27 Holden

»Was soll das?« Holden riss den Ellbogen zurück. »Irgendjemand hat gerade eine Bombe auf die Station geworfen. So etwas übersteigt unsere Möglichkeiten. Wenn wir die Rosinante nicht erreichen, müssen wir eben tun, was die Leute uns sagen.«

Miller wich einen Schritt zurück und hob beide Hände. Er gab sich große Mühe, nicht bedrohlich zu wirken, was Holden sogar noch mehr in Rage versetzte. Hinter ihnen dirigierten die Cops die Leute durch die Korridore zu den Casinos. Elektronisch verstärkte Stimmen hallten durch die Tunnel und übertönten den Lärm der ängstlichen Bürger. Das öffentliche Lautsprechersystem forderte die Menschen immer noch auf, Ruhe zu bewahren und den Anweisungen der Sicherheitsleute zu folgen.

»Sehen Sie den Schläger da drüben in der Krawallmontur?«, sagte Miller. »Er heißt Gabby Smalls und beaufsichtigt einen Teil der Schutzgelderpresser für die Golden Bough Society auf Ceres. Nebenbei verhökert er ein wenig Rauschgift, und ich nehme an, er hat schon eine ganze Menge Leute durch Luftschleusen geworfen.«

Holden betrachtete den Kerl. Breite Schultern, dicker Bauch. Nachdem Miller ihn darauf hingewiesen hatte, schien der Mann etwas auszustrahlen, das nicht zu einem Cop passte.

»Ich kapier’s nicht«, gab Holden zu.

»Als Sie vor zwei Monaten die Unruhen mit der Behauptung ausgelöst haben, der Mars habe Ihren Wassertransporter vernichtet, fanden wir heraus …«

»Ich habe nie gesagt …«

»… fanden wir heraus, dass die meisten Krawallausrüstungen der Polizei auf Ceres verschwunden waren. Einige Monate davor sind ein paar Schläger unserer einheimischen Unterwelt abgetaucht. Ich habe gerade entdeckt, wo sich beides befindet.«

Miller deutete auf den mit der Krawallmontur ausgerüsteten Gabby Smalls.

»Wo der Leute hinschickt, würde ich garantiert nicht hingehen. Ganz sicher nicht«, fügte er hinzu.

Einige Menschen drängten sich vorbei.

»Wohin dann?«, fragte Naomi.

»Ich meine, wenn ich die Wahl zwischen Strahlung und Ganoven habe, entscheide ich mich für die Ganoven«, erklärte Alex und nickte Naomi lebhaft zu.

Miller zückte das Handterminal und hielt es hoch, damit alle es sehen konnten.

»Ich erkenne keine Strahlenwarnung«, sagte er. »Was da draußen auch passiert ist, die Gefahr betrifft nicht diese Ebene. Nicht im Augenblick. Also beruhigen wir uns am besten und denken nach.«

Holden kehrte Miller den Rücken und winkte Naomi zu sich. Er zog sie zur Seite und sagte leise: »Ich glaube immer noch, wir sollten zum Schiff zurückkehren und verschwinden. Vielleicht kommen wir irgendwie an den Schlägern vorbei.«

»Falls keine Strahlungsgefahr besteht, stimme ich zu.« Sie nickte.

Miller versuchte nicht einmal, die Tatsache zu verbergen, dass er gelauscht hatte. »Ich sehe das anders«, erklärte er. »Dazu müssten wir durch drei Ebenen voller Ganoven mit Krawallausrüstung spazieren. Sie werden uns sagen, wir sollen zu unserem eigenen Schutz in die Casinos gehen. Wenn wir uns weigern, schlagen sie uns bewusstlos und werfen uns hinein. Alles zu unserem eigenen Schutz, wie gesagt.«

Aus einem Seitengang kam eine Schar von Leuten heraus und strebte der Sicherheit entgegen, die durch Uniformierte und die hellen Lichter der Casinos verkörpert wurde. Holden fiel es schwer, nicht einfach mitzugehen. Ein Mann mit zwei riesigen Koffern prallte gegen Naomi und riss sie beinahe um. Holden fasste sie an der Hand.

»Was können wir sonst tun?«, fragte er Miller.

Miller sah sich nach links und rechts um und schätzte den Strom der Leute ab. Dann nickte er in die Richtung einer schwarz und gelb lackierten Luke, die sich in einem schmalen Seitengang befand.

