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In der Nähe von Rabun Gap, Georgia, Sol III

0518 EDT, 28. September 2014

Mueller rutschte den schlammigen Hang hinunter, ließ sich auf den Felssims vor der Höhle fallen und ging hinein, das Gewehr vor sich ausgestreckt.

Die Höhle, die das von Papa O'Neal so bezeichnete »Lager vier« enthielt, befand sich in einem fast senkrecht mit Bäumen bestandenen Abhang. Wie der ältere O'Neal es geschafft hatte, Dutzende und Aberdutzende großer und schwerer Kisten und Kartons in die Höhle zu schaffen, war ein Rätsel, das Mueller und Mosovich bei ihrer letzten Reise geflissentlich nicht hinterfragt hatten. Aber bei diesem letzten Besuch waren sie beim Verlassen der Höhle auch von einem wilden Posleen angegriffen worden, was Muellers Vorsicht beim Betreten der Höhle erklärte.

Die erste Veränderung, die er feststellte, war, dass da jetzt eine schwere Metalltür war; beim letzten Mal war das Versteck offen gewesen. Aber wahrscheinlich war das ganz gut, schließlich gingen gelegentlich hier Nukes ab.

Das Problem war nur, dass sich das, was sie brauchten, auf der anderen Seite der Tür befand und es auf dieser Seite keine erkennbaren Vorrichtungen gab, um die Tür zu öffnen.

Andererseits deutete das eigentlich darauf hin, dass sich auf der anderen Seite jemand oder etwas befand.

Er war müde, sein Gedankenfluss träge. Er hatte Provigil genommen, aber das hielt einen lediglich wach, die anderen Ermüdungserscheinungen, etwa die Verzögerung der Denkprozesse, schaltete das Präparat nicht aus. Jetzt drehte er das Gewehr herum und schlug mit dem Kolben gegen die Tür. »Jemand zu Hause?«

Cally fuhr in die Höhe, als sie den Lärm und die von der Tür gedämpfte Stimme auf der anderen Seite hörte. Es klang wie ein Mensch, aber sie konnte die Möglichkeit nicht ganz ausschließen, dass es lediglich ein sehr raffinierter Posleen war.

Sie nahm ihre Steyr und ging zu Tür. »Wer ist da?«

»Cally?«

»Yeah, wer ist da?«

»Mueller! Mach auf.«

Sie setzte die Waffe ab und zog die Tür auf, bemühte sich dabei um einen gefassten Gesichtsausdruck.

Mueller sah sie bloß einen Augenblick an und drückte sie dann mit beiden Armen an sich.

»Herrgott im Himmel! Wir waren sicher, du wärest tot.«

Cally wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, als die anderen herunterkamen und sich durch die Tür ins Innere der Höhle schoben. Sie drückte sie nacheinander an sich.

»Wendy, du hast es geschafft!«

»Das verdanke ich meinem Glück und einigen verrücktem Zeug«, erwiderte die junge Frau und drückte zurück. »Papa?«

Cally schüttelte bloß den Kopf, wischte erneut an ihren Tränen und wunderte sich dann über den starren Ausdruck der unbekannten jungen Frau, die als Letzte durch die Tür gekommen war.

Wendy drehte sich um und sah sie an. »Shari…«

»Shari?«, fragte Cally. Die Frau im Eingang war etwa halb so alt wie die, die ihre Farm besucht und sich sofort in ihren noch älteren Großvater verliebt hatte. Aber das Gesicht… »Shari?! Du lieber Gott, Shari…«

»Ist schon gut, Liebes«, erwiderte die Frau mit versteinerter Miene leise. »Irgendwie sterben wir alle einmal.«

»Nein, es ist nicht gut!«, sagte Cally und ergriff ihre Hände. »Wir haben… wir haben gerade geredet, als die Posleen angegriffen haben. Er… wir haben uns wirklich gefreut, dass du zu uns kommen und bei uns leben willst. Ich auch. Ich… es tut mir so schrecklich Leid!«

»Ich denke, eigentlich sollte ich dich trösten«, sagte Shari und fing zu weinen an. »Nicht umgekehrt.«

»Wir müssen die Kinder schlafen legen«, sagte Elgars ausdruckslos. »Darüber können wir dann später reden.«

Cally zeigte ihnen Kartons mit Decken und Ponchos und schaltete dann ein elektrisches Heizgerät ein; für sie war die Höhle durchaus erträglich gewesen, aber die Kinder waren erschöpft und froren. Alle Kinder, auch Billy, schliefen, gleich nachdem sie sich hingelegt hatten, ein, nachdem man sie vorher in trockene Kleidung gesteckt hatte.

»Wie sind Sie hierher gekommen?«, wollte Cally wissen.

