Benjamin Franklin
Benjamin Franklin

Benjamin Franklin (1706–1790) gehört zu jenen Personen, von denen man mit Sicherheit sagen kann, dass sie auf höchst unterschiedlichen Gebieten Großes geleistet haben. Er war Politiker, Naturwissenschaftler und Schriftsteller, aber auch gelernter Buchdrucker, Zeitungsverleger und Erfinder. Er zählt zu den großen Akteuren der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Ab 1729 warb er in den von ihm herausgegebenen und weitverbreiteten Zeitschriften für seine aufklärerisch-puritanischen Ideale. Zunehmend engagierte er sich auch für die Politik, zunächst ab 1736 als Schriftführer und dann von 1751 bis 1764 als Mitglied des Parlaments von Pennsylvania. Er war an der Planung einer nordamerikanischen Union beteiligt und vertrat in den Jahren 1757 bis 1762 sowie 1764 bis 1775 die Interessen von Pennsylvania, Georgia, New Jersey und Massachusetts bei der britischen Krone in London. Ins kollektive Gedächtnis ist er als Mitverfasser und Mitunterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 eingegangen. Als Gesandter erzielte Franklin in Frankreich große Erfolge, unter anderem 1778 mit dem Eintritt der Franzosen in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und 1783, als er den Friedensvertrag mit Großbritannien aushandelte. Auch die amerikanische Verfassung von 1787 trägt seine Unterschrift.

Neben dieser beeindruckenden Tätigkeit auf politischem Gebiet widmete er sich in seinen umfangreichen naturwissenschaftlichen Untersuchungen unter anderem der Elektrizität, der Hydrodynamik, dem Magnetismus, der Wärmeleitung und der Wärmestrahlung. Er zeichnete die erste Karte des Golfstroms und empfahl, die Strömung für die Schifffahrt zu nutzen. Als Erfinder des Blitzableiters wurde er auch in Europa bekannt. Die Erfindung der Zwei-Stärken-Brille sowie der Glasharmonika gehen ebenfalls auf ihn zurück – für Letztere schrieben Mozart und Beethoven sogar Stücke. Auch als Schriftsteller fand er große Anerkennung: Er bevorzugte Kurzformen wie Maxime, Essay und Satire, die er in einer humorvollen, eleganten und stets klaren Sprache verfasste. Seine viel gelesene Autobiografie wird bis heute verlegt.

Goethe bewunderte Franklin und sah in ihm ein vollkommenes Ideal von Schaffenskraft und Vielseitigkeit. Sollten Sie selbst ein solches Genie gepaart mit vergleichbaren Leistungen Ihr Eigen nennen, finden Sie sich wie Franklin vielleicht auch eines Tages auf dem amerikanischen 100-Dollar-Schein. Genialität ist leider nicht lernbar, aber Sie können etwas anderes von Benjamin Franklin lernen: Arbeitsmethodik. Diese hatte er nahezu perfektioniert, anders wären derartig vielseitige Leistungen gar nicht möglich gewesen.125

1. Grundsätzliches zur Arbeitsmethodik

Die Arbeitsmethodik ist, entgegen der weitverbreiteten Vorstellung von einer für alle optimalen Arbeitsweise, etwas höchst Individuelles und Persönliches. Genau wie jede Handschrift sich von jeder anderen unterscheidet, arbeiten keine zwei Menschen auf die exakt gleiche Weise, auch wenn beide eine sehr gute Arbeitsmethodik besitzen. Die Arbeitsmethodik hängt von den allgemeinen Rahmenbedingungen und den konkreten situativen Umständen ab, darunter:

  • Aufgabengebiet,
  • Kompetenzen,
  • Verantwortlichkeiten,
  • Reisebedarf,
  • Mitarbeiterzahl,
  • Arbeitsweise des Chefs,
  • Zugriff auf ein Sekretariat,
  • zur Verfügung stehende Infrastruktur,
  • Unternehmensgröße,
  • Organisationsform des Unternehmens,
  • Branche,
  • eigene Lebenssituation und Lebensphase.

