Kapitel 7

Die nächsten drei Tage vergingen in hektischer Betriebsamkeit. Wir begannen mit der Aufzeichnung der Folgen für die kommende Woche. Ich schickte Dillon seine Sachen zu (sans Hund und einer Handvoll DVDs). Sicherheitshalber ging ich nicht ans Telefon, ließ die Schlösser austauschen und sorgte dafür, dass Bentley so häufig wie möglich in meiner Nähe blieb. Es war schwer, zu glauben, dass es so enden musste. Aber wie hieß es noch bei T. S. Eliot? »Nicht mit einem Knall, sondern mit einem leisen Wimmern.« Vielleicht enthielten diese Worte ja ein Fünkchen Wahrheit …

Trotzdem war es nicht leicht. Ich glaubte immer noch daran, dass Dillon und ich ein Traumpaar und dafür bestimmt waren, für den Rest des Lebens zusammen zu sein. Wir hatten uns zufällig kennengelernt. Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung, zu der mich meine Tante geschleppt hatte. Es war sterbenslangweilig, deshalb hatte ich mich auf die Terrasse gestohlen, um frische Luft zu schnappen. Dillon hatte die gleiche Idee gehabt. Er hatte sich über die Balustrade gelehnt und den Anblick der Stadt bestaunt.

Manhattan bei Nacht ist unschlagbar. Lichter glitzern wie Diamanten, eingebettet in die Geräuschkulisse der nächtlichen Großstadt. Und sich das Ganze von oben anzusehen, macht es erst recht zu einem unglaublichen Erlebnis.

Wir hatten uns nicht mit Small Talk aufgehalten. Stattdessen war sofort dieses instinktive und intensive Gefühl der Verbundenheit da gewesen, das meinen Magen zum Flattern gebracht, meinen Herzschlag beschleunigt hatte. Dillon, der erst wenige Wochen zuvor aus Kalifornien hergekommen war, erlag gerade vollends dem Zauber der Stadt. Und ich war entzückt gewesen, sie ihm zu zeigen. Dabei hatten wir festgestellt, dass es so manche Gemeinsamkeit zwischen uns gab. Seine Eltern, reiselustige Jetsetter, hatten ihn größtenteils sich selbst überlassen – etwas, womit ich mich vollauf identifizieren konnte.

Doch unsere Gemeinsamkeiten gingen weit über das Fehlen familiären Halts oder die Liebe für diese Stadt hinaus. Wir liebten es, zu jeder erdenklichen Tageszeit zu frühstücken. Wir hassten gesellschaftliche Einschränkungen und Konventionen, nicht jedoch die Annehmlichkeiten, die man für Geld kaufen kann. Wir liebten moderne Kunst, ausgiebige Spaziergänge durchs Village und kleine Pubs und Läden, in denen man uns kannte.

Kurz gesagt – wir liebten. Wie verrückt und aus tiefstem Herzen. (Ein Film, den wir übrigens ebenfalls liebten.)

Und nun, ohne jede Vorwarnung, musste ich all das in Frage stellen. Ich meine, er hatte sich nicht in irgendwen verliebt, sondern in Diana Merreck – den Inbegriff all dessen, was er aus tiefster Seele verabscheute. Sie stand für altes Geld und keinerlei Toleranz für irgendetwas, das sich jenseits der hermelinverbrämten Behaglichkeit ihrer Upper-East-Side-Welt befand.

Es fühlte sich an, als wäre ich geradewegs in den Kaninchenbau gefallen und befände mich in einer willkürlich verdrehten Welt.

Und dann – als wäre das noch nicht genug – war da noch Ethan. Und mein DATE mit ihm.

Über das ich in den letzten Tagen beinahe ebenso viel nachgegrübelt hatte wie über Dillons schmählichen Verrat. Was an sich schon bedenklich war. Ich meine, wenn ich Dillon aufrichtig liebte, wie konnte ich mich dann mit einem anderen Mann treffen? Andererseits – weshalb sollte ich nun, da Dillon fort war, zu Hause sitzen und mich selbst bemitleiden?