»Zu Fuß«, erklärte Mueller und zog sich stöhnend die Stiefel aus. »Die Kinder waren die letzten fünf Meilen so gut wie tot; wir mussten sie tragen.«

»Es gibt eine Menge zu erzählen«, erklärte Wendy. »Aber zuerst einmal – wie bist du denn hierher gekommen? Weißt du eigentlich, was dort draußen los ist?«

»Als der Angriff echt schlimm wurde, sind wir in den Bunker gegangen«, erwiderte Cally mit schleppender Stimme; es fiel ihr offensichtlich schwer, das Erlebte zu erzählen. »Da waren Posleen im Tal und… fliegende Untertassen über uns. Und als dann der Lander auftauchte, hat Papa mir gesagt, ich solle in den Schutzraum gehen. Er wollte sofort nachkommen. Dann gab es einen grellen Blitz. Ich stand unter der Tür zum inneren Schutzraum, und der Blitz hat mich, denke ich, irgendwie hineingeblasen. Als ich wieder zu mir kam, war der Hauptgang hinter mir eingestürzt. Und als ich dann wieder klar denken konnte, ging ich durch den Seitengang hinaus; dort war auch ein Teil der Decke eingestürzt, aber ich konnte mich durchzwängen. Das Tal war… völlig platt gedrückt. Das muss ein Nuke gewesen sein oder so was. Der Lander und die Posleen waren nicht mehr zu sehen, und die Schlacht im Gap hatte anscheinend aufgehört, was ich ziemlich schlimm fand. Ich habe mich schnell umgesehen, aber alles war einfach… weg. Dann ging ich zum Bunker und da fand ich… also, ich konnte den Schutt kaum bewegen, aber ich habe Papas Hand gefunden. Sie war kalt.« Cally hielt inne und schüttelte den Kopf.

»Ich werde jetzt nicht heulen wie ein Baby, weil mein Großvater t-t-tot ist«, stieß sie hervor, schluchzte aber dabei. »Über fünf Milliarden Menschen sind in den letzten Jahren auf diesem jämmerlichen Globus gestorben, da werde ich nicht über einen mehr weinen!«

»Doch, das wirst du«, sagte Shari und beugte sich vor und nahm sie in die Arme. »Du weinst nicht für ihn, du weinst für dich selbst und dafür, dass es ihn nicht mehr gibt.« Shari wischte sich die Augen am Haar des Mädchens ab. »Du weinst für das, was du verloren hast.«

»Ich will ihn wieder haben!«, schrie Cally plötzlich. »Er hätte nicht sterben sollen! Ich habe ihn gebraucht

»Ich will ihn auch wieder haben«, sagte Shari. »Ich brauche ihn auch.«

»Der Mistkerl hat mich einfach mitten in einem gottverdammten Atomkrieg verlassen«, sagte sie schluchzend.

»Na ja, so kann man das auch sehen«, meinte Mueller und rührte in einem Topf, der eine breiige Masse aus tiefgekühlten Nudeln und Hühnchenfleisch enthielt.

»Wie sonst?«, brauste Cally auf.

»Ich habe immer gewusst, dass der alte Knabe ein harter Brocken ist, und da habe ich Recht gehabt; es hat ein Nuke gebraucht, um ihn zu erledigen.«

»Oh Mueller«, sagte Cally und schmunzelte im Schluchzen.

»Wir gehen hinunter und sehen uns die Leiche an«, sagte Wendy und setzte sich auf.

»Warum?«, wandte Elgars ein. »Da hinunter zu gehen, um eine Leiche zu bergen, die die Posleen wahrscheinlich schon aufgefressen haben, scheint mir keine besonders gute taktische Maßnahme zu sein.«

Shari fuhr herum und funkelte den weiblichen Captain an, aber Mosovich beugte sich vor und legte ihr die Hand auf den Arm. »Captain, eine gute taktische Maßnahme ist es nicht, aber in anderer Hinsicht ist es gut. Die besten Einheiten lassen unter keinen Umständen jemanden zurück, ob er nun lebt oder tot ist. Man kann zu Fuß in einer Viertelstunde hinkommen. Bei der Gelegenheit können wir uns auch das Tal näher ansehen. Aufklärung gehört mit zu unserem Einsatzauftrag.«

Elgars runzelte die Stirn und nickte dann. »Okay, genehmigt. Falls die Sicherheitslage es erlaubt. Aber jemand muss hier bleiben, die Festung bewachen und auf die Kinder aufpassen; die nehmen wir nicht mit.«

»Das übernehme ich«, sagte Shari.

»Ich sehe, dass du bewaffnet bist«, sagte Cally und wischte sich die Augen und wechselte bewusst das Thema. »Und du kannst anscheinend jetzt auch mit Waffen umgehen. Ich nehme an, ihr habt unterwegs Kämpfe erlebt?«

»Die SubUrb ist hin«, sagte Wendy als Antwort darauf. »Wir sind durch eine Indowy-Anlage im Kellergeschoss rausgekommen, genauer gesagt in der Hydroponik-Abteilung. Dort waren ein paar… höchst seltsame Anlagen.« Sie deutete auf Shari.

»Und ich habe einiges erfahren, was meine wunderbare Wiedergeburt teilweise erklärt«, fügte Elgars trocken hinzu. »Offenbar hat diese Anlage mich ›neu aufgebaut‹.«

»Und dich auch?«, fragte Cally Shari.

»Ich habe unterwegs einen schlimmen Treffer abbekommen«, erwiderte die.

»Einen Nadelbolzen durch die Wirbelsäule«, erläuterte Wendy. »Von hinten nach vorn. Sehr blutig.«

»Ich bin in einer blauroten Kammer aufgewacht«, fuhr Shari fort. »Und sah so aus.« Sie deutete an sich herab.

»Du siehst… gut aus«, sagte Cally und musste erneut mit den Tränen kämpfen.

»Was?«

»Ich dachte gerade… wie es Papa gefallen würde, dich so zu sehen«, sagte Cally wieder ganz gefasst.

