20

»Auf dem hier sind Überlebende«, meldete Sophia über die Gegensprechanlage. »Ein Rettungsfloß. Sieht aus wie ... ein Mensch, zwei Menschen.«

»Roger.« Steve ließ die Formalitäten für einen Moment links liegen. Er wusste, dass der Schreibkram erledigt werden musste, aber nicht ausgerechnet jetzt.

Sie räumten nun schon seit zwei Wochen, nachdem sie die Victoria abgeschleppt und zwei weitere brauchbare Boote aufgegabelt hatten. Auf beiden hatten sie Überlebende gefunden und diese hatten nicht nur zugestimmt zu helfen, sondern besaßen auch Erfahrung und waren die Besitzer der jeweiligen Boote. Daher blieb Sophia zunächst hier an Bord. Zudem hatten sie über 20 Überlebende auf Rettungsinseln und Rettungsbooten geborgen, darunter auch weitere Leute von der Voyage under the Stars.

Steve geriet nicht aus dem Tritt, als Sophia das Boot im Kreis lenkte, um zum Rettungsfloß zurückzukehren. Aber er überprüfte seine Pistole und die Ladung des Tasers. Einige der Überlebenden hielt er für potenzielle Problemfaktoren. Sie hatten zwei havarierte Segelboote von der Küste der Jew’s Bay gezogen, sie sicher im Hafen verankert und dort zurückgelassen. Auf einem die Männer, auf dem anderen die Frauen. Den Grund dafür bildete die Anschuldigung einer der weiblichen Überlebenden, von einem der Männer vergewaltigt worden zu sein. Ihm erschien der Vorwurf stichhaltig. Mike konnte sich vorstellen, dass es auf den beiden Booten derzeit eine Menge Stress gab, aber sie konnten dagegen aktuell nichts unternehmen.

Steve trat gerade auf das hintere Deck hinaus, als Sophia auf das Rettungsfloß zusteuerte.

»Werfen Sie die Leine zu dem Mann an Bord«, schallte Sophias Stimme aus dem Megafon. »Die jüngere Person zuerst, die ältere zuletzt. Die letzte Person, die das Floß verlässt, zieht das Kabel aus dem EPIRB. Nach dem Betreten des Boots müssen Sie sich zur Dekontaminierung an Deck abspritzen. Danach geben wir Ihnen etwas zu essen. Ach übrigens, willkommen bei Wolfs Schwimmendem Zirkus und der Rettungsflottille. Gern geschehen.«

Der Mann warf die Leine und riss das Kabel aus dem EPIRB. Steve zog das Floß längsseits heran und half zuerst der Frau an Deck, dann dem Mann.

»Vielen Dank«, sagte der Kerl. Im richtigen Licht betrachtet, war er nicht gerade hässlich, aber auch keine Schönheit. Ein Riese vor dem Herrn, seine Haut pechschwarz wie bei einem Pikass. »Wer ist Wolf?«

»Bei den Fallschirmjägern hat man mich früher Wolfsbane genannt. Das hat sich dank einer meiner Töchter geändert und wurde schließlich zu Wolf oder Papa Wolf. Ich bin Steve Smith, Kapitän der Tina’s Toy, und, irgendwie gegen meinen Willen, ›Commodore‹ dieses ganzen Vereins. Außerdem bin nicht ich es gewesen, der sich diesen Namen ausgedacht hat.«

»Es würde mich ehrlich gesagt nicht mal stören, wenn Sie sich Bruderschaft des Teufels oder so nennen.« Die Frau lächelte. »Ich bin so froh, von diesem Floß herunterzukommen! Ich heiße Sadie Curry, Kapitän Smith.«

»Thomas Fontana«, stellte sich der Mann vor. »Fallschirmjäger ... kein Brite oder Ire. Australier, aber ich habe lange Zeit in den Staaten gelebt. In den Südstaaten. Fallschirmjäger oder SAS?«

»Fallschirmjäger.« Steve war überrascht. »Mein Bruder war ein Goldie.«

»Tut mir leid«, sagte Thomas schulterzuckend. »Was von ihm erfahren?«

»Als ich das letzte Mal was von ihm gehört habe, befand er sich auf einem Flug zu einem sicheren Standort. Lange Geschichte. Wir spritzen euch erst mal ab und dann bekommt ihr was in den Bauch ...«

»Es gibt wahrlich Schlimmeres, als auf einem Kreuzfahrtschiff festzusitzen, unbewaffnet, während einer Zombieapokalypse.« Fontana stopfte sich zwei Sushi-Rollen auf einmal in den Mund. »Die Nahrung ...«, murmelte er an dem Bissen vorbei.

