Allmählich gehen einem die Superlative zu Roger Federer (*1981) aus. Er hat bereits alles von Bedeutung in seinem Sport gewonnen und die Besten der Tenniswelt sind sich inzwischen darüber einig, wer der beste Tennisspieler aller Zeiten ist. Gibt es jemanden, von dem Sie besser etwas über Motivation lernen könnten?
Lassen Sie uns zu Beginn auf eine kleine Bilanz schauen, die vielleicht mehr sagt als viele Worte: Sonntag, 31. Januar 2010, Roger Federer gewinnt zum vierten Mal die Australian Open und erlangt damit seinen 16. Grand-Slam-Titel. Im Jahr 2009 hatte er durch seinen Sieg in Paris bei den French Open den Karriere-Grand-Slam erreicht, also zum ersten Mal alle vier großen Grand-Slam-Turniere mindestens einmal gewonnen. 2009 wurde er auch wieder die Nummer eins auf der Weltrangliste. Überlegen Sie mal, welche Kraft der Motivation hinter der folgenden Leistungsbilanz steht:
Auf wenigen Gebieten im Management gibt es derart viele Missverständnisse wie im Bereich der Motivation. Die Erwartungen, die an Chefs gestellt werden, sind meist genauso überzogen, wie die „Motivationsprogramme“ in Organisationen falsch und wirkungslos sind. Das Wichtigste gleich vorab: Motivieren müssen Sie sich immer selbst, wenn Sie es zu etwas bringen wollen. Bemerkenswerte Leistungen entstehen nicht dadurch, dass Sie sich von der Motivation durch andere abhängig machen. Sie müssen sich also zunächst bewusst dafür entscheiden, sich selbst motivieren zu wollen, dann können Sie auf ein paar sehr nützliche Ansätze zurückgreifen, wie Sie sich selbst motivieren können beziehungsweise wie Sie als Vorgesetzter Rahmenbedingungen schaffen, die Motivation mit sich bringen können.
1. Motivation aus Ergebnissen und aus dem Bewusstsein, einen Beitrag zum Ganzen zu leisten
Es ist eine Einstellungssache, ob Sie sich vorrangig auf Ihren Input und Ihre Anstrengungen oder auf Ihre Ergebnisse konzentrieren. Selbst die größte Anstrengung wird leichter, wenn Sie wissen, auf welches Ergebnis alles hinauslaufen soll. „The thrill of achievement“, der „Kick aus erbrachter Leistung“ ist einer der stärksten Motivatoren. Wenn Sie darüber hinaus Ihre Ergebnisse als Beitrag zu einer übergeordneten Sache sehen, als Beitrag zu einem Ganzen, dann haben Sie sehr große Chancen, dauerhaft motiviert zu bleiben.
Insbesondere im Beitrag zum Ganzen liegt im Kontext von Management eine der größten Quellen von Motivation verborgen. Die kompetente Erfüllung einer Aufgabe, die einen Beitrag zum Ganzen leistet, ist für viele Führungskräfte eine Quelle von Sinn – und in Sinn liegt die mit Abstand größte Motivationskraft. Da Sinn ein so wertvolles Element für wirksame Selbstführung und Führung von Menschen ist, geht das Kapitel mit Viktor Frankl darauf ausführlicher ein.
2. Konzentration auf Stärken und Fokussierung der Kräfte
Damit Ihnen Ihre Leistungen leichtfallen oder um vielmehr überhaupt zu nennenswerten Leistungen zu kommen, müssen Sie sich auf Ihre Stärken konzentrieren. Weniges wird Sie so sehr motivieren, wie Leistung dort zu erbringen, wo Sie Ihre Stärken haben.
Fokussieren Sie Ihre Kräfte darüber hinaus nur auf ganz weniges. So erreichen Sie bemerkenswerte Leistungen. Kein Normalsterblicher kann auf vielen Gebieten erfolgreich sein, oder, um es mit den Worten von Tennislegende Jimmy Connors zu sagen: „Im modernen Tennis bist du ein Sandplatz-Spezialist oder ein Rasen-Spezialist oder ein Hardcourt-Spezialist – oder du bist Roger Federer.“137 Und vom nicht gerade für übertriebene Bescheidenheit bekannten John McEnroe vernehmen wir: „Danke Roger, dass du uns alle zu durchschnittlichen Spielern degradiert hast. Ich habe in meinem Leben noch nie einen so begabten Spieler gesehen.“138 Außer für den Fall, dass sich Ihre Chefs und Kollegen ähnlich über Ihre Fähigkeiten als Manager äußern, sollten Sie sich auf ganz wenige Dinge konzentrieren, so gelangen Sie nämlich zu Ergebnissen und dort entsteht Motivation.
