16

An Schlaf war für Jonathan Davis in dieser Nacht nicht zu denken. Wie oft er und Jennifer sich liebten, wusste er nicht, doch als sie schließlich einschlummerte, dämmerte bereits der Morgen am Horizont herauf.

Als er schließlich wieder wach wurde, stand die Sonne schon hoch am Himmel.

Der Marshal hätte am liebsten laut losgeflucht, als er das sah, denn nun war ihnen wertvolle Zeit verloren gegangen. Aber als er Jennifer friedlich neben sich schlummern sah, hielt er sich zurück.

Das Girl hatte sich in der vergangenen Nacht wirklich verausgabt und somit noch ein paar Minuten Ruhe verdient.

So vorsichtig wie möglich erhob er sich aus dem Bett und suchte dann seine Sachen zusammen, die in alle Himmelsrichtungen verstreut waren. Auf die Rasur verzichtete er und wusch sich lediglich den Schlaf aus den Augen. Dann zog er sich an, hauchte Jennifer noch einen Kuss auf die Wange und schnallte seinen Revolvergurt um. Aus dem Sattelpacken zog er ein paar Dollarnoten, mit denen er das Zimmer bezahlen wollte. Wenn das erledigt war, würde er Jennifer wecken, damit sie weiter nach Belen reiten konnten. Vielleicht würden sie ja dort einen Anhaltspunkt finden.

Er verließ das Zimmer auf Zehenspitzen, schloss die Tür so leise wie möglich hinter sich und stapfte dann die Treppe hinunter.

Die Luft im Schankraum roch nach Whiskey und abgestandenem Rauch, und hinter dem Tresen stand schon wieder der Barkeeper und wusch die Gläser. Als er den Marshal kommen hörte, schaute er auf.

»Ah, Marshal Davis, schon so früh wach?«

»Yeah, wie Sie sehen.« Mit diesen Worten legte er ihm die Geldscheine auf den Tresen. »Wir werden heute noch abreisen, ich wollte ihnen schon mal das Zimmer bezahlen.«

Der Wirt nickte und wollte gerade nach den Geldscheinen greifen, als Jonathan seine Hand packte.

»Das sind zehn Mäuse mehr, als das Zimmer wert ist, und wenn du mir sagst, ob gestern vier Mexikaner durchgeritten sind, kannst du das Wechselgeld behalten.«

Der Mann hinter dem Tresen starrte Jonathan zunächst fragend an, dann richtete sich sein Blick auf die Geldscheine, die unter seiner Hand und der des Marshals begraben waren.

»Na, wie sieht's aus?«, hakte Jonathan nach, und schließlich nickte der Barkeeper.

»Ja, wenn ich mich recht entsinne, sind Mexikaner hier gewesen. Allerdings waren es nur drei. Und tatsächlich hatte einer von ihnen einen Gitarrenkoffer bei sich gehabt.«

Jonathan hatte den Wirt daraufhin am liebsten am Kragen gepackt und ihn gefragt, warum er denn in der vergangenen Nacht gelogen hatte. Aber wo er ihn nun schon so weit hatte, dass er redete, wollte er es sich nicht verderben.

»Und weißt du auch, wohin sie geritten sind?«

»Nun ja«, wieder richtete sich der Blick des Barmannes auf das Geld, und Jonathan rechnete fest damit, dass er vielleicht noch mehr wollte. Doch dann fuhr er fort: »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich denke, dass sie nach Belen weitergeritten sind. In der Gegend gibt es keine andere Stadt, und bis Socorro ist es noch ein ganzes Stück mehr.«

Der Marshal nickte daraufhin und gab dann die Hand des Mannes frei, sodass er das Geld nehmen konnte. Wenn er nicht gelogen hatte, lag er mit seiner Vermutung goldrichtig. Sicher war der Späher inzwischen wieder zu ihnen gestoßen und hatte ihnen von dem Zwischenfall berichtet. Und vielleicht wussten sie jetzt auch, dass der Geldkoffer verloren war, und damit hatten sie keinen Grund, länger mit ihrem Ritt zur Grenze zu warten.

»Danke, das ist alles, was ich wissen wollte«, sagte er zu dem Barmann und wandte sich dann wieder der Treppe zu.

