49 Holden
»Verdammte Scheiße«, fluchte Amos tonlos.
»Jim«, sagte Naomi, die hinter Holden stand. Er wehrte mit einer Geste ab und öffnete einen Kanal zu Alex im Cockpit.
»Alex, haben wir gerade gesehen, was meine Sensoren behaupten?«
»Ja, Käpt’n«, bestätigte der Pilot. »Radar und visuelle Erfassung stimmen darin überein, dass Eros in weniger als einer Minute zweihundert Kilometer in Umlaufrichtung vorgesprungen ist.«
»Verdammte Scheiße«, sagte Amos noch einmal ebenso tonlos wie beim ersten Mal. Das metallische Klappern von Luken, die sich öffneten und schlossen, hallte durch das Schiff, als Amos über die Leiter heraufkam.
Holden war gereizt, weil Amos ohne Erlaubnis seinen Posten verließ, aber damit würde er sich später befassen. Zuerst einmal musste er sicher sein, dass die Rosinante und die Mannschaft nicht soeben einer Gruppenhalluzination zum Opfer gefallen waren.
»Naomi, gib mir den Com«, sagte er.
Mit aschfahlem Gesicht drehte sie sich zu ihm herum.
»Wie kannst du so ruhig bleiben?«, fragte sie.
»Panik hilft jetzt nicht. Wir müssen herausfinden, was passiert ist, ehe wir intelligent planen können. Gib mir bitte den Com.«
»Verdammte Scheiße«, sagte Amos zum dritten Mal, als er auf das Operationsdeck kletterte. Mit einem Knall fiel die Luke hinter ihm zu.
»Matrose, ich kann mich nicht erinnern, Ihnen den Befehl gegeben zu haben, Ihren Posten zu verlassen«, ermahnte Holden ihn.
»Intelligent planen«, wiederholte Naomi, als gehörten die Worte zu einer Fremdsprache, die sie nur unvollkommen verstand. »Intelligent planen.«
Amos ließ sich so heftig auf eine Druckliege fallen, dass ihn das Polster umschloss und festhielt.
»Eros ist verdammt groß«, sagte er.
»Intelligent planen.« Naomi sprach jetzt eher mit sich selbst.
»Ich meine, er ist wirklich verdammt groß«, wiederholte Amos. »Wisst ihr, wie viel Energie nötig war, um den Felsbrocken in Drehung zu versetzen? Es hat Jahre gedauert, bis sie damit fertig waren.«
Holden setzte den Kopfhörer auf, damit er Amos und Naomi nicht mehr hörte, und rief den Piloten.
»Alex, verändert Eros seine Geschwindigkeit?«
»Nein, Käpt’n, er hängt da rum wie ein Felsbrocken.«
»In Ordnung. Amos und Naomi sind etwas daneben. Wie geht es Ihnen?«
»Ich nehme nicht die Hände von der Steuerung, solange dieses Biest irgendwo in der Nähe ist, so viel ist sicher.«
Gott sei gedankt für die militärische Ausbildung, dachte Holden.
»Gut. Halten Sie uns bis auf Weiteres in einer Entfernung von fünftausend Kilometern. Sagen Sie Bescheid, wenn sich das Ding wieder rührt, und sei es nur um einen Zentimeter.«
»Alles klar, Käpt’n«, bestätigte Alex.
Holden nahm den Kopfhörer ab und wandte sich an den Rest der Crew. Amos starrte die Decke an, ohne sie zu sehen, und zählte mit den Fingern etwas ab.
»… weiß die Masse von Eros nicht mehr auswendig …«, sagte er zu niemand im Besonderen.
»Etwa sieben Billionen Kilogramm«, erwiderte Naomi. »So ungefähr jedenfalls. Die Wärmeabstrahlung ist um zwei Grad gestiegen.«
»Mein Gott«, sagte der Mechaniker. »Ich kann das nicht im Kopf berechnen. So viel Masse wird zwei Grad wärmer?«
»Das ist eine Menge«, stimmte Holden zu. »Also lasst uns weitermachen und …«
»Ungefähr zehn Exajoule«, fiel ihm Naomi ins Wort. »Das ist nur geschätzt, dürfte aber nicht allzu extrem danebenliegen.«
Amos pfiff durch die Zähne.