»Dort«, sagte er. »Dort steht ›Hochspannung‹, was bedeutet, dass die Kerle, die Nachzügler aufsammeln, sich nicht darum kümmern werden. Das ist kein Ort, an dem sich normale Bürger verstecken.«

»Können Sie die Tür schnell öffnen?«, wollte Holden von Amos wissen.

»Darf ich sie aufbrechen?«

»Ja, wenn es nötig ist.«

»Dann ist das kein Problem.« Amos drängte sich durch die Menschen zur Wartungsluke, zückte sein Vielzweckwerkzeug und öffnete das billige Plastikgehäuse des Lesegeräts. Nachdem er zwei Drähte miteinander verzwirbelt hatte, öffnete sich die Luke mit einem Zischen der Hydraulik.

»Bitte schön«, sagte Amos. »Das Lesegerät funktioniert jetzt allerdings nicht mehr, deshalb kann jeder herein.«

»Darüber können wir uns immer noch Sorgen machen, wenn es so weit ist«, erwiderte Miller. Er führte sie in den schwach beleuchteten Durchgang.

Durch den Wartungstunnel verliefen Stromkabel, die mit Kabelbindern aus Plastik zusammengefasst waren. Man konnte zehn oder fünfzehn Schritte weit sehen, ehe es zu dunkel wurde. Das einzige Licht stammte von LEDs, die alle drei Schritte auf den in der Wand montierten Trägern befestigt waren. Naomi musste sich beim Eintreten ducken, sie war etwa fünf Zentimeter zu groß, um aufrecht zu stehen. Sie lehnte sich an und ging in die Hocke.

»Man sollte doch meinen, dass die Wartungsgänge groß genug sind, damit Gürtler hier arbeiten können«, meinte sie gereizt.

Holden berührte fast andächtig die Wand und fand eine Nummer, die der Orientierung diente.

»Die Gürtler, die den Gang gebaut haben, waren nicht sehr groß«, erklärte er. »Dies sind Hochspannungsleitungen. Der Tunnel wurde von den ersten Kolonisten im Gürtel gebaut. Die Leute, die ihn gefräst haben, sind in der Schwerkraft aufgewachsen.«

Miller, der sich ebenfalls ducken musste, setzte sich grunzend und mit knackenden Kniegelenken auf den Boden.

»Für die Geschichtsstunden haben wir später noch Zeit«, sagte er. »Lassen Sie uns überlegen, wie wir diesen Felsen verlassen können.«

Amos, der die Kabel aufmerksam betrachtet hatte, sagte über die Schulter: »Falls ihr irgendwo eine ausgefranste Stelle seht, haltet euch fern. Hier laufen ein paar Millionen Volt durch. Ihr würdet im Handumdrehen zerschmelzen.«

Alex setzte sich neben Naomi und schnitt eine Grimasse, als sein Hintern mit dem kalten Steinboden in Berührung kam.

»Wenn sie die Station wirklich dichtmachen, könnten sie auf die Idee kommen, die Luft aus den Wartungsgängen zu pumpen«, sagte er.

»Schon klar«, antwortete Holden laut. »Es ist ein beschissenes, unbequemes Versteck. Ihr habt meine Erlaubnis, in dieser Hinsicht den Mund zu halten.«

Er hockte sich gegenüber von Miller hin. »Na gut, Detective. Und was jetzt?«

»Jetzt warten wir, bis die Suchtrupps vorbei sind. Sobald wir hinter ihnen sind, gehen wir zum Dock. Die Leute in den Schutzräumen sind kein Problem, die sehen uns nicht. Die Schwierigkeit besteht darin, auf den Casinoebenen an den Wachtposten vorbeizukommen.«

»Können wir nicht einfach durch die Wartungsgänge laufen?«, fragte Alex.

Amos schüttelte den Kopf. »Nicht ohne Karte. Wenn man sich hier drin verirrt, dann hat man wirklich ein Problem«, sagte er.

Holden achtete nicht auf die beiden. »Also gut, wir warten, bis alle in den Strahlenschutzräumen sind, und brechen dann auf.«

Miller nickte, und die beiden Männer starrten einander einen Augenblick an. Zwischen ihnen schien dicke Luft zu herrschen, das Schweigen wurde lastend. Miller zuckte mit den Achseln, als säße seine Jacke unbequem.