Ethan schien in jeder Hinsicht ein toller Mann zu sein. Weshalb sollte ich also nicht mit ihm essen gehen?

Und so ging es weiter. Hin und her, vor und zurück. Tolle Idee … keine tolle Idee … Andi hat völlig den Verstand verloren …

Mitten in all diesen Grübeleien schaffte ich es, mir die Haare schneiden, die Nägel machen und die Brauen mit Wachs in Form bringen zu lassen. Dies war mein erstes Date seit knapp drei Jahren, deshalb würde ich wohl jede erdenkliche kosmetische Hilfe brauchen. (Clinton schlug sogar eine Botox-Behandlung vor, was ich jedoch mit dem Verweis auf meinen erst wenige Tage zurückliegenden Krankenhausaufenthalt und meine genähten Schnittwunden ablehnte. Schließlich hat die Leidensfähigkeit eines Menschen ihre Grenzen.)

Rein körperlich betrachtet war ich eigentlich in Bestform, aber emotional legte ich eine Achterbahnfahrt aus Depression, blanker Panik und einem vergessen geglaubten jugendlichen Anflug von gespannter Erregung hin. Und intellektuell, so behauptete zumindest Bethany, die am meisten unter meinen fieberhaften Überlegungen zu leiden hatte, war ich schlicht unzurechnungsfähig.

Zum Glück für meine Freunde und meine eigene geistige Gesundheit hatte ich jedoch einen Job, der mich den Großteil der Zeit mit Beschlag belegte. Mitte der Woche lief die Mardi-Gras-Sendung, und Wunder über Wunder, sowohl die Post als auch die Daily News griffen unseren Verriss auf. Tja, Diana … Wer auch immer behauptet hat, Rache sei ein Gericht, das am besten kalt serviert wird, hat nicht verstanden, worum es in Wahrheit geht. Ohne emotionale Beteiligung verpufft ein solcher Akt doch in der Bedeutungslosigkeit. Wenn einem Rache keinen Kick verpasst, wozu ist sie dann nütze? Und die Tatsache, dass ich ihr zumindest symbolisch eine schallende Ohrfeige verpasst hatte, erfüllte mich zugegebenermaßen mit enormer Befriedigung.

Wir begannen mit der Aufzeichnung der nächsten Sendung, und wie immer erwies sich die Arbeit in der Showküche als erstklassige Flucht. Es gibt nichts Besseres, um die Anspannung zu lösen, als Zwiebeln zu schnippeln, Fleisch zu klopfen oder einen herrlich aromatischen Brotteig nach allen Regeln der Kunst zu kneten. Außerdem wagt es keiner, einer Frau mit einem riesigen Küchenmesser in der Hand zu widersprechen.

Dennoch blieb die leidige Frage, wie ich den Sendeverantwortlichen Philip DuBois liefern sollte. Wie versprochen hatte Bethany ihre Kundin kontaktiert, die nur zu gern Auskunft erteilt hatte.

Leider stellte sich heraus, dass DuBois’ PR-Beraterin aus einem gänzlich anderen Holz geschnitzt war.

Monica Sinclair vertrat Philip DuBois seit rund fünfzehn Jahren. Was bedeutete, dass sie daran gewöhnt war, ihn aus dem Rampenlicht fernzuhalten. Als Cassie sie das erste Mal anrief und um einen Termin bat, lehnte sie mit einem kategorischen »Nein« ab. Aber irgendwann war es Cassie mit ihrer bewährten Hartnäckigkeit gelungen, sie zu einem Gespräch zu überreden. Also standen wir nun an der Ecke Sixth und 48. Straße und machten uns auf den Weg zu Metro Media.

»Bist du bereit?«, fragte Cassie, als sie uns am Empfang des Simon-&-Schuster-Gebäudes in die Besucherliste eintrug. Metro Media war die drittgrößte PR-Agentur in der Stadt, die die wichtigsten Größen der Unterhaltungsbranche vertrat. Spitzensportler, Musiker, Filmstars und sogar ein paar Politiker. Berühmtheiten aus jeder Branche. Einschließlich Küchenchefs, allen voran Philip DuBois.

