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Planetare Kommandostelle der Nebelparder,
Warrenton, Hyner
Nebelparder-Besatzungszone
Sterncolonel Paul Moon hörte ein Klopfen an der Tür und schaltete den Bildschirm in der Schreibtischplatte dunkler. »Herein.«
Ein Mann trat in sein Büro, und Paul Moons Augen weiteten sich leicht, als er in ein von schweren Verbrennungen vernarbtes und deformiertes Gesicht blickte. Trotz einer Lage Synthehaut hatte das Gesicht immer noch etwas von einer zerschmolzenen Gummimaske. Moon empfand den Blick seines Gegenübers als leicht beunruhigend. Der Mann hatte ein natürliches Auge und eines, das von einem Kranz aus Schaltkreisen und Metall umgeben war. Als er in dieses seltsame, beinahe nicht mehr menschliche Gesicht sah, fragte der Sterncolonel sich, wieviel von einem Menschen noch in der Gestalt steckte, die da vor ihm stand.
»Sterncaptain Trent meldet sich zum Dienst«, erklärte Trent zackig und nahm vor seinem neuen Kommandeur Haltung an. Er trug zu Ehren der Gelegenheit seine feldgraue Ausgehuniform, komplett mit schwarzen und roten Litzen.
Einen Augenblick lang sagte Paul Moon gar nichts. Dann stand er auf, reckte sich zu seiner vollen Größe von zweihundertfünfundsiebzig Zentimetern. Er starrte auf den narbenbedeckten, mißgestalteten Krieger vor sich herab. Für viele Krieger wäre eine solche Verwüstung ihrer Züge ein Zeichen großen Stolzes. Aber bei dem hier ist sie nur eine Erinnerung an sein Versagen. »Das also ist Sterncaptain Trent. Ich habe deine Akte gelesen, Sterncaptain, und du sollst wissen, daß ich nicht um deine Versetzung zum Sturmreiter-Sternhaufen gebeten habe. Die Versetzungen und Umorganisierungen seit der Schlacht um Tukayyid zwingen mich, dich unter meinem Befehl zu akzeptieren.«
»Ich verstehe nicht, Sterncolonel. Gibt es irgendeinen Grund, warum du mich nicht als Untergebenen haben willst?«
»Aye«, stellte Paul Moon mit tiefer Stimme fest. »Laß dir folgendes durch den Kopf gehen, Sterncaptain. Ich bekomme dich meinem Befehl unterstellt, einen Krieger, dessen beste Zeit fast vorüber ist, einen Krieger ohne Blutnamen. Einen Krieger, der in seinen zwei letzten Gefechten seinen BattleMech verloren hat. Einen Krieger, dem es nicht gelungen ist, die Ehre der Nebelparder in der wichtigsten Schlacht, die unser Clan je geschlagen hat, gegen einen Gegner ohne irgendwelche Kampferfahrung aufrecht zu halten. Und nun versuche dir vorzustellen, wie begeistert ich über die Aufnahme dieses Kriegers in meine Einheit bin.«
Trents natürliche Haut rötete sich etwas.
»Erlaubnis, frei zu sprechen, Sterncolonel.«
Paul Moon nickte langsam.. »Sprich, Sterncaptain.«
»Du hast meinen Kodax fehlinterpretiert, Sterncolonel. Es gibt
Dinge, von denen du nichts weißt und die in den Unterlagen nicht
erscheinen.«
»Als da wären?«
»Ich habe mich auf Tukayyid ehrenvoll geschlagen. Ich wurde in
einem Gefecht gegen eine überwältigende Übermacht abgeschossen.
Wäre ich nicht gewesen, wäre Sterncaptain Tez heute tot.«
Moon hatte Mühe, seinen Ärger im Zaum zu halten. »Lügen stehen
Offizieren unter meinem Befehl nicht an, Trent. Ich habe die
Berichte deiner Missionen gelesen. In Wahrheit war es Jez, die dich
gerettet hat. Noch eine derartige Anschuldigung gegen eine
Offizierin wie sie, und du wirst mir im Kreis der Gleichen
gegenübertreten. Ich versichere dir, daß du dir das nicht wünschen
solltest.«
»Ich belüge dich nicht, Sterncolonel.«
»Du hast Beweise für deine Behauptung, franeg?«
Eine lange, unbehagliche Pause. »Neg.«
»Nur dein Wort.« Moon versuchte nicht, seinen Sarkasmus zu
verbergen.
