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Man kann gar nicht übertreiben, wenn es um die Marines geht. Sie sind in ihrer Arroganz davon überzeugt, dass es sich bei ihnen um die grausamsten Kämpfer des ganzen Planeten handelt – und witzigerweise sind sie das sogar.

Pater Kevin Keaney,

Seelsorger der First Marine Division im Koreakrieg

»Lieutenant, Lieutenant, Staff Sergeant, setzen Sie sich.«

›Wolf‹ deutete auf die Stühle.

Januscheitis kannte den Marine Lieutenant von irgendwoher. Er war ein XO in Charlie gewesen. Den Navy Lieutenant, das Gegenstück eines Marine Captains, kannte er hingegen nicht.

Ein müder Wolf. Kein Wunder, soweit Januscheitis das mitbekommen hatte. Er wusste nicht mit Sicherheit, wie groß diese Voyage war, aber dem Gerede der Leute nach zu urteilen, wies sie die Größe eines Supercarrier auf und hatte in etwa genauso viele Kabinen. Jetzt räumte der ›Commodore‹ hier mit einem Marine, einem Special-Forces-Mitglied und einem 13-jährigen Mädchen die Iwo. Das Mädchen, das musste er zugeben, war ein ziemlich zäher Hund.

»Die Broschüre, die Sie erhalten haben, enthält nur grobe Einzelheiten«, erläuterte Smith. »Und sie kehrt einige Fakten unter den Teppich. Die Joint Chiefs sind eine Gruppe aus Colonels und anderen hochrangigen Offizieren, sowie ein General ...«

»Wie war das, Sir?«, unterbrach ihn der Navy LT fassungslos.

»Sie haben richtig gehört, Lieutenant. Wahrscheinlich gibt es noch mehr Senior Officers, die überlebt haben. Irgendwo. Doch der aktuell agierende CNO, der tatsächlich kommunizieren kann und in direktem Kontakt mit dem NCCC steht, ist ein Commander. Die derzeitige Anzahl unseres Navy-Personals, das gerade nicht auf U-Booten festsitzt, beläuft sich auf ...«, er schaute auf eine Liste, »17, und eigentlich ist er nicht mal ganz oben in der Rangfolge. Inzwischen entwickeln wir uns jedoch zu so etwas wie einer effektiven Militärstreitmacht – einer amerikanischen Militärstreitmacht, um genau zu sein – und es stellt sich die Frage, wer dem Gesetz zufolge berechtigt ist, die Befehle zu erteilen. Daher stimme ich mich regelmäßig mit den Chiefs und dem NCCC ab. Und jetzt werden Sie sich mit den Chiefs unterhalten, oder zumindest mit dem Navy Commander im Hole und einem Sub Commander, der einen geringfügig höheren Rang bekleidet. Ihre Entscheidung ... überrascht mich. Und das nicht im positiven Sinne. Aber das sollen die Ihnen selbst erklären.«

Er drehte seinen Laptop um und nickte beim Aufstehen.

»Ich muss kurz los und irgendwo eine Uniform auftreiben ...«

»Lieutenant Joseph Pellerin?«, fragte der Commander auf dem in drei Bereiche unterteilten Bildschirm. Die Person, die gerade sprach, saß in einer Art Konferenzsaal. Einer der Männer war Zivilist, ebenfalls in einem Besprechungszimmer; der dritte Mann, ebenfalls Commander, hielt sich offenbar an Bord eines U-Boots auf.

»Ja, Sir«, antwortete Pellerin zögernd.

»Ich bin Commander Louis Freeman. Der Gentleman im Anzug ist Under Secretary Frank Galloway, der National Constitutional Continuity Coordinator.«

»Zuvor war ich der Under Deputy Secretary of Defense der Nuclear Arms Proliferation Control«, führte Galloway die für Außenstehende unverständliche Litanei fort. »Ich war die Nummer 126 auf der Liste potenzieller NCCCs oder amtierender Präsidenten.«

»126?«, flüsterte Januscheitis ungläubig.