»Nur Monica wird anwesend sein, DuBois nicht?«, fragte ich, als wir in den Aufzug traten.

»Nein, ich glaube, sie hat noch gar nicht mit ihm darüber gesprochen. Dieser Termin dient uns einzig und allein als Chance, ihr genauer zu erklären, was uns vorschwebt. Und wenn wir sie auf unserer Seite haben, geht sie damit zu DuBois.«

»Und überredet ihn, seine Aversion gegen öffentliche Auftritte zu überwinden und in die Sendung zu kommen. Was niemals passieren wird. Ich hätte DuBois nicht ins Gespräch bringen dürfen.«

»Die Idee war sensationell.« Cassie drückte meine Hand. »Wir müssen nur ein bisschen taktieren und raffiniert vorgehen. Und genau das ist doch unsere Stärke, oder nicht?«

»Das ist deine Stärke«, korrigierte ich sie.

Cassie hatte eine glänzende Karriere im Fernsehgeschäft vor sich. Sie besaß ein erstklassiges Gespür für neue, unverbrauchte Themen, die sich kommerziell gut umsetzen ließen. Neben meiner Sendung hatte ihre Firma mehrere Specials für PBS, eine Mockumentary für HBO, eine Science-Fiction-Serie für einen der großen Sender und eine sensationelle Reality-Sendung über Zirkusartisten produziert.

Sie hatte mehrere Auszeichnungen gewonnen, darunter einen Emmy, einen Golden Globe und einen Clio für irgendeine Werbearbeit zu Beginn ihrer Karriere. Es war mir eine Ehre, dass sie sich bereit erklärt hatte, mit mir zu arbeiten. Und natürlich war ich dankbar, sie als Freundin zu haben. Cassie war ohne Zweifel ein Mensch, den man gern neben sich hatte, wenn man in die Schlacht ritt.

Wie aufs Stichwort kam der Aufzug zum Stehen, und die Türen glitten auf.

»Wir sind da«, sagte ich mit zittriger Stimme.

»Wir ziehen das gemeinsam durch«, versicherte mir Cassie. »Als Erstes knacken wir die PR-Frau. Wenn wir sie auf unserer Seite haben, wird sie DuBois überreden, und ehe du dich versiehst, steht er neben dir am Herd. Wart’s ab.«

»Dein Wort in Gottes Ohr.«

»Wir schaffen das schon.« In Cassies Stimme lag ein befehlender Unterton. Was genau das war, was ich brauchte.

Ich holte tief Luft und nickte, als wir die Räumlichkeiten von Metro Media im achten Stockwerk betraten.

Die Lobby war in jenem bewusst minimalistischen Stil eingerichtet, der vor einigen Jahren als besonders chic galt. Im Wartebereich dominierte schwarzes Leder, und hohe, schmiedeeiserne Designerleuchten ragten gen Himmel wie moderne Folterinstrumente.

Nachdem wir uns angemeldet hatten, piepste die Empfangsdame Monica an, und noch bevor wir Gelegenheit hatten, die neueste People-Ausgabe durchzublättern, saßen wir bereits in ihrem Büro.

Im Gegensatz zur Lobby wirkte der Raum hell und luftig. Zart beige gestrichene Wände, dazu malvenfarbene Teppiche und tiefviolette Sitzbezüge, deren Intensität von der Schlichtheit der Möbel und den gedämpften Tönen zweier hübscher Ölgemälde hervorgehoben wurde.

Ebenso wie ihr Büro verströmte Monica die Aura unaufdringlicher Eleganz. Sie war von Kopf bis Fuß in Grau gekleidet und hatte ihr schwarzes Haar zu einem makellosen Chignon im Nacken frisiert, was ihr etwas Französisches verlieh, wie ich erstaunt bemerkte. Bei genauerer Überlegung ergab es jedoch durchaus einen Sinn. DuBois war in der Provence aufgewachsen und hatte den Großteil seiner Karriere in Paris zugebracht. Somit waren ihm Gediegenheit und schlichter Stil sehr vertraut. Sie standen für Vertrauenswürdigkeit – allesamt Qualitäten, die DuBois an einer PR-Beraterin nachvollziehbarerweise suchen würde.