»Mein Wort als Krieger sollte dir genügen, Sterncolonel. Welcher
wahre Parder-Krieger würde es wagen, solche Lügen zu sagen?« In
seiner Stimme schwang Wut mit. »Und was das Gestampfe angeht, ist
noch mehr zu erwähnen. Meine Leibeigene und ich haben vor ein paar
Tagen meinen Mech nach dem Test um den HowellBlutnamen inspiziert.
Es gab Anzeichen für Sabotage.« Seine Worte hingen volle fünf
Sekunden in der Luft, in denen Paul Moon ihn ungläubig
anstarrte.
»Sabotage? Neg. Wer hätte eine derartige Sabotage durchführen
sollen? Vielleicht war es deine eigene Freigeburts-Leibeigene,
frapos? Wärst du nicht so schnell damit bei der Hand gewesen,
Freigeburtsabschaum in unseren Clan zu holen, dann müßtest du jetzt
möglicherweise nicht haltlose Anschuldigungen erfinden.«
»Wir haben Spuren gefunden, Sterncolonel. Es kann nur einer der
anderen Techniker gewesen sein: MasterTech Phillip, der Zugang zu
meinem Aktivator hatte.«
Moon schüttelte den Kopf auf seinem Hals, der an einen Baumstamm
erinnerte. »Negativ, Sterncaptain. Du sprichst von meinem
persönlichen Tech. Warum sollte er so eine Tat verüben? Zu welchem
Zweck? Er könnte von einer derartigen Sabotage in keinster Weise
profitieren.«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Trent. »Aber ich weiß, daß es
Hinweise auf eine Sabotage gibt, und daß die einzigen Personen mit
dem Wissen und der Gelegenheit, sie zu verüben, MasterTech Phillip
und meine Leibeigene waren. Allermindestens würde eine solche
Handlung das Gestampfe ungültig machen.«
Moon verschränkte die Arme und sah auf den ihm gegenübersitzenden
Offizier hinab. »Du klammerst dich an Strohhalme, um irgendwie noch
einmal eine Chance auf einen Blutnamen zu erhalten. Auf so etwas
lasse ich mich nicht ein.«
»Aber, Sterncolonel...«
»Die Diskussion ist beendet, Sterncaptain. Und ich habe nur
Verachtung dafür übrig, wie du versuchst, dein Versagen als Krieger
mit billigen Ausflüchten zu entschuldigen. Wenn du durch ein
mechanisches Versagen das Gestampfe und deine Chance auf einen
Blutnamen verloren hast, so ist das Pech, und der andere Krieger
hat nichtsdestoweniger fair gewonnen.« »Sterncolonel
Moon...«
Moon schnitt ihm mit einer Stimme das Wort ab, unter der sein
gesamtes Büro zu erzittern schien. »Die Debatte ist beendet, Trent.
Laß es gut sein.«
»Ich fordere einen Widerspruchstest über deine Entscheidung,
Sterncolonel«, erwiderte Trent.
Moon freute sich über Trents Herausforderung, wenn auch nur für
eine Sekunde. Und aus keinem Grund, der Trent angenehm gewesen
wäre. Moon gefiel die Vorstellung, Trent mit bloßen Händen zu
zerreißen. Aber er hatte eine höhere Bestimmung zu erfüllen, einen
größeren Befehl zu beachten. Das war das Wesen des Nebelparders.
»Abgelehnt, Trent. Erstens würde ich dich zerquetschen, wenn wir
uns im Kreis der Gleichen gegenüberstünden. Du repräsentierst den
Grund, dessentwegen unser Clan nicht als Sieger der Invasion auf
Terra dasteht. Und meines Wissens wurde in der Geschichte unseres
Clans noch niemals der Ausgang eines Gestampfes rückgängig gemacht.
Ein Sieg über mich würde dich nur vor das Konklave bringen, und das
würde niemals eine auf dem Schlachtfeld gefällte EntScheidung
widerrufen. Und ganz sicher nicht auf das Wort einer
Freigeburts-Leibeigenen und eines verbrauchten Kriegers
hin.«
»Du versperrst mir meine Zukunft, Sterncolonel.« Es schien Moon,
als könne er den Widerstand aus Trents Körper strömen
sehen.
