17 Holden
Die Messe der Tachi verfügte über eine voll eingerichtete Küche und bot Platz für zwölf Personen. Außerdem gab es dort eine imposante Kaffeemaschine, die in weniger als fünf Minuten vierzig Tassen Kaffee aufbrühen konnte, ob das Schiff nun bei null G oder mit einem Schub von fünf G flog. Holden schickte ein stummes Dankgebet an den aufgeblähten Militäretat und setzte die Maschine mit einem Knopfdruck in Gang. Er musste sich beherrschen, um nicht die Edelstahlabdeckung zu streicheln, unter der es leise gluckste.
Der Kaffeeduft erfüllte den Raum und wetteiferte mit dem Geruch nach frisch gebackenem Brot, oder was auch immer Alex in den Ofen geschoben hatte. Amos humpelte mit seiner neuen Schiene um den Tisch herum und deckte Plastikteller und, man konnte es kaum glauben, echtes Silberbesteck. Naomi mischte in einer Schale etwas, das nach Hummus mit Knoblauch roch. Als er die Crew mit diesen einfachen Aufgaben beschäftigt sah, empfand Holden ein Gefühl von Frieden und Geborgenheit, das ihn fast schwindeln ließ.
Sie waren seit mehreren Wochen unterwegs, anfangs hatte sie ständig das eine oder andere geheimnisvolle Schiff verfolgt. Seit der Zerstörung der Canterbury war dies das erste Mal, dass niemand wusste, wo sie waren. Niemand verlangte irgendetwas von ihnen. Was das Sonnensystem betraf, so waren sie nur ein paar Tote unter Tausenden auf der Donnager. Das Bild von Sheds Kopf, der wie durch einen grässlichen Zaubertrick verschwand, erinnerte ihn daran, dass mindestens einer aus seiner Crew tatsächlich tot war. Trotzdem, es tat so gut, wieder der Herr des eigenen Schicksals zu sein, dass nicht einmal die Trauer seine Stimmung dämpfen konnte.
Als die Uhr schellte, zog Alex ein Tablett Fladenbrot aus dem Ofen. Er schnitt es in Streifen, auf die Naomi eine Paste strich, die tatsächlich wie Hummus aussah. Amos verteilte das Essen auf die Teller. Holden zapfte frischen Kaffee in die Becher, auf die der Name des Schiffs gedruckt war, und reichte sie herum. Es gab einen Moment der Befangenheit, als sie den ordentlich gedeckten Tisch anstarrten, ohne sich zu rühren, als fürchteten sie, das perfekte Bild zu zerstören.
Amos löste die Anspannung. »Ich bin hungrig wie ein Wolf.« Er ließ sich auf einen Stuhl plumpsen. »Kann mir mal jemand den Pfeffer reichen?«
Mehrere Minuten lang aßen sie, ohne ein Wort zu sprechen. Holden biss vorsichtig in das Fladenbrot mit dem Hummus. Der kräftige Geschmack war berauschend, nachdem er wochenlang nur fade Proteinriegel zu sich genommen hatte. Danach stopfte er es sich so schnell in den Mund, dass ihm die Speicheldrüsen wehtaten. Verlegen sah er sich am Tisch um, doch die andern schlangen es ebenso schnell herunter, also gab er jeden Gedanken an Schicklichkeit auf und konzentrierte sich auf das Essen. Als er die letzten Krümel vom Teller gepickt hatte, lehnte er sich seufzend zurück und wünschte sich, das zufriedene Gefühl möglichst lange halten zu können. Alex schlürfte mit geschlossenen Augen seinen Kaffee. Amos holte sich die letzten Reste Hummus mit dem Löffel aus der Schale. Naomi warf Holden mit halb geschlossenen Augen einen schläfrigen Blick zu, den er ungeheuer sexy fand. Er schob den Gedanken beiseite und hob den Pott.
»Auf Kellys Marinesoldaten. Sie waren Helden bis zum letzten Augenblick, mögen sie in Frieden ruhen.«
»Auf die Marinesoldaten«, sagten die anderen am Tisch, stießen mit den Bechern an und tranken.
Dann hob Alex den Becher. »Auf Shed.«
»Ja, und auf Shed, und einen schönen Gruß an die Ärsche, die ihn umgebracht haben und jetzt in der Hölle schmoren«, sagte Amos leise. »Direkt neben den Mistkerlen, die die Canterbury erledigt haben.«
Das ernüchterte die Runde am Tisch. Für Holden schwand der friedliche Moment so schnell dahin, wie er gekommen war.