»Ebenfalls anwesend ist Commander Alan Huskey, Skipper der Florida«, stellte Commander Freeman den dritten Mann vor. »Obwohl ich technisch gesehen, aufgrund verschiedenster Militärgesetze, der Leiter der Navy bin, stehe ich nach der Ernennung in diesen Rang hinter Commander Huskey, der darüber hinaus noch Kommandant eines Atom-U-Boots ist. Ich selbst habe als Commander noch kein einziges Seefahrzeug befehligt.«

»Ich verstehe, Sir.« Pellerin blinzelte.

»Sie sind gerade aus dem Schiff entkommen, Lieutenant.« Huskey hielt die Arme verschränkt. Seine Uniform war ihm ein paar Nummern zu groß und er wirkte, als sei er schon seit geraumer Zeit unterernährt. »Sind Sie sicher, dass Sie und Ihre Männer einer schwierigen Diskussion gewachsen sind?«

»Eventuell«, gab Pellerin die ehrliche Antwort.

»Antworten Sie mit ›Ja‹ oder ›Nein‹, Lieutenant«, blaffte Huskey. »›Eventuell‹ ist keine korrekte Antwort.«

»Sir ...« Pellerin klang ein wenig aufgebracht. »Es liegt nicht daran, dass ich eben erst aus einem Lagerraum gekommen bin. Ich hatte ausreichend Nahrungsmittel und Wasser. Ich ... habe die Disziplin aufrechterhalten ...«

»Ich werde die Pausen ignorieren.« Galloway lächelte gequält. »Falls Sie sich über ›Was in der Kajüte geschieht‹ Gedanken machen ...«

»Ich wundere mich über alles hier, Mr. Under Secretary. Ich sitze hier vor einem Computer und sehe ein paar Leute in schlecht sitzenden Uniformen. Soweit ich das beurteilen kann, könnten Sie alle im Rumpf dieses Schiffes sitzen. Und, ja, ich habe ein U-Boot an der Oberfläche gesehen, auch ein paar Mitglieder in Uniformen der Küstenwache. Aber ...«

»Sie sind argwöhnisch«, stellte Huskey fest. »Das ist Ihr gutes Recht. Sie haben ein U-Boot zu Gesicht bekommen. Wie viele U-Boote wären nötig, um Sie davon zu überzeugen, dass Mr. Galloway rechtmäßig der amtierende Präsident ist und ich und Commander Freeman weiterhin das gesamte militärische Personal befehligen, das mit uns in Kontakt steht? Denn, Lieutenant, das ist die gegenwärtige Lage. Hinzu kommt der Umstand, dass wir uns weiterhin in einer Sackgasse befinden. Die Wolf Squadron muss uns daraus befreien, und aus diesem Grund brauchen wir Wolf.«

Januscheitis tippte dem Navy Lieutenant auf die Schulter und gab ihm ein Zeichen mit der Hand, dass er etwas beisteuern wollte.

»Sie haben uns etwas mitzuteilen, Staff Sergeant«, sagte Pellerin kühl.

»Wie viele U-Boote gibt es hier, Sirs?«

»Ehrlich gesagt, nicht viele«, antwortete Huskey. »Die meisten davon sind ... an anderen Standorten stationiert. Oder tief unter uns. Befinden sich die meisten Angriffsboote, die uns im Atlantik zur Verfügung stehen, bei der Wolf Squadron? Ja. Es gibt keinen Grund, warum sie nicht dort sein sollten. Der Rest sorgt gewissermaßen für die Sicherheit unserer U-Boote – etwa dieses hier – und bietet, soweit das möglich ist, Schutz für bestimmte Anlagen an der Küste. Was ist noch nötig, um Sie davon zu überzeugen, dass es wieder eine Befehlskette gibt, und sei sie auch noch so kurz, Lieutenant?«

»Sir, ich ...« Pellerin brach ab, als sich die Tür der Kajüte öffnete.

»Man hat mir gesagt, dass ich hier anwesend sein sollte, Sir«, sagte der Marine Gunny. Er war dünn wie eine Bohnenstange und seine Augen glänzten, den Rücken hielt er trotzdem kerzengerade.