»Neg«, antwortete er. »Ich bewahre dich davor, die Traditionen und
Riten unseres Clans weiter zu besudeln.«
Trent starrte ihn schweigend aus seinen beunruhigenden Augen an,
während Moon die Tirade fortsetzte. »Du verstehst überhaupt nicht,
wie du mich bereits beleidigt hast, franeg! Es ist nicht nur
Tukayyid. Du hast es sogar gewagt, einen von denen als Isoria zu beanspruchen - sie in unser
Lager zu bringen. Du hast eine der Kriegerinnen beansprucht, die
dich besiegt haben, und hast sie als Leibeigene hierher
gebracht.«
»Damit war keine Beleidigung verbunden, Sterncolonel. Judiths
Leistungen im Kampf waren außergewöhnlich. Ich ehre unseren Clan,
indem ich sie beanspruche.«
»Neg. Sie macht deine Erscheinung nur noch grauenhafter. Sie hängt
um deinen Hals wie ein Albatros. Wir alle wissen, daß diese Judith
nie wieder als Kriegerin kämpfen wird. Und als einem meiner
Offiziere sollte dir klar sein, daß ihre bloße Anwesenheit dich
hier in den Augen deiner Nebelparder-Brüder und -Schwestern
besudelt. Ich an deiner Stelle würde sie töten, statt sie als
Erinnerung an mein Versagen mitzuschleppen.«
Trent sagte nichts, und Moon schüttelte angeekelt den
Kopf.
Er streckte die Hand nach dem Bildschirm auf seinem Schreibtisch
aus und studierte einen Moment lang die Anzeige. »Ich gebe dir den
Befehl über einen Stern, Trent. Inzwischen dürfte dir klar sein,
daß ich das nur tue, weil dein Rang es von mir verlangt. Du wirst
Einsatzstern Beta des Binärsterns Beta unter Sterncaptain Jez
übernehmen. Ich plane, die Einheit zu einem Trinärstern zu
erweitern, falls die Mittel dazu verfügbar werden.« »Sterncolonel«,
wandte Trent ein. »Ich bin ein Sterncaptain. Es ist üblich, einem
Offizier meines Rangs den Befehl über einen Binär- oder Trinärstern
zu geben.« Innerhalb der Nebelparder ebenso wie bei den übrigen
Clans befehligte in aller Regel ein Sterncommander einen einzelnen
Stern aus fünf BattleMechs, während ein Sterncaptain zwei oder drei
Sterne kommandierte einen Binär- respektive Trinärstern.
Moon unternahm keinen Versuch, seine Freude über Trents
Erniedrigung zu verbergen. »Während du dich von deinen Verletzungen
erholt hast, hat Sterncaptain Jez um die Position gekämpft und sie
in einem Test erworben. Den Berichten zufolge, die ich gelesen
habe, steht sie auch in den letzten Runden ihres Blutrechtstests -
eine feine Verstärkung unseres Sternhaufens.« Wieder genoß Moon
Trents diesmal schockierte Reaktion. »Gibt es ein Problem,
Sterncaptain?«
»Ich wurde nicht an diesem Test beteiligt«, preßte Trent zwischen
zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du hast das Recht, die
Testentscheidung anzufechten, aber dazu wirst du gegen sie und den
anderen Offizier um diese Position kämpfen müssen. Und selbst wenn
es dir gelingen würde, sie beide zu besiegen, würde ich dich
anschließend herausfordern. Und wie du wohl weißt, kannst du
Sterncaptain Jez nicht fordern, bis sie vom Blutrecht zurückgekehrt
ist. Sollte sie dabei ihren Blutnamen erringen, wirst du die
Erlaubnis eines Khans brauchen, um sie herauszufordern, oder sie
überzeugen müssen, eine so erbärmliche Bitte anzuerkennen. Und
selbst wenn es dir gegen all diese Hindernisse gelingen sollte,
dich durchzusetzen, stündest du immer noch unter meinem Befehl.