»Oh, er hat mich auch so gemocht«, meinte Shari und schüttelte den Kopf. »Eigentlich erstaunlich.«

»Ich habe das nie kapiert«, meinte Mueller und schüttelte ebenfalls den Kopf. »Der älteste Knabe von allen, und er kriegt das Mädchen, jetzt seh sich einer das an – vier Frauen in dieser Höhle, und ich muss kochen!«

»Wo habt ihr denn diese beiden Schmarotzer aufgegabelt?«, fragte Cally dann Wendy.

»In der Nähe von Coweta Hydrological«, lachte die. »Ich war gerade in einen Fluss gefallen. Da lag ich, patschnass, und habe versucht, meine Waffe so zu halten, dass sie nicht auch nass wird; muss wirklich ein klasse Anblick gewesen sein. Und Mueller hat dem natürlich sofort zugestimmt.«

»Wir hatten den Auftrag, die Posleen zu beobachten«, sagte Mosovich. »Aber die haben sich schneller bewegt, als wir das konnten, und dann waren die Straßen nach Norden plötzlich abgeschnitten. Ich dachte, wenn wir uns hier versorgen könnten, sollte es möglich sein, der Tennessee-Wasserscheide quer durch North Georgia zu folgen und einen der anderen Pässe zu finden, die noch gehalten haben, und von dort aus vielleicht jemanden aufzugabeln, der uns in freundliches Territorium zurückfährt.«

»Bis uns dann klar war, wie heiß die ganze Gegend war, waren wir bereits zu nahe, um noch umzukehren«, fuhr Wendy fort und deutete mit ihren Händen eine pilzförmige Wolke an. »Und die Kinder brauchten etwas, um sie vor dem Wetter zu schützen; hier draußen ist es inzwischen recht unangenehm geworden.«

»Also hier gibt es genug«, erwiderte Cally. »Proviant, Decken, sogar Rucksäcke. Und Munition auch und Sprengmaterial, bloß keine Waffen.«

»Waffen haben wir«, erklärte Mosovich. »Auch ungefähr so viel Munition, wie wir vernünftigerweise tragen können. Bloß an Proviant und warmen Sachen hapert es.«

»Dann werden wir also hier weggehen?«, fragte Cally.

»Das müssen wir wahrscheinlich«, nickte Jake. »Eine GKA-Einheit hält das Gap, die Einheit deines Dad übrigens, aber… ich weiß nicht, wie lange sie die halten können, und selbst wenn sie sie halten, wüsste ich nicht, wer sie ablösen könnte. Es gibt einen Infanterieverband in Dillsboro, und dort oben steht auch ein ziemlich zerbröseltes SheVa-Geschütz rum. Aber dazwischen ist nichts.« Er zuckte die Achseln. »Ich denke, die Einheit deines Dad wird nicht sehr viel ausrichten können.«

Cally nickte nachdenklich, sah dann Mosovich an und schüttelte den Kopf. »Über Dad will ich mir jetzt keine Sorgen machen. Ich denke, der war schon in mehr ›unmöglichen‹ Situationen als irgendjemand sonst auf der Welt, und er kommt immer lebend durch. Vielleicht sonst niemand in seiner Einheit, aber er schon. Ich denke, er könnte dort sterben, ich würde nicht unsere Farm… nein, die gibt's ja nicht mehr, ich wollte gerade sagen, ich würde nicht unsere Farm darauf wetten, aber wenn jemand an hundertfünfzig Hektar radioaktiver Wüste interessiert ist…«

»Äh, weil wir gerade von deinem Dad sprechen«, sagte Mueller. »Wir haben AIDs. Möchtest… du könntest mit ihm reden, wenn du willst.«

»Das ist eine interessante Idee«, sagte Cally. »Aber ich will ihm nicht lästig fallen.« Selbst in der mit Beton verstärkten Höhle konnte man das Krachen von Explosionen in der Ferne mehr fühlen als hören. »Sagt… lasst ihn einfach wissen, dass ich am Leben bin.«

»Major O'Neal?«

Mikes Arm fing tatsächlich an zu ermüden. Er wurde zwar hauptsächlich von seinem Panzer gestützt, aber ihn ständig so hochzuhalten, wurde allmählich mühsam. Und inzwischen schrumpfte nicht nur der Energievorrat, auch die Munition wurde allmählich knapp. Die tropfenförmigen Geschosse waren winzig, und im Gegensatz zu den Energiepacks war der größte Teil der Munition auch bei ihnen eingetroffen. Aber mittlerweile hatten sie bereits über sechzig Millionen Schuss verbraucht; die Anzüge hatten daher bereits einmal, in einem Fall sogar zweimal, ihre Vorräte ergänzen müssen. Aber das bedeutete keineswegs, dass dem Feind auch schon die Zentauren ausgingen.

»Ja«, fragte er müde. »Was gibt es denn wieder für eine Schreckensmeldung?«

»Überhaupt keine Schreckensmeldung, Sir, eher gemischt. Cally O'Neal lebt. Sie ist mit Sergeant Major Mosovich vom Fernaufklärungsteam von Fleet Strike in Kontakt, und sie und einige andere Flüchtlinge befinden sich in einem Unterschlupf nahe bei der Farm Ihres Vaters.«

»Und Dad?«, fragte Mike, der schon ahnte, warum die Nachricht als »gemischt« bezeichnet wurde.