»Wenn ich recht verstanden habe«, ergriff Monica das Wort und kam ohne Umschweife zur Sache, »brauchen Sie Philip in einer Fernsehsendung.« Der kaum hörbare Akzent verriet mir, dass ich mit meiner Frankreich-Vermutung richtig gelegen hatte. Zwar war er sorgsam abtrainiert, verlieh ihr aber dennoch die Aura exotischer Autorität.

»Wir möchten Mr. DuBois gern haben«, korrigierte Cassie. »Besser gesagt, wir würden uns geehrt fühlen, wenn er käme.«

»Ja. Laut meiner Quellen müssen Sie Philip in Ihre Sendung holen, wenn Sie den Sprung ins Hauptabendprogramm schaffen wollen.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und hob in kontrollierter Belustigung eine Braue. Läge nicht meine gesamte Karriere in Monica Sinclairs perfekt manikürten Händen, wäre mir diese Frau überaus sympathisch.

»Ihre Quellen haben Sie richtig informiert«, sagte ich. »Oder zumindest teilweise. Ich habe die Chance, ins Hauptabendprogramm zu kommen. Und das bedeutet, dass wir uns ein ganz besonderes Konzept einfallen lassen müssen. Aber die Idee, Philip DuBois dazu einzuladen, stammt allein von mir. Schon seit einer halben Ewigkeit bin ich ein Fan von ihm. Das Bijou ist eine Legende, und wann immer ich in L. A. bin, besuche ich dort sein Restaurant. Letztes Jahr, als ich mit meinem Freund in Paris war, haben wir im Le Mangeoire gegessen.«

»Paris ist eine sehr romantische Stadt«, bemerkte Monica.

»Es war wunderschön.« Und ich hatte gedacht, dass Dillon und ich die Reise aus Nostalgie wiederholen würden, wenn wir einmal alt und grau wären. So viel zum Thema Romantik. »Ich erinnere mich noch genau an den Wolfsbarsch mit getrockneten Tomaten. Und an die Profiteroles.«

»Die lieben alle.« Monica quittierte meine Begeisterung mit einem Lächeln. Ich schob meine unerfreulichen Gedanken beiseite und lächelte zurück. Mit Essen das Eis zu brechen, war nichts Neues für mich.

»Na ja, Sie können sich bestimmt vorstellen, wie aufgeregt ich war, als ich hörte, dass Mr. DuBois hier in Manhattan ein Restaurant eröffnen wird. Das ist sensationell.«

»Nur dass bisher offiziell niemand davon wissen sollte«, erklärte Monica stirnrunzelnd. »Wer hat es Ihnen erzählt?«

»Ein Insider«, erwiderte ich und dachte an Bernie und ihre Freundinnen. »Und ganz bestimmt niemand, der Mr. DuBois Böses will. Meine Freundin hat es rein zufällig mitbekommen und nur erzählt, weil sie weiß, wie sehr ich seine Arbeit bewundere. Sie wusste, wie begeistert ich wäre, wenn ich erfahre, dass er nach New York zurückkehrt. Und genau aus all diesen Gründen hätte ich ihn schrecklich gern in meiner Sendung.«

»Um Was kocht in der Stadt? ins Hauptabendprogramm zu heben«, bemerkte Monica spitz.

»Natürlich.« Ich nickte. »Wer würde sich diese Gelegenheit entgehen lassen? Und Mr. DuBois in der Sendung zu haben, wäre garantiert hilfreich für meine Karriere. Das gebe ich unumwunden zu. Aber, ganz ehrlich, für mich hätte seine Zusage einen viel höheren Stellenwert. Es wäre ein Traum, der in Erfüllung geht. Die Chance, mit einem wahren Meister zu kochen.«

»Und«, schaltete Cassie sich geschickt ein, »es wäre die perfekte Gelegenheit für Mr. DuBois, für sein neues Restaurant die Trommel zu rühren, ohne sich dem Stress eines konventionellen Interviews aussetzen zu müssen. Wir reden hier von einer Kochsendung. Und von der positiven Resonanz auf Mr. DuBois und seine Rückkehr nach New York.«