»Thomas war bei einer Spezialeinheit, oder?«, fragte Sadie. »Ich denke, das hab ich richtig mitbekommen. Ich wusste nichts über die Armee, bis ich auf dem ... Floß gelandet bin. Das stimmt doch, Thomas? Green Berets?«

Fontana nickte und versuchte, den Reis und Thunfisch in seinem Mund herunterzuschlucken. Er nahm einen großen Schluck Tee und atmete durch die Nase aus.

»Mein Gott, ist das lecker«, nuschelte er.

»Die meisten Boote der Kreuzfahrtschiffe sind, nun ja, Boote«, sagte Stacey.

»Ich habe es auf keins davon geschafft«, berichtete Fontana. »Da stand eine Tür offen und ich bin rausgegangen. An Deck. Da schwammen Flöße im Wasser ...«

»Ich bin vor einem Zombie geflüchtet und er hat mich gerettet.« Sadie klammerte sich an seinen Arm. »Mein Held.«

»Ich habe ihn über Bord geworfen.« Für Fontana schien das keine große Sache zu sein. »Dann musste ich mich noch einmal um ihn kümmern, als wir von Bord gingen. Aber wir haben es in ein Floß geschafft. Da war noch ein anderer Kerl, Terry ...«

»Können wir das überspringen?« Sadie blickte Steve flehend an. »Er musste tun, was ... Er musste es tun. Er ... hat sich verwandelt.«

»Strangulation?« Steve schlürfte an seinem Tee.

»Ja.« Fontana sah ihn merkwürdig an.

»Die einzigen Menschen, die in den Rettungsbooten überlebt haben, sind die, die Zombies getötet haben«, beruhigte ihn Stacey. »Und normalerweise geschieht das durch Erwürgen. Auf einer Rettungsinsel lässt sich das kaum vermeiden.«

»Es war schrecklich.« Sadie brach in Tränen aus.

»Wie ein Großteil dieser Welt«, sagte Steve. »Aber sie entschädigt uns auch in gewisser Weise.«

»Wie denn?«, wollte Fontana wissen.

»Wir leisten gute Arbeit. Und das Meer ist wunderschön, wenn es uns nicht gerade töten will.«

»Brauchen Sie Hilfe?«, erkundigte sich Fontana. »Ich muss mir irgendwie den Bauch vollschlagen, aber wenn ich helfen kann, will ich das gern tun.«

»Wir können immer Hilfe brauchen. Welche Aufgaben hatten Sie bei den ... Es waren die Rangers, nicht wahr?«

»Passen Sie auf, was Sie sagen«, scherzte Fontana. »Fifth Special Forces Group. Ich war ein 18B, ein Weapons Sergeant. Übergreifende Ausbildung in 18 Echo und Delta. Sechs Einsätze in Afghanistan, ein paarmal zur Ausbildung in Afrika. Und Sie?«

»Rifles Sergeant. Auch in Afghanistan. Später dann Geschichtslehrer. Frage: Kannten Sie zufällig jemanden namens ›Donnie‹? Er ist Officer bei den Special Forces gewesen.«

»Ihn kennen, nein. Er ging, bevor ich beigetreten bin. Aber ich habe von ihm gehört. Ihm fehlten beide Beine?«

»Er wurde leider verwundet.« Steve nickte. »Okay, ich sag mal, Sie sind dabei.«

»Nein, ich bin kein Wichtigtuer.« Fontana fing an zu grinsen. »Und ich sehe, dass Ihre Frau eine Pistole und Sie eine Pistole und einen Taser bei sich tragen. Probleme?«

»Ein paar«, gab Steve zu. »Aber wir kümmern uns drum, wenn sie auftreten. Wie stehen Sie zu Räumungen?«

»Mit ’ner Brechstange?«, fragte Fontana. »Nicht so der Wahnsinn. Mit ’ner Knarre? Liebend gern!«

»Bist du sicher, Liebling?« Sadie wirkte nicht so begeistert.