»Ihr Vater dürfte tot sein, Sir«, sagte das AID ausdruckslos.

Mike runzelte die Stirn über den ungewohnten Tonfall und die Formulierung. »Dürfte?«

»Ja, er wurde zuletzt in einem Bunker nahe bei der Explosionsstelle eines Landers gesehen.«

Wieder dieser eigenartige apathische Tonfall. Mike hatte schon bemerkt, dass die AIDs alle so sprachen, wenn sie auf eine Sicherheitsbarriere stießen – da wurden sie nämlich in erstaunlichem Maße zu Nicht-Kommunikationsgeräten.

Mike kam einiges in den Sinn, was er gerne gesagt hätte, aber er ließ es bleiben. »Wie viele lebende Personen in diesem Unterschlupf? Und gibt es irgendwelche Transportmöglichkeiten?«, fragte er schließlich.

»Fünf Erwachsene, und, nein, bei dem Atomschlag ist alles zerstört worden.«

»Mhm…« Er blickte auf die Energiekurve und schüttelte den Kopf. »Gib mir General Homer.«

»Jack, ich bin's, Mike.«

Der Major und der General kannten einander schon länger, als ihnen lieb war, aber die familiäre Anrede war ein Zeichen der Beleidigung, nicht des Respekts; Mike O'Neal hatte dem General noch nicht verziehen, dass er ihn in einen aussichtslosen Einsatz geschickt hatte, und dass das ein solcher war, wurde immer deutlicher.

»Ja, Major?« Jack Homer war ein schlanker, hoch gewachsener Mann mit kalten blauen Augen, die sein scheinbares Alter Lügen straften. Er schaltete das AID so, dass es ein Hologramm der Schlacht an der Rabun-Lücke zeigte, und schüttelte den Kopf; das Bild zeigte eine endlose, rote Flut, die bis an die Ränder des Bildfelds reichte.

»Wir haben ein kleines Problem«, sagte Mike.

»Das sehe ich.«

»Oh, die Posleen sind es nicht. Nachdem sie ein paar ganz raffinierte Tricks ausprobiert haben, kommen sie jetzt auf die alte Tour, und wir halten sie auf dieselbe alte Tour auf. Wir erleiden Verluste, aber hauptsächlich was die Waffensysteme angeht. Nein, das Problem ist, dass wir nur noch für etwa drei Stunden Saft haben.«

»Was?«

»Ich gebe Gunny Thompson dafür die Schuld«, sagte Mike locker.

Jack brauchte eine Weile, bis er sich erinnerte, wen Mike damit meinte. Gunny Thompson war zusammen mit einem Web-Entwickler namens Michael O'Neal und General Jack Horner Mitglied des Entwicklungsteams für das GKA-Waffensystem gewesen.

»Wieso Gunny Thompson? Das letzte Mal, als ich von ihm gehört habe, war der auf Barwhon, oder?«

»Na ja«, meinte Mike und seufzte dabei. »Er wollte eine Strahlenwaffe, und ich sah in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Technologie lediglich die Möglichkeit für einen Gravkarabiner, der so schnell schießt, dass es wie eine Strahlenwaffe aussieht. Das Problem dabei war natürlich, dass Gunny Thompson der Ansicht war, es sei ein Energiefresser.«

»Sie setzen Ihre Karabiner so lange ein?«, fragte Jack. Selbst in den heißesten Schlachten ertrugen es die Posleen gewöhnlich nur höchstens eine Stunde, von den Gravkarabinern zu Hackfleisch verarbeitet zu werden; dann zogen sie sich in der Regel zurück.

»Wir haben keine Artillerie, um sie aufzuhalten, Jack«, erwiderte Mike. »Die liegen einfach haufenweise herum, und die Haufen werden buchstäblich immer höher. Und sie kommen auch nicht voran, sie bleiben einfach liegen und stapeln sich. Es ist… es ist verrückt, selbst für die Posleen.«

»Vielleicht nicht«, erwiderte Horner. »Vielleicht…«

»Vielleicht wissen sie, dass wir ein Energieproblem haben?«, fragte Mike. »Gibt es da etwas, das Sie mir verschweigen? «

»Na ja, ich habe neulich einen Geheimdienstbericht bekommen, in dem angedeutet wurde, dass die Posleen möglicherweise, ich wiederhole, möglicherweise das AID-Netz abhören können.«

»Dann… hören die auch dieses Gespräch ab?«, sagte Mike. »Das erklärt den Hinterhalt.«

»Welchen Hinterhalt?«

»Als wir hier landeten, sah es so aus, als ob die Posleen uns erwarteten, aber sie haben ihr Feuer auf die Nachschub-Shuttles konzentriert. Und deshalb ist unsere Reserveenergie beim Teufel.«

»Ein weiteres Indiz«, erwiderte Jack und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Es war weiß gewesen, aber dann, nach der Verjüngung, wieder schwarz geworden. Jetzt begann es an den Schläfen erneut weiß zu werden. Und physisch war er jetzt etwa zwanzig. Dieser Job machte einen früh alt.