»Ich habe die Sendung diese Woche gesehen.« Wieder lehnte Monica sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. »Es ging um ein Restaurant namens Mardi Gras, nicht wahr? Nicht unbedingt eine positive Resonanz.«

Ich seufzte. »Einmal pro Monat machen wir eine Restaurantkritik. In diesem Fall entsprach das Essen leider nicht unseren Erwartungen. Und es ist meine Pflicht, meinen Zuschauern zu sagen, wie ich darüber denke. Aber wenn Sie unsere Archive überprüfen, werden Sie feststellen, dass es ebenso viele positive Kritiken gibt wie negative, da bin ich mir ganz sicher. Das Mardi Gras gehörte nur leider nicht zu den Gewinnern, fürchte ich.«

»Aber«, warf Cassie eilig ein, »eine Kritik über Mr. DuBois’ Restaurants wird es nicht geben. Es wird überhaupt keine Kritik geben. Abgesehen von unserem monatlichen Restauranttipp bringt Andi den Großteil der Sendung damit zu, mit Küchenchefs über ihre Lieblingsgerichte und ihre Restaurants zu plaudern.«

»Ebenso wie über ihre Stammgäste und deren Privatleben. Ja, ich habe die Sendung schon häufiger gesehen.«

»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte ich. »Aber wenn Sie die Sendung kennen, wissen Sie ja, dass all das nur mit den besten Absichten geschieht. Ich liebe Manhattan, und ich liebe seine Restaurants. Deshalb ist es ein Privileg, meinen Zuschauern die bedeutendsten Eckpfeiler der hiesigen Gastronomie nahezubringen.«

»Und welche Aufgabe haben Sie Philip dabei zugedacht?«

Cassie nickte. »Wir möchten einen Einblick in seine Kochkunst und dabei unseren Zuschauern die Möglichkeit geben, den Mann hinter dem Meisterkoch kennenzulernen. Es wäre ein Special, das einem der bedeutendsten Köche gewidmet ist.«

»Aber die Welt liebt ihn doch sowieso schon«, entgegnete Monica. »Oder zumindest seine Kochkunst. Welchen Vorteil hätte Philip also durch Ihre Sendung?«

»Auf internationaler Ebene gilt er definitiv als einer der Größten«, erklärte ich, »aber hier in der Stadt ist er noch kein so großer Star.« Cassie schüttelte den Kopf, doch ich achtete nicht auf sie. Wenn ich mich nicht völlig irrte, war Monica Sinclair der Typ Frau, der mit Ehrlichkeit am besten umgehen konnte. »Sie wissen so gut wie ich, dass es bei der Schließung des Bijou sowohl in Finanz- als auch in Gastronomiekreisen einige Verstimmung gab. Und in beiden Branchen gibt es Leute mit gutem Gedächtnis, fürchte ich.«

»Und Sie glauben, Ihre Sendung hilft, diese ›Verstimmung‹, wie Sie es nennen, hinfällig zu machen?«

»Ich glaube, es ist eine Chance, den Leuten zu zeigen, dass Vergangenheit Vergangenheit ist. Und dass Mr. DuBois in die Stadt zurückkehrt, um zu kochen, und nicht weil er in den alten Geschichten rühren will. Es ist eine Gelegenheit, die Leute wissen zu lassen, dass er seinen Namen und einen Teil des phänomenalen Erfolgs, den er sich in der Welt erarbeitet hat, in die Stadt zurückbringt, in der er Wurzeln hat. Das Bijou war sein erster echter Erfolg, stimmt’s? Also gibt es hier eine Geschichte. Und New Yorker lieben Geschichten. Wenn man das Ganze geschickt anpackt, werden sie ihn wie den sprichwörtlichen verlorenen Sohn aufnehmen, der heimkehrt.«

»Ein interessanter Ansatz.« Sie kniff konzentriert die Augen zusammen.

»Noch viel wichtiger ist, dass es eine Chance für ihn ist, das zu tun, was er am besten kann. Kochen. Und seine Liebe dafür mit einem Publikum zu teilen, das ähnlich denkt. Wir alle können nur gewinnen.«

Cassie nickte mit unübersehbarer Begeisterung.