»Gunnery Sergeant Tommy J. Sands, Sir, melde mich zum Dienst.«

»Gunny Sands.« Januscheitis atmete erleichtert auf. »Gott im Himmel.«

»Nein, nur ein Gunny.« Sands ging zu ihm und schüttelte ihm die Hand. »Aber ich werd häufiger mit ihm verwechselt. Janu.« Er klopfte ihm auf den Rücken. »Schön, dass Sie es geschafft haben.«

»Vielen Dank, Gunnery Sergeant.« Januscheitis musste sich im Zaum halten, um nicht loszuweinen.

»Reißen Sie sich zusammen, Marine«, lachte Sands. »Tut mir leid, Sirs. Alte Angewohnheit.«

»Kein Problem, Gunny«, stammelte Pellerin. »Wir diskutieren gerade ... Wir diskutieren die Rangfolge von Personen, die angeblich der Rest der Befehlskette sein sollen. Ich halte es nicht für unmöglich, Sirs, aber ...«

»Ich denke, dass Vorsicht angebracht ist«, meldete sich Galloway trocken zu Wort. »Gunnery Sergeant, würden Sie sich an unserer Unterhaltung beteiligen?«

»Ja, Sir?«, fragte Sands skeptisch. Januscheitis war bereits aufgesprungen und winkte ihn zu seinem Sitzplatz. »Und mit wem haben wir die Ehre ...?«

»Mit dem amtierenden CNO«, antwortete Huskey. »Sie sehen Commander Freeman auf Ihrem Bildschirm. Dann ist da noch der NCCC. Kennen Sie ...«

»Das Nachfolgegesetz ist mir bekannt, Sir. Wie auch das TS-Kodizill. Under Secretary ... Galloway, nicht wahr? Sir?«

»Das stimmt, Gunny.« Galloway klang überrascht.

»Seit man mich gerettet hat, weiß ich, dass Sie im Hole sitzen, Sir. Darf ich fragen, ob sich bei Ihnen ein Marine Officer befindet, Sir?«

»Colonel Ellington.«

»Da haben sie den armen Mistkerl also entsorgt.« Sands schüttelte den Kopf.

Bei Sands’ Erwiderung zuckte Galloway zusammen. »Colonel Ellington ist ... hier neben mir, Gunnery Sergeant.«

»Tut mir leid, Sir«, entschuldigte sich Sands, als Ellington ins Bild trat. »Ich hatte niemals die Gelegenheit, es Ihnen persönlich zu sagen, aber ich war wirklich erschüttert, als ich das mit Ihrer Frau erfahren habe. Sie war einfach einzigartig, Sir. Sie ging völlig neue Wege.«

»Vielen Dank, Tommy«, sagte Ellington. »Aufgrund von allem, was derzeit vor sich geht ...«, er zögerte, »... stimme ich zu, dass neue Wege beschritten werden müssen, wenn da nicht die junge Lady wäre, die die Räumungen vornimmt ...«

»Shewolf, Sir?« Sands musste grinsen. »Dieses Mädchen jagt mir eine Heidenangst ein.«

»Sie sollten sich wirklich mal das Video ansehen, auf dem sie bei der Voyage an Bord geht. Vor allem die Stelle, an der sie über einen Notfallplan philosophiert.«

»Da hat es Bradburn von der Dallas buchstäblich vom Hocker gerissen«, schob Commander Huskey hinterher.

»Sie kennen einander«, stellte der NCCC fest.

»Der Gunny war während meiner Zeit als Maintenance Officer auf Kings Bay als Security Sergeant im Einsatz, Sir«, gab Ellington Auskunft.

