Ein ganz normaler Dienst

2011

 

Jetzt habe ich viel erzählt und berichtet, aber die geschilderten Einsätze können naturgemäß nur kleine Einblicke in das vermitteln, was meine Kollegen und ich tagtäglich tun und womit wir jeden Monat unser Geld verdienen. Es sind Streiflichter, die sich mit besonders erzählenswerten, spannenden, lustigen oder emotionalen Einsätzen befassen.

Das Bild wäre jedoch nicht rund, wenn ich verschweigen würde, wie ein Dienst von Anfang bis Ende aussieht.

Jeder Dienst, ob Früh-, Spät- oder Nachtdienst, hat seine speziellen Einsätze, seine Vor- und seine Nachteile, die jeder von uns anders bewertet. Und wie in anderen Berufen auch sind Highlights eher die Ausnahme, Routineeinsätze und ganz banale Tätigkeiten dafür die Regel.

Montagmorgen – Frühdienst

Verschlafen quäle ich mich die Treppe von der Tiefgarage zur Umkleide hoch, reiche jedem Kollegen, der mir begegnet, mechanisch die Hand und murmele schlecht gelaunt vor mich hin, wie sehr ich diesen Scheißfrühdienst hasse. Es gibt wirklich nichts Ätzenderes, finde ich.

Um halb fünf klingelt mein Wecker, selbst im Sommer ist es da meist noch dunkel, und oft kann ich nicht mal meine Katze dazu bewegen, mir im Bad Gesellschaft zu leisten. Mehr automatisch als wirklich wach, steuere ich dann mein Auto zur Wache. Oft bin ich zu faul, mich vorher richtig anzuziehen, und erscheine, so wie heute, im Jogginganzug. Ich muss mich ja sowieso gleich wieder umziehen und in die Uniform hüpfen.

Das angenehme Geschnatter, das sonst aus der Damenumkleide dringt, ist im Frühdienst ziemlich gedämpft. Meist schweigen wir ganz, und jede von uns konzentriert sich darauf, nicht im Stehen direkt vor dem Spind wieder einzuschlafen.

Anschließend führt mein Weg mich in die Waffenkammer, wo ich mich ausrüste: Pfefferspray an den Gürtel, Waffe durchladen und ins Holster, Ersatzmagazin in die Tasche. Im Funkraum warten bereits die Kollegen vom Nachtdienst ungeduldig auf unser Erscheinen, damit sie in den wohlverdienten Feierabend entschwinden können.

All meine Kollegen wissen, dass mit mir um diese Uhrzeit nicht gut Kirschen essen ist, und man lässt mich in Ruhe, bis ich meine Einsatztasche geordnet und den Dienstplan in Augenschein genommen habe.

Heute ist zu so früher Stunde noch nichts los, wie eigentlich fast jeden Morgen, also bleibt Zeit für eine Tasse Tee und einen Blick in den aktuellen »Express«. Für Zeitungen mit weniger Bildchen und mehr Inhalt reicht meine Auffassungsgabe um diese Uhrzeit noch nicht.

Mindestens einer der Kollegen ist leider immer ein übelst gut gelaunter Frühaufsteher, der mich lautstark quasselnd oder Witze reißend beim Wachwerden stört. Deshalb verkrümele ich mich rasch an den PC, sehe dort in Ruhe meine Mails durch, schaue aktuelle Fahndungen und Haftbefehle an und versuche, mir Gesichter und Namen einzuprägen. Erst wenn der für diesen Tag mit mir auf dem Dienstplan stehende Kollege neben mir auftaucht und das Zauberwort »Einsatz« spricht, erhebe ich mich.

Während wir zum Streifenwagen gehen, erzählt er mir, was los ist. Heute ist es ein Einbruch in ein Reifenlager. Frühdienste am Montag sind immer gespickt mit Einsätzen zu Taten, die eigentlich am Wochenende passiert sind, aber jetzt erst entdeckt werden.

Gemächlich rollen wir durch die immer noch menschenleeren Straßen in Richtung unserer Zieladresse. Vor dem Reifenhandel erwartet uns ein aufgeregter Mann. Da ich immer noch leicht verschlafen und kommunikativ deshalb nicht gänzlich auf der Höhe bin, überlasse ich meinem Kollegen das Reden und betrachte die Hebelspuren am schweren Rolltor, die Reifenspuren auf der Rasenfläche davor und den fehlenden Stapel Autoreifen samt teurer Felgen.

Während der Kollege Personalien und Tatzeitraum notiert, mache ich ein paar Fotos und sehe mich in der Umgebung um. Die Erfahrung sagt, dass Täter sich selten mit nur einem Tatort zufriedengeben. Wenn sie an einem Ort erfolgreich waren und nicht bemerkt wurden, schlagen sie meist in der Nähe noch einmal zu.

Auch diesmal wird diese Erfahrung bestätigt. Als wir gerade einsteigen und die Örtlichkeit verlassen wollen, winkt uns ein Mann vom gegenüberliegenden Gebrauchtwagenhandel heran, und wir trotten über die Straße. Tatsächlich, auch hier haben die Kerle am Wochenende zugeschlagen. Mehrere der zum Verkauf angebotenen Autos stehen nur noch auf Pflastersteinen, Reifen und Felgen sind weg.

Diesmal notiere ich die Personalien, und mein Kollege beschaut sich den Schaden und sucht nach Spuren, die hier jedoch leider fehlen. Er kratzt sich nachdenklich am Kopf, und wir steigen schließlich wieder in den Streifenwagen. »Dreist ist das. Wir sind nachts am Wochenende in der Gegend verstärkt Streife gefahren, die Zivilen waren hier auch unterwegs. Kann doch nicht sein, dass die nichts gesehen haben!«

Ich zucke mit den Achseln. Wir wissen beide, dass wir im Nachtdienst zwar Präsenz zeigen können, dass die Chance, jemanden bei einer Missetat zu erwischen, aber recht gering ist, da man unsere lauten Dieselmotoren in der Stille der Nacht bereits von Weitem hört und somit jeder Einbrecher gewarnt ist. Ganz abgesehen davon, dass es gerade in den Industriegebieten jede Menge Versteckmöglichkeiten und dunkle Winkel gibt. Im Vorbeifahren nimmt man oft kaum wahr, dass sich dort jemand verborgen hält.