»Also«, begann er. »Erzählt mir etwas über unser neues Schiff. Alex?«
»Sie ist eine Schönheit, Käpt’n. Nach der Flucht von der Donnie habe ich sie fast eine halbe Stunde mit zwölf G gefahren, und sie hat die ganze Zeit geschnurrt wie ein Kätzchen. Der Pilotensitz ist außerdem sehr bequem.«
Holden nickte.
»Amos? Konnten Sie schon einen Blick in den Maschinenraum werfen?«
»Ja. Alles ist blitzsauber. Das wird eine langweilige Tour für einen alten Schmierfinken wie mich«, erwiderte der Mechaniker.
»Langweilig wäre gut«, meinte Holden. »Naomi, was denken Sie?«
Sie lächelte. »Mir gefällt es. Es gibt hier die schönsten Duschen, die ich je auf einem Schiff dieser Größe gesehen habe, außerdem eine wirklich erstaunliche Krankenstation mit einem computergestützten Diagnosesystem, das genau weiß, wie man verletzte Marinesoldaten in Ordnung bringt. Das hätten wir finden sollen, ehe wir Amos selbst geflickt haben.«
Amos klopfte auf seine Schiene.
»Ihr habt das gut gemacht, Boss.«
Holden betrachtete seine frisch gewaschene Crew und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare, die zum ersten Mal seit Wochen nicht fettig und verklebt waren.
»Ja, eine Dusche und keine gebrochenen Beine, die man flicken muss, das passt mir sehr gut. Gibt es sonst noch etwas?«
Naomi legte den Kopf zurück und blickte ins Leere, als arbeitete sie in Gedanken eine Liste ab.
»Der Wassertank ist voll, die Injektoren haben genügend Treibstoffkapseln, um den Reaktor dreißig Jahre lang zu betreiben, das Lebensmittellager ist voll. Sie müssten mich fesseln, wenn Sie das Schiff der Raummarine zurückgeben wollen. Ich mag es.«
»Ja, das ist ein hübsches kleines Boot«, stimmte Holden lächelnd zu. »Hatten Sie schon eine Gelegenheit, sich die Waffen anzusehen?«
»Zwei Raketenwerfer und zwanzig Langstreckentorpedos mit hochkarätigen Gefechtsköpfen«, berichtete Naomi. »Das besagen jedenfalls die Unterlagen. Die Raketen werden von außen geladen, deshalb kann ich es nicht überprüfen, ohne auf der Außenhülle herumzuklettern.«
»Dem Waffenpult entnehme ich das Gleiche, Käpt’n«, warf Alex ein. »Auch die Nahkampfkanonen sind voll geladen. Na ja, abgesehen von …«
Abgesehen von der Salve, die du auf die Männer abgefeuert hast, die Gomez getötet haben.
»Noch etwas, Kapitän. Als wir Kelly in den Frachtraum gelegt haben, habe ich eine große Kiste mit der Aufschrift MAG gefunden. Nach den Unterlagen wäre das ›Mobiles Angriffsgerät‹. Anscheinend ist das der Raummarine-Ausdruck für eine große Kiste mit Waffen«, erklärte Naomi.
»Genau«, bestätigte Alex. »Volle Ausrüstung für acht Krieger.«
»Gut«, sagte Holden. »Dank des Epstein-Antriebs der Flotte sind wir schnell, und wenn ihr mit den Waffen recht habt, können wir uns im Notfall auch wehren. Die nächste Frage ist, was wir damit tun. Ich neige dazu, Colonel Johnsons Angebot, uns Zuflucht zu gewähren, anzunehmen. Hat jemand dazu eine Meinung?«
»Ich bin unbedingt dafür, Kapitän«, erklärte Amos. »Ich war nämlich schon immer der Ansicht, dass die Gürtler zu kurz kommen. Dann werde ich jetzt wohl mal eine Weile den Revolutionär spielen.«
»Ah, der kleine Erdenmann wechselt die Seiten?«, fragte Naomi grinsend.
»Was, zum Teufel, soll das jetzt heißen?«
»Nichts, ich zieh dich nur auf«, sagte sie. »Ich weiß doch, dass du dich nur deshalb auf unsere Seite schlägst, weil du unsere Frauen stehlen willst.«
Amos ging grinsend auf den Scherz ein.
»Tja, ihr habt ja wirklich schöne lange Beine«, erklärte er.