Es gibt reichhaltig Literatur und Seminare zur Arbeitsmethodik; bewahren Sie sich den kritischen Blick, dass es eben nicht eine für alle gültige Methode gibt, und wählen Sie aus den Umsetzungsvorschlägen jene Dinge, die zu Ihnen persönlich passen. Womit man sich beschäftigen muss, kann man definieren, wie man etwas löst, kann man nicht allgemein für alle Personen definieren. Experimentieren und optimieren Sie, bis Sie eine für sich geeignete Lösung finden. Die wirklichen Top-Performer feilen bis ins hohe Alter an ihrer Arbeitsmethodik und passen sie immer wieder den Gegebenheiten an. Das überlassen sie genauso wenig dem Zufall wie die Art und Weise, nach der in ihrer Organisation gearbeitet wird, denn hier sorgen sie dafür, dass die Arbeitsmethodik höchsten Ansprüchen an Professionalität genügt.

2. Wie erbringe ich Leistung?

Erstaunlich viele Menschen wissen nicht, wie sie Leistung erbringen. Sie nutzen deshalb Arbeitsweisen, die nicht zu ihnen passen, und bleiben damit weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Häufig wissen sie nicht einmal, dass verschiedene Menschen unterschiedlich arbeiten, was insbesondere für Wissensarbeiter katastrophale Folgen hat, da hier falsche Arbeitsweisen praktisch immer schwache Leistungen bewirken. Beobachten Sie sich und finden Sie heraus, wie Sie Leistung erbringen und wie Sie gut arbeiten können. Sie werden sehen, mit etwas beruflicher Erfahrung ist das nicht schwer zu benennen, man muss sich dann nur konsequent organisieren, für viele liegt hier die größere Herausforderung.

3. Wie nehme ich Informationen auf – durch Hören oder durch Lesen?

Als Erstes müssen Sie für sich herausfinden, ob Sie ein Leser oder ein Zuhörer sind, vom Typ, wie Sie Informationen aufnehmen. Dwight (Ike) Eisenhower war ein Leser. Zu seiner Zeit als Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg stellten seine Mitarbeiter sicher, dass ihm alle Fragen, die ihm in der Pressekonferenz gestellt werden sollten, eine halbe Stunde vorher schriftlich vorlagen. Eisenhower hatte dann alles unter Kontrolle, mehr noch, in seinen Pressekonferenzen brillierte er mit seiner herausragenden Eloquenz. Als er später Präsident der Vereinigten Staaten war, folgte er zwei Zuhörern, Franklin D. Roosevelt und Harry Truman, und er machte den großen Fehler, deren Art Pressekonferenzen abzuhalten zu übernehmen, und er beharrte nicht mehr auf dem schriftlichen Einreichen der Fragen. Dies führte dazu, dass sich die Journalisten zunehmend feindselig darüber beklagten, dass er nie auf ihre Fragen antworte und über gänzlich andere Dinge rede. Eisenhower wusste offensichtlich nicht, dass er ein Leser war.

John F. Kennedy hingegen wusste dies sehr genau, weswegen er sich mit Personen umgab, die hervorragend schreiben konnten und ihm Themen schriftlich aufbereiteten, bevor er sie mit ihnen besprach. Franklin D. Roosevelt und Harry Truman wiederum waren sich darüber im Klaren, dass sie Zuhörer waren, und so sorgten sie dafür, dass man ihnen Dinge vortrug, erst danach beschäftigten sie sich mit den schriftlichen Ausarbeitungen. Truman ließ sich unter anderem durch tägliche Kurzvorträge und Diskussionen mit General George Marshall und Dean Acheson so gut in der Außenpolitik und in militärischen Angelegenheiten ausbilden, dass er zu einem wahren Meister auf diesen Gebieten wurde.

4. Wie lerne ich?

Es gibt viele verschiedene Wege, wie Menschen lernen. Einige lernen durch Schreiben, Winston Churchill beispielsweise, aber auch Ludwig van Beethoven, der Tausende von Seiten in Skizzenbüchern hinterließ. Andere lernen, indem sie sich selbst sprechen hören, viele exzellente Professoren, Juristen, Mediziner und Autoren lernen auf diese Weise, Peter F. Drucker gehört zu ihnen. Wieder andere lernen durch Lesen, wie der bereits erwähnte John F. Kennedy, die Nächsten durch Zuhören, wie viele Politiker, zum Beispiel Lyndon B. Johnson, der nach der Ermordung Kennedys Präsident wurde. Schließlich gibt es Menschen, die Dinge dadurch lernen, dass sie sie tun.