Oben angekommen wurde er von Jennifer bereits erwartet. Sie streckte und räkelte sich gerade, und dieser Anblick ließ dem Marshal erneut das Feuer in die Lenden schießen.

Aber jetzt mussten sie erst einmal an ihren Job denken. Sicher würden die Banditen nicht auf sie warten, und sie hatten ein gutes Stück Weg aufzuholen.

»Guten Morgen!«, sagte er zu der jungen Frau und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Bist du bereit, weiterzureiten?«

Jennifer nickte. »Aber sicher doch!«

»Gut. Ich habe eben noch mal den Barkeeper nach den Mexikanern gefragt. Das alte Schlitzohr hat sie doch gesehen. Sie sind zu dritt hier gewesen und dann nach Belen weitergeritten.«

»Also auf nach Belen!«, rief Jennifer und sprang mit einem kühnen Schwung aus dem Bett. Es war ein Anblick für die Götter, und Jonathan bedauerte es wirklich, nicht noch ein wenig hier bleiben und die Freuden der Liebe genießen zu können. Aber die Bankräuber nahmen darauf keine Rücksicht.

So blieb ihm nichts weiter übrig, sich mit etwas anderem abzulenken und zuzuschauen, wie Jennifer ihre aufregenden Formen wieder unter den Männerkleidern versteckte.

Es dauerte nicht lange, bis sie fertig war, und so konnten sie wenig später das Zimmer verlassen.

»Oh, ich glaube, ich habe die Stadt wirklich falsch eingeschätzt«, meinte sie, als sie den Saloon verließen und die Pferde immer noch dort vorfanden, wo sie sie verlassen hatten. Friedlich steckten sie ihre Nasen in den Wassertrog und schlürften noch ein wenig von der braunen, mit Strohhalmen versetzten Brühe, so als ahnten sie, dass sie in der nächsten Zeit erst mal keinen Tropfen Wasser kriegen würden.

»Ich hab doch gesagt, dass hier nichts wegkommt«, meinte Jonathan daraufhin und deutete dann auf den Stern an seiner Brust. »Die Leute wissen, was dieses Abzeichen bedeutet, und dass ich kein gewöhnlicher Marshal bin. Mit einem Gefängniswagen-Marshal legt sich eigentlich niemand gerne ...«

Das Krachen eines Schusses unterbrach ihn plötzlich.

»Runter!«, rief Jonathan der jungen Frau zu, und diese gehorchte aufs Wort. Sie tauchte zwischen den Pferdeleibern ab und hörte, wie eines der Bleistücke, knapp über ihren Kopf hinwegsummte.

Der Marshal hatte derweil seinen Revolver in der Hand, und während er ebenfalls in Deckung ging, versuchte er, die Angreifer auszumachen.

Anscheinend stimmte seine Behauptung doch nicht. Oder wurden sie von den Kerlen angegriffen, nach denen sie eigentlich suchten? Hatte er in der vergangenen Nacht vielleicht was übersehen?

Viel Zeit, darüber nachzudenken, hatte er nicht. Die Kerle feuerten weiter, und wie es aussah, hatten sie auch mitbekommen, dass die beiden unter die Pferde abgetaucht waren. Die Geschosse schlugen gefährlich nahe bei ihnen ein und brachten die beiden Braunen dazu, unruhig hin und her zu laufen.

»Los, sieh zu, dass du zurück in den Saloon kommst!«, rief Jonathan der jungen Frau zu, denn wenn die Pferde wild wurden, bestand die Gefahr, dass sie von ihnen getreten und verletzt wurde. »Ich gebe dir Feuerschutz!«

Mit diesen Worten tauchte der Marshal auf und feuerte in die Richtung, aus der die Kugeln gekommen waren. Flink wie ein Eichhörnchen sprang die junge Frau daraufhin auf und rannte zurück zur Tür. Dass sie jetzt ebenfalls unter Feuer genommen wurden, war für die Angreifer kein Hinderungsgrund, erneut auf die junge Frau zu halten.

Jennifer schrie auf, als eine Kugel, an ihr vorbei, in das Saloonfenster einschlug, doch bevor die Killer richtig treffen konnten, rettete sie sich mit einem Hechtsprung durch die Schwingtür. Hart prallte sie auf den Boden und stöhnte auf, aber das war ihr erst einmal egal. Ein paar Kugeln flogen ihr noch hinterher, trafen aber nur noch die Türflügel und ließen sie vor und zurück schwingen.