Wir drehen weiter unsere Runde, rollen an der Grundschule vorbei, winken ein paar Schulkindern zu, und ich kann auf unserem Streifenplan, auf dem wir unsere Einsätze und Tätigkeiten eines Dienstes vermerken, ein Häkchen an den Punkt »Schulwegüberwachung« machen.

Am Fußgängerüberweg stoppen wir und halten einen kurzen Plausch mit dem Schülerlotsen, als ein flammend roter Minivan an uns vorbeidüst. Er ist deutlich zu schnell, die Kinder auf dem Rücksitz sind nicht angeschnallt, und die Fahrerin spricht fleißig in ihr Mobiltelefon. Den Fußgängerüberweg oder gar unseren Streifenwagen scheint sie nicht gesehen zu haben.

Zwischen meinem Kollegen und mir ist kein Wort notwendig. Gleichzeitig springen wir in den Streifenwagen, und dank der immer noch recht leeren Straßen haben wir den roten Van bald eingeholt. »Stop Polizei«, leuchtet es auf unserem Dach auf, aber die Dame reagiert erst, nachdem ich zusätzlich das Blaulicht eingeschaltet und per Außenlautsprecher den ganzen Häuserblock geweckt habe.

Da meine schlechte Frühdienstlaune immer noch nicht ganz verflogen ist, führt mein Kollege auch dieses Gespräch, während ich auf der Beifahrerseite stehe und den Kindergartenkindern auf dem Rücksitz lustige Grimassen schneide. Sie antworten ebenfalls mit Grimassen. Ein bisschen Spaß muss sein, und die Dame redet sich gerade so in Rage, dass sie meine Spielereien gar nicht mitbekommt.

»Ich habe nicht telefoniert, und ich war auch gar nicht zu schnell, ich musste nur mal eben …«, will sie dem Kollegen gerade weismachen.

Der unterbricht sie und weist sie höflich darauf hin, dass ihr Telefon blinkend auf dem Beifahrersitz liegt und der Anrufer offenbar immer noch in der Leitung ist.

Das wiederum führt so sicher wie das Amen in der Kirche zum üblichen Konter fast jedes erwischten Verkehrssünders: »Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich nichts Besseres zu tun?«

»Nö!«, erwidert mein Kollege wahrheitsgemäß und notiert ihre Daten aus ihren Fahrzeugpapieren und dem Führerschein. »Wir sichern hier den Schulweg, den irgendwann auch Ihre Kinder gehen werden, und daher ist es doch sicher auch in Ihrem Interesse, wenn wir dafür sorgen, dass jeder sich an die Verkehrsregeln hält!«

»Ich fahre seit fünfzehn Jahren unfallfrei!«, ätzt sie ihn an, und ich bin wirklich froh, dass er mit ihr redet und nicht ich, denn mit meiner Frühdienstlaune hätte ich ihr bestimmt schon mindestens eine ziemlich unfreundliche Antwort gegeben.

Nicht so mein Kollege. Geduldig erklärt er ihr noch mal, was genau sie falsch gemacht hat – Kinder nicht angeschnallt, zu schnell, Telefon am Ohr –, während ich immer noch lustige Grimassen schneide und den Kindern durchs Fenster bedeute, dass sie sich anschnallen sollen. Kichernd ahmen der Junge und das Mädchen meine wilden Anschnallbewegungen nach, und zwei Minuten später rollt der Minivan mit angeschnallten Kids und einer stinksauren Mutter weiter, die noch saurer werden wird, wenn sie demnächst Post von der Bußgeldstelle bekommt.

»Na, da bin ich ja froh, dass du Spaß hattest. Strebst du eine Karriere als Verkehrserziehungsclown an?« Mein Kollege haut mir leicht auf die Mütze, die ich tatsächlich ausnahmsweise mal zur Kinderbelustigung angezogen habe.

Dummerweise sind es tatsächlich weniger die jugendlichen Rowdys, die sich morgens und mittags an Schulen und Kindergärten nicht an die Verkehrsregeln halten, sondern überwiegend die Muttis, die »nur mal schnell« ihre Kinder abliefern müssen oder »nur mal grad hier eben« auf dem Fußgängerüberweg parken, weil ja sonst kein Platz ist. Da redet man sich den Mund fusselig und versucht zu erklären, dass solch ein Verhalten die Kinder gefährdet. Doch ich habe eigentlich nie den Eindruck, dass das zu nennenswerter Einsicht führt. Deshalb sind wir ganz froh, dass wir unsere Knolle für diesen Tag gemacht haben und uns anderen Aufgaben zuwenden können.

Entgegen einer verbreiteten Annahme gibt es für uns übrigens keine Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Strafzetteln zu verteilen. In ruhigeren Diensten wird von uns auf Streife aber durchaus erwartet, dass wir nicht die Hände in den Schoß legen und ein bisschen spazieren fahren, sondern dass wir Verkehrsüberwachung betreiben, Verwarnungsgelder erheben oder auch Anzeigen schreiben.

Der Funker schickt uns zu zwei weiteren Einbrüchen, diesmal in zwei Kellerabteilen eines Hochhauses. Geklaut wurde nichts, ein paar Jugendliche haben dort wohl lediglich ein wenig gefeiert und den Weinvorrat geplündert. Die leeren Flaschen stehen noch rum, Hinweise auf die Täter gibt es keine, und gesehen haben will auch keiner was.

Anschließend, auf dem Weg zur Wache, finden wir noch einen kleinen Verkehrsunfall, den wir aufnehmen und den Fehler beim Rangieren mit einem Verwarnungsgeld ahnden. Ich mag kleine Unfälle. Es gibt nichts Ekliges zu sehen, niemand wurde wirklich verletzt, und wir werden meist freudig begrüßt, was sonst ja eher selten der Fall ist. Die Sachlage ist in der Regel einfach zu durchschauen, viel Schreibkram ist es ebenfalls nicht, und wenn wir uns verabschieden, können wir sicher sein, zumindest dem Geschädigten des Unfalls geholfen zu haben.