3. Hohe Erwartungen an die zu erbringende Leistung
Große Aufgaben und hoher Anspruch an die Qualität ihrer Erfüllung können ein erstklassiger Antrieb sein. Je besser Sie eine Aufgabe erfüllen wollen, desto mehr müssen Sie sich mit ihr beschäftigen. Die intensivere Beschäftigung mit einer Sache führt wiederum dazu, dass sie als Ganzes interessanter wird, ihre Erfüllung fällt dann mit der Zeit immer leichter, die Ergebnisse werden besser. Sie setzen einen sich verstärkenden Kreislauf in Gang. Die Freude am eigenen Leistungsvermögen, das Erlebnis eigener Wirksamkeit und der Stolz darauf sind angenehme Folgen, durch die Sie sich auch als Person weiterentwickeln werden, woraus Sie im Anschluss wieder eine enorme Motivation schöpfen können.
4. Konstruktives Denken
Halten Sie sich selbst dazu an, eine positive, konstruktive Sicht auf die Dinge einzunehmen. Nicht naiv blind sein für reale Probleme, sondern konstruktiv und aktiv gestaltend an die Aufgabe herangehen. Suchen Sie gezielt nach Chancen, selbst wenn es scheinbar nur Probleme gibt, und handeln Sie dann vor allem, anstatt untätig auf Lösungen zu warten. Konstruktives Denken ist aber auch die Fähigkeit, aus wenigen Erfolgen jene Kraft zu schöpfen, die einen über Tiefen hinwegträgt. Kein Sportler würde auf diese Herangehensweise verzichten. Nicht zu unterschätzen ist dabei, dass man sich auch in gewisser Weise einreden kann, motiviert zu sein. Gerade im Sport können Sie beobachten, welchen Einfluss die Kraft des positiven Denkens hat. Dass Roger Federer diese mentale Stärke perfektioniert hat wie kein Zweiter, können Sie in fast jedem seiner Endspiele sehen.
5. Richtige Personalentscheidungen und sinnvolles Job-Design
Motivation aus diesem Bereich heraus beginnt mit sorgfältiger Personalauswahl und gewissenhaftem Personaleinsatz. Beides wird in den Kapiteln mit Jack Welch und George Patton vertieft. Als Führungskraft haben Sie die Möglichkeit, mit guten Personalentscheidungen Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Motivation fördern: Wenn Sie Menschen so einsetzen, dass ihre Stärken mit der zu bewältigenden Aufgabe zur Deckung gebracht werden, haben Sie gute Chancen, dass nicht nur die Aufgabe kompetent erledigt wird, sondern dass es den Mitarbeitern auch leichtfällt, sich zu motivieren. Eine Garantie gibt es dafür selbstverständlich nicht, es ist aber dennoch ein Werkzeug, dessen Sie sich als Manager bedienen können und sollten.
Auch die Stellengestaltung, das Job-Design, hat einen erheblichen Einfluss auf die Motivation von Menschen. Stellen können zu umfangreich, zu unbedeutend oder gänzlich ohne Verantwortlichkeiten sein. Auf manchen Stellen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Mitarbeiter sich verzetteln, mit anderen Stellen wiederum sind Anforderungen verbunden, die niemand erfüllen kann, weil sie zu hoch oder zu verschiedenartig sind. Welch zentralen Einfluss das Job-Design auch auf die Motivation hat, wird oft übersehen.
6. Gute Kommunikation und Informationsweitergabe
Unter diesem Gesichtspunkt ist insbesondere herauszufinden, welche Informationen Sie Ihren Mitarbeitern, Kollegen und Ihrem Chef zukommen lassen müssen, damit diese ihre Aufgaben wirksam und effizient erfüllen können, und Sie müssen durchdenken, welche Information Sie Ihrerseits von Ihren Mitarbeitern, Kollegen und Ihrem Chef benötigen, damit Sie Ihre Aufgaben professionell erfüllen können. Gute Kommunikation alleine lässt noch keine Motivation entstehen, fehlt sie aber, ist Demotivation so gut wie sicher.
7. Durchdachtes Belohnungs- und Beförderungssystem
Hier verhält es sich ähnlich wie bei der guten Kommunikation. Alleine vermögen sie es nicht, Motivation zu bewirken, aber schlechte oder als unfair empfundene Systeme sind nahezu ein Garant für Demotivation. Entscheidungen über Entlohnungssysteme und Beförderungen sind immer mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu treffen.
Fazit: Motivation ist die Folge des eigenen Verhaltens und von kompetenter Führung. Die Verantwortung für die Motivation liegt also zu einem sehr großen Teil bei Ihnen selbst. Für viele ist es dabei überraschend, zu erleben, wie viel Einfluss auf die eigene Motivation besteht, wenn man sich bewusst dafür entscheidet und sich dazu selbst anhält. Wo immer Sie bei sich persönlich ansetzen können, haben Sie es somit selbst in der Hand. Es ist aber auch deutlich geworden, dass Sie als Führungskraft erheblichen Einfluss auf die Motivation in Ihrer Organisation nehmen können, indem Sie Rahmenbedingungen schaffen, die das Entstehen von Motivation erleichtern. Motivation ist dann die Folge kompetenter Führung.
Aufgaben und Denkanstöße:
- Was können Sie tun, um Ihre persönliche Motivation zu steigern?
- Wo werden Sie ansetzen, um einen Beitrag zur Motivation in Ihrer Organisation zu leisten?