Vladimir Horowitz
Vladimir Horowitz

Vladimir Horowitz (1903–1989) ist einer der bedeutendsten Musiker des 20. Jahrhunderts und einer der berühmtesten Pianisten der Geschichte. Er studierte am Konservatorium in Kiew, wo er von Felix Blumenfeld unterrichtet wurde, einem Schüler des weltbekannten Pianisten Arthur Rubinstein. In der ersten Hälfte der 1920er-Jahre ging Horowitz mit einem ungewöhnlich vielfältigen Repertoire auf Konzertreise. Sensationelle Aufführungen unter anderem von Tschaikowskis erstem Klavierkonzert in Hamburg, welches eines seiner Paradestücke bleiben sollte, machten ihn im Westen schlagartig berühmt. Horowitz entlockte dem Klavier durch seine Interpretationen eine bis dahin ungeahnte Klangfülle, wobei seine extrem schnellen Tempi und sein bis zum Äußersten gesteigertes Fortissimo seine Darbietungen zu fesselnden Hörerlebnissen machten. In den 1930er-Jahren galt Horowitz bereits als die Inkarnation der Virtuosität, und dieses Prädikat wird ihm bis heute zuerkannt. Trotz der fast kultischen Bewunderung durch sein Publikum war er in Fachkreisen zunächst nicht unumstritten. Manche Kritiker warfen ihm vor, seine technische Meisterhaftigkeit für äußerliche Effekte einzusetzen und Werke auf ihre technische Seite zu reduzieren, ohne auf den tieferen musikalischen Gehalt zu achten. Seine extremen Interpretationen von Tempo und Dynamik wurden dabei als gewaltsam, den guten Geschmack überschreitend und die Musik verzerrend empfunden. Nach einer Konzertpause von zwölf Jahren verblüffte er die Fachwelt 1965 mit seinem legendären Comeback in der Carnegie Hall. Sein Stil hatte sich zu einer nahezu konkurrenzlosen klanglichen Differenziertheit und Nuanciertheit weiterentwickelt. Ohne an Virtuosität einzubüßen, brachte er in Stücken nun eine Sensibilität zu Gehör, die ihm endgültig den Status des „Jahrhundertpianisten“ sicherte.

Dass hinter diesem beeindruckenden Erfolg allem voran das beharrliche Üben steht, geht auch aus einem wundervollen Spruch hervor, den man unter Pianisten hören kann: „Ich übe, bis ich Leben in meinen Fingern habe.“ Und so wäre auch die Virtuosität von Horowitz ohne unendliches Üben undenkbar, es war gerade die Voraussetzung seiner verblüffenden technischen Bravour, Brillanz und Energie, die von keinem Vorgänger und nur wenigen Nachfolgern erreicht wurde. Der Volksmund hält eine wahre Fülle von Weisheiten bereit, die die Bedeutung der regelmäßigen Übung in gleicher Weise wertschätzen, so etwa „Übung macht den Meister“ oder „durch Schmieden wird man Schmied“. Auch Johann Wolfgang von Goethe war der Ansicht, nur durch geregelte Übung könnte man vorwärtskommen, und der römische Geschichtsschreiber Cornelius Tacitus meinte, Übung führe zur Kunst. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.

Erstaunlich ist, dass, obwohl diesen Grundsatz jeder kennt und versteht, dennoch systematische Übung im Management eher eine geringe Beachtung erfährt, so als ob just in dieser Disziplin alles ganz anders wäre. Doch gerade durch das Üben und wiederholte Anwenden von neu angeeignetem Managementwissen und Sach- und Fachkenntnissen oder von allen nur denkbaren operativen Tätigkeiten kann man sich im Management fortgesetzt weiterentwickeln. In allen Bereichen kann und muss man sehr viele Dinge trainieren, mit dem Ziel, wirksamer und effizienter zu werden. Einige Tätigkeiten mögen auf den ersten Blick trivial wirken, aber Tonleitern zu üben ist ja auch keine intellektuell anspruchsvolle Aufgabe.

Gerade bei den besonders herausragenden Managern können Sie immer wieder beobachten, welchen Wert sie auf die ständige Verbesserung ihrer Produktivität legen. So wie bei Horowitz ist dies auch bei Managern nicht an eine Altersgrenze gebunden, das ist alles eine Frage der Einstellung und der persönlichen Verpflichtung zu absoluter Professionalität. Egal, ob Sportler, Chirurgen, Flugkapitäne oder Soldaten, alle müssen die zur Ausübung ihres Berufs notwendigen Abläufe einüben. Ein Pianist wie Horowitz hat eben bis ins hohe Alter täglich seine Tonleitern geübt. Der polnische Pianist Mieczyslaw Horszowski spielte mit 98 Jahren im Plattenstudio noch Aufnahmen von Bach, Schumann und Chopin ein, was natürlich nur dank täglicher Übung möglich war. Nutzen Sie dieses Vorgehen für sich im Management.

Wissen ohne Fähigkeiten ist immer unproduktiv. Wissen ist die Basis, auf der Fähigkeiten aufbauen müssen, aber Wissen kann Fähigkeiten nicht ersetzen. Geschwindigkeit bei der Durchführung, Präzision und Konstanz bei der Leistungserbringung werden nur durch ständiges Üben erlangt. Was man bei einem Routinier bewundern kann, ist die scheinbare Leichtigkeit, mit der er seine Aufgabe ausführt. Diese muss man sich aber erarbeiten. Qualitätsarbeit ist es, was zählt. Nicht nur weil die Arbeit dann besser erledigt wird, sondern weil sich damit auch der Arbeitende verändert. Streben Sie nach höchster Professionalität, der Weg dorthin eignet sich wunderbar, um Ihre Arbeit interessant und anregend zu halten, weil Sie sich auf diese Weise selbst stets neue Herausforderungen setzen. Entwickeln Sie sich selbst! Den Großteil der Verantwortung für Ihre Entwicklung tragen Sie selbst, nicht Ihr Chef. Da es in der heutigen Zeit keinen lebenslang sicheren Arbeitsplatz mehr gibt und vermutlich auch nie wieder geben wird, müssen Sie selbst dafür sorgen, dass Sie auf dem Arbeitsmarkt attraktiv bleiben. Entwickeln Sie deshalb Ihren eigenen Masterplan, wie Sie sich weiterbilden und Ihr Wissensgebiet souverän im Griff behalten wollen.

Zwar werden Sie niemals Rachmaninow und Tschaikowski spielen wie Vladimir Horowitz, aber es gibt keinen Grund, warum Sie Ihre Tonleitern nicht trotzdem üben sollten, und vielleicht gehören Sie dann ja doch eines Tages zu den ganz Großen.


Aufgaben und Denkanstöße:

  • Erstellen Sie Ihren persönlichen Plan, wie Sie sich weiterentwickeln werden.
  • Definieren Sie die Fähigkeiten, die Sie zur virtuosen Erfüllung Ihrer Aufgaben benötigen, und arbeiten Sie dann an der Qualität der Ausführung und Ihrer Produktivität. Üben Sie!

Management - von den Besten lernen
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