»Zehn Exajoule, das entspricht, Moment, einer Fusionsbombe von zwei Gigatonnen?«
»Ungefähr hundert Kilo, wenn man sie direkt in Energie verwandelt«, fuhr Naomi fort. Ihre Stimme bebte fast nicht mehr. »Aber das können wir natürlich nicht tun. Auf jeden Fall war das, was sie getan haben, keine Magie.«
Holden hielt sich an ihren Worten fest, als wären sie ein Rettungsanker. Naomi war der klügste Mensch, den er kannte. Sie hatte offen die halb artikulierte Angst angesprochen, die er empfand, seit Eros zur Seite gesprungen war: dass es Magie sein könnte, dass das Protomolekül nicht an die Gesetze der Physik gebunden sei. Denn falls es so wäre, hätte die Menschheit keine Chance.
»Erklär mir das«, verlangte er.
»Also …« Sie tippte auf ihrer Konsole etwas ein. »Eros hat sich nicht deshalb bewegt, weil er sich erwärmt hat. Ich nehme an, die Wärmestrahlung war die abgestrahlte Wärme, die bei dem angefallen ist, was sie da getan haben.«
»Was bedeutet das?«
»Es bedeutet, dass die Entropie immer noch existiert. Sie können Masse nicht mit hundertprozentiger Effizienz in Energie verwandeln. Ihre Maschinen oder Prozesse oder was sie auch nutzen, um sieben Billionen Kilogramm Fels zu bewegen, verschwenden etwas Energie. Ungefähr im Gegenwert einer Bombe von zwei Gigatonnen.«
»Ah.«
»Mit einer Zwei-Gigatonnen-Bombe kann man Eros nicht zweihundert Kilometer weit verschieben«, schnaubte Amos.
»Nein, das kann man nicht«, erwiderte Naomi. »Das ist nur die Abfallenergie. Sie sind äußerst effizient, aber es ist nicht perfekt. Das bedeutet, dass die Gesetze der Physik immer noch gültig sind. Und dies wiederum bedeutet, dass es sich nicht um Magie handelt.«
»Sieht aber fast danach aus«, meinte Amos.
Naomi wandte sich an Holden.
»Also können wir …« Alex unterbrach mit einer Meldung über den Schiffscom.
»Käpt’n, Eros bewegt sich wieder.«
»Folgen Sie ihm und geben Sie mir Kurs und Geschwindigkeit durch, sobald Sie können«, befahl Holden. Dann konzentrierte er sich wieder auf seine eigene Konsole. »Amos, gehen Sie runter in den Maschinenraum. Wenn Sie noch einmal ohne direkten Befehl Ihren Posten verlassen, erschlägt Sie der XO mit einer Rohrzange.«
Die einzige Antwort bestand im Zischen der sich öffnenden Luke und dem Knall, als sie hinter dem Mechaniker zufiel, nachdem er hinabgestiegen war.
»Alex«, sagte Holden, während er den Datenstrom über Eros betrachtete, den die Rosinante ihm zur Verfügung stellte. »Erzählen Sie mir etwas.«
»Bis jetzt wissen wir nur, dass er in Richtung Sonne fliegt«, antwortete Alex scheinbar völlig ruhig und professionell. Holden war beim Militär von Anfang an Offizier gewesen und hatte nie die Pilotenausbildung absolviert, doch er wusste, dass dieses jahrelange Training Alex’ Gehirn in zwei Sektoren zerlegt hatte: zuerst einmal die fliegerischen Probleme und dann, weit abgeschlagen an zweiter Stelle, alles andere. Die eigene Geschwindigkeit an Eros anzupassen und den richtigen Kurs zu bestimmen fiel in die erste Kategorie. Fremde Wesen aus dem Weltraum, die versuchten, die Menschheit zu vernichten, waren kein fliegerisches Problem und konnten deshalb problemlos ignoriert werden, bis er das Cockpit verließ. Danach bekam er vielleicht einen Nervenzusammenbruch, aber bis dahin würde Alex seine Aufgaben erledigen.
»Vergrößern Sie den Abstand auf fünfzigtausend Kilometer und halten Sie die Distanz«, wies Holden ihn an.