»Was zum Teufel sollen wir denn tun, wenn die das AID-Netz abhören können? Ich kann doch nicht mein AID abschalten, das steuert doch meinen verdammten Anzug

»Ich werde darüber nachdenken. Sagen Sie mir unterdessen, wie Sie das Energieproblem lösen wollen.«

»Es gibt hier in der Nähe ein Lager, eines, das nicht im Netz ist, wie mir gerade einfällt«, erwiderte Mike. »Dort liegt Munition und ein Energiepack, Standard-Munition mit eigener Energie.«

»Auch aus der Zeit, als Sie Verstecke angelegt haben?«, fragte Horner.

»Richtig. Und jetzt meine Frage: Sind noch irgendwelche schweren Waffen verfügbar? Ist das SheVa bewegungsfähig?«

»Und Sie wollen eine direkte Antwort?«, fragte der General zurück.

»Ja.«

»Ich weiß es nicht. Das SheVa ist außer Reichweite und wird das auch noch ein paar Stunden sein. Und sonst ist mir nichts bekannt.« Horner lächelte breit, ein sicheres Anzeichen, dass er sich über irgendetwas ärgerte. »Normalerweise würde ich jetzt mein AID fragen, weshalb ich den Eindruck habe, dass unsere Feinde möglicherweise besser darüber informiert sind als wir, wozu wir imstande sind und wozu nicht.«

»Wenn sie in unser Netz eingedrungen sind«, erwiderte Mike.

»Ja.« Horner sah sich in seinem provisorischen Hauptquartier um und war sich plötzlich darüber im Klaren, dass das AID alles sehen konnte, was er sah. Die höheren Offiziere in den menschlichen Streitkräften verließen sich inzwischen hundertprozentig auf die Systeme, und wie es jetzt aussah, war das gar nicht gut.

»Wer wird uns also ablösen kommen?«, fragte Mike verbittert. »Ich glaube mich zu erinnern, wie Sie mir versprochen haben, dass in Kürze die Zehntausend ausrücken würden. Aber wie ich feststelle, sind die immer noch in Virginia.«

Horner lächelte dünn. »Ich habe Verbände in Bewegung gesetzt. Der Feind ist an einer ganzen Anzahl von Orten an der ganzen Ostküste durchgebrochen, Major. Das hier ist nicht der einzige Notfall, mit dem ich mich auseinander setzen muss. Ich musste die Zehntausend auf einen größeren Durchbruch im Shenandoah-Bereich ansetzen. Ich weiß, dass Sie der Ansicht sind, Ihr Bataillon hätte Vorrang, aber wenn ich es mit einem Durchbruch zu tun habe, der genau auf den Standort zielt, wo sechs SheVas fast fertig gestellt sind und im Übrigen auch noch zwei SubUrbs liegen, muss ich entscheiden, wo ich meine Kräfte einsetze. Und in diesem Fall haben die Zehntausend den Befehl, die Front zwischen den Posleen und den SubUrbs zu halten, Major. Es gibt aber auch eine gute Nachricht; man hat mich informiert, dass ein Aufklärungsteam von der Barwhon-Flotte abgeordnet worden ist. Ich weiß nicht, wie groß die Gruppe ist und welche Prioritäten man ihr mit auf den Weg gegeben hat, aber vielleicht bekommen wir von denen etwas Unterstützung.«

»Schön, also was ist effektiv zu uns unterwegs, General? Sicher? Nicht irgendwelche ›Aufklärungsverbände‹, die vermutlich doch bloß aus einer Fregatte und einer Drohne bestehen.«

»Sie können selbst Ihr AID lesen, Major.«

»Sie haben eine Division Loser abgeordnet. Die konnten den Balsam-Pass nicht einmal von der einfachen Seite aus nehmen. Und ein SheVa-Geschütz, für das das Minimum an Reparaturzeit fünf Tage beträgt. Würden Sie mir also bitte sagen, wer hier die Kavallerie spielen wird? General?!«

»Die werden kommen«, quälte sich Horner ab. »Allerhöchstens vierundzwanzig Stunden, nachdem die Reparaturen an dem SheVa abgeschlossen sind. Und das wird irgendwann morgen der Fall sein… heute. Bald.«

»Freut mich zu hören, General, aber ›irgendwann morgen‹ wird viel zu spät sein. Ich sage Ihnen jetzt, was ich tun werde. In etwa drei Stunden werde ich diese Position verlassen und den Ring der Gäule aufbrechen. Wir müssen hier einfach raus!«

»Das können Sie nicht tun, Major«, ereiferte sich Horner.

»Das kann ich und das werde ich. In drei Stunden sind wir nämlich so weit, dass wir mit Felsbrocken werfen müssen. Ich habe schon mal Felsbrocken auf die Posleen geworfen, aber das war damals nicht meine primäre Angriffsmethode. Soweit meine Scouts das feststellen können, sind die Posleen-Verbände praktisch endlos. Falls wir zu dem Versteck durchbrechen können, falls habe ich gesagt, und falls Sie irgendwo Artillerieunterstützung auftreiben, falls sage ich noch einmal, können wir das Gap zurückerobern. Und mit dem Material, das wir dann haben, werden wir es weitere etwa zwölf Stunden halten können. So wie es jetzt aussieht, werden wir noch etwa sechs Millionen Posleen töten können, ehe wir kampfunfähig sind und überrannt werden. Und das, denke ich, sollte selbst für Sie genug sein.«

»Wenn Sie das Versteck nicht erreichen, weil die Posleen Sie daran hindern, oder wenn Sie den Pass nicht zurückerobern können, kippt die ganze Ostfront.«

»Yo, also sollten Sie uns vielleicht zusätzliche Artillerieunterstützung besorgen, finden Sie nicht, General?«

»Major O'Neal hat die Verbindung beendet«, teilte das AID ihm mit.

