uns gemeinsam durch die Luke. »Stinkende Droiden«, knurrte er und wischte Blut von seiner Nase. »Stinkende, lausige Droiden.«
Ich trat auf einen schmalen Durabetonsims, der drei Stockwerke über dem Boden lag. Der Barkeeper lehnte sich zurück und klemmte meine Fizzz zwischen seinem massigen Körper und der schartigen Spundwand ein. »Vorsichtig! Das ist mein Horn!« rief ich, während ich nach unten blickte und gefährlich schwankte. Figrin sprang von der letzten Sprosse einer stählernen Feuerleiter, wich dem überall herumliegenden Unrat aus, war mit einem Satz über einen Sandhaufen und raste wie der Blitz davon.
Ein Arcona steckte seinen amboßförmigen Kopf aus der Luke. Ich hielt meine Fizzz mit einer Hand fest und kletterte die Leiter hinunter. Der Mensch folgte mir und trat mir in der Eile fast auf den Kopf. »Los, los«, knurrte er. »Bewegen Sie sich.« Die Leiter schwankte unter seinem Gewicht. Ich konnte mich nur mit Mühe festhalten und wünschte mir, diesen Kerl nie getroffen zu haben. Immer mehr Flüchtende hängten sich an die Leiter und brachten sie gefährlich zum Schwingen.
Ich kletterte weiter. Unten angekommen, entdeckte ich ein halbes Dutzend Sturmtruppler, die die Hauptrampe hinaufmarschierten.
Ein weiterer heißer Morgen in Mos Eisley.
Wir ignorierten die von der Leiter purzelnden Flüchtenden und rannten. »Was jetzt?« jammerte Nalan, während er sich den verletzten Arm hielt. »Wie sollen wir ohne die Kredits, die man uns für diesen Job versprochen hat, den Planeten verlassen?«
»Dreitausend Kredits«, stöhnte Tech und wackelte mit dem großen, glänzenden Kopf. »Dreitausend Kredits.«
Ich untersuchte meine Fizzz. Sie sah unbeschädigt aus. »Nicht nur das. Figrin hat außerdem unsere Reserven verspielt, um den Tisch einzulullen und heute zu gewinnen. Stimmt’s, Figrin?«
Der Barkeeper änderte mit unverminderter Geschwindigkeit plötzlich die Richtung, und ich verlor fast den Anschluß. »Hier entlang«, wiederholte er. »Ich kann euch einen Job besorgen.«
Er führte uns die Straße hinauf und in eine Gasse. Ich folgte ihm und dachte: Ich bin bereit, alles zu tun – Sand schaufeln, Bantha-Sättel polieren – aber ich arbeite nicht für Menschen!
Doch sein Boß war kein Mensch. Der Barbesitzer, ein hellgrauer Wookiee namens Chalmun, bot uns einen Zweijahresvertrag an.
Nein, dachte ich, als ich mit Figrin im Büro des Wookiees stand. Das ist zu lang, und in dieser Bar fallen wir zu sehr auf. Jabba wird uns bestimmt aufspüren.
»Klingt gut«, meinte Figrin. Auf bithisch fügte er hinzu: »Sobald wir eine Möglichkeit finden, den Planeten zu verlassen, kann der Wookiee unsere Abfindung behalten. Sag ja.«
Ich hätte mich am liebsten über die Hintertreppe verdrückt, aber Loyalität ist Loyalität.
Wir mieteten einen schallisolierten Proberaum im Ruillia Motel. Jeden Tag schleichen wir uns zum Spielen in die Bar, wo mein einziger menschlicher Freund, Wuher, als Barkeeper arbeitet. Solo hat Figrin gestern beim Sabacc geschlagen, also ist er noch am Leben, aber D’Wopp wurde in seine Einzelteile zerlegt nach Hause verschifft. Lady Val ist wieder allein, und wie es aussieht, wird sie es auch bleiben.
Und bei jedem Auftritt sehe ich mir die Zuschauer genau an. Gerade habe ich Jabbas grünen Rodianer mit den Drehohren entdeckt… Greedo. Er ist keine große Leuchte, aber er ist bewaffnet.
Ich behalte ihn im Auge.