»Hoppla«, machte Alex. »Es dürfte schwierig werden, eine gleichbleibende Distanz zu halten, Käpt’n. Eros ist soeben vom Radar verschwunden.«
Holdens Kehle wurde eng.
»Wie bitte?«
»Eros ist gerade vom Radar verschwunden«, wiederholte Alex. Holden schaltete bereits die Sensoren ein, um es selbst zu überprüfen. Die Teleskope zeigten, dass sich der Felsbrocken immer noch auf dem neuen Kurs in Richtung Sonne bewegte. Die Infrarotbilder verrieten, dass er geringfügig wärmer war als der Weltraum. Nach wie vor, wenngleich schwächer, war der verrückte Feed mit den irren Stimmen zu hören, den die Station ständig abstrahlte. Das Radar behauptete jedoch, dort sei nichts.
Magie, behauptete ein kleines Stimmchen in seinem Hinterkopf.
Nein, keine Magie. Auch die Menschen besaßen Stealthschiffe. Es ging einfach nur darum, die Radarstrahlen zu absorbieren, statt sie zu reflektieren. Jetzt war es sehr wichtig, in Sichtweite des Asteroiden zu bleiben. Eros hatte bewiesen, dass er sich schnell bewegen und willkürlich manövrieren konnte und war jetzt für das Radar nicht mehr sichtbar. Es war nicht ausgeschlossen, dass der Felsbrocken, der die Größe eines kleinen Gebirges hatte, völlig verschwand.
Die Schwerkraft baute sich auf, als die Rosinante Eros in Richtung Sonne verfolgte.
»Naomi?«
Sie blickte ihn an. Immer noch lag die Furcht in ihren Augen, doch sie beherrschte sich. Noch.
»Jim?«
»Der Com? Könntest du …«
Ihr verdrossenes Gesicht war das Beruhigendste, was er seit Stunden gesehen hatte. Sie übertrug die Kontrolle auf seine Station, und er setzte eine Verbindungsanfrage ab.
»Korvette der UN, hier ist die Rosinante, bitte antworten Sie.«
»Sprechen Sie, Rosinante«, antwortete das andere Schiff nach einer halben Minute statischem Rauschen.
»Wir rufen Sie, um unsere Sensorendaten zu bestätigen«, sagte Holden und übermittelte die Daten, die Eros’ Bewegung beschrieben. »Sehen Sie das Gleiche wie wir?«
Die nächste Pause dauerte etwas länger.
»Richtig, Rosinante.«
»Wir waren zwar gerade drauf und dran, aufeinander zu schießen, aber ich glaube, darüber sind wir jetzt hinaus«, erklärte Holden. »Wir folgen dem Felsen. Wenn wir ihn aus den Augen verlieren, finden wir ihn möglicherweise niemals wieder. Wollen Sie uns begleiten? Es wäre nett, etwas Verstärkung zu haben, falls das Ding beschließt, auf uns zu feuern oder so.«
Wieder gab es eine Pause von fast zwei Minuten. Dann meldete sich eine andere Stimme. Älter, weiblich und ohne die Überheblichkeit und den Zorn der jungen Männerstimme, mit der er bisher zu tun gehabt hatte.
»Rosinante, hier spricht Kapitän McBride vom UN-Begleitschiff Ravi.« Ah, dachte Holden. Bisher habe ich immer mit dem Ersten Offizier gesprochen, und jetzt schaltet sich der Kapitän ein. Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. »Ich habe dem Flottenoberkommando Meldung gemacht, aber die Zeitverzögerung beträgt jetzt dreiundzwanzig Minuten, und der Fels beschleunigt. Haben Sie einen Plan?«
»Im Grunde nicht, Ravi. Ich will ihm folgen und Informationen sammeln, bis wir eine Gelegenheit finden, etwas Nachhaltiges zu tun. Wenn Sie mitkommen wollen, hindert das Ihre Leute vielleicht daran, versehentlich auf uns zu schießen, solange wir noch überlegen.«
Eine weitere lange Pause. Die Befehlshaberin der Ravi musste sich überlegen, ob Holden die Wahrheit sagte, oder ob er vielleicht doch noch das Forschungsschiff abschießen wollte. Wenn er nun in das, was hier vorging, eingeweiht war? An der Stelle der Kommandantin hätte er sich die gleichen Gedanken gemacht.