Homer nickte nur und lächelte breit. Im Hauptquartier war es während des Gesprächs, das alle hatten mithören können, bemerkenswert ruhig geworden, und das blieb es jetzt auch, da jeder ganz genau wusste, was dieser Gesichtsausdruck bedeutete.

»Colonel Nix«, rief Horner.

»Yes, Sir.« Der Mann war schmächtig, trug eine Brille und war im Begriff, eine Glatze zu bekommen, weil er noch nicht das Alter erreicht hatte, das für Verjüngungsbehandlung festgelegt worden war. Seine Uniform wirkte ein wenig zerknautscht; aus seiner Brusttasche ragte ein Bleistift. Sämtliche weiteren Taschen waren mit irgendwelchem Zeug voll gestopft. Ein Blick auf ihn genügte, um ihn als Computerfreak einzustufen. Und das entsprach auch durchaus den Tatsachen, nur dass man ihm das Ausmaß seiner Freakeigenschaften nicht ansah. Colonel Nix war kein gewöhnlicher Computerfreak, er war ein Super-Über-Freak.

Sein offizieller Titel lautete »Sonderassistent des CONARC für Informationssicherheit«. Er hatte als Erster den Hackerangriff auf das Zehnte Korps konstatiert, hatte erkannt, wie es dazu gekommen war und was dagegen zu unternehmen war. Seit damals hatte Hor-ner sichergestellt, dass Nix ständig in Reichweite war, mit der Folge, dass Nix entweder weitere Hackerangriffe zunichte gemacht oder sie bereits entdeckt hatte, ehe sie sich zu einer Gefährdung hatten auswachsen können. Homers Fähigkeiten im Umgang mit einem Computer reichten gerade so weit, dass er ein Dokument verfassen konnte, und er vertraute diesem Super-Freak blind.

»Sagen Sie mir, warum Sie der Ansicht sind, dass das AID-Netz kompromittiert ist«, sagte Horner lächelnd und ohne den Blick von der Wand zu wenden.

»Wie ich schon sagte, Sir, es gab Hinweise, die bis zu den Schlachten mit der Elften GKA-Division in Nebraska zurückreichen, dass die Posleen entweder allwissend sind oder die Post der Elften lesen«, erwiderte der Colonel. »Die Darhel garantieren, dass die AID-Kommunikation sicher ist, und soweit ich weiß, hat sie bis jetzt auch noch keine menschliche Gruppe geknackt. Aber sie haben uns auch garantiert, dass wir materiell unterstützt werden würden. Sie haben eine Menge Garantien abgegeben, die dann nicht standhielten. Ich habe keine harten Daten, Sir. Meine Einschätzung kommt eher aus dem Bauch, Sir, aber…«

»O'Neals Bataillon ist allem Anschein nach bei der Landung in einen Hinterhalt geraten«, erwiderte Horner. »Die Posleen haben ganz speziell die Shuttles mit dem Nachschub aufs Korn genommen.«

»Das passt ins Bild, Sir«, sagte der Colonel und runzelte dann die Stirn, als sein Blick auf das Gerät fiel, das der General am Handgelenk trug. »Äh, Sir…«

»Mir ist wohl bewusst, dass denen das wahrscheinlich bekannt ist, Colonel«, erwiderte der General mit gerunzelter Stirn. Das bedeutete, dass er das alles äußerst erheiternd fand. »Die wissen, dass wir wissen, was sie wissen.«

»Ja, Sir.«

»Es ist vermutlich nicht machbar, einfach die Sendungen zu reduzieren, aber genau das werden wir tun. Schaffen Sie mir dieses Ding weg«, fuhr er fort und reichte Nix das Gerät. »Legen Sie es irgendwo in einen Safe, möglichst weit weg von hier, und besorgen Sie mir ein Telefon. Ich muss ein paar Telefonate führen.«

»Und was machen wir mit den GKA, Sir?«, fragte Nix. Alle hatten das Gespräch mit angehört.

»Wir werden nicht vor einem AID darüber diskutieren, was wir bezüglich der GKA unternehmen werden«, sagte Horner und lächelte dabei verkniffen. »Das ist das Erste, was wir für die GKA tun werden.«

»Ja, Sir.« Nix hielt kurz inne. »Und das Zweite?«

»Rufen Sie das SheVa an.«

»Aus den Federn, Pruitt.«

Als die Crew SheVa Neun übernommen hatte, hatte Pruitt keine Ahnung von SheVa-Geschützen gehabt, trotzdem war er schnell dahinter gekommen, dass das System einen für ihn entscheidenden Konstruktionsfehler hatte. Die Mannschaftsquartiere waren zwar im Vergleich zu denen normaler Panzerfahrer mehr als großzügig, ja geradezu luxuriös, aber sie befanden sich viel zu weit entfernt im Turm. Das bedeutete, dass man wie ein Irrer durch dreißig Meter Flur rennen und dann hintereinander zwei Leitern hinaufklettern musste, ehe man in Gefechtsposition war. Meistens störte das gar nicht so sehr, aber in den letzten zwei Tagen, in denen sie fast ständig in Kampfhandlungen verwickelt gewesen waren und jederzeit Posleen-Schiffe auftauchen konnten, war das das sichere Rezept für eine Katastrophe gewesen.

