Napoleon Bonaparte
Napoleon Bonaparte

Obwohl sie niemals so verliefen, wie er es eigentlich vorgesehen hatte, ließ sich Napoleon Bonaparte (1769–1821) nicht davon abhalten, jeden einzelnen seiner Feldzüge mit äußerster Genauigkeit zu planen. Diese umfassende Planung und das damit verbundene gründliche Durchdenken aller denkbaren Szenarien ermöglichten ihm zahlreiche Erfolge.

Er genoss großes Ansehen als Feldherr und Truppenführer. Seine Truppen verehrten ihn sehr, seine Gegner versuchten, es ihm gleichzutun. Er nutzte die mannigfaltigen Möglichkeiten der Kriegstechnik und baute sie virtuos in seine Pläne ein: Schnelle Märsche, überraschende Truppenkonzentrationen an strategisch entscheidenden Orten und die systematische Verwendung der Artillerie waren nur einige der Erfolgsfaktoren.

Bedeutende Kriegsherren haben der gründlichen Vorbereitung und Planung ihrer Feldzüge immer viel Aufmerksamkeit geschenkt. Dies gilt für Caesar ebenso wie für Friedrich den Großen oder auch Sunzi (Sun Tsu), der in Die Kunst des Krieges den Rat gibt, zunächst sorgfältig zu planen und erst dann zu handeln. Friedrich der Große schrieb mit Unterricht des Königs von Preußen an die Generäle seiner Armeen, die erste zusammenhängende Abhandlung der Moderne zur strategischen Theorie und Praxis, ein Dokument, das Friedrich kurz nach dem Siebenjährigen Krieg verfasste und bis zu seinem Tode im Jahr 1786 immer wieder überarbeitete. Seine Strategiegrundsätze befassten sich größtenteils mit Planung und Organisation.

Der wichtigste Stratege der Moderne war der preußische Offizier Carl von Clausewitz. In nahezu allen Militärakademien gehört sein Buch Vom Kriege noch heute zur Standardlektüre der Kadetten. Clausewitz wandte, stark von Kant und anderen deutschen Philosophen der Aufklärung beeinflusst, Methoden wie die kritische Argumentation auf den Krieg an. Hierbei verknüpfte er Theorie und Praxis des Krieges und setzte sich mit psychologischen und moralischen Aspekten des Krieges auseinander. Er schreibt: „Ist aus den Verhältnissen des Staates einmal bestimmt, was der Krieg soll und was er kann, so ist der Weg dazu leicht gefunden; aber diesen Weg unverrückt zu verfolgen, den Plan durchzuführen, nicht durch tausend Veranlassungen tausendmal davon abgebracht zu werden: das erfordert, außer einer großen Stärke des Charakters, eine große Klarheit und Sicherheit des Geistes […].91 Eine Kombination von Eigenschaften, die Clausewitz nur den allerwenigsten zugesteht.

Eine zentrale Ursache für die Schwierigkeiten, dem Plan treu zu bleiben, ist ein Phänomen, das Clausewitz als Friktion bezeichnet: „Es ist alles im Kriege sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig. Diese Schwierigkeiten häufen sich, und bringen eine Friktion hervor, die sich niemand richtig vorstellt, der den Krieg nicht gesehen hat. […] So stimmt sich im Kriege, durch den Einfluss unzähliger kleiner Umstände, die auf dem Papier nie gehörig in Betrachtung kommen können, alles herab, und man bleibt weit hinter dem Ziel.“92

Diese unvorhersehbaren, unzähligen kleinen Umstände – die Friktion – gefährden also die Umsetzung des Plans. Daraus leitet Clausewitz aber nicht ab, dass man nicht planen solle – im Gegenteil. Einer der herausragenden Schüler von Clausewitz, Helmuth von Moltke, schrieb, dass kein Plan die erste Feindberührung überlebe, und er schrieb dies vor dem Hintergrund, dass er selbst doch gerade berühmt für sein Planungsgeschick war.

Für Sie als Führungskraft heißt das: Gehen Sie davon aus, dass jeder Plan sich ändern wird. Aber nur, wenn Sie durch sorgfältige Planung und Vorbereitung die Situation immer wieder gründlich bis zu Ende durchdacht haben, inklusive aller denkbaren Szenarien, werden Sie in der Lage sein, auf alle Unwägbarkeiten, die zwangläufig auftauchen werden, flexibel im Denken und anpassungsfähig in der Umsetzung zu reagieren.

Machen Sie es sich zum Prinzip, Ziele, Mittel und Maßnahmen gemeinsam zu betrachten. Sie erreichen dadurch mehrere Dinge gleichzeitig: Erstens erlangen Sie ein tieferes Verständnis nicht nur für ein gegebenes Problem als solches, sondern auch für Ihre Organisation als Ganzes; zweitens gelangen Sie zu realistischeren Zielen, weil die wichtigsten Ressourcen, die Sie zu Erreichung des Ziels benötigen, von Beginn an mit berücksichtigt werden, und drittens denken Sie mehr und mehr in größeren und ganzheitlichen Zusammenhängen – also wie ein Unternehmer.

Beachten Sie zusätzlich auch Folgendes: Oft wird die langfristige Planung als eine bloße, unkritische Fortschreibung der aktuellen Zustände und Trends behandelt – und dies natürlich mit positivem Ausblick. Machen Sie es anders: Überlegen Sie einmal, ob Ihre heutigen Märkte, Kunden, Produkte, Dienstleistungen und Technologien morgen nicht ganz anders aussehen könnten. Wenn dem so ist, dann beginnen Sie mit dieser neuen Zukunft jetzt. Die Zukunft entsteht heute. Jeder langfristige Plan verwirklicht sich schließlich größtenteils durch eine Vielzahl von kurzfristigen Entscheidungen und Plänen. Und umgekehrt kann eine kurzfristige Entscheidung nur dann richtig getroffen werden, wenn sie einen Beitrag zum langfristigen Plan leistet. Wenn Sie bei diesen Überlegungen Ziele, Mittel und Maßnahmen gemeinsam betrachten, haben Sie einen entscheidenden Schritt vollzogen, realistische Ziele für die Zukunft zu definieren und diese dann auch tatsächlich erreichen zu können.

Es gibt eine sehr bewährte Methode, wie Sie Ihre Fähigkeit zu entscheiden und zu planen kontinuierlich verbessern können: Nutzen Sie Feedback. Vergleichen Sie Ihre ursprünglichen Erwartungen, als Sie eine Entscheidung getroffen und einen entsprechenden Plan formuliert haben, mit den tatsächlichen Ergebnissen. Dazu müssen Sie Ihre Entscheidung, die beabsichtigten Maßnahmen und Ihre damit verbundenen Erwartungen mitsamt den Gründen, die Sie dazu bewogen, vorab schriftlich festhalten. Diese Aufzeichnungen vergleichen Sie hinterher mit den Ergebnissen. Wenn Sie das konsequent machen, werden Sie mit der Zeit zu einem wirklich kompetenten Entscheider und auch Ihre Fähigkeiten, realistische Pläne zu entwickeln, werden sich verbessern.


Aufgaben und Denkanstöße:

  • Was müssen Sie bei einer aktuell anstehenden Entscheidung tun, um sorgfältiger zu planen?
  • Überdenken Sie Ihre Standards und Ihren Anspruch, wenn es um Vorbereitung und Planung geht.

Management - von den Besten lernen
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