»Wir werden ihn nicht unvorbereitet losschicken. Wir haben unter anderem noch etwas Impfstoff. Der geht als Erstes mal an das Räumungskommando. Und wir agieren sehr vorsichtig, um Bissen und Blutspritzern aus dem Weg zu gehen. Doch wir brauchen mehr Leute, die sich aktiv an den Räumungen beteiligen. Wir haben zwei Boote, die nur noch auf neues Personal warten. Wir befinden uns derzeit auf dem Weg zu einem davon. Im Moment erledigen meine Tochter und ich das ganz allein.«

»Sie befürchten, dass ich die Macht an mich reiße, wenn Sie mir eine Waffe in die Hand drücken.« Fontana nickte. »Ist nachvollziehbar. Ich kann nur sagen, solange mir nichts Besseres über den Weg läuft, bin ich Ihr Mann. Ich will es diesen Zombies heimzahlen. Und ich vermisse meine Waffensammlung tierisch. Ich möchte nur eins wissen, okay, was springt für mich dabei raus? Ich meine, ich werd Ihnen helfen, aber wie sieht es aus, kriegt jeder die Hälfte?«

»Mehr oder weniger. Ein Räumungsteam erhält einen Bonus für jedes Boot, das es räumt. Darüber hinaus das Vorrecht bei der Auswahl der Beute, was ziemlich einleuchtend ist. Die eigentliche Frage lautet: Wie vorurteilsfrei sind Sie, was Ihren künftigen Partner bei den Räumeinsätzen angeht ...?«

»Also, wie wird das gewöhnlich gehandhabt?« Fontana versuchte, aufgrund des 13-jährigen Mädchens in voller Angriffsmontur nicht zu schmunzeln.

»Normalerweise läuft das so.« Faith zog ihre Heckler & Koch. Sie schätzte die Katenoide sorgfältig ab und schoss auf den Zombie, der vom hinteren Deck eines 18 Meter langen Fischerboots nach ihnen krallte.

Die Kugel erwischte den Zombie oben rechts am Brustkorb. Er fasste sich kurz an die Wunde, rutschte dann im eigenen Blut aus und fiel über Bord.

»Danach übernehmen die Haie die Arbeit für uns«, fügte sie hinzu.

»Geht klar. Wie soll ich dich nennen?«

»Shewolf.« Faith lud die verschossene Kugel im Magazin nach und steckte sie ins Holster. »Haben Sie ein Problem damit?«

»Nein, Ma’am.« Fontana salutierte.

»Wirklich?« Fontana hebelte die verklemmte Luke auf. »Ich habe von Voltaire gehört, aber mir haben seine Lieder nie gefallen.«

»Wirklich, es war ein einziges Gejohle«, sagte Faith, als die Hand eines Zombies aus der Kajüte nach ihnen kratzte. »Einen Moment.« Sie hob ihre Saiga und richtete sie auf die Öffnung. »Achten Sie auf Querschläger.«

»Roger«, sagte Fontana und hielt die Luke auf.

»Erledigt, Alter.« Faith schoss mit der Saiga. Der Arm zuckte. »Aus dir mach ich Hundefutter, Kumpel!«

»Hast dir oft Aliens angesehen, nicht wahr?«

»Ich liebe diesen Film. Meistens kommen sie nachts. Meistens nachts ...«

»Stopp.« Faith streckte ihre Hand aus, als Fontana über den Süll treten wollte.

»Sieht sauber aus.« Fontana leuchtete mit der Taschenlampe in die Kajüte.

»Zombies mögen keine unhöflichen Menschen. Wir müssen uns immer ankündigen. ZOMBIES, ZOMBIES, ZOMBIES! ECKSTEIN, ECKSTEIN, ALLES MUSS VERSTECKT SEIN. 1 - 2 - 3, WIR KOMMEN!«

»Das ... geht einfach gar nicht«, schämte sich Fontana.

»Sie sind daran gewöhnt, sich an Menschen ranzuschleichen.« Da ertönte ein schlurfendes Geräusch. »Dort ...« Der Zombie wirkte ausgemergelt und war eindeutig am Ende. Sie jagte eine Kugel durch die Brust des Infizierten, als er auf die Lampen zustolperte.

»Wo zum Teufel kam der denn her?« Fontana leuchtete erneut die Kajüte aus.

»Dad glaubt, sie verbringen eine Menge Zeit im Tiefschlaf, um Energie zu sparen.«

»Daher ... machen wir genug Lärm, um die Toten aufzuwecken?« Fontana kicherte.

»So was in der Art. ZOMBIES, ZOMBIES, ZOMBIES ... ES GIBT FRESSCHEN!«

»Ich frag mich, wozu dieser ganze Krempel gut sein soll.« Fontana schaute sich im Maschinenraum um. »Na ja, das sind offenbar die Motoren ...«

»Stimmt«, pflichtete Faith bei. »Im Maschinenraum wird kein Blödsinn getrieben. Wenn ein Zombie drin ist, lassen wir ihn raus und erledigen ihn im Gang. Eine verirrte Kugel in den Maschinen und man weiß nie, was sich daraus für Probleme ergeben.«

»Ich glaub, wir brauchen ein Handbuch«, grübelte Fontana.