Glaube mir, ich würde dein Leben unerträglich machen, solange ich
diesen Sternhaufen kommandiere. Aber die Entscheidung darüber liegt
bei dir, Sterncaptain.« Moon wollte dieses unerfreuliche Gespräch
schnell zu einem Ende bringen. »Also, hast du irgendein Problem
damit, Sterncaptain Jez als deine Vorgesetzte zu
akzeptieren?«
»Negativ, Sterncolonel.«
»Gut.« Paul Moon blickte wieder auf den Schirm. »Die Einzelheiten
deiner Einheit werden in deine Einheitsakte übermittelt. Ich
erwarte, daß du sie durchsiehst und deine Einheit in einer Woche in
voller Kampfbereitschaft hast. Bist du in der Lage, diese Aufgabe
zu erfüllen, Sterncaptain?«
»Ich werde dich nicht enttäuschen, Sterncolonel«, antwortete Trent
und salutierte.
»Du hast mich schon enttäuscht, Trent - mich und alle anderen
Krieger unseres Clans«, erwiderte Moon, ohne den Blick zu heben.
»Du kannst gehen.«
Judiths Unterkunft befand sich in einem alten Kasernengebäude, das anscheinend irgendwann in der Vergangenheit Hyners von einer hier stationierten Militäreinheit benutzt worden war, wahrscheinlich einer planetaren Miliz. Der Rest der Nebelparder-Anlage war neu aufgebaut, nur dieser einzelne Altbau in der Nähe der Außenmauer des Komplexes stammte aus der Zeit vor den Clans.
Der größte Teil des Hauses diente als Lager.
Die alten Hochbetten waren bis auf ihres, das in eine mit
Stellwänden abgeteilte Ecke gequetscht war, abmontiert und an der
Mauer gestapelt. Der Rest der Halle war mit Kisten und Containern
vollgestellt. Die Nebelparder-Krieger und die übrigen Techs des
Sternhaufens schliefen in ihren neugebauten Quartieren. Aber
Phillip hatte sie hier untergebracht, in einer alten, kalten
Lagerhalle. Was ihr nach der Arbeit im Wartungshangar an Freizeit
blieb, hatte sie damit zugebracht, die jahrhundertealte Latrine in
Gang zu setzen.
Judith verstand, daß die Unterkunft ihrem Rang innerhalb der
Nebelparder entsprach. Sie war eine Leibeigene. Bis jetzt hatte sie
noch keinen weiteren Leibeigenen getroffen, was ebenfalls etwas
über ihren Status aussagte. Sie war hier abgestellt worden, allein,
isoliert, anders als die übrigen, aber angegliedert. Es war
symbolisch und irgendwie korrekt. Sie dachte nicht daran, sich zu
beschweren, denn das wäre zu >unclanmäßig< gewesen. Statt
dessen paßte Judith sich an.
Die Kälte der Winternacht wurde spürbar, und sie zog ihre Decken aus der kleinen Zeugkiste, die sie in einem anderen Bereich des Gebäudes gefunden hatte. Eine weitere arktisch kalte Nacht stand bevor, aber sie war dankbar, daß wenigstens ein Teil der Heizungselemente funktionierte. Sie breitete gerade die Decken auf der Matratze aus, als sie Schritte auf dem Holzboden außerhalb ihrer Schlafnische hörte.
Seit ihr dieser Platz zugeteilt worden war, hatte sie niemand hier besucht. Kaum jemand außer Trent und Master Tech Phillip wechselte auch nur ein Wort mit ihr. Sie drehte sich langsam zur offenen Zugangslücke um und sah eine Schattengestalt näher kommen. Sofort stieg Angst in Judith auf, aber ihre Ausbildung übernahm die Kontrolle, und sie sah sich hastig nach einer möglichen improvisierten Waffe um.