Heute ist der Übeltäter ein älterer Herr, der beim Rückwärtsfahren den Kleinwagen einer jungen Frau übersehen hat. Es hat ein bisschen geknirscht, der Lack ist beschädigt, aber beide Autos fahren noch. Und wenn man von der sauren Miene des Mannes absieht, der sich ärgert, weil er für seine Unachtsamkeit nun auch noch zur Kasse gebeten wird, sind beide Beteiligten froh, dass wir ihnen Tipps geben können, was sie als Nächstes in Bezug auf ihre Kfz-Versicherungen tun müssen. Als wir uns verabschieden, bedanken sie sich sogar beide bei uns, was meine Frühdienst-Scheißlaune tatsächlich komplett verschwinden lässt.

Auf der Wache sind mittlerweile, wie wir dem Funk entnehmen, unsere bestellten Brötchen eingetroffen, die die Kollegen beim Bäcker abgeholt haben. Doch bis ich zum Essen komme, müssen wir noch zwei weitere Einbrüche aufnehmen – anscheinend war am Wochenende wirklich was los in unserem Bereich. Erst danach gelingt es uns, die Wache anzufahren.

Nach knapp sechseinhalb Stunden Dienst sitze ich kauend am PC und tippe gerade unsere Anzeigen in den Rechner, als der Funker den Kopf durch die Türöffnung streckt. »Ihr müsstet da noch mal schnell …«

»Mal schnell ist gut, in zwanzig Minuten ist Feierabend!«, gebe ich ein wenig missmutig zurück, stehe aber auf, sammle meinen Kram zusammen und nehme auch mein Brötchen mit. Der Kollege weiß bereits mehr als ich und klärt mich auf dem Weg zum Streifenwagen schnell auf. »Einbruch in eine der Villen, die Dame ist wohl etwas durch den Wind. Darum kann das nicht auf den Spätdienst warten.«

Da mein Mund voller Brötchenkrümel ist, nicke ich nur wortlos und werde kauend zum Einsatzort kutschiert. Der Streifenwagen rollt die weiß gekieste Auffahrt eines noblen weißen Bungalows hoch, und eine nur mit Bademantel bekleidete Dame lehnt in der Öffnung der Haustüre.

Missbilligend mustert sie erst mich und dann meinen Kollegen, der durch seinen etwas weiblichen Gang und seine tatsächlich ein wenig tuckige Sprache trotz der Uniform sofort als schwul zu erkennen ist.

»Ich hatte um Ihre besten Leute gebeten!«, begrüßt sie uns eisig und wickelt den Morgenmantel enger um sich.

»Tja, und da sind wir!«, lächle ich sie freundlich an. »Was ist denn passiert?«

»Also, ich fände das wirklich besser, wenn Sie mir die Kripo schicken könnten!«

Mein Kollege rollt die Augen, während ich erkläre, dass auch die Kripo erst mal wissen muss, was denn genau passiert ist, bevor sie kommt.

Die Dame lässt ihren Morgenmantel los, und wir erhaschen einen ungehinderten Blick auf zwei auffällig ebenmäßige Brüste, bevor sie die Arme verschränkt und einen Schmollmund macht. »Also so was! Mein Mann dürfte Ihnen ja sicher bekannt sein, und der Polizeipräsident ist ein guter Freund von ihm!«

Ich unterbreche sie: »Nein, Ihr Mann ist uns nicht bekannt, und der Polizeipräsident wird bestimmt nicht hier erscheinen und den Sachverhalt aufnehmen. Also wollen Sie das Ganze nicht abkürzen und uns einfach sagen, was passiert ist?«

»Kommen Sie mit!« Abrupt dreht sie sich um und läuft barfuß vor uns her durch die marmorne Eingangshalle. Sie führt uns durch das ganze Haus, die große Küche, die drei Schlafzimmer, in denen überall wie beiläufig ihre Unterwäsche herumliegt, das Badezimmer, in dem man locker auch Fußball spielen könnte, und das Wohnzimmer mit großem offenen Kamin und einer Sofalandschaft, auf der ich am liebsten sofort ein kleines Mittagsschläfchen halten würde.

Ich spähe in alle Ecken und kann mir immer noch keinen Reim auf all das machen, genieße aber durchaus die Hausführung. Im Wohnzimmer stemmt die Hausherrin schließlich die Hände in die Hüften, sodass der Morgenmantel wieder ein Stück weit auseinanderklafft und ich sehr eindeutig sehen kann, dass sie nicht nur keinen BH, sondern auch keinen Slip trägt.

»Sehen Sie, da hat man so ein großes, schönes Haus, und niemand bricht ein!«

Mein Kollege und ich blicken uns ratlos an. »Ähm … Aber das ist doch toll!«

»Nein, das ist gar nicht toll!« Jetzt verzieht sie ihr Gesicht zu einer Fratze, die vermutlich traurig aussehen soll, und über ihr perfekt geschminktes Gesicht kullern große Krokodilstränen. Theatralisch wirft sie sich auf das Sofa, und mein Kollege wendet sich taktvoll ab, als der Morgenmantel über ihre Hüfte rutscht und den Blick auf ihr Gesäß freigibt. »Da wird man jede Woche vom Mann allein gelassen, ängstigt sich zu Tode wegen der vielen Wertsachen, und dann passiert rein gar nichts! Und wenn ich trotzdem die Polizei rufe, schickt man mir ’ne Schwuchtel und ein Kleinkind. Armes Deutschland!«

Verblüfft schaue ich meinen Kollegen an, der grinst wenig getroffen zurück. »Das Kleinkind bist dann wohl ganz offensichtlich du!«, raunt er mir zu, bevor er laut sagt: »Ich stelle also fest, hier ist nichts passiert?«

»NEIN, natürlich ist hier nichts passiert, wie hier nie was passiert! Ach, ich will zurück nach New York!« Als würde sie sich erst jetzt an ihre Herkunft erinnern, spricht sie den letzten Satz mit starkem amerikanischen Akzent.