»Hören Sie«, fuhr er fort, »ich habe Ihnen meinen Namen genannt. Ich bin James Holden. Bei der UN habe ich als Leutnant gedient. Meine Akte müsste greifbar sein. Sie finden dort eine unehrenhafte Entlassung, aber auch die Information, dass meine Angehörigen in Montana leben. Ich will so wenig wie Sie, dass dieser Felsblock die Erde trifft.«
Wieder herrschte auf der anderen Seite einige Minuten Schweigen.
»Kapitän«, entgegnete sie schließlich, »ich glaube, meine Vorgesetzten würden wollen, dass ich Sie im Auge behalte. Wir fliegen mit, während sich die Eierköpfe etwas überlegen.«
Holden schnaufte erleichtert.
»Danke, McBride. Informieren Sie Ihre Leute. Ich muss selbst ein paar Gespräche führen. Zwei Korvetten können dieses Problem nicht lösen.«
»Roger«, antwortete die Ravi und trennte die Verbindung.
»Der Kanal nach Tycho steht«, meldete Naomi.
Holden lehnte sich auf dem Stuhl zurück, in den ihn die durch den Schub zunehmende Schwerkraft ohnehin presste. Er hatte einen nassen Klumpen im Bauch, denn er hatte keine Ahnung, was er eigentlich tat. Alle Pläne waren fehlgeschlagen, und das Ende nahte. Die kurze Hoffnung, die er gespürt hatte, verflüchtigte sich schon wieder.
Wie kann ich nur so ruhig sein?
Ich glaube, ich beobachte das Ende der Menschheit, dachte Holden. Ich rufe Fred, um ihm zu sagen, dass es nicht meine Schuld ist und niemand eine Ahnung hat, wie man das aufhalten kann. Natürlich bin ich nicht ruhig.
Ich verteile nur die Schuldgefühle.
»Wie schnell?«, fragte Fred Johnson ungläubig.
»Mit vier G, und er beschleunigt weiter«, quetschte Holden heraus, weil ihm der Druck die Kehle zusammenschnürte. »Außerdem ist er jetzt für das Radar unsichtbar.«
»Vier G. Wissen Sie, wie schwer Eros ist?«
»Darüber haben wir gesprochen«, entgegnete Holden. Dank der Beschleunigung war nicht zu erkennen, wie gereizt er war. »Die Frage ist, was wir jetzt tun sollen. Die Nauvoo hat ihr Ziel verfehlt, unsere Pläne sind im Eimer.«
Abermals stieg der Druck, als Alex beschleunigte, um mit Eros mitzuhalten. Noch eine kleine Weile, und sie würden nicht mehr sprechen können.
»Zielt er eindeutig auf die Erde?«, fragte Fred.
»Alex und Naomi sind zu neunzig Prozent sicher. Wirklich genau können wir es nicht sagen, weil wir nur visuelle Daten haben. Ich vertraue ihnen jedenfalls. Ich würde mir auch ein Ziel suchen, wo es dreißig Milliarden neue Wirtskörper gibt.«
Dreißig Milliarden neue Wirtskörper. Acht davon waren seine Eltern. Er stellte sich vor, wie Vater Tom sich in ein Bündel von Schläuchen verwandelte, aus denen eine braune Brühe quoll. Mutter Elise, auf den Brustkorb reduziert, wie sie sich mit einem vom Fleisch befreiten Arm über den Boden schleppte. Was konnte das Virus mit so viel Biomasse tun? Die ganze Erde bewegen? Die Sonne abschalten?
»Wir müssen sie warnen«, sagte Holden und hatte Mühe, nicht an der eigenen Zunge zu ersticken.
»Glauben Sie, die wissen das noch nicht?«
»Sie erkennen eine Bedrohung, aber noch nicht das Ende des einheimischen Lebens im Sonnensystem«, erwiderte Holden. »Sie haben doch einen Grund gesucht, am Verhandlungstisch Platz nehmen zu dürfen. Wie wäre es mit diesem: Arbeitet mit uns zusammen oder sterbt.«
Fred schwieg einen Moment. Die Hintergrundstrahlung sprach mit ebenso geheimnisvollem wie unheildrohendem Flüstern zu Holden, während er wartete. Neuankömmling, sagte sie, warte einfach noch vierzehn Milliarden Jahre und sieh, was wir gesehen haben. Dann wird dir all dieser Unfug nicht mehr so wichtig erscheinen.