Die meisten Menschen wissen eigentlich, wie sie lernen, aber sehr viele handeln nicht konsequent danach. Wenn Sie wissen, dass Sie am besten lernen, wenn Sie sich selbst sprechen hören, müssen Sie sich so organisieren, dass Sie diesen Lernweg auch nutzen. Wenn Sie anders handeln, ist das in etwa so, als würden Sie mit links schreiben, obwohl Sie Rechtshänder sind. Der persönlichen Art gemäß zu lernen ist der Schlüssel zur Leistung; für Wissensarbeiter gilt dies noch verstärkt.

5. Wie arbeite ich?

Arbeiten Sie gut mit anderen Menschen zusammen oder arbeiten Sie am besten alleine? Falls Sie mit anderen Menschen gut arbeiten können, müssen Sie herausfinden, in welcher Form dies der Fall ist: Einige sind exzellente Führungspersönlichkeiten an der Spitze, Winston Churchill gehörte zweifellos zu ihnen. Andere sind nahezu geniale Führungskräfte, aber nicht ganz an der Spitze. So sagte General George Marshall über den herausragendsten amerikanischen Truppenkommandanten des Zweiten Weltkriegs, General George Patton, er sei „der beste Untergebene, den die amerikanische Armee je hervorgebracht hat, aber er wäre der schlechteste Führer“.126

Sind Sie ein guter Entscheider oder ein guter Berater? Manche Menschen arbeiten exzellent als Berater, kommen aber nicht mit dem Druck zurecht, Entscheidungen verantworten zu müssen. Andere können Entscheidungen stark und selbstbewusst vertreten, brauchen aber Berater oder Gesprächspartner, um die Entscheidung umfassend zu durchdenken. Es gibt Menschen, die arbeiten herausragend als Mentoren, andere haben dazu schlicht gar keinen Zugang. Einige leisten als Mitarbeiter im Team unverzichtbare Beiträge, auf sich alleine gestellt bringen sie es jedoch kaum auf eine durchschnittliche Leistung.

Arbeiten Sie gut unter Zeitdruck oder bringen Sie die besten Ergebnisse, wenn Sie Dinge in Ruhe bearbeiten können? Benötigen Sie ein gut strukturiertes Umfeld oder schöpfen Sie gerade aus sich ständig ändernden Situationen Kraft? In welche Art von Organisation passen Sie? Gehören Sie in eine große Organisation oder sind Sie am erfolgreichsten, wenn Sie in einer kleinen Organisation arbeiten? Dass Menschen in beiden Organisationsformen gleichermaßen hervorragend sind, ist äußerst selten. Manch einer kann einen Großkonzern so virtuos führen, wie ein Weltklassepianist sein Instrument zum Erklingen bringen kann, würde in einem Kleinbetrieb aber hoffnungslos versauern. Umgekehrt gilt genau das Gleiche. Wo gehören Sie also hin?

6. Welche arbeitsmethodischen Hilfsmittel nutze ich? Wie effizient nutze ich sie?

Für dieses Themengebiet nutzen Sie am besten (sozusagen als arbeitsmethodische Hilfsmittel) die verfügbare Fachliteratur. Aus gutem Grund gibt es hier eine ganze Reihe von Büchern, in denen Sie alle erdenklichen Tipps und Tricks finden können. Nehmen Sie die dort dargelegten Ratschläge als Anregungen und erarbeiten Sie sich dann Ihre persönliche Arbeitsmethodik. Es gibt nicht den einen „richtigen“ Weg – experimentieren Sie und finden Sie Ihren Weg. Themenbereiche, mit denen Sie sich in jedem Fall beschäftigen sollten, sind zum Beispiel:

  • Zeitmanagement,
  • Terminplanung und Terminvorbereitung,
  • Verarbeitung von Inputs,
  • Wiedervorlagesysteme,
  • Wissensspeicherung und Wissensablage,
  • Nutzung von Telefon, Telekonferenzen und anderen Kommunikationstechniken,
  • Umgang mit dem Computer,
  • Checklisten für Routineabläufe,
  • Systeme zur Beziehungspflege,
  • Zusammenarbeit mit einem Sekretariat und in diesem Zusammenhang auch die Nutzung eines Diktiergeräts,
  • Erstellung von Berichten, Reports und sonstigen Schriftstücken.

Seien Sie findig und optimieren Sie! Sie wären mit Sicherheit nicht der Erste, der eine wahre Freude an der neu erlangten Produktivität hätte.

Eine gute Arbeitsmethodik ist die Grundlage für Leistung und Erfolg. Wer das nicht ernst nimmt, verschenkt Potenzial und nicht selten eine erfolgreiche Karriere. Wer das Thema meistert, hält einen wichtigen Schlüssel zum Erfolg in der Hand.