»Was glauben Sie, warum eine Bande Ganoven von Ceres die Leute in die Strahlenschutzräume treibt, obwohl es überhaupt keine Strahlung gibt?«, fragte Holden schließlich. »Und warum lassen die Cops von Eros so etwas zu?«

»Das sind gute Fragen«, erwiderte Miller.

»Die Tatsache, dass sie solche Ganoven einsetzen, erklärt natürlich, warum der Entführungsversuch im Hotel so kläglich gescheitert ist. Sie scheinen keine Profis zu sein.«

»Nein«, antwortete Miller. »Normalerweise arbeiten sie nicht auf diesem Gebiet.«

»Könntet ihr zwei mal still sein?«, sagte Naomi.

Sie schwiegen fast eine Minute.

»Wahrscheinlich wäre es wirklich dumm zu erkunden, was da draußen eigentlich vor sich geht, oder?«, fragte Holden.

»Ja. Was in den Schutzräumen auch passiert, man kann davon ausgehen, dass genau dort die meisten Wächter und Streifen sind«, erklärte Miller.

»Genau«, bestätigte Holden.

»Kapitän«, sagte Naomi warnend.

»Trotzdem«, sagte Holden zu Miller. »Sie hassen Geheimnisse.«

»Auch wieder wahr.« Miller nickte und lächelte leicht. »Und Sie, mein Freund, sind eine ganz schöne Nervensäge.«

»Das hab ich doch schon mal gehört.«

»Verdammt noch mal«, sagte Naomi leise.

»Was ist denn, Boss?«, fragte Amos.

»Die beiden haben gerade unseren Fluchtplan zunichtegemacht«, antwortete Naomi. Dann sagte sie zu Holden: »Ihr zwei seid sehr schlecht füreinander und damit auch für uns.«

»Nein«, antwortete Holden. »Sie kommen nicht mit. Sie bleiben hier bei Amos und Alex. Geben Sie uns …«, er sah auf sein Terminal, »… drei Stunden, um uns umzusehen und zurückzukommen. Wenn wir dann nicht hier sind …«

»Dann überlassen wir euch den Gangstern, suchen uns auf Tycho einen Job und leben glücklich und zufrieden bis ans Ende aller Tage«, sagte Naomi.

»Genau«, grinste Holden. »Spielen Sie ja nicht die Heldin.«

»Das fiele mir im Traum nicht ein, Sir.«

Holden hockte vor dem Wartungsschacht im Gang und sah zu, wie die als Polizisten verkleideten Gangster von Ceres die Bürger von Eros in kleinen Gruppen wegführten. Die Lautsprecher verkündeten immer noch, es gebe möglicherweise eine Strahlungsgefahr, und die Bürger und Gäste auf Eros sollten rückhaltlos mit den Einsatzkräften zusammenarbeiten. Holden hatte bereits eine Gruppe ausgewählt, der er folgen wollte, als Miller ihm eine Hand auf die Schulter legte.

»Warten Sie«, sagte er. »Ich muss anrufen.«

Er wählte rasch eine Nummer auf dem Handterminal, doch nach ein paar Augenblicken erklärte ihm eine graue Anzeige, dass kein Netz zur Verfügung stand.

»Geht das Telefon nicht?«, fragte Holden.

»Das würde ich auch gleich als Erstes abschalten«, erwiderte Miller.

»Verstehe«, sagte Holden, auch wenn er es nicht begriff.

»Also sind wir wohl auf uns selbst gestellt«, fuhr Miller fort, nahm das Magazin aus der Waffe und füllte es mit Patronen, die er aus der Jackentasche fischte.

Obwohl sein Bedarf an Feuergefechten für den Rest seines Lebens gestillt war, zog auch Holden die Waffe und überprüfte sie. Dies hatte er jedoch direkt nach der Schießerei im Hotel schon einmal getan. Das Magazin war voll. Er setzte es wieder ein und schob sich die Waffe in den Hosenbund. Miller steckte seine gar nicht erst weg, sondern hielt sie dicht am Bein, wo die Jacke sie halb verdeckte.