»Gut, das reicht jetzt.« Holden hob die Hand. »Also zwei Stimmen für Fred. Sonst noch jemand?«
Naomi meldete sich.
»Ich stimme auch für Fred«, sagte sie.
»Alex? Was denken Sie?«, fragte Holden.
Der marsianische Pilot lehnte sich zurück und kratzte sich am Kopf.
»Ich hab nichts weiter vor, also bleibe ich wohl bei euch«, erklärte er. »Hoffentlich läuft das hier nicht wieder darauf hinaus, dass uns jemand gängelt.«
»Bestimmt nicht«, antwortete Holden. »Jetzt habe ich ein Schiff mit Kanonen, und wenn mich das nächste Mal jemand herumschubst, werde ich sie einsetzen.«
Nach dem Essen machte Holden einen langen, langsamen Rundgang auf seinem neuen Schiff. Er öffnete jede Tür, blickte in jeden Schrank, schaltete jede Kontrolltafel ein und las alle Anzeigen ab. Er blieb im Maschinenraum neben dem Fusionsreaktor stehen und schloss die Augen, um sich an die fast unmerklichen Vibrationen zu gewöhnen. Wenn damit jemals etwas schiefging, wollte er es in den Knochen spüren, noch ehe irgendwo ein Alarm anschlug. Auch in der gut ausgerüsteten Werkstatt machte er Halt und berührte alle Werkzeuge, dann stieg er zum Mannschaftsquartier hinauf und begutachtete die Kabinen, bis er eine gefunden hatte, die ihm gefiel. Er brachte das Bett durcheinander, um zu zeigen, dass sie belegt war. Später entdeckte er ein paar Overalls in seiner Größe und beförderte sie in den Schrank in seinem neuen Zimmer. Dann duschte er zum zweiten Mal und ließ sich vom warmen Wasser die drei Wochen alten Knoten aus dem Rücken massieren. Als er in sein Quartier zurückkehrte, strich er mit den Fingern über die Wand, die mit weichem, feuerbeständigem und nicht splitterndem Schaum verkleidet war. Alex und Amos waren gerade dabei, ihre eigenen Kabinen zu beziehen.
»Wo hat sich Naomi niedergelassen?«, fragte er.
Amos zuckte mit den Achseln. »Sie ist noch in der Zentrale und murkst an irgendwas herum.«
Holden beschloss, den Schlaf noch eine Weile aufzuschieben, und fuhr mit dem Kielaufzug – Wir haben einen Aufzug! – in die Operationszentrale. Dort saß Naomi auf dem Boden. Vor ihr lagen eine Tafel der Wandverkleidung und Hunderte präzise angeordneter kleiner Bauteile und Drähte. Sie starrte irgendetwas in dem offen liegenden Abschnitt der Wand an.
»Hallo, Naomi, Sie sollten sich mal etwas Schlaf gönnen. Woran arbeiten Sie da?«
Sie deutete auf das Fach in der Wand.
»Der Transponder«, erklärte sie.
Holden ging zu ihr und setzte sich neben ihr auf den Boden.
»Sagen Sie mir, wie ich helfen kann.«
Sie reichte ihm ihr Handterminal, das Freds Anweisungen für die Veränderung des Transpondersignals zeigte.
»Es ist alles bereit. Ich habe die Konsole mit dem Dateneingang des Transponders verbunden, wie er es beschrieben hat. Das Computerprogramm ist bereit, die Befehle einzuspeisen. Der neue Transpondercode und die Registraturdaten des Schiffs liegen ebenfalls bereit. Ich habe den neuen Namen eingetragen. Hat Fred ihn ausgewählt?«
»Nein, das war ich.«
»Oh. Na gut. Aber …« Sie ließ den Satz unvollendet und winkte unsicher in die Richtung des Geräts.
»Wo ist das Problem?«, fragte Holden.
»Jim, diese Apparate werden eigens so gebaut, dass man sie nicht manipulieren kann. Die zivile Version dieses Geräts zerschmilzt zu einem Klotz Silizium, sobald es glaubt, jemand machte sich an ihm zu schaffen. Wer weiß schon, wie die militärischen Vorstellungen von einem sicheren System aussehen? Ob die magnetische Abschirmung des Reaktors zusammenbricht und wir in einer Supernova verglühen?«
Naomi sah ihn fragend an.