Ich werfe noch einen Blick auf die Terrassentür, ob nicht doch irgendwo Aufbruchspuren sind, schnuppere nach dem verräterischen Geruch von Drogen, finde aber nur eine leichte Spur Alkohol und schaue mich nach einer versteckten Kamera um. Mein kurzer Check verläuft negativ, also verabschieden wir uns, schärfen der Frau, die mittlerweile schluchzend auf dem Sofa liegt und ihre elende Langeweile beklagt, ein, den Notruf nicht noch einmal zu missbrauchen, erklären ihr, dass dies strafbar ist, wenn sie sich nicht daran hält, und gehen Richtung Ausgang.

»ABER ICH BIN DOCH IN NOT!«, schallt es noch theatralisch hinter uns her, bevor die Haustür ins Schloss fällt.

Kopfschüttelnd steigen wir in den Streifenwagen. »Und dafür mach ich jetzt Überstunden, für eine gelangweilte Nymphomanin!«

»Na komm, jeder andere Kollege hätte sich über den Anblick gefreut, nur du nicht, du Schwuchtel!«, erwidere ich und muss kichern.

»Kleinkind!«, gibt er patzig zurück und fährt uns zur Wache, wo wir den ungläubigen Kollegen von unserem Erlebnis berichten, während der Drucker unsere Anzeigen der ganzen Schicht ausspuckt. Hätten wir jetzt nicht Feierabend, wäre ich mir sicher, dass mindestens zwei männliche Kollegen noch mal bei der Dame vorbeifahren würden – als Service am Bürger und um zu schauen, ob wirklich alles in Ordnung ist. Und vielleicht hätten sie dabei rein zufällig auch noch mal einen Blick unter den Morgenmantel erhascht.

Aber so hänge ich den Streifenwagenschlüssel an den Haken und bin froh, nach Hause zu können und mich auf mein Sofa zu werfen, denn nach sieben Stunden Frühdienst kann man mit mir ohne Mittagsschläfchen den ganzen Tag nichts mehr anfangen.

Freitagnachmittag – Spätdienst

Gänzlich anders strukturiert sind unsere Spätdienste, die am frühen Nachmittag beginnen und bis zum späteren Abend dauern. Es geht hektischer zu, es gibt mehr als doppelt so viele Einsätze, auf der Wache treiben sich mehr Leute zur Anzeigenaufnahme herum, und auch die Einsätze haben meist ein etwas anderes Kaliber. Häufig kommt man nicht mal dazu, aufs Klo zu gehen oder eine Kleinigkeit zu essen. So was wie eine geregelte Mittagspause gibt’s bei uns ja leider sowieso nicht, gefuttert wird, wenn der Bürger es zulässt, und manchmal ist nicht einmal das machbar.

»Wer fährt?« Mein Kollege hält mir den Autoschlüssel vor die Nase und wackelt damit herum.

»Du!«, sage ich und tippe ihm gegen die Brust, während ich unsere Kamera aus der Einsatztasche wühle und die Batterien tausche.

Wir haben noch nicht ganz alle Sachen zusammengesucht, geschweige denn alle Kollegen begrüßt, als es auch schon losgeht. »ICH BRAUCH ZWEI AUTOS! VU MIT!«, brüllt der Funker durch die Wache. Was, aus dem Polizeideutsch übersetzt, so viel heißt wie: »Verkehrsunfall mit Personenschaden«.

»Kinder, bewegt euren Arsch auf die Straße!«, werden wir noch mal lautstark motiviert. Woraufhin wir brav rausrennen und keine Minute später durch Porz rasen, auf dem Dach das Blaulicht. Der Lärm des Martinshorns dringt in den Fahrzeuginnenraum, und wir müssen sehr laut sprechen, um uns zu verstehen. Hinter uns die Kollegen im zweiten Streifenwagen.

Es ist wie immer im Spätdienst: viel los auf den Straßen, die Leute sind unaufmerksam, bemerken uns zu spät oder auch gar nicht, Fußgänger laufen uns trotz des Lichts und der ohrenbetäubenden Musik auf unserem Dach fast vors Auto, und mein Kollege stiert angespannt nach vorne, während ich an jeder Kreuzung, sobald ich sie einsehen kann, »RECHTS FREI!« über das Geheul hinweg brülle.

Mit quietschenden Reifen kommen wir an. Ein silberner Golf steht quer auf der Fahrbahn, daneben hat sich eine Menschentraube gebildet, ein Rettungswagen ist noch nicht in Sicht.

Auf den ersten Blick kann ich nicht erkennen, wer denn hier verletzt sein soll. Das Auto ist nur leicht beschädigt, und einen zweiten Beteiligten sehe ich nicht.

Wir springen aus dem Streifenwagen und gehen rasch auf die Leute zu, als ich es sehe. Da ist es bereits zu spät, mich innerlich darauf vorzubereiten. »Mist, Janine, das hättest du dir auch denken können!«, murmele ich vor mich hin und werfe einen Blick auf die Grundschule auf der anderen Straßenseite.

Neben dem Auto liegt eine blutdurchtränkte grellorangefarbene Mütze, wie sie die Erstklässler für den Schulweg aufgesetzt bekommen. Daneben ein ausgekippter Schulranzen. Ich dränge mich durch die gaffende Menge. »Ist jemand Arzt? Sanitäter?«

Alle schütteln den Kopf und starren weiter stumm auf den kleinen Jungen herunter, der auf dem Asphalt liegt. Neben dem Kind kniet eine Frau und hält seine Hand. »Ich hab dich nicht gesehen. Es tut mir so leid, ich hab dich nicht gesehen!«, wiederholt sie immer wieder und schaut hilflos auf die Gesichter der Umstehenden, die zwar anklagend auf die Unfallfahrerin schauen, aber selbst keinerlei Anstalten machen, zu helfen oder gar Platz für die Rettungskräfte zu machen.

Ein Blick zu meinem Kollegen reicht aus, und er versteht meinen unausgesprochenen Gedanken: »Schaff die Frau da weg!«

Ich lasse mich auf die Knie fallen und spreche den Jungen an. »Hallo! Ich bin von der Polizei, kannst du mich hören?« Er nickt leicht, was die Platzwunde auf seiner Stirn noch heftiger bluten lässt.