Es war nicht schwer, den Gruppen durch die Station zu den inneren Abschnitten zu folgen, wo sich die Strahlenschutzräume befanden. Solange sie sich in die gleiche Richtung bewegten wie alle anderen, achtete niemand auf sie. Holden prägte sich die vielen Seitengänge ein, wo Männer in Krawallmontur aufpassten. Der Rückweg würde viel schwieriger werden.

Schließlich blieb die Gruppe, der sie folgten, vor einer großen Metalltür mit dem alten Warnsymbol für nukleare Strahlung stehen. Holden und Miller gingen hinter einem großen Pflanzenkübel mit Farn und gestutzten Bäumen in Deckung. Von dort aus beobachtete Holden, wie die falschen Cops die Leute in den Schutzraum trieben und mit einer Magnetkarte hinter ihnen die Tür verriegelten. Alle bis auf einen, der vor der Tür Wache hielt, gingen wieder weg.

Miller flüsterte: »Dann wollen wir ihn mal fragen, ob er uns reinlässt.«

»Passen Sie auf.« Holden stand auf und ging auf den Wächter zu.

»He, du Trottel, du sollst im Schutzraum oder im Casino sein, also mach, dass du zu deiner Gruppe kommst.« Der Mann legte die Hand auf den Pistolengriff.

Holden hob beschwichtigend die Hände, lächelte und ging weiter auf ihn zu. »Tut mir leid, ich habe meine Gruppe verloren. Irgendwann ging alles durcheinander. Ich bin nämlich nicht von hier.«

Der Wächter deutete mit dem Schlagstock, den er in der linken Hand hielt, den Gang hinunter.

»Dort entlang, da führt eine Rampe nach unten«, sagte er.

Miller erschien im schwach beleuchteten Flur wie aus dem Nichts. Er zielte auf den Kopf des Wächters und legte mit hörbarem Klicken den Sicherungshebel um.

»Wie wäre es, wenn wir uns zu denen gesellen, die schon dort drin sind?«, schlug er vor. »Öffnen Sie.«

Der Wächter beäugte Miller aus dem Augenwinkel, ohne den Kopf zu drehen. Er ließ den Schlagstock fallen und hob die Hände.

»Das kann doch nicht Ihr Ernst sein«, entgegnete der falsche Cop.

»Ich glaube schon«, erklärte Holden ihm. »Sie sollten tun, was er sagt. Er kann sehr unangenehm werden.«

Miller hielt dem Wächter die Waffe an den Kopf. »Wissen Sie, was damit gemeint war, wenn wir auf der Wache von Hohlköpfen gesprochen haben? Damit sind die Leute gemeint, denen ein Schuss das ganze Gehirn aus dem Schädel geblasen hat. Normalerweise passiert das, wenn man die Waffe ungefähr hier an den Kopf des Opfers hält. Das Gas findet keinen anderen Ausgang und reißt das ganze Gehirn durch die Austrittswunde mit.«

»Mann, die haben uns gesagt, dass wir die Türen nicht mehr öffnen sollen, sobald sie abgedichtet sind«, erwiderte der Cop. Er sprach so schnell, dass man die Worte kaum voneinander unterscheiden konnte. »Das haben sie uns immer wieder eingeschärft.«

»Noch einmal frage ich nicht«, sagte Miller. »Das nächste Mal nehme ich die Karte aus der Tasche deiner Leiche.«

Holden drehte den Wächter zur Tür herum und zog dem Mann die Waffe aus dem Halfter. Er hoffte, Millers Drohungen seien tatsächlich nur Drohungen, und fürchtete, dass dem nicht so sei.

»Öffnen Sie einfach die Tür, und dann lassen wir Sie gehen. Das verspreche ich Ihnen«, sagte Holden zu dem Wächter.

Der Mann nickte, ging zur Tür, schob die Karte in den Schlitz und tippte auf der Tastatur einen Code ein. Die schwere Schutztür glitt auf. Dahinter war es sogar noch dunkler als draußen auf dem Flur. Ein paar trübrote LEDs stellten die ganze Notbeleuchtung dar. In dem schwachen Licht konnte Holden Dutzende … nein, Hunderte von Menschen sehen, die reglos am Boden lagen.

»Sind sie tot?«, fragte Holden.

»Davon weiß ich nichts …«, begann der Wächter, doch Miller unterbrach ihn.

»Sie gehen zuerst da rein.« Miller schob den Wächter nach vorn.