Dann erkannte sie, wer in der Türöffnung stand. Sterncaptain Trent. Das verwüstete Gesicht war dasselbe wie immer, aber trotzdem war dies nicht derselbe Krieger, den sie wenige Tage zuvor nach dem Gestampfe gesehen hatte. Ihr Besitzer war von einer brütenden, deprimierenden Aura umgeben, wie sie es bei ihm noch nicht erlebt hatte. Judith nahm Haltung an. »Sterncaptain. Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen.«
Trent warf einen Sack auf den Boden, ihr vor die Füße. Sein zernarbtes Gesicht wirkte, soweit die Synthehaut es zuließ, ärgerlich verzogen, aber sie spürte seine Müdigkeit. »Das sind meine Ausgehstiefel. Säubere und poliere sie bis morgen früh. Ich werde meine neue Einheit inspizieren und möchte einen guten Eindruck machen.«
Judith hob den Beutel auf. »Aye, Sterncaptain.« Sie hatte gelernt, daß niedere Arbeiten wie diese zum Leben einer Leibeigenen gehörten, aber Trent mißhandelte sie weder wie Phillip, noch verachtete er sie wie viele der anderen Krieger. Zu Beginn hatte sie ihn gehaßt, aber inzwischen sah sie mehr in ihm, eine gewisse Komplexität, möglicherweise ein Geheimnis. Und Judith hatte eine Vorliebe für komplexe Dinge - gleichgültig, ob es sich um Rätsel oder Menschen handelte.
Trent machte keine Anstalten zu gehen. Statt dessen sah er sich in Judiths nicht einmal spartanisch zu nennender Unterkunft um. »Dein Quartier ist ziemlich privat.« Er lachte kurz auf. »Einer der Vorteile der Leibeigenschaft bei den Nebelpardern.«
»Pos«, antwortete sie, sorgfältig darauf achtend, im Clannerjargon zu bleiben. »Ich habe noch keine anderen Leibeigenen getroffen, und diese Unterkunft liegt mir.«
Trent schüttelte den Kopf. »Du wirst in deinem Leben auch kaum viele andere Leibeigene zu Gesicht bekommen, zumindest keine aus der Inneren Sphäre wie du. Clan Nebelparder nimmt nur selten Leibeigene. Viele von uns vertreten die Ansicht, das würde unsere Genlinien verwässern, und andere sind dagegen, freigeborene Krieger der Inneren Sphäre in unsere Reihen zu lassen. Das hat mir unser neuer Kommandeur bei unserem Gespräch vorhin sehr deutlich gemacht.«
»Aber Sie haben mich als Leibeigene genommen.« »Ich bin >anders<, Judith. Was unser neuer Kommandeur mir ebenfalls mit Vergnügen mitgeteilt hat. Ich habe gesehen, wie du gegen Jez gekämpft hast, und ich habe das Herz des Parders in deiner Brust schlagen gesehen. Du hast gekämpft wie ich, mutig und tollkühn. Ich war beeindruckt. Es war ein spontaner Akt der Bewunderung, als ich dich zur Leibeigenen machte. Ich
würde es wieder tun, hätte ich die Gelegenheit.«Judith sah ihn überrascht an. »Ich verstehe nicht. Sie sind nur ein paar Jahre älter als ich. Sie haben noch Jahre im Cockpit vor sich.«
Trent schüttelte den Kopf. »Du bist jetzt Clan, Judith. Ich habe Geschichten über Krieger in der Inneren Sphäre gehört, die bis in ihr fünftes Jahrzehnt kämpfen, aber bei den Clans ist es anders. Der Kampf ist eine Angelegenheit der nächsten Generation. Mit dreißig Jahren steht ein Krieger auf dem Höhepunkt. Bald danach muß er einem besseren Nachfolger Platz machen, einem neueren, frischeren Krieger aus überlegenem Genmaterial. So will es das Wesen des Parders, ein Wesen, das du noch in dich aufnehmen wirst.« Trent sprach die Worte in einem leiernden Tonfall, als rezitiere er sie nur, ohne noch recht daran zu glauben.