»Ich schätze, wir brauchen einen SEAL oder jemanden, der sich damit auskennt ...«

»Pistole«, verlangte Faith und schüttelte den Kopf, als der Zombie über die Kajütenleiter nach oben stieg.

»Ooo-kay.« Fontana wechselte die Waffe. Er schoss dem Zombie in die Brust, wollte noch einen Kopfschuss nachsetzen und verpasste ihn.

»Verdammt.« Faith zog den Kopf ein, als die Kugel vom Deck abprallte und gnädigerweise in die Dunkelheit dort unten schwirrte. »Darum sagte ich Pistole. Eine Kugel. Gezielt! Ein Zombie, eine Kugel, keine Querschläger!«

»Roger. Tut mir leid.«

»Ich hätte nicht schnauzen sollen«, sagte Faith. »Ich hab auf diese Weise ein Boot versenkt, tja ...«

»Wie oft hast du das schon gemacht?«

»Weiß nicht.« Faith zog ihre H&K und legte auf den nächsten Zombie an, der die Kajütenleiter heraufkam. »Da müsste ich im Logbuch nachsehen. Boote in dieser Größe ... drei. Kleine Jachten? Etwa 20?«

»Gott. Und ich hab hilflos auf einem Floß rumgehockt.«

»So, und jetzt setzen wir Dads neues Oberhammer-Gimmick ein.« Faith musterte die Käfer skeptisch. Sie wuselten im Beutel herum – der Anblick löste bei ihr mehr Übelkeit aus als aufgedunsene Zombieleichen.

»Glaubst du, es funktioniert?« Fontana machte einen skeptischen Eindruck.

»Er sagte, wir sollen einige Tage abwarten und die Innenluken geöffnet lassen.« Faith schüttete die Käfer hinein und schloss die Außenluke. »Wir werden sehen ...«

»Heiliger Strohsack«, rief Steve, als sie sich dem Boot näherten, das ihr Ziel war.

»Oooh«, staunte Sophia. »Darf ich das haben?«

Es lag nicht an der Länge des Boots. Die Victoria war deutlich länger. Es lag daran, dass es gigantisch und wunderschön aussah. Windschnittig wie der Teufel. Schnell und wirklich verdammt imposant.

»Wahrscheinlich total verwüstet«, bremste Steve ihre Begeisterung. »Und die Wartung ist ein Riesenaufwand.«

»Darum kümmere ich mich schon«, sprudelte es aus Sophia heraus.

»Du klingst, als ob du um einen Welpen bettelst. Außerdem will ich sie haben. Das Problem ist, jemanden zu finden, der sich im Maschinenraum auskennt. Außerdem liegt die Entscheidung beim Kapitänsgremium. Gesetzt den Fall, dass sie noch halbwegs in Schuss ist.«

»Keine Zombies an Deck.« Sophia umrundete die Jacht. »Ist überhaupt jemand an Bord?«

»Gute Frage. Ich lege die Ausrüstung an.«

»Ich geb das an Paula weiter.« Sophia griff nach dem Mikrofon der Gegensprechanlage. »Du wirst jemanden brauchen, der weiß, wie man das Beiboot steuert.«

»Die Rettungsboote sind alle weg.« Steve ging am Heck der Jacht an Bord. Mit Abstand die reibungsloseste Besteigung in letzter Zeit.

»Haben sie das Schiff verlassen?«, fragte Sophia.

»Das weiß ich genauso wenig wie du.«

»Soll ich dir Deckung geben?«

»Wie du willst. Du trägst keine Schutzweste, und wenn es Querschläger gibt, wird das schnell zum Problem.«

»Das Risiko gehe ich ein.« Sophia warf ihm die Leine zum Festmachen zu. »Das will ich sehen.«

»Oh, Dad, die will ich.« Sophia stöhnte lustvoll beim Anblick des Steuerruders.

Die 28 Meter lange Hatteras Elite namens Livin’ Large war zwar nur knapp neun Meter länger als die Toy, aber das machte einen gewaltigen Unterschied. Außerdem schien die Innenausstattung viel gemütlicher zu sein. Gar nicht zu reden davon, dass sie sich in einem viel besseren Zustand befand. Eigentlich fragte man sich, warum jemand das Boot freiwillig im Stich gelassen hatte, denn es schien keinerlei Schäden zu geben.