Ich sehe den Schädelknochen unter dem Blut aufleuchten, vertreibe die aufsteigende Panik gewaltsam aus meinem Gesicht und zwinge mich, ihn anzulächeln. »Alles prima. Du bleibst am besten hier genau so liegen. Du machst das super. Kannst du sprechen?«

»Ja!«, erwidert er leise, und ich sehe, wie sich meine Kollegin aus dem zweiten Streifenwagen bemüht, die Schaulustigen zu entfernen, damit wir und die hoffentlich bald eintreffenden Rettungskräfte ungehindert arbeiten können.

»Wer hat den Unfall gesehen? Kennt jemand den Jungen?«, höre ich ihre Stimme, während die Menschen sich langsam und zögerlich in Bewegung setzen. Teilweise murren sie sogar darüber, dass sie weggeschickt werden.

Im Lauf meines bisherigen Berufslebens habe ich mich so an die Gaffer gewöhnt, die immer und überall auftauchen, wo etwas passiert ist, dass ich es kaum mehr wahrnehme, wenn um einen Verletzten zig Leute herumstehen und keiner hilft. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass ich irgendwann mal an eine Unglücksstelle komme, an der niemand im Weg steht und versucht, so viel Blut wie möglich zu sehen, sondern wo die Menschen Erste Hilfe leisten, die Beteiligten beruhigen oder einfach nur Platz machen, wenn wir oder die Feuerwehr eintreffen. In ganz krassen Fällen von Gafferei schreiben wir schon mal Anzeigen wegen unterlassener Hilfeleistung, doch dazu muss man in dem Durcheinander an den meisten Unfallorten erst mal die Zeit finden. So aber gehe ich möglichst konzentriert meiner Arbeit nach, denn jegliche Diskussion vor Ort würde nur zu unnötigen Verzögerungen führen.

»Okay, tut dir irgendwas weh?«

Der Kleine schüttelt vorsichtig den Kopf, und ein Schwall dickflüssigen Bluts rinnt erneut aus der Wunde und tropft auf die Straße. »Aber ich kann nicht aufstehen!« Eine Träne läuft über seine schmutzige Wange, und ich nehme seine Hand.

»Das ist nicht schlimm. Weißt du, wenn man einen Unfall hat, dann steht man schon mal so unter Schock, dass einem die Muskeln nicht gehorchen. Das ist ganz normal. Gleich kommt ein Doktor, der schaut sich an, was passiert ist, und gibt dir eine Medizin. Dann wird das schon wieder.«

Ich lege all meine Zuversicht in meine Stimme, und der Kleine lächelt mich an. »Ich wollte ja nur schnell zu meinem Freund auf die andere Straßenseite. Ich hab das Auto gar nicht gesehen, dabei hab ich so gut geguckt.« Um mir zu demonstrieren, wie gut er geguckt hat, bewegt er den Kopf von rechts nach links, und wieder suppt die blutige Masse aus der Stirnwunde. Ich muss mich zwingen, nicht panisch nach einem Notarzt zu brüllen, und schaue ihn weiter an, streichele seine kleine, kalte Hand und versuche unauffällig herauszufinden, wo er sonst noch verletzt ist.

Erleichtert stelle ich fest, dass er weder aus den Ohren noch aus der Nase blutet. Der linke Arm scheint gebrochen zu sein, und an seiner Hüfte bildet sich auf der Jeans ein dunkler Blutfleck.

Für die Kopfwunde kann ich nicht viel tun, sie ist so groß, dass ich keine Ahnung habe, wie ich da einen Druckverband drumbasteln soll. Also nehme ich mir die Wunde an der Hüfte vor. Ich lächele ihm zu, während ich erkläre, was ich gerade mache, immer darauf bedacht, ihn so wenig wie möglich zu bewegen. Als ich gerade seine Hose mit meinem Leatherman so weit aufgeschnitten habe, dass ich die Wunde sehen kann, werde ich zur Seite geschoben.

Notarzt und Sanitäter sind da, entschuldigen sich kurz für ihr Zuspätkommen und übernehmen die Verarztung des Kleinen. Ich zwinkere ihm zu und winke kurz, dann greife ich den Kollegen bei der Unfallaufnahme unter die Arme.

Der Zwerg ist tatsächlich einfach zwischen den parkenden Autos rausgelaufen. Eine Zeugin hat zwar gesehen, dass er sich nach rechts und links umgedreht hat, aber die Autos haben ihm so die Sicht verstellt, dass er den silbernen Golf gar nicht kommen sehen konnte. Obwohl die Frau nach Angabe der Zeugen höchstens 30 km/h fuhr, konnte sie nicht mehr bremsen. Der Kleine knallte auf die Motorhaube und rutschte dann an der Seite herunter, ein Reifen fuhr ihm noch über den linken Arm.

Die Fotos sind gemacht, die Kollegen übernehmen die Benachrichtigung der Eltern, und der Notarzt teilt uns mit, dass es nicht so schlimm ist, wie es aussieht. Platzwunde am Kopf, tatsächlich den Arm gebrochen und eine Fleischwunde an der Hüfte.

Ich scheuche die letzten Gaffer weg, die sich immer noch in der Nähe herumdrücken, und in weniger als vierzig Minuten sieht die Unfallstelle aus, als wäre nichts passiert – abgesehen von der blutbefleckten orangefarbenen Mütze am Straßenrand.

Kaum sitze ich im Auto und habe durchgegeben, dass wir eine Verkehrsunfallanzeige schreiben und dass der Junge ins Krankenhaus unterwegs ist, haben wir auch schon den nächsten Einsatz. Randalierer in der Fußgängerzone.

Direkt hinter unserer Wache liegt eine Fußgängerzone samt einem größeren Busbahnhof, der leider immer wieder Schauplatz von kleineren Straftaten, Bandenkämpfen und einfachen Streitigkeiten ist. »Randalierer« kann also alles bedeuten, von einem Betrunkenen, der ein wenig herumkrakeelt, bis zu einer ausgewachsenen Schlägerei.

Als wir ankommen, haben sich bereits zwei Gruppen gebildet. Auf der einen Seite mehrere Jugendliche, auf der anderen die üblichen Alkoholiker, die die Bänke dort täglich bevölkern. Sie treffen sich, um zu trinken, tun aber eigentlich niemandem etwas zuleide.