»Es ist alles bereit, aber inzwischen glaube ich, wir sollten vielleicht nicht einfach so den Schalter umlegen«, fuhr sie fort. »Wir wissen nicht, was uns blüht, wenn es nicht klappt.«
Holden stand auf und ging zur Konsole. Ein Programm, das Naomi »Trans01« genannt hatte, wartete auf den Befehl. Er zögerte eine Sekunde und drückte auf die Taste. Das Schiff löste sich nicht in Dampf auf.
»Ich glaube, Fred will uns lebend haben«, bemerkte er.
Naomi seufzte laut und sackte in sich zusammen.
»Genau deshalb will ich nie das Kommando übernehmen«, stöhnte sie.
»Gefällt es Ihnen nicht, anhand unvollständiger Informationen schwierige Entscheidungen zu treffen?«
»Es ist eher so, dass ich nicht zu Selbstmord neige«, erwiderte sie und begann, das Gehäuse des Transponders wieder zusammenzusetzen.
Holden aktivierte den Schiffscom in der Wand. »Hallo, Besatzung, willkommen an Bord des Gastankers Rosinante.«
»Was bedeutet der Name überhaupt?«, fragte Naomi, als er den Knopf losließ.
»Er bedeutet, dass wir uns jetzt ein paar Windmühlen suchen müssen«, sagte Holden und ging zum Aufzug.
Der Tycho Manufacturing and Engineering Concern war als eine der ersten großen Firmen in den Gürtel vorgestoßen. In der Anfangszeit der Expansion hatten die Ingenieure von Tycho mittels einer ganzen Flotte von Schiffen einen kleinen Kometen eingefangen und in einer stabilen Umlaufbahn als Stützpunkt für die Wasserversorgung eingerichtet. Erst Jahrzehnte später hatten Schiffe wie die Canterbury begonnen, das Eis aus den beinahe unerschöpflichen Feldern in den Saturnringen herbeizuschaffen. Es war und blieb die komplizierteste und schwierigste Ingenieurleistung in großem Maßstab, welche die Menschheit je vollbracht hatte, bis die nächste Herausforderung kam.
Außerdem hatte Tycho die mächtigen Antriebseinheiten in die Felsen von Ceres und Eros gepflanzt und mehr als ein Jahrzehnt daran gearbeitet, die Asteroiden in eine entsprechend schnelle Drehung zu versetzen. Sie hatten den Auftrag bekommen, in der Atmosphäre der Venus eine Reihe von schwebenden Städten einzurichten, bis die Baugenehmigungen in einem Labyrinth von mittlerweile seit acht Jahrzehnten anhängigen Gerichtsverfahren versackt waren. Es gab Diskussionen über Weltraumaufzüge auf dem Mars und der Erde, bisher war allerdings noch nichts Greifbares dabei herausgekommen. Wenn man einen unmöglich erscheinenden Ingenieurauftrag im Gürtel zu vergeben hatte und es sich leisten konnte, beauftragte man Tycho.
Die Tycho-Station, der Hauptsitz der Firma im Gürtel, war eine mächtige Ringstation, die eine Kugel von einem halben Kilometer Durchmesser umgab. In der Mitte blieben mehr als 65 Millionen Kubikmeter Raum für Produktion und Lagerung. Die beiden gegenläufigen Wohnringe boten fünfzehntausend Arbeitern und ihren Familien Platz. Oben auf der Fabrikkuppel saßen ein halbes Dutzend riesige Baukräne, die aussahen, als könnten sie einen schweren Frachter in Stücke reißen. Unten ragte ein fünfzig Meter hoher Vorsprung hervor, in dem der Fusionsreaktor und das Antriebssystem eines Großkampfschiffes steckten. Somit war die Tycho-Station die größte mobile Konstruktionsplattform im Sonnensystem. Alle Abteilungen in den gewaltigen Ringen waren drehbar aufgehängt, sodass sie sich je nach Schub und Schwerkraft, wenn die Ringe sich nicht mehr drehten und die Station zum nächsten Einsatzort flog, neu ausrichten konnten.
Holden wusste das alles, und trotzdem raubte ihm der erste Blick auf die Station den Atem. Es war nicht nur die schiere Größe, sondern auch die Vorstellung, dass vier Generationen der klügsten Köpfe im Sonnensystem hier gelebt und gearbeitet und mit ihrer Willenskraft dazu beigetragen hatten, dass die Menschheit zu den äußeren Planeten vorstoßen konnte.
»Sieht aus wie ein großes Insekt«, meinte Amos.