»Logbuch.« Sophia nahm ein handelsübliches Logbuch und blätterte zur letzten Seite der Eintragungen, dann wieder rückwärts. »Der Chefingenieur und ein Steuermann wurden zu Zombies. Laut der Aufzeichnungen hat man sie im Mannschaftsraum eingesperrt. Der Treibstoff ging aus. Keine Energie. Der Rest von ihnen ging in der Nähe einer Bahamasinsel an Land.« Sie blätterte durch die Seiten und zuckte mit den Schultern. »Ich denke, das ist eine rechtmäßige Bergung. Und eine echt schöne Bergung. Ich kann nicht fassen, dass sie das Schiff einfach aufgegeben haben.«

»Welche Insel?«, fragte Steve.

»Great Sale Cay.«

»Bewohnt. Nun ja, wenn wir ihnen jemals begegnen sollten, werde ich mich bedanken. Jetzt checken wir erst mal alles auf Zombies ab ...«

»Ich hör nichts.« Steve hämmerte erneut gegen die Luke. Es waren Stühle dagegengelehnt worden, aber sie wegzuräumen, stellte kein Problem dar. Der Rest des Schiffs, bis auf den Mannschaftsraum, war sauber. Und auch hier, mit Ausnahme von einigen Anzeichen für hektischen Aufbruch, fiel ihnen die bemerkenswerte Ordnung auf.

»Du bist der Experte, Dad.« Sophia klang nervös. Sie hatte eine Stirnleuchte und eine Taschenlampe dabei, sah sich aber trotzdem ständig unruhig um. »Du und Faith, ihr habt wirklich Spaß an so was?«

»Faith schon. In meinem Fall ist Spaß vielleicht ein wenig übertrieben.« Er hebelte die Luke auf und leuchtete mit einer Lampe hinein.

»Jemand zu Hause?«, fragte Sophia.

»Keiner, der noch lebt.« Steve trat in die Kabine. Eine der Leichen war teilweise aufgefressen. Die andere hatte Schnittwunden und war aufgebläht, schien aber nicht durch Gewalteinwirkung gestorben zu sein.

»Wahrscheinlich hat der eine den anderen getötet und ist anschließend an Dehydratation gestorben.« Steve überprüfte die Toilette. Es befand sich kein Wasser darin. »Damit ist das eine vollkommen legale Bergung. Gar nicht davon zu reden, dass die Reinigung ein Kinderspiel ist.«

»Das wird scheußlich.« Sophia untersuchte die Umgebung. »Oh, ekelhaft!«

»Nun, da habe ich schon deutlich schlimmere Sachen gesehen.« Steve holte einen Plastikbeutel aus der Tasche. »Wir versiegeln den Raum und entlüften nach hinten. Und lassen die Arbeit von denen hier erledigen.« Er schüttete die Käfer auf die Leichen. »Sagt Hallo zu meinen kleinen Freunden ...«

»Steve, das übersteigt meinen Horizont bei Weitem.« Stacey betrachtete die Motoren.

»Wir haben Treibstoff in den Tanks. Ein wenig. Und eine Jumperbatterie. Bringst du die zum Laufen?«

»Keine Ahnung.« Stacey schien überfordert zu sein. »Ich meine, genau darum geht es ja. Das sind riesige professionelle Motoren. Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll!«

»Ich glaube, das ist der Startknopf.« Sophia zeigte auf eine Taste.

»Den hab ich auch schon gefunden, Sophia«, versetzte Stacey schnippisch. »Lasst mich mal die Handbücher durchblättern ...«

Steve blickte auf, als von unten ein Poltern erklang. Einen Moment flackerten die Lichter im Aufenthaltsraum auf.

»Ich wusste, dass ich dieses Mädchen nicht grundlos geheiratet habe ...«

»Könnt ihr euch längsseits nähern, ohne sie zu demolieren?«, meldete sich Mike über das Sprechfunkgerät.

»Wir werden es versuchen.« Steve sprach eher mit sich selbst. Er nahm das Sprechfunkgerät nicht in die Hand, während er versuchte, die Large zur Victoria zu steuern. Die Large machte ihrem Namen alle Ehre. Und sie wies eine erheblich größere Segelfläche als die Toy auf. Er schnappte sich das Mikrofon. »Hängt einfach die verdammten Ballons über die Bordwand.«

Anschließend murmelte er: »Manchmal kann es gar nicht langsam genug gehen.«

»Das war nicht das schlechteste Annäherungsmanöver, das ich je beobachtet habe.« Mike musterte den Innenbereich. »Sagen Sie, wissen Sie noch, dass Sie mal gesagt haben, ich könnte ein eigenes Boot bekommen ...?«

»Wir werden eine Kapitänskonferenz einberufen müssen«, sagte Steve. »Hier braucht man unter anderem eine erfahrene Besatzung ...«