Alle sind aufgebracht und beschimpfen sich quer über den Platz hinweg. Noch im Aussteigen sagt mein Kollege: »Du die Alkis, ich die Gettokinder!«

Ich nicke und steuere auf die fünf Frauen und Männer zu, die sich vor ihren Stammplätzen aufgebaut haben.

»Ah, Frau Binder, gut, dass Sie da sind. Sie sind in Ordnung. Sie können das hier mal klären!«

Ich grinse. Herr Eichner ist uns allen wohlbekannt. Ständig betrunken, manchmal ein wenig lästig, aber immer sehr freundlich und leider häufig total verwirrt.

»Herr Eichner, was ist denn passiert?«, frage ich.

Aus der Jugendgruppe schreit einer: »Ey, was redet die Bullenschlampe mit den Pennern?«, wird aber sofort durch meinen Kollegen scharf zurechtgewiesen.

»Die haben mein Bier umgetreten, die Jungens da!« Jetzt hat Herr Eichner fast Tränen in den Augen. »Das dürfen die doch nicht! Ich hab nur hier gesessen und mit meinen Freunden ein Bier getrunken, da kam der da mit den komischen Haaren und hat einfach mein Bier umgetreten. Ich hab gesagt, ist ja nicht so schlimm, soll er mir halt ein neues kaufen. Da hat er gesagt, ich wäre Sozialschmarotzer, und er pisst auf mein Bier. Als ich noch jung war, hätte ich dem eine in die Fresse gehauen!«

Wütend schüttelt er die Faust in Richtung der Jugendlichen, seine Freunde bestätigen, was er erzählt hat.

»Herr Eichner, ruhig bleiben. Wir machen das schon. Setzen Sie sich hier hin, und ich geh mal eben rüber und schau, was die Jungs dazu sagen.«

»Sozialschmarotzer, ich! Die haben in ihrem Leben noch nicht gearbeitet, aber mich armen Rentner Sozialschmarotzer nennen!«, brabbelt er vor sich hin.

Grimmig schauend, baue ich mich neben meinem Kollegen auf, der aufgrund der fadenscheinigen Aussagen der Jungs auch ohne die Aussage von Herrn Eichner schon kapiert hat, wer hier wem was Böses wollte.

»Armselig seid ihr, alle miteinander! Legt euch meinetwegen mit euresgleichen an, aber lasst die alten Leute in Ruhe. Die tun euch doch nichts!«

»Die versaufen unsere Steuergelder!«

»Die verhässlichen unsere Stadt, die Asis da!«

»SOZIALSCHMAROTZER SIND DAS

»Die tun den ganzen Tag nix und stinken hier rum, und der Staat bezahlt das auch noch!«

Der Kollege lächelt freundlich: »So, so, Kevin, welche Steuern zahlst du denn so als Schüler? Und wenn ich mich richtig erinnere, geht dein Vater schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr arbeiten. Der zahlt also auch keine Steuern. Abgesehen davon, dass Herr Eichner Rentner ist, der hat seinen Anteil bereits geleistet. Ihr geht ihm jetzt ein neues Bier kaufen und entschuldigt euch. Und dann will ich euch hier nicht mehr sehen!«

Murrend ziehen zwei der Jungs los zum Kiosk und tauchen Minuten später mit zwei Bierflaschen wieder auf. Ihre gemurmelte Entschuldigung quittiert Herr Eichner mit hochgezogenen Augenbrauen, dann verschwinden die Kids Richtung Jugendzentrum.

Herr Eichner und seine Kumpels sitzen jetzt wieder friedlich auf ihrer Bank. »Alles gut, Herr Eichner?«, will mein Kollege wissen.

»Ja, wollt ihr euch nicht setzen und ein Bierchen mittrinken?«

Ich betrachte grinsend die Bank, die herrlich in der Frühlingssonne steht, und das einladende Früh Kölsch in Herrn Eichners Hand. »Wollen schon, dürfen aber nicht!« Lachend gehen wir zum Streifenwagen.

»Zeigen Sie die jetzt an, weil die Bullenschlampe zu Ihnen gesagt haben, Frau Binder?«, ruft er mir hinterher.

»Wenn ich jeden anzeigen würde, der mich beschimpft, hätte ich viel zu tun. Da bliebe dann keine Zeit, Ihnen Ihr Bier wiederzubeschaffen!«, erwidere ich und winke.

Er winkt zurück, als wir wegfahren.

»Streit geschlichtet«, fasse ich den Einsatz über Funk zusammen.

»Wunderbar, geht direkt weiter. Acht aufgebrochene Pkw im Flughafenparkhaus!«

Seufzend bestätige ich, und wir fahren in Richtung Flughafen. Viel Schreibkram für nichts. Geknackte Autos sind nur dann interessant, wenn die Täter beobachtet, auf Video aufgenommen oder gar von irgendjemandem gestellt wurden. Alles andere ist lediglich Arbeit, die wir für die Versicherungen machen: Fotos von den Beschädigungen und Auflistungen, was fehlt. In seltenen Fällen finden wir mal ein bisschen Blut an einem eingeschlagenen Fenster oder ein paar Fingerabdrücke auf einer glatten Oberfläche, aber in den meisten Fällen ist es eher frustrierend. Häufig haben die Geschädigten keine Ahnung, was genau aus ihrem Auto fehlt, geschweige denn eine Identifizierungsnummer des Navigationsgeräts oder des Radios notiert, sodass selbst dann, wenn wir bei einem unserer kleinen Übeltäter mal ein paar Radios und Navis finden, die Zuordnung fast nicht möglich ist. Am Flughafen kommt erschwerend hinzu, dass die Geschädigten meist gar nicht da sind, sondern auf Mallorca oder in der Türkei in der Sonne liegen. Also müssen wir uns obendrein noch um die Sicherung der Fahrzeuge kümmern.