»Und ich saß im Pentagon, während Sie in Prolif arbeiteten, Mr. Galloway«, sagte Sands. »Ich hab Sie gleich erkannt. Ich arbeitete damals in Colonel Grants Laden.«

»Lieutenant Pellerin.« Galloway sprach ihn direkt an. »Genügt Ihnen das hinsichtlich unserer Glaubwürdigkeit?«

»Ja, Sir«, entgegnete Pellerin. »Noch einmal, Sir, es sollte nicht respektlos erscheinen ...«

»Verstanden. Ich übergebe wieder an Commander Freeman. Commander?«

»Was die aktuelle Situation angeht«, übernahm Freeman, »ist dieses Hauptquartier offenbar als einziges nicht von der Seuche betroffen. Mit anderen amerikanischen Kommandoposten besteht kein Funkkontakt. Der Präsident der Vereinigten Staaten konnte NEACAP nicht erreichen, da die Gefahr bestand, dass die Piloten des National Emergency Airborne Command Post möglicherweise ebenfalls infiziert waren. Daher hat er sich mit einem schwer gepanzerten Bodenkonvoi auf den Weg nach Mount Weather gemacht. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört.

Beim Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten lief es ähnlich. Der wollte allerdings zum Raven Mountain und es gibt eindeutige Berichte, dass die Besatzung seines Verbands infiziert war. Mount Weather, wo ein Großteil der Kongressabgeordneten und Kabinettsmitglieder sitzt, hat eine Zeit lang geantwortet und abschließend Infektionen gemeldet und jeglichen Funkverkehr eingestellt. Der Kontakt mit Raven Mountain, dem Senatspräsidenten, der anderen Hälfte des Kabinetts und weiteren Vertretern der Regierung ist abgebrochen. Boulder: infiziert. Sunnyvale: infiziert. Ich könnte die Liste noch eine Weile fortsetzen, aber darauf verzichte ich lieber. Außer uns scheint es nichts mehr zu geben.

Wir wissen von einigen nicht infizierten U-Boot-Besatzungen auf offenem Meer. Die genaue Anzahl wird derzeit noch eruiert. Sie verfügen über begrenzte Vorräte. Alle U-Boote angeln sich quasi ihr eigenes Abendmahl.«

»Es ist wirklich erstaunlich, was man im Einsatz alles anstellen kann, wenn man sich keine Sorgen machen muss, entdeckt zu werden«, fügte Commander Huskey hinzu.

»Um die U-Boot-Besatzungen und letzten Endes irgendwann auch unsere eigene Einrichtung zu befreien, und ... sagen wir mal ... zur Rettung der Welt brauchen wir Impfstoff«, nahm Freeman den Faden wieder auf.

»Es gibt zwei Arten von Impfstoff. Einer besteht aus in Petrischalen gezüchteten Proteinen. Das ist ein ziemlich komplexer Vorgang. Der andere setzt bestimmte Materialien und eine Ausrüstung voraus, die auf dem Meer nicht zur Verfügung steht. Zumindest soweit wir wissen. Können Sie mir bislang folgen?«

»Ja, Sir«, bestätigte Pellerin.

»Für die zweite Form von Serum benötigt man unter anderem das Rückenmark eines Zombies, wenn ich mich recht erinnere, Sir«, warf Sands ein.

»Wie bitte?« Der bis dahin schweigsame Marine Lieutenant wurde unruhig.

»Das ist richtig, Gunny«, bekräftigte Freeman. »Oder einen anderen infizierten, höher entwickelten Primaten. Das CDC und USAMRIID produzieren einen solchen Impfstoff für ihre Mitarbeiter und bestimmte wichtige Regierungsbeamte aus Rhesusaffen. Leider hat es nicht für alle gereicht, die einen gebraucht hätten. Dabei werden die Viren vom Rückenmark getrennt und anschließend bestrahlt. Die Bestrahlung muss äußerst präzise erfolgen, präziser, als dies mit einem Reaktor möglich ist. Dafür braucht man also entweder ein Gerät zur Strahlentherapie oder eine bestimmte Art von Dental-Röntgengerät, außerdem spezifische Laborausrüstung und Grundstoffe. All das in Verbindung mit dem erwähnten Rückenmark erlaubt die Produktion des Serums.«

»Wolf hatte Zugriff auf diese Art von Impfstoff, bevor er die Vereinigten Staaten verließ«, erklärte Galloway. »Und jemand aus seinem direkten Umfeld, wir tippen auf seine Frau, hat bei der Herstellung mitgewirkt.«