Auf allen vieren kroch Jennifer aus der Schusslinie und verschanzte sich dann hinter dem zerbrochenen Fenster.

Als Jonathan sah, dass sie in Sicherheit war, tauchte er wieder zwischen den Pferden ab und lud seinen Revolver so schnell wie möglich nach. Die leeren Hülsen kullerten in den Staub, und blitzschnell steckten neue Patronen in den Kammern. Der Marshal klappte die Trommel daraufhin wieder zu, doch auftauchen konnte er erst einmal nicht.

Die Banditen feuerten, was das Zeug hielt, und außer einer vagen Richtung hatte der Sternträger noch keinen Hinweis, wo sie sich genau versteckten. Sie hingegen schienen ihn bestens im Visier zu haben, wie die Bleistücke bewiesen, die erneut ganz in seiner Nähe einschlugen und die Pferde noch wilder werden ließen.

Auch er würde seine Deckung wechseln müssen, bevor er unter die Hufe geriet, das wusste Jonathan. Er wartete den Feuersturm noch eine Weile ab, und dann, als die Schüsse plötzlich abebbten, sprang er auf.

Er rechnete fest damit, dass die Kerle nicht lange zum Nachladen brauchten, also nahm er seine Beine in die Hand. Er hetzte auf die Treppe zu, hatte allerdings nicht die Absicht, sich im Saloon zu verschanzen, weil er die Angreifer auch von dort aus nicht besser sehen würde. Stattdessen rannte er auf die großen Wassertonnen zu, die neben dem Saloon standen.

Er hatte sie fast schon erreicht, als die Banditen mit dem Laden fertig waren und ihn erneut unter Feuer nahmen. Die Bleistücke zackten dicht neben seinen Füßen in den Staub, doch bevor eines von ihnen treffen konnte, sprang er mit einem großen Satz hinter die Tonnen. Er hörte, wie die Geschosse in das Holz einschlugen, und wenig später plätscherte auch schon das Wasser.

Jonathan lehnte sich einen Augenblick lang gegen die Tonnen, dann riss er seinen Revolver wieder hoch und schaute vorsichtig um die Ecke.

Die beiden Banditen schienen sich nicht sicher zu sein, ob sie ihn getroffen hatten, denn in diesem Augenblick schauten sie ebenfalls aus ihrer Deckung hervor.

Diese Chance nutzte der Marshal. Er wollte die beiden eigentlich nicht töten, denn der Richter brauchte mindestens einen von ihnen lebend. Trotzdem nahm er sie jetzt erst einmal unter Feuer und zeigte ihnen so, dass der Kampf noch immer nicht vorbei war.

Der Revolver in seiner Hand krachte und belferte, und augenblicklich zogen sich die beiden wieder in ihre Deckung zurück. Die Kugeln zackten in die Hausecke, ohne größeren Schaden anzurichten, und inzwischen nahm Jonathan eine günstigere Position ein.

Er legte sich zwischen die beiden Tonnen, sodass er die Hausecke genau im Visier hatte und feuern konnte, selbst aber nicht gleich von ihnen gesehen oder getroffen wurde.

Anscheinend hatte sein Angriff die beiden derart überrascht, dass sie einen Moment lang nicht wussten, wie sie reagieren sollten.

Dann tauchte der Erste von ihnen wieder auf. Jonathan hätte ihm jetzt eine volle Breitseite verpassen können, doch das wollte er nicht. Er hielt den Revolver stattdessen tief, in der Hoffnung, sein Bein zu treffen.

Doch genau in dem Augenblick, als der Schuss fiel, ging der Bandit in die Hocke. Und statt in sein Bein zackte ihm die Kugel mitten in die Brust.

»Verdammt!«, fluchte der Marshal los, als er ihn zusammenbrechen sah.

Seinem Kumpan schien die Sache jetzt zu heiß zu werden. Er sprang auf, griff den Marshal allerdings nicht an, sondern suchte das Weite.