»Ich werde tun, was ich kann«, unterbrach Fred den Vortrag des Universums über die Vergänglichkeit der Welt. »Was haben Sie inzwischen vor?«
Mich von einem Felsen abhängen lassen und zusehen, wie die Wiege der Menschheit stirbt.
»Ich bin offen für Vorschläge«, antwortete Holden.
»Vielleicht könnten Sie ein paar Bomben hochjagen, die das Abbruchteam hinterlassen hat, um Eros’ Kurs abzulenken. Das könnte uns etwas Zeit verschaffen.«
»Die sind auf Annäherungszünder eingestellt, deshalb kann ich sie nicht auslösen«, widersprach Holden. Das letzte Wort endete mit einem Japsen, als ihn der Stuhl aus einem halben Dutzend Richtungen gleichzeitig stach und ihm flüssiges Feuer injizierte. Alex hatte ihnen den Saft verpasst, was bedeutete, dass Eros noch weiter beschleunigte. Anscheinend machte sich der Pilot Sorgen, sie könnten alle das Bewusstsein verlieren. Wie schnell wollte das Ding noch fliegen? Selbst mit dem Saft konnten sie Beschleunigungen von mehr als sieben oder acht G nicht längere Zeit ertragen, ohne mit bleibenden Schäden rechnen zu müssen. Wenn Eros so weitermachte, würde er davonziehen.
»Sie können sie aus der Ferne zünden«, sagte Fred. »Miller hat die Codes. Lassen Sie das Team berechnen, wo Sie sprengen müssen, um eine maximale Wirkung zu erzielen.«
»Roger«, erwiderte Holden. »Ich rufe Miller.«
»Ich kümmere mich um die Inneren«, sagte Fred. Das Wort aus der Sprache der Gürtler kam ihm mühelos über die Lippen. »Mal sehen, ob ich etwas erreiche.«
Holden trennte die Verbindung und verband sich mit Millers Schiff.
»Hallo«, antwortete der diensthabende Funker.
»Hier ist Holden von der Rosinante. Geben Sie mir umgehend Miller.«
»Äh«, machte die Stimme. »Moment.«
Es klickte, dann war statisches Rauschen zu hören, und dann meldete sich Miller. Seine Stimme hatte ein Echo. Er trug also noch den Helm.
»Miller, hier ist Holden. Wir müssen über das reden, was gerade passiert ist.«
»Eros hat sich bewegt.«
Millers Stimme klang seltsam und distanziert, als folgte er dem Gespräch nur mit halbem Ohr. Holden unterdrückte den Anflug von Gereiztheit. Er brauchte Miller jetzt, ob er wollte oder nicht.
»Hören Sie«, sagte er, »ich habe mit Fred gesprochen. Wir sollen uns mit euch vom Bombenteam koordinieren. Sie haben die Codes für die Fernzündung. Wenn wir alle Sprengkörper auf einer Seite zünden, können wir vielleicht den Kurs verändern. Rufen Sie Ihre Techniker zusammen, damit wir es ausarbeiten können.«
»Ja, das ist wohl eine gute Idee. Ich schicke die Codes«, antwortete Miller. Nun klang seine Stimme nicht mehr distanziert, sondern nach verhaltener Belustigung. Wie ein Mann, der gleich zur Pointe eines wirklich guten Witzes gelangen wird. »Aber was die Techniker angeht, kann ich leider nicht helfen.«
»Verdammt, Miller, haben Sie die inzwischen auch schon vor den Kopf gestoßen?«
Jetzt lachte Miller aus vollem Hals. Es klang locker und entspannt wie bei jemandem, der nicht unter starkem Schub litt. Falls es dabei eine Pointe gab, so hatte Holden sie verpasst.
»Ja«, sagte Miller. »Wahrscheinlich. Aber das ist nicht der Grund dafür, dass ich nicht mit ihnen zusammenarbeiten werde. Ich bin gar nicht bei ihnen auf dem Schiff.«
»Was?«
»Ich bin noch auf Eros.«