»Oh«, raunte Januscheitis. »Das setzt eine gewisse Skrupellosigkeit voraus.«

»Zum gegenwärtigen Zeitpunkt will ich mir kein moralisches Urteil anmaßen.« Galloway atmete nervös aus. »Die Art ... wie man sich um die Infizierten ›gekümmert‹ hat, war schrecklich. Außerdem hat sich herausgestellt, dass der Virus dauerhafte Schäden hinterlässt. Es gibt keine ›Heilung‹ im eigentlichen Sinn. Das Center for Disease Control hat dies durch Tierversuche bestätigt. Die Tiere als Impfstoffquelle zu nutzen wäre im Nachhinein die um Längen bessere Entscheidung gewesen. Das ist allerdings eine Einsicht, die viel zu spät kommt. Im Vorfeld wollte niemand dieses Thema öffentlich ansprechen. Folgendes ist entscheidend: Wolf verfügt nicht nur über das Wissen zur Herstellung von Impfstoff, er hat auch einen Plan, um an die Ausrüstung und das notwendige Material zu kommen. Er war und ist ... die treibende Kraft dieser Rettungsaktion. Dabei handelt es sich um die einzige derartige Organisation dieser Art weltweit. Zumindest in dieser Größenordnung.«

»Das ist alles, Sir?« Lieutenant Pellerin konnte es kaum glauben. »Ein paar kleine Fahrzeuge und eine Handvoll Schiffe?«

»Das ist alles«, bestätigte Huskey. »Smith war einerseits geimpft und hatte andererseits ein Boot mit ausreichend Vorräten und Waffen, um an einem sicheren Ort durchzuhalten, bis die Seuche ihren Lauf genommen hatte. Es gibt auf den anderen Weltmeeren noch ein oder zwei kleine Gruppen, aber sie sind noch unbedeutender als das, womit Sie es hier zu tun haben.«

»Wir haben eben ein langes Gespräch mit dem zugegebenermaßen erschöpften Commodore geführt«, informierte Galloway die Anwesenden. »Unser Beschluss lautet, dem Commodore ein Kapitanat der U. S. Navy zu verleihen.«

»Wie war das, Sir?«, fuhr Gunny Sands dazwischen. »Ein Kapitanat, Sir?«

»Ja, Gunnery Sergeant«, bestätigte Galloway. »Das würde ihm, und dessen sind wir uns bewusst, nicht nur die Befehlsgewalt über Ihre Gruppe, sondern über alle Navy Commander auf dem Meer geben. Mr. Smith, Entschuldigung, Captain Smith, ist sich vollkommen darüber im Klaren, dass es sich um eine widersprüchliche Situation handelt. Für diese Entscheidung gibt es eine ausführliche Erklärung. Möchten Sie sie hören?«

»Ich bitte darum, Sir«, sagte Pellerin. »Das möchte ich, Sir.«

»Kennen Sie Wendell Fertig, Lieutenant?«, fragte Galloway.

»Oh.« Gunny Sands nickte. »Jetzt ergibt das Ganze einen Sinn, Sir.«

»Nein, Sir.« Pellerin legte die Stirn in Falten. »War er ein Marine?«

»Fertig war vor dem Zweiten Weltkrieg ein ziviler Bautechniker auf den Philippinen«, führte Galloway aus. »Kurz vor Ausbruch des Krieges war er einem Captain der Army direkt unterstellt. Schnell wurde er zum Major befördert und laut einigen Berichten sogar zum Lieutenant Colonel, auch wenn die Army dies nie offiziell bestätigt hat.

Nachdem die Philippinen den Japanern zugefallen waren, scharte er Guerillakämpfer um sich, erkannte aber schnell, dass diese niemals einem Major oder möglicherweise auch einem Lieutenant Colonel folgen würden. Deshalb gab er sich fortan als ranghöherer Brigadier General aus. Und es hat funktioniert. Als MacArthur landete, standen 30.000 Filipinos unter Waffen und MacArthur wurde von einer Marschkapelle begrüßt.