»Warten Sie«, sagte Holden. »Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, einfach da reinzulaufen.«

Drei Dinge geschahen gleichzeitig. Der Wächter machte vier Schritte und brach zusammen. Miller nieste einmal laut und torkelte wie ein Betrunkener. Holdens und Millers Handterminal stießen ein zorniges Summen aus.

Miller taumelte zurück. »Die Tür …«

Holden drückte auf den Knopf, der sie wieder schloss.

»Gas«, hustete Miller. »Da drinnen ist Gas.«

Als der Ex-Cop sich an die Wand des Flurs lehnte und hustete, zog Holden sein Terminal heraus und schaltete den Alarm ab. Doch der Alarm bezog sich nicht auf verseuchte Luft. Es war das alte Symbol aus drei Keilen, das auf Strahlung hinwies. Vor seinen Augen wechselte das Symbol, das hätte weiß sein müssen, zu einem grellen Orange und dann zu Dunkelrot.

Miller betrachtete ebenfalls mit unbewegter Miene sein Terminal.

»Wir haben Strahlung abbekommen«, sagte Holden.

»Ich habe noch nie erlebt, dass der Detektor angesprochen hat«, erklärte Miller. Vom Hustenanfall war seine Stimme heiser. »Was heißt es, wenn das Ding rot ist?«

»Es heißt, dass wir in ungefähr sechs Stunden aus dem After bluten werden«, erklärte Holden ihm. »Wir müssen zum Schiff, dort habe ich alle Medikamente, die wir brauchen.«

»Was, zum Teufel, hat das zu bedeuten?«, schimpfte Miller.

Holden packte ihn am Arm und führte ihn durch den Flur zum nächsten Aufgang. Holdens Haut war heiß und brannte. Er wusste nicht, ob es eine Strahlenverbrennung oder psychosomatisch war. Angesichts dieser Strahlendosis war es ein Glück, dass er in Montana und auf Europa Sperma eingelagert hatte.

Sobald er daran dachte, spürte er Stiche in den Hoden.

»Sie werfen eine Atombombe auf die Station«, sagte Holden. »Nein, sie tun nur so. Dann schleppen sie alle hier herunter und stecken sie in die Strahlenschutzräume, die nur von innen radioaktiv sind. Mit Gas stellen sie die Leute ruhig.«

»Es gibt einfachere Wege, Menschen umzubringen«, keuchte Miller, als sie den Flur hinunterliefen.

»Dann muss es einen anderen Grund geben«, überlegte Holden. »Das Virus, an dem das Mädchen gestorben ist. Es … es ernährt sich von Strahlung.«

»Inkubatoren.« Miller nickte zustimmend.

Sie erreichten eine Rampe, die zu den unteren Ebenen führte, doch dort kam ihnen eine Gruppe von Bürgern entgegen, die von zwei falschen Cops angeführt wurden. Holden packte Miller und zog ihn zur Seite, um sich mit ihm im Schatten eines geschlossenen Nudelimbisses zu verstecken.

»Also haben sie die Leute infiziert«, flüsterte Holden, während sie warteten, dass die Gruppe vorbeiging. »Vielleicht gefälschte Mittel gegen die Strahlenkrankheit, in denen das Virus war. Vielleicht haben sie einfach das braune Zeug auf dem Boden verteilt. Was in dem Mädchen war, in dieser Julie …«

Er unterbrach sich, als Miller sich aufrichtete und direkt auf die Leute zuging, die gerade die Rampe heraufkamen.

»Officer«, sagte Miller zu einem der beiden falschen Cops.

Beide blieben stehen, einer sagte: »Sie sollten doch …«

Miller schoss ihm direkt unter dem Visier in die Kehle. Dann fuhr er herum und verpasste dem anderen Wächter knapp unter dem Schritt einen Schuss in den Oberschenkel. Der Mann stürzte rückwärts hin und schrie vor Schmerzen auf. Miller ging zu ihm und schoss noch einmal, jetzt in den Hals.

Zwei Bürger kreischten. Miller zielte auf sie, und sie beruhigten sich.

»Geht ein oder zwei Ebenen nach unten und versteckt euch«, sagte er. »Arbeitet nicht mit diesen Männern zusammen, auch wenn sie wie Polizisten gekleidet sind. Sie haben nicht euer Wohlergehen im Sinn. Geht jetzt.«

Die Bürger zögerten, dann liefen sie weg. Miller nahm Patronen aus der Jackentasche und ersetzte die drei, die er abgefeuert hatte. Als Holden etwas sagen wollte, kam Miller ihm zuvor.

