14.
Marie traf Dörthe scheinbar zufällig im Supermarkt in Kirchhörde. Dörthe stand an der Gemüsetheke und wog Tomaten in der Bio-Ecke ab. Marie tippte ihr von hinten auf die Schulter.
»Sie hier?«, wunderte sich Dörthe.
»Ich habe an der Schule hier ein Vorstellungsgespräch«, log Marie. »Meistens fragt man ja nur floskelhaft, wie es dem anderen geht. Aber ich meine es ehrlich: Wie haben Sie unsere Geschichte verkraftet? Geht es Ihnen gut?«
Dörthe schüttelte den Kopf. »Das kann man nicht sagen. Der Kontakt zu den Frodeleits ist abgebrochen. Wenn wir die beiden zufällig im Golfklub sehen, gehen wir uns aus dem Weg. Hubert macht sich Vorwürfe. Er ist ungewöhnlich still in letzter Zeit. Ich würde sogar sagen, er zieht sich in sich zurück.«
»Gestern hat er aber in der Kanzlei noch ausgiebig gefeiert«, hielt Marie dagegen.
Dörthe nickte. »Ja, er war reichlich beschwipst, als er gestern Abend nach Hause kam. Aber glauben Sie mir: Das ist derzeit die absolute Ausnahme. Ich gönne ihm so etwas. – Wissen Sie: Hubert ist nicht übel. Ich weiß, dass Sie ihn nicht mögen. Aber er hat seine guten Seiten. Sie können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, dass er mir regelmäßig Rosen schenkt. Wirklich! Und er dichtet dazu so nett.«
Marie lächelte. »Na ja, ich weiß nicht …«, fügte sie hinzu.
Dörthe sah sie irritiert an.
»Entschuldigung!« Marie errötete. Es stand ihr wirklich nicht zu, Hubert Löffke zu kritisieren. Dörthe gefielen sie und Marie spürte, dass der grobschlächtige Löffke auf seine Art innerlich mit Dörthe, und sie mit ihm, verbunden war. Es war schäbig, sich darüber lustig zu machen.
»Es tut mir leid«, bekräftigte sie. »Ich würde mich freuen, wenn ich regelmäßig Rosen bekäme.«
»Ach, tut das der Herr Knobel nicht?« Dörthe wirkte eigenartig beglückt. »Das hätte ich aber erwartet«, sagte sie und ihre roten Backen glänzten. »Die Schönheit dieser Rose wird vergehen, meine Liebe zu dir bestehen«, zitierte sie spitz Huberts letzten Vers.
»Wirklich schön!«, nickte Marie und erglühte erneut.
Dörthe sah sie stolz und angriffslustig an. Sie könnte Marie mit Liebesreimen peitschen. Marie spürte es.