Alles eine Frage von sozialen Wertesystemen und Kompetenz. Verschiedene Persönlichkeiten in der Geschichte haben sich selbst als Generalissimus oder etwas Ähnliches bezeichnet. Fertig hatte tatsächlich das Zeug dazu, eine Guerillabewegung zu gründen und zu entwickeln. Allerdings war dazu auch die Autorität eines Generals erforderlich. Das Ganze war seinerzeit, ähnlich wie heute die ›Wolf Squadron‹, ein Personenkult. Eher eine Horde organisierter Barbaren als eine militärische Streitmacht. Dabei muss man viele Leute dazu bringen, Arbeiten zu erledigen, oder wie Wolf sich ausdrückt: ›aus keinem anderen Grund, als dass ich es befehle‹.

Sie sind derzeit der einzige Senior Navy Officer, der nicht in einem Gefängnis steckt. Einen ›Lieutenant Pellerin‹ kennt allerdings niemand. Aber jeder kennt Commodore Wolf. Er hat sich diesen Rang übrigens nicht selbst verliehen, sondern bekam ihn als Spitznamen von seinen Kapitänen. Und das ist das Ausschlaggebende. Mit einem tatsächlichen Kapitanat verfügt er sowohl über seinen Personenkult als auch über die rechtliche Befehlsgewalt. Außerdem ist er der einzige Mann mit einem Plan, der Erfolg verspricht, bisher jedenfalls. So weit zum Aspekt der Kompetenz. Ich will damit nicht sagen, dass dies keine Fragen aufwirft oder ein gewisses Maß an Unsicherheit auslöst. Captain Smith hat persönlich seiner negativen Einstellung gegenüber dem Kapitanat Ausdruck verliehen. Unter anderem äußerte er, dass er sich selbst auch weiterhin grundsätzlich als unabhängigen Befehlshaber betrachtet. Seine genauen Worte lauteten: ›Okay, aber ich bin keine Marionette.‹«

»Das ist ein altmodischer Ansatz«, warf Huskey ein. »Lieutenant, wir haben eine professionelle Ausbildung mit klaren Hierarchien durchlaufen. Für den Einzelnen geht es darum, sich gerade ausreichend hervorzutun. Wenn man zu sehr auffällt oder zu hohe Wellen schlägt, wird man es nie zum Captain oder sogar zum Admiral schaffen. Man muss seinen Job einfach nur professionell erledigen und auf diese Weise glänzen. Doch ... die Zeiten ändern sich. Da gab es diese Sache, die wir ›die Seuche‹ nennen, und sie hat einen Großteil der Menschheit ausgelöscht. Die Menschen brauchen jetzt jemanden, der aus der Masse herausragt. Jemanden, dem sie folgen können. Eine Legende, wenn Sie es so nennen wollen. Smith hat diese Legende erschaffen.«

»Halb Miliz, halb reguläre Streitkräfte«, steuerte Sands bei. »Eine Mischung ... wird kompliziert, Sir.«

»Die normalen Offiziere werden den Großteil der Kontrolle behalten«, erklärte Galloway. »Wir drücken ihm nicht die Schlüssel zu einem der U-Boote in die Hand, und ganz sicher wird er keinen Atomschlag befehlen können. Wie dem auch sei, die Entscheidung ist gefallen. Steven John Smith ist ab sofort ein Captain der United States Navy und bekleidet einen höheren Rang als alles, was ihm bis auf Weiteres über den Weg läuft. Sie, Lieutenant, Gunnery Sergeant, werden in Kürze unter seinem Kommando stehen. Wir müssen uns nur noch um eine Kleinigkeit kümmern.«

»Und die wäre, Sir?«, fragte Pellerin.

»Das Gesetz verlangt, dass ein Offizier von einem anderen Offizier vereidigt wird.« Huskeys Stimme war ausdruckslos. »Und da ihm keiner von uns die Hand schütteln kann ...«

Auf Anordnung des Generals, Wolf Squadron ...

Steven John Smith direkt bestellt zum Ensign, USN.

Ensign Steven John Smith befördert zum Captain, USNR.

Captain Steven John Smith, USNR, ernannt zum Commander der Atlantischen Flotte.