»Schießen Sie auf den Hals, wenn es möglich ist. Bei den meisten entsteht zwischen Visier und Brustpanzer eine Lücke. Wenn der Hals bedeckt ist, schießen Sie auf die Innenseite des Oberschenkels. Dort ist die Rüstung sehr dünn, das hat mit der Beweglichkeit zu tun. So können Sie die meisten Gegner mit einem Schuss ausschalten.«

Holden nickte, als sei das alles völlig klar.

»Gut«, sagte er. »Angenommen, wir kommen zum Schiff, ehe wir verbluten. Aber wir erschießen keine Leute mehr, wenn wir es vermeiden können.« Seine Stimme klang ruhiger, als es seinem Gefühlsleben entsprach.

Miller schob das Magazin wieder in die Waffe und lud eine Patrone in die Kammer.

»Ich nehme an, wir müssen noch eine ganze Menge Leute erschießen, ehe dies hier vorbei ist«, sagte er. »Aber meinetwegen. Eins nach dem anderen.«

Expanse 01: Leviathan erwacht
cover.html
Leviathan_erwacht_ePub.html
Leviathan_erwacht_ePub-1.html
Leviathan_erwacht_ePub-2.html
Leviathan_erwacht_ePub-3.html
Leviathan_erwacht_ePub-4.html
Leviathan_erwacht_ePub-5.html
Leviathan_erwacht_ePub-6.html
Leviathan_erwacht_ePub-7.html
Leviathan_erwacht_ePub-8.html
Leviathan_erwacht_ePub-9.html
Leviathan_erwacht_ePub-10.html
Leviathan_erwacht_ePub-11.html
Leviathan_erwacht_ePub-12.html
Leviathan_erwacht_ePub-13.html
Leviathan_erwacht_ePub-14.html
Leviathan_erwacht_ePub-15.html
Leviathan_erwacht_ePub-16.html
Leviathan_erwacht_ePub-17.html
Leviathan_erwacht_ePub-18.html
Leviathan_erwacht_ePub-19.html
Leviathan_erwacht_ePub-20.html
Leviathan_erwacht_ePub-21.html
Leviathan_erwacht_ePub-22.html
Leviathan_erwacht_ePub-23.html
Leviathan_erwacht_ePub-24.html
Leviathan_erwacht_ePub-25.html
Leviathan_erwacht_ePub-26.html
Leviathan_erwacht_ePub-27.html
Leviathan_erwacht_ePub-28.html
Leviathan_erwacht_ePub-29.html
Leviathan_erwacht_ePub-30.html
Leviathan_erwacht_ePub-31.html
Leviathan_erwacht_ePub-32.html
Leviathan_erwacht_ePub-33.html
Leviathan_erwacht_ePub-34.html
Leviathan_erwacht_ePub-35.html
Leviathan_erwacht_ePub-36.html
Leviathan_erwacht_ePub-37.html
Leviathan_erwacht_ePub-38.html
Leviathan_erwacht_ePub-39.html
Leviathan_erwacht_ePub-40.html
Leviathan_erwacht_ePub-41.html
Leviathan_erwacht_ePub-42.html
Leviathan_erwacht_ePub-43.html
Leviathan_erwacht_ePub-44.html
Leviathan_erwacht_ePub-45.html
Leviathan_erwacht_ePub-46.html
Leviathan_erwacht_ePub-47.html
Leviathan_erwacht_ePub-48.html
Leviathan_erwacht_ePub-49.html
Leviathan_erwacht_ePub-50.html
Leviathan_erwacht_ePub-51.html
Leviathan_erwacht_ePub-52.html
Leviathan_erwacht_ePub-53.html
Leviathan_erwacht_ePub-54.html
Leviathan_erwacht_ePub-55.html
Leviathan_erwacht_ePub-56.html
Leviathan_erwacht_ePub-57.html
Leviathan_erwacht_ePub-58.html
Leviathan_erwacht_ePub-59.html
Leviathan_erwacht_ePub-60.html
Leviathan_erwacht_ePub-61.html
Leviathan_erwacht_ePub-62.html