Während wir auf den Abschleppdienst warten, der die acht Autos in den dafür vorgesehenen gesicherten Käfig im Parkhaus schleppt, zücke ich mein iPhone und spiele eine Runde TinyWings. Mein Kollege sortiert bereits die Fotos des Unfalls auf der Speicherkarte unserer Kamera. Hier im Parkhaus sieht uns eh keiner, wir können niemandem sonst behilflich sein oder durch eine Kontrolle auf die Nerven gehen, und so vergeht wenigstens die Wartezeit angenehm zügig.

Anschließend nehmen wir zwei kleinere Unfälle auf, zanken uns mit einem Herrn herum, der mit seinem Elektrorollstuhl mitten auf der Straße langfährt statt auf dem Radweg und der all unsere Erläuterungen mit den Worten »Interessiert mich nicht! Ich bin behindert, ich darf das!« kommentiert.

Wir helfen beim Einfangen eines ausgerissenen Schäferhunds am Rheinufer, und als wir gerade die Wache ansteuern wollen, um schnell was zu essen und unsere Anzeigen zu Papier zu bringen, wird uns eine Messerstecherei am Busbahnhof gemeldet. Sofort rennen alle gerade auf der Wache befindlichen Streifenbesatzungen zu den Streifenwagen, Blaulicht und Martinshorn ist aus allen Richtungen zu sehen und zu hören, und wir fliegen mit dem Großaufgebot in den Busbahnhof ein.

Dort gibt es ziemlich schnell Entwarnung: Vier Jugendliche haben sich ein wenig herumgeschubst und Spaß gemacht, Passanten geben an, ein Messer gesehen zu haben. Niemandem ist was passiert. Sofort sinkt unser Adrenalinspiegel wieder, ein Wagen bleibt vor Ort und klärt den genauen Hergang, während mein Kollege und ich uns wieder zur Wache begeben und den zweiten Versuch starten, unseren Schreibkram zu erledigen.

Der Rechner fährt hoch, während ich mir zwei Brote schmiere. Aber wieder ist unser Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt: Jugendliche haben in der einbrechenden Dunkelheit einen Gullydeckel auf der Schnellstraße entfernt. Erneut lasse ich alles stehen und liegen, greife mir diesmal aber geistesgegenwärtig meine beiden Brote und laufe zum Streifenwagen.

»Hirnverbrannte Kinder! Wenn da jemand reinfährt, ist Polen offen!«, meint mein Kollege. Ich nicke nur und beiße von meinem Brot ab.

Als wir vor Ort eintreffen, ist natürlich niemand mehr da. Dummerweise ist auch der Gullydeckel nirgendwo zu sehen, und das Loch in der Straße stellt eine echte Gefahr dar.

Wir platzieren den Streifenwagen davor und bauen ein paar Hütchen auf. Während wir auf Mitarbeiter der Stadt warten, die einen neuen Gullydeckel bringen sollen, mache ich es mir auf dem Beifahrersitz bequem und beginne mit meinem verspäteten Mittagessen.

»So gut hätte ich es auch gern mal!« Ein älterer Mann, offenbar Rentner, hat mit seinem Fahrrad auf dem Radweg neben uns angehalten und gestikuliert wild mit den Händen. »Dafür hab ich also all die Jahre meine Steuern gezahlt, damit SIE hier herumstehen, den Verkehr blockieren und Pause machen!«

Eigentlich habe ich es mir abgewöhnt, auf solche dummen Bemerkungen überhaupt zu reagieren. Aber der Herr steht abwartend neben meinem Fenster und sieht mich herausfordernd an. Also lasse ich die Scheibe ein Stück weiter herunter, während mein Kollege leise murmelt: »Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten!«

Freundlich lächelnd, frage ich den aufgebrachten Mann: »Was genau hätten Sie auch mal gerne?« Dabei schaue ich auf die Uhr. Eigentlich hätten wir seit einer halben Stunde Dienstschluss, und ein paar Anzeigen muss ich auch noch schreiben.

Da er nicht antwortet, sondern mich weiterhin böse ansieht, antworte ich an seiner Stelle: »Ich nehme an, Sie hätten auch mal gerne einen Zehn-Stunden-Dienst, bei dem Sie nicht mal Zeit finden, Ihr mitgebrachtes Essen auf der Wache zu essen, und das dann im Streifenwagen machen müssen, zwischen zwei Einsätzen, während Sie sich Ihre Kleidung vollkrümeln und natürlich vergessen haben, etwas zu trinken einzupacken? Oder würden Sie auch gerne mal auf einer unbeleuchteten, kurvigen Landstraße stehen, einen offenen Gully bewachen und bei jedem Auto, das von hinten angerast kommt, hoffen, dass der Fahrer nicht grad an seinem Handy herumspielt und Sie rechtzeitig sieht?«

Ich blicke ihn abwartend an, erhalte aber nur ein gepresstes »Unverschämtheit!« zur Antwort, während er sich auf sein Rädchen schwingt und weiterfährt.

Als ich mich wieder zurücklehne und den letzten Rest von meinem Brot esse, grinst mein Kollege mich an. »Ich wette, das gibt ’ne Beschwerde! Hundertprozentig gibt das ’ne Beschwerde! Warum reagierst du auf so was überhaupt?«

Bockig antworte ich: »Weil man sich ja nun nicht alles gefallen lassen muss!«

In dem Moment erscheinen die Herren von der Stadt mit einem neuen Gullydeckel, setzen ihn ein, und wir können endlich zur Wache fahren. Dort übergeben wir unsere Autoschlüssel den Kollegen vom Nachtdienst, die schon auf uns warten und sofort zu den nächsten und teilweise noch vom Spätdienst übrig gebliebenen Einsätzen aufbrechen.

Für uns ist aber leider immer noch nicht Feierabend angesagt. Die Anzeigen wegen der aufgebrochenen Autos müssen geschrieben werden, das hat leider nicht bis zum nächsten Tag Zeit, und tatsächlich verlassen mein Kollege und ich erst nach fast zehn Stunden Dienst die Wache, trinken kein Feierabendbierchen mehr mit den anderen Kollegen, sondern schleppen uns zu unseren Autos und fahren hundemüde nach Hause.

Samstag – Nachtdienst

Bleibt nur noch der Nachtdienst, die Schicht, die jeden aus dem normalen Rhythmus bringt, mir aber immer noch am besten gefällt, obwohl man von spätabends bis frühmorgens arbeitet, dann den Tag verschläft und erst am Nachmittag wieder aufwacht.