»So etwas hat er seit Jahren nicht mehr gemacht«, sagte Monica und neigte nachdenklich den Kopf zur Seite. »Aber was seinen Ruf angeht, haben Sie recht. Auch wenn er völlig ungerechtfertigt ist, versteht sich. Es gab wichtige Gründe, weshalb er New York damals verlassen musste. Persönliche Gründe. Aber als Mensch, der sein Privatleben eisern unter Verschluss hält, wird er sie natürlich niemals preisgeben. Was bedeutet, dass dieses Thema absolut tabu in Ihrer Sendung wäre.«

»Das verstehe ich vollkommen.« Ich nickte. »Und das lässt sich unter Garantie auch schriftlich fixieren. Ich habe keinerlei Interesse daran, in Mr. DuBois’ Privatleben herumzustochern. Ich möchte einfach nur mit ihm kochen. Und die Zuschauer von Was kocht in der Stadt? daran teilhaben lassen.«

»Ich muss zugeben, die Idee, ihn in einem anderen Licht zu präsentieren, gefällt mir.«

»Über seine Karriere würden wir natürlich reden wollen«, warf Cassie in geschäftsmäßigem Tonfall ein. »Sowohl über seinen gastronomischen Background als auch über seine diversen Restaurants. Das macht den Reiz unserer Sendung aus.«

»Das wäre bestimmt akzeptabel.« Monica nickte. »Solange es klare Grenzen gibt und wir die Themen vorher festlegen.«

»Also wollen Sie es tatsächlich machen?«, fragte ich mit mühsam verhohlener Begeisterung.

»Ich stehe Ihrem Vorschlag mit vorsichtigem Optimismus gegenüber, drücken wir es einmal so aus. Natürlich muss ich erst Philip davon erzählen. Und für die Presse ist er grundsätzlich nicht sonderlich empfänglich.«

»Aber ich bin ja nicht die Presse. Keineswegs. Ich bin nur ein Glückspilz, der dankbar ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, indem er die besten Meisterköche kennenlernen und mit ihnen kochen darf. Es ist die reine Freude, das müssen Sie mir glauben.«

»Das tue ich«, erwiderte sie lächelnd. »Das ist einer der Gründe, weshalb ich Ihre Anfrage überhaupt in Betracht gezogen habe.«

»Gut«, sagte Cassie, stets der Inbegriff der Professionalität, »dann sind wir uns also einig. Ich habe einen Ordner mit Quoten und allen möglichen demografischen Daten für Sie zusammengestellt. Sie werden feststellen, dass sie erfreulich in die Richtung von Mr. DuBois’ Zielpublikum gehen.« Sie legte einen dicken Packen auf Monicas Schreibtisch. »Außerdem finden Sie ein ausführliches Exposé über das Format der Sendung, falls Mr. DuBois sich dafür entscheiden sollte. Es liegt auch eine DVD mit mehreren Folgen von Was kocht in der Stadt? in dem Format bei, das wir uns für Mr. DuBois vorstellen.«

»Hervorragend.« Monica erhob sich, um uns die Hand zu schütteln. »Ich werde mir alles ansehen und Ihre Ideen dann Philip präsentieren.«

»Gewiss verstehen Sie, dass unser Zeitrahmen recht eng ist«, fuhr Cassie fort. »Leider bleibt uns nur ein kleines Zeitfenster.«

»Absolut. Und offen gestanden ist auch Philip kein Mann, der eine Entscheidung unnötig lange hinauszögert. Insofern hoffe ich, dass ich recht bald wieder auf Sie zukommen kann.«

Ich nickte und überließ es Cassie und Monica, die Details unserer potenziellen Zusammenarbeit zu fixieren, während ich meinen kleinen Sieg genoss. Cassie hatte recht gehabt – mit Monica auf unserer Seite war die Vorstellung, schon bald mit Philip DuBois am selben Herd zu stehen, noch dazu in einer landesweiten Sendung, auf einmal durchaus im Bereich des Möglichen.

Das Hauptabendprogramm war zum Greifen nah.