Holden wollte protestieren, aber die Station erinnerte mit dem dicken gewölbten Körper und den oben herausragenden Beinen tatsächlich an eine riesige Spinne.
»Vergiss die Station, schau dir mal das Monster da an.«
Das Fahrzeug, das sich gerade im Bau befand, war sogar noch größer als die Station. Laut Lidar maß es knapp über zwei Kilometer und einen halben Kilometer in der Breite. Rund und klobig, wie es war, ähnelte es einer stählernen Zigarettenkippe. Frei liegende Träger erlaubten einen Einblick in den inneren Aufbau und verschieden weit fertiggestellte Anlagen. Die Maschinen waren anscheinend vollendet, und am Bug war bereits die Außenhülle montiert. In großen weißen Buchstaben prangte dort der Name Nauvoo.
»Dann wollen die Mormonen damit tatsächlich nach Tau Ceti fliegen, was?« Amos stieß einen gedehnten Pfiff aus. »Die Kerle trauen sich was. Es gibt nicht einmal eine Garantie, dass sie am Ende des hundertjährigen Fluges einen Planeten finden, den sie besiedeln können.«
»Anscheinend sind sie ziemlich sicher«, erwiderte Holden. »So viel Geld, um so ein Schiff zu bauen, verdient man nicht, wenn man dumm ist. Ich für meinen Teil wünsche ihnen viel Glück.«
»Sie fliegen zu den Sternen«, sagte Naomi. »Wie sollte man sie nicht darum beneiden?«
»Ihre Urenkel bekommen vielleicht einen Stern, falls sie nicht alle verhungern, während sie um einen unbrauchbaren Felsen kreisen«, meinte Amos. »Wir wollen es nicht übertreiben.«
Er deutete auf die riesige Com-Anlage, deren Antennen an der Flanke der Nauvoo herausragten.
»Jede Wette, dass sie damit den stark gebündelten Richtstrahl gesendet haben«, sagte Amos.
Alex nickte. »Wenn du aus ein paar Lichtjahren Entfernung private Nachrichten nach Hause schicken willst, brauchst du einen eng gebündelten Strahl. Wahrscheinlich haben sie sogar die Sendeleistung gedrosselt, um uns nicht ein Loch in den Rumpf zu brennen.«
Holden erhob sich von der Liege des Copiloten und schob sich an Amos vorbei.
»Alex, sehen Sie mal, ob sie uns landen lassen.«
Die Landung verlief überraschend unproblematisch. Die Stationskontrolle wies ihnen eine Andockbucht in der Seite der Kugel zu, behielt die Verbindung bei und führte sie, bis Alex die Andockröhre mit der Luftschleuse verbunden hatte. Die Flugaufsicht erwähnte mit keiner Silbe, dass sie für ein Transportschiff eine Menge Waffen, aber dafür keinerlei Tanks für komprimiertes Gas besaßen. Die Funkerin ließ sie andocken und wünschte ihnen einen schönen Tag.
Holden legte den Druckanzug an und ging rasch in den Frachtraum, dann traf er mit einem großen Seesack ausgerüstet die anderen an der inneren Luftschleuse der Rosinante.
»Legt die Anzüge an. Das ist ab sofort die Standardprozedur für diese Crew, wann immer wir einen unbekannten Ort aufsuchen. Und nehmt die hier mit.« Er zog Handfeuerwaffen und Magazine aus dem Sack. »Versteckt sie in den Taschen oder eurem Rucksack oder wo auch immer. Ich werde meine offen tragen.«
Naomi runzelte die Stirn.
»Ist das nicht ein bisschen … provokativ?«
»Ich bin es leid, mich herumstoßen zu lassen«, erwiderte Holden. »Die Rosinante ist ein guter Schritt in Richtung Unabhängigkeit, und ich nehme ein kleines Stück von ihr mit. Nennen Sie es einen Glücksbringer.«
»Alles klar.« Amos schnallte sich eine Waffe auf den Oberschenkel.
Alex stopfte seine in die Tasche der Fliegermontur. Naomi rümpfte die Nase und lehnte ab. Holden steckte ihre Waffe in den Beutel zurück und führte die Crew in die Luftschleuse der Rosinante. Als der Luftaustausch erledigt war, erwartete sie draußen ein älterer dunkelhäutiger Mann. Sobald er sie sah, lächelte er.
»Willkommen auf Tycho«, sagte der Schlächter der Anderson-Station. »Sie können mich Fred nennen.«