Unter der Woche geht es meist recht ruhig zu. Ab zwei, drei Uhr treibt sich kaum noch jemand auf den Porzer Straßen herum, und die Anzahl der Einsätze hält sich in Grenzen. Will man nicht untätig abwarten, bis der nächste Einsatz kommt, macht man sich selbst auf und sucht sich die Arbeit. So hat man in den ruhigeren Nachtdiensten Zeit, abgelegene Parkplätze, Industriegebiete oder auch Wohngebiete präventiv zu bestreifen, zu schauen, ob man einen Betrunkenen am Steuer eines Autos erwischt, oder um einfach mal an den Treffpunkten der Jugendlichen ein paar Kontrollen im Hinblick auf Drogen durchzuführen.

Hin und wieder ist es im Nachtdienst tatsächlich so tot, dass man nur versucht, irgendwie die Zeit herumzukriegen, und den Feierabend herbeisehnt. Und trotzdem heißt es, immer wach und einsatzbereit zu sein, denn in der nächsten Minute kann es schon wieder losgehen, und man kann voll gefordert sein.

Ich mag Nachtdienste, die hektischen genauso wie die ruhigen und beschaulichen. Denn bei den Einsätzen im Nachtdienst geht es überwiegend um das, weshalb ich zur Polizei gegangen bin: um die Bekämpfung von Kriminalität. Die Menschen, die uns nachts um Hilfe bitten, sind ganz andere als die, mit denen wir es tagsüber zu tun haben.

Und natürlich erfüllt es mich auch mit einer gewissen Befriedigung, wenn ich selbst jemanden bei einer Missetat erwische und nicht erst gerufen werde, wenn der Täter schon über alle Berge ist und ich genau weiß, dass ich eigentlich kaum noch etwas tun kann. Die Chancen dafür, jemanden auf frischer Tat zu erwischen, sind nachts einfach höher.

»Guten Morgen!« Grinsend und bereits in Uniform betrete ich die Wache. Zum Nachtdienst komme ich immer gut gelaunt und meist überpünktlich, weil ich weiß, dass die Kollegen vom Spätdienst froh sind, wenn sie sich endlich an ihren Schreibkram begeben können, den sie während des Nachmittags und Abends angesammelt haben.

»Guten Morgen? Sag bloß, du bist grad erst aufgestanden!« Meine Kollegin grinst mich an. »Alte Schlafmütze!«

Wir übernehmen unseren Streifenwagen vom Spätdienst, die Kollegen verdrücken sich gestresst in die Schreibräume, und ich frage beim Funker, ob noch Einsätze offen sind oder ob ich mich sonstwie nützlich machen kann.

Heute werden wir sofort raus auf die Straße geschickt, fahnden. Ein Sechzehnjähriger hat sich das Auto der Frau Mama geschnappt, ist offenbar betrunken und kurvt nun durch Köln. Bisher ist er noch niemandem aufgefallen, es scheint also, dass er trotz Alkohol und fehlendem Führerschein ganz gut fährt.

Ich sitze am Steuer, und wir rollen, nach rechts und links spähend, durch unseren Bereich. Da deutet die Kollegin auf einen vor uns fahrenden schwarzen Kleinwagen. »Der ist nicht angeschnallt!«

Auch ich hatte das bemerkt, wollte aber eigentlich großzügig darüber hinwegsehen. »Na gut, halten wir ihn an! Nach unserem kleinen Besoffski können wir auch später wieder Ausschau halten.«

Wir geben das Anhaltesignal, und der Kleinwagen stoppt so unvermittelt, dass ich ihm fast hinten drauffahre. Das rechte Rücklicht ist auch defekt, nehme ich zur Kenntnis, während ich aussteige.

»Guten Abend, Binder, Polizei Köln-Porz. Führerschein und Fahrzeugschein bitte!«

Am Steuer sitzt ein Junge mit einer beeindruckend stacheligen Frisur. Er sieht mich mit großen Augen an wie ein verschrecktes Kaninchen und reagiert nicht. Ich wiederhole meine Aufforderung, sehe, wie sich seine Hand kurz Richtung Schalthebel bewegt, und mache mich bereit, zum Auto zurückzusprinten, falls er jetzt Gas geben sollte.

»Motor bitte auch aus!«, ergänze ich meine kleine Ansprache, und er leistet brav Folge. Trotzdem ist hier irgendwas faul, ich spüre es.

Über das Autodach hinweg tausche ich einen Blick mit meiner Kollegin. Die zieht eine Augenbraue hoch, ihr Bauchgefühl scheint also auch irgendwas anzudeuten.

Der Junge fingert unter unseren kritischen Blicken seine Papiere aus dem Handschuhfach und reicht sie mir. Ich betrachte den Führerschein und dann sein Gesicht, das er jetzt verschämt abwendet. Auffällig, wie er jeden Blickkontakt mit mir vermeidet.

»Sie waren nicht angeschnallt!« Ich beuge mich ins Fahrzeug und schnuppere, stutze und schnuppere dann noch mal. »Himmelherrgott, und in Ihrem Auto riecht’s nach Gras, als hätten Sie einen ganzen Coffeeshop dabei! Steigen Sie mal aus!«

Langsam steigt er aus und stellt sich, wie man es im Fernsehen oft sieht, mit erhobenen Händen und leicht schwankend neben das Auto, ohne dass ich was gesagt oder getan hätte. Meine Kollegin kommt zu uns rüber.

»Also, wann hast du … wann haben Sie den letzten Joint geraucht?« Häufig fällt es mir schwer, bei einem so jungen Burschen beim »Sie« zu bleiben.

Er schweigt nur und sieht mich über die Schulter hinweg an. Die Kollegin funkt bereits nach einem männlichen Kollegen für die Durchsuchung, die wir Mädels bei männlichen Personen nur in Ausnahmefällen durchführen dürfen.

»Ich hab nichts geraucht!« Er spricht so schleppend, dass ich gar keine weiteren Anhaltspunkte brauche, um zu wissen, dass er komplett stoned ist.

»