Und dann konnte er sich in seinem Sessel nicht aufs Ohr legen. Aus irgendwelchen Gründen hatten die Bodenstreitkräfte es nicht für notwendig gehalten, die Stühle mit einer Kippvorrichtung auszustatten. Er hatte Gerüchte gehört, dass manche sie selbst umgebaut hatten, aber dazu hatte er weder Zeit gehabt noch die Neigung verspürt. Außerdem hatte er eine bessere Idee.

Es war gar nicht so leicht gewesen, eines der zahlreichen Geschäfte für »Militärbedarf« aufzusuchen, wie sie auf jedem Stützpunkt praktisch über Nacht aus dem Boden schossen; die Einsatzleitung hatte es verdammt eilig gehabt, das SheVa wieder zum Einsatz zu bringen. Aber schließlich hatte er es doch geschafft und sich dort ein paar Dinge besorgt, von denen er glaubte, dass sie nützlich sein könnten. Und eines dieser Dinge benutzte er im Augenblick.

Pruitt wälzte sich in der Hängematte zur Seite und krächzte: »Lasst mich in Ruhe.«

»Kommen Sie schon, Pruitt.« Indy stupste ihn hart in die Rippen. »Posleen-Lander am Horizont.«

Es war, als ob sie ihn mit einem elektrischen Rinderpiekser berührt hätte; Pruitt war auf den Beinen und die halbe Treppe in die Kommandozentrale hinauf, ehe ihm überhaupt bewusst wurde, dass er auf den Beinen war. Und das Gelächter hinter sich registrierte.

»Das war ein Witz, Schlafmütze«, lachte Indy. »Aber wir müssen losfahren.«

»Was? Jetzt?« Er sah auf seine Uhr und schüttelte benommen den Kopf. »Sechs Stunden? Sind die mit den Reparaturen etwa schon fertig?«

»Nicht ganz, aber wenn wir nicht schleunigst losfahren, ist das egal.«

»Warum?«

»Na, sagen wir einfach, dass es einfach ziemlich beschissen ist, bei den GKA zu sein.«

»Okay, General Keeton hat mich auch geweckt.« Major Mitchell sah aus, als ob er überhaupt keinen Schlaf bekommen hätte. Tatsächlich hatte er beinahe drei Stunden geschlafen. Aber nach zwei Tagen ständigem Kampfeinsatz war das praktisch nichts. Es hatte ihn eher noch benommener gemacht.

Die Besprechung über den Einsatz des SheVa in dem Gegenangriff fand in der Kommandozentrale statt; das war einer der wenigen Plätze, die dafür groß genug waren. Und dann gab es auch Projektionsbildschirme, um den Plan anzuzeigen, und genügend Stühle und Simse, dass jeder sich setzen konnte.

Neben der Crew des SheVa waren Captain Chan, ihr ranghöchster Sergeant und Mister Kilzer vertreten. Alle mit Ausnahme Kilzers sahen so aus, als schliefen sie noch halb. Kilzer andererseits hetzte herum wie ein hyperaktiver Hamster.

Mitchell gähnte und zeigte auf die projizierte Karte. »Die GKA haben bei der Landung mächtig Zunder bekommen, und jetzt wird ihre Energie knapp. In zwei Stunden müssen sie das Gap verlassen und sich Energienachschub besorgen. Anschließend müssen sie das Gap zurückerobern, den Stöpsel wieder in die Flasche stecken.

Um das Gap zurückzuerobern, brauchen sie Nukes. Und jetzt dürfen alle raten, wer im Umkreis von fünfhundert Meilen als Einziger Nukes besitzt?«

Reeves hob die Hand. »Major, selbst wenn da keine Posleen dazwischen wären…«

»Die Schätzung lautet auf eins Komma zwei Millionen…«

Der sonst recht wortkarge Fahrer schluckte und nickte dann. »Ja, Sir, aber selbst wenn die nicht da wären, könnten wir doch nicht so weit fahren in wie viel…?«

»Wir müssen in…« Mitchell sah auf die Uhr, »sechseinhalb Stunden in Franklin sein.«

»Unmöglich–«, stieß Pruitt heraus. »Wir haben… wie viel… ? fast einen Tag gebraucht, um von Franklin hierher zu kommen.« Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Sir.«

»Trotzdem…« Mitchell zeigte der Gruppe in der Kommandozentrale ein kaum wahrnehmbares Lächeln. »Hat einer schon einmal gehört, wie man bestraft wird, wenn man seine Sache besonders gut macht?«

»Schon gut, Sir«, sagte Indy. »Schwieriges erledigen wir sofort. Dank Mister Kilzer«, sie nickte dem Konstrukteur zu, der kurz zurücknickte, »… und der Brigade sind wir fast repariert und in nennenswertem Umfang neu mit Waffen ausgestattet. Aber das Unmögliche dauert. Wir müssen entweder über den Rocky-Knob-Pass fahren oder über den Betty – Gott steh uns bei, wenn es der Betty ist –, um zu den Kämpfen zu kommen. Und wir können ja schließlich diese Steigungen nicht hinauf- und hinunterrasen.«

»Also, so wie ich das gehört habe, haben Sie ja einige Erfahrung, das in Schussfahrt zu erledigen«, sagte der Konstrukteur und grinste.