Jonathan Davis hatte nicht die Absicht, ihn entkommen zu lassen. Der tote Bankräuber konnte Jennifers Bruder nicht entlasten, wohl aber der lebende. Er sprang also hinter den Tonnen auf und rannte dann in die Richtung, in der auch der Bandit verschwunden war.

Dabei dachte er allerdings nicht daran, dass dies eine Falle sein könnte. Er spurtete an dem Toten vorbei und wollte gerade um die Ecke stürmen, als es plötzlich erneut krachte.

Die Kugel erwischte ihn am Arm, streifte allerdings nur seine Jacke. Der Bandit hatte damit gerechnet, dass er sein Versteck verlassen würde, um ihm nachzujagen, und so hatte er hinter der Hausecke auf ihn gewartet.

Vor lauter Schreck konnte Jonathan nicht mal daran denken, wie knapp er dem Tod entgangen war. Und dazu, seine Waffe tief zu halten, kam er auch nicht mehr.

Er sah den Mexikaner vor sich – und dass er jeden Augenblick wieder abdrücken würde. Da reagierte er rein aus dem Instinkt heraus, riss seine Waffe hoch und fächerte den Hahn so schnell wie möglich zurück.

Die Bleistücke zackten in seinen Leib, noch bevor er eine Chance zum Abdrücken hatte. Überrascht starrte er den Marshal an und sank dann in die Knie.

Tot war er allerdings noch nicht. Er verzog das Gesicht und presste seine Hände auf die Wunden, aus denen das Blut nur so schoss, und Jonathan wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Er stürmte zu ihm, schlug ihm den Revolver aus der Hand und packte ihn dann am Kragen.

»Los, mach das Maul auf, wo sind die anderen?«, fragte er, während ihn der Bandit mit brechenden Augen anschaute.

»In Belen«, presste er hervor, dann erschlaffte sein Körper, und er fiel dem Sternträger in die Arme.

Jonathan atmete tief durch und legte ihn auf den Boden. Dann erhob er sich.

Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Schaulustigen einfanden, und noch bei seiner Ankunft hätte der Marshal nicht gedacht, dass Los Lunas so viele Einwohner hatte. Selbst der Mann, der hier so was wie der Town-Marshal war, kam um die Ecke gerannt und heftete sich noch im Laufen den Stern an die Brust.

»Was ist hier los?«, fragte er, doch seine Miene glättete sich ein wenig, als er Jonathan erkannte.

»Mr Davis!«, rief er aus. »Was machen Sie denn hier?«

»Sehen Sie doch, ich arbeite«, antwortete der Sternträger und packte dann den toten Banditen an den Armen, um ihn zu seinem Gefährten zu ziehen.

»Und wo ist Ihr Wagen?«

»Den habe ich ausnahmsweise in Santa Fe gelassen. – Diese beiden Kerle haben mich eben angegriffen, sie gehören zu einer Bande, die vor zwei Tagen die National Bank in Santa Fe überfallen hat.«

Der Marshal von Los Lunas besah sich die beiden und zuckte dann mit den Schultern.

»Wenn Sie das sagen, Marshal.«

Im nächsten Augenblick ertönte eine helle Frauenstimme. »Jonathan!«, rief sie, und als Davis aufschaute, sah er, wie Jennifer auf ihn zugestürmt kam. Sie schaute einen Moment lang erschrocken auf die beiden Toten, dann wandte sie sich an den Sternträger.

»Ist dir was passiert?«

»Nein, zum Glück nicht«, gab er zurück und fuhr sich mit der Hand über den zerfetzten Jackenärmel. »Aber viel nützt es uns auch nicht, dass die beiden hier tot sind. Ich weiß nur, wo die anderen zu finden sind.«

Nein, das tat es nicht, das wusste Jennifer. Aber wie es aussah, hatte er keine andere Wahl gehabt.

Der Town-Marshal schaute die beiden derweil mit fragender Miene an, denn er wusste natürlich nicht, worum es bei ihrer Unterhaltung ging.

»Um was geht es hier eigentlich?«, schaltete er sich schließlich ein. »Und wer ist die Lady da?«

»Das ist Miss Garner, sie ist mir bei der Suche nach den Bankräubern behilflich«, erklärte Jonathan knapp und zog dann zwei Zehner aus seiner Hosentasche. »Hier, Marshal, sorgen Sie dafür, dass die beiden auf den Stiefelhügel kommen. Einen Totengräber haben Sie doch sicher hier, oder?«

»Natürlich, der Hufschmied macht das!«, sagte der Sternträger, und während er die Geldscheine in seiner Westentasche verschwinden ließ, machte er sich auf den Weg, um dem Undertaker Bescheid zu geben.