Sie beobachtete den Sterncaptain aufmerksam und stellte fest, daß er jetzt noch ausgelaugter schien; als würden die Belastungen des Tages ihn überwältigen. Er sprach so, wie sie es von ihm erwartet hätte, aber seinen Worten fehlte die Kraft, fast, als zweifle er an ihrer Richtigkeit. Sie wollte ihn fragen, was aus den älteren Kriegern wurde, aber angesichts seiner augenblicklichen Stimmung befürchtete sie, die Lage nur noch zu verschlimmern. »Sie haben unseren neuen Kommandeur erwähnt. Ich nehme an, Sie haben ihm die Hinweise auf eine Sabotage vorgelegt, frapos?«
»Positiv«, bestätigte Trent bitter. »Sterncolonel Paul Moon kümmert sich nicht um mich oder irgendwelche Beweise, die du gefunden hast. Er hat sich geweigert, meinen Protest anzuerkennen und mir versichert, daß weder er noch das Konklave jemals den Ausgang eines Gefechts widerrufen werden.« Trent machte eine kurze Pause. »Und er hat recht. Ich war ein Narr, etwas anderes zu erwarten.«
»Dann läßt er die Sache einfach auf sich
beruhen?« »Aye, Judith. Aber ich habe wieder eine Einheit. Einen
Stern Krieger, die ich führen und vorbereiten muß.« Der Gedanke
schien ihn etwas aufzurichten. »Wir sind jetzt Mitglieder von
Einsatz Beta, Judith. Du wirst mir helfen, ihre Mechs kampfbereit
zu bekommen.«
Trents Blick schien zu wandern, als sähe er an ihr vorbei in die
Zukunft, oder möglicherweise in seine Vergangenheit. Wie auch
immer, sein Gesicht schien der emotionslosen Synthehaut zum Trotz
zu strahlen, als er davon sprach, wieder eine Einheit zu führen.
Judith merkte sich diesen Gesichtsausdruck. Vielleicht würde sie
noch einmal Gelegenheit bekommen, das auszunutzen. Wenn es schon zu
sonst nichts nütze war, sagte es ihr etwas über Trent.
Sie nickte. »Und vielleicht gelingt es uns, unserem neuen
Sterncolonel das eine oder andere zu beweisen, frapos?«
Trent lächelte ein wenig. »Das würde ich zu gerne tun, Judith.«
Schweigend zog er das Kampfmesser aus einer kleinen Gürtelscheide.
Sie blinzelte bei dem Anblick der Klinge und fragte sich, was er
vorhatte.
»Streck den Arm aus«, befahl er. Sie gehorchte, von seiner Stimme
wie hypnotisiert.
Trent schob das Messer unter eine der drei Kordelschlaufen an ihrem
Handgelenk und durchtrennte sie. »Wir haben darüber noch nicht
gesprochen, aber jede der drei Leibeigenenschlaufen um dein
Handgelenk steht für eine Bindung zwischen dir und mir als deinem
Vorgesetzten. Die erste ist das Band der Integrität. Ich habe es
durchtrennt, weil du mir deine Ehrenhaftigkeit bewiesen hast. Die
mittlere Schlaufe ist das Band der Treue. Du hast dich mir treu
gezeigt, aber diese Treue wurde noch nicht getestet. Wenn sie sich
unter Belastung bewiesen hat, werde ich auch dieses Band zerteilen.
Die letzte Schlaufe steht für Leistung. Weil du eine Freigeburt der
Inneren Sphäre bist, werde ich niemals die Erlaubnis erhalten, sie
zu zerteilen. Meine Eidgeschwister bei den Pardern werden nicht
zulassen, daß du als Kriegerin dienst. Aber solltest du mir jemals
dein kämpferisches Können beweisen, und das schwöre ich, dann werde
ich dieses Band zerteilen - auch wenn sich mir alle Nebelparder des
Universums entgegenstellen.«
Judith sah auf ihr Handgelenk, dann hoch zu Trent, und nickte
schweigend. Er hat das Potential, nach dem ich
Ausschau halten sollte. Nur die Zeit wird weisen, ob ich ihn
korrumpiere oder er und die Nebelparder
mich ...
GEHÄRTETER STAHL
Es heißt, Politik sei das Zweitälteste Gewerbe der Welt. Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß sie mit dem ältesten viel gemein hat.
- General Aleksandr Kerensky zugeschriebenDie Politik ist Menschen wie mir eine große Hilfe. Sie macht es leichter zu entscheiden, wer am gefährlichen Ende einer PPK stehen sollte.
- General Aaron DeChevilier, Aleksandr Kerenskys StellvertreterWie das Insekt nährt den
Vogel
Wie der Vogel nährt den Wolf
Wie der Wolf nährt den Nebelparder
So geben alle das Leben dem Krieger
Der sein Blut vergießt zu ihrem Ruhm.