»Bitte –«, brauste Pruitt auf. »Sie waren nicht dabei, sonst würden Sie jetzt nicht lachen. Und, Sir, da wäre noch die Kleinigkeit von eins Komma zwei Millionen Posleen.«

»Wir haben immer noch volle Atomschlagfreigabe«, erklärte Major Mitchell mit ernster Stimme. »Und wir haben neue Munition bekommen.«

»Schön, wir können die Konzentrationen treffen, die nicht in Kontakt mit menschlichen Verbänden sind, Sir«, meinte Pruitt durchaus vernünftig. »Aber was ist mit denen, die in Kontakt sind?« Er deutete auf die Karte, wo sich auf halbem Weg zum Rocky-Knob-Pass eine blaue und eine rote Linie praktisch schnitten. »Die Posleen können wir nicht gut mit Nukes bepflastern.«

»Nein, aber angreifen können wir sie«, schaltete sich Kilzer ein.

»Oh, wenn das nicht eine gute Idee ist!«

»Nein, ganz im Ernst. Das war der ganze Sinn des Umbaus. Sie haben jetzt vorne mehr Panzerung als ein M-1A4; vorne kann Ihnen Feuer aus Plasmageschützen praktisch überhaupt nichts anhaben, und selbst die meisten HVM-Treffer…«

›»Praktisch‹?«, unterbrach Indy. »Die ›meisten‹?«

»Außerdem ist da noch die Spritzkanone. Auf die Weise steigert sich Ihre Überlebenschance um mindestens zehn Prozent…«

»›Praktisch‹?«, insistierte Pruitt mit weit aufgerissenen Augen.

»Ach, seien Sie doch kein Baby«, wies ihn Paul zurecht. »Auf der ganzen Welt gibt es nichts, was massiver gepanzert ist als dieses Ding hier; verhalten Sie sich gefälligst auch so!«

Mitchell packte Pruitt am Kragen, als der aus seinem Stuhl in die Höhe schoss, aber der Zivilist hatte allem Anschein nach gar keine Ahnung, was er gerade gesagt hatte. »Mr. Kilzer, wir haben auf diesem Rückzug mehr Abschüsse gemacht, als alle SheVas zusammengenommen, ganz zu schweigen in einem einzigen Gefecht. Wenn einer von uns also ›ein Baby‹ ist, dann hat das vermutlich gute Gründe.«

»Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie aus allen Rohren schießend dort hineingehen sollen«, argumentierte Paul. »Obwohl…«

»Nein«, herrschte Indy ihn an.

»Okay, okay, aber wir werden der bereits in Kontakt befindlichen Division Feuerunterstützung geben, die durch den Rocky-Knob-Pass ziehenden Verbände neutralisieren und dann sprungweise mit der Division vorrücken. Wenn wir zu viele Treffer abbekommen, um uns bewegen zu können, haben die inzwischen den größten Teil der Brigade in mobilen Bodeneinheiten neu formiert, und die werden hinter Ihnen nachrücken, um Sie zu reparieren.«

»Und Rocky Knob?«

»Ich habe mir, während Sie alle geschlafen haben, die Karten ein wenig angesehen«, sagte der Zivilist und brachte eine dreidimensionale Darstellung der Berge auf den Projektionsschirm. »Über den Rocky-Knob können Sie nicht fahren; wir brauchen die Straße für die Nachschub- und Kampfeinheiten…«

»Wir nennen die alle ›Quetschies‹«, fiel Pruitt ihm ins Wort.

»Heh, heh. Okay, wir brauchen die Straße für die Quetschies. Sie müssen also wieder über den Betty-Pass fahren.«

»Nein«, sagte Reeves und stand auf. »Vorher kündige ich. Ich desertiere!«

»Es wird nicht wie beim letzten Mal sein«, sagte Paul. »Ich habe da ein paar Ideen, die uns helfen, und die werde ich unterwegs ausbügeln.«

»Ich gehe nicht da hinauf«, sagte Pruitt. »Ich habe keine Lust, noch einmal SheVas Schlittenfahrt zu spielen.«

»Das kriege ich hin«, sagte Paul scharf. »Ich verstehe mich darauf, Probleme zu lösen. Ich kümmere mich darum, und Sie schießen Posleen-Schiffe ab. Oder vielleicht denken Sie sich Lösungen aus und wir tauschen; wenn nötig, bin ich ein ziemlich guter Kanonier. Und Rocky Knob scheidet für uns eindeutig aus.«

»Irgendwelche anderen Ideen, wie wir rechtzeitig nach Franklin kommen?« Mitchell sah sich in dem Raum um, sah lauter düster blickende Gesichter und schüttelte dann den Kopf. »Ich werde mich mit General Keeton in Verbindung setzen, damit wir das mit den Quetschies auf der Straße koordinieren können. Noch irgendwelche anderen Bemerkungen, Fragen oder Vorbehalte?«

»Nur eines«, sagte Pruitt argwöhnisch. »Ich denke, Mr. Kilzer hat da ein kleines Problem mit der Sprache. Er sagt ständig ›wir‹.«

»Oh, ich komme mit«, sagte Paul. »Diese Systeme sind alle noch im Versuchsstadium. Wenn etwas schief geht, möchte ich hier sein, um es in Ordnung zu bringen.«

»Na prima, das ist ja großartig.«