Jonathan hockte sich derweil neben die beiden Toten und betrachtete sie. Und auch Jennifer schaute genauer hin und rief dann: »Das ist doch der Kerl, der mich im Saloon überfallen wollte.«

»Damit wissen wir dann, dass es die Richtigen sind«, entgegnete der Marshal nachdenklich. »Aber die anderen beiden müssen wir lebend fangen. Fragt sich nur wie ...«

Einen Moment lang hielt er inne, um nachzudenken. Und nach einer Weile kam ihm auch ein Gedankenblitz.

»Ich habe eine Idee, aber sie ist nicht ganz ungefährlich«, sagte Jonathan und schaute erst zu Jennifer und dann erneut auf die beiden toten Banditen.

Die junge Frau wusste zunächst nicht, was er damit meinte, aber schließlich dämmerte es ihr.

»Du meinst, wir sollen zu ihnen reiten und uns als die beiden hier ausgeben?«

Jonathan nickte. »Ja, genau das! Das ist die einzige Möglichkeit, nahe genug an sie heranzukommen und nicht mehr von ihnen überrascht zu werden. Auf ihre eigenen Leute werden sie wohl nicht feuern. Und wir haben vielleicht die Möglichkeit, zumindest einen, wenn nicht sogar beide, lebend zu erwischen.«

»Prima, dann machen wir das doch so!«, entgegnete die junge Frau, doch Jonathan schien sich noch nicht ganz sicher zu sein.

»Ich weiß nicht, immerhin könntest du verletzt werden, und das ist das Letzte, was ich will«, sagte er, doch Jennifer schüttelte den Kopf.

»Mach dir keine Sorgen, schlimmer als eben kann es nicht werden. Du hast doch gesehen, wie schnell ich sein kann, wenn es drauf ankommt.«

»Ja, aber beim nächsten Mal könnten die Kugeln schneller sein als du.«

»Vielleicht, aber wie willst du sonst an die beiden anderen herankommen? Außerdem kann ich mit dem Schießeisen umgehen, auch wenn ich jetzt nicht zum Zug gekommen bin.«

Ja, dass sie was von Kanonen verstand, hatte Jonathan in der vergangenen Nacht mitbekommen. Trotzdem wollte er sie nur ungern der Gefahr aussetzen, die in Belen vielleicht auf sie lauerte.

Aber würde ihm etwas anderes übrig bleiben?

»Also gut, aber wenn es brenzlig wird, dann machst du genau das, was ich dir sage, verstanden?«,

Jennifer nickte eifrig.

»Wenn ich sage, lauf, dann läufst du, und wenn ich sagte, dass du dich hinwerfen sollst, dann machst du das, ohne auf mich Rücksicht zu nehmen, ist das klar?«

»Ja, ganz wie du willst. Hauptsache, wir schnappen uns die Kerle!«

»Gut, dann warten wir, bis der Totengräber kommt, und versuchen dann, an die Sachen der beiden zu kommen. Vor all den Leuten will ich sie nicht gerade ausziehen.«

Kaum hatte Jonathan das gesagt, kam auch schon ein schwitzender Mann um die Ecke. Er hatte sich in aller Eile einen alten Frack übergezogen, der ihm wohl schon seit einer ganzen Weile zu klein war, und vor sich schob er einen Karren, der aussah, als würde man ihn sonst dazu benutzen, um Rinder- oder Schweinehälften zu transportieren.

»Sind Sie der Undertaker?«, fragte Jonathan, als der Mann zu ihm kam.

»Ja, ich bin Miles Sanchez«, antwortete dieser und reichte ihm die Hand.

»Gut, dann laden Sie die beiden auf. Ich gehe mit Ihnen, denn ich habe noch was mit Ihnen zu besprechen.« Mit diesen Worten schaute er kurz zu Jennifer, und nachdem der Totengräber die beiden Männer aufgeladen hatte, folgten sie ihm.