Aufgaben und Denkanstöße:

  • Perfektionieren Sie Ihre persönliche Arbeitsmethodik.
  • Welches Themengebiet nehmen Sie sich diese Woche vor? Welches nächste Woche? Welches die Woche darauf?

Management - von den Besten lernen
00000000000_cover.html
b978-3-446-43114-0_000017.xhtml
b978-3-446-43114-0_000041.xhtml
b978-3-446-43114-0_000092.xhtml
b978-3-446-43114-0_000112.xhtml
b978-3-446-43114-0_001024.xhtml
b978-3-446-43114-0_001072.xhtml
b978-3-446-43114-0_001204.xhtml
b978-3-446-43114-0_001465.xhtml
b978-3-446-43114-0_001474.xhtml
b978-3-446-43114-0_001617.xhtml
b978-3-446-43114-0_001796.xhtml
b978-3-446-43114-0_002110.xhtml
b978-3-446-43114-0_002196.xhtml
b978-3-446-43114-0_002295.xhtml
b978-3-446-43114-0_002459.xhtml
b978-3-446-43114-0_002663.xhtml
b978-3-446-43114-0_002940.xhtml
b978-3-446-43114-0_003072.xhtml
b978-3-446-43114-0_003233.xhtml
b978-3-446-43114-0_003472.xhtml
b978-3-446-43114-0_003606.xhtml
b978-3-446-43114-0_003728.xhtml
b978-3-446-43114-0_003875.xhtml
b978-3-446-43114-0_004239.xhtml
b978-3-446-43114-0_004354.xhtml
b978-3-446-43114-0_004363.xhtml
b978-3-446-43114-0_004629.xhtml
b978-3-446-43114-0_004717.xhtml
b978-3-446-43114-0_004784.xhtml
b978-3-446-43114-0_004911.xhtml
b978-3-446-43114-0_005076.xhtml
b978-3-446-43114-0_005242.xhtml
b978-3-446-43114-0_005376.xhtml
b978-3-446-43114-0_005453.xhtml
b978-3-446-43114-0_005676.xhtml
b978-3-446-43114-0_005829.xhtml
b978-3-446-43114-0_005946.xhtml
b978-3-446-43114-0_006057.xhtml
b978-3-446-43114-0_006180.xhtml
b978-3-446-43114-0_006288.xhtml
b978-3-446-43114-0_006297.xhtml
b978-3-446-43114-0_006529.xhtml
b978-3-446-43114-0_006653.xhtml
b978-3-446-43114-0_006805.xhtml
b978-3-446-43114-0_007021.xhtml
b978-3-446-43114-0_007193.xhtml
b978-3-446-43114-0_007335.xhtml
b978-3-446-43114-0_007513.xhtml
b978-3-446-43114-0_007765.xhtml
b978-3-446-43114-0_007949.xhtml
b978-3-446-43114-0_008194.xhtml
b978-3-446-43114-0_008400.xhtml
b978-3-446-43114-0_008659.xhtml
b978-3-446-43114-0_008861.xhtml
b978-3-446-43114-0_009064.xhtml
b978-3-446-43114-0_009210.xhtml
b978-3-446-43114-0_009387.xhtml
b978-3-446-43114-0_009536.xhtml
b978-3-446-43114-0_009755.xhtml
b978-3-446-43114-0_009959.xhtml
b978-3-446-43114-0_010264.xhtml
b978-3-446-43114-0_010373.xhtml
b978-3-446-43114-0_010628.xhtml
b978-3-446-43114-0_010750.xhtml
b978-3-446-43114-0_010884.xhtml
b978-3-446-43114-0_011036.xhtml
b978-3-446-43114-0_011259.xhtml
b978-3-446-43114-0_011369.xhtml
b978-3-446-43114-0_011573.xhtml
b978-3-446-43114-0_011737.xhtml
b978-3-446-43114-0_011832.xhtml
b978-3-446-43114-0_011943.xhtml
b978-3-446-43114-0_012100.xhtml
b978-3-446-43114-0_012176.xhtml
b978-3-446-43114-0_012411.xhtml
b978-3-446-43114-0_012628.xhtml
b978-3-446-43114-0_013805.xhtml
b978-3-446-43114-0_015052.xhtml
b978-3-446-43114-0_015208.xhtml
b978-3-446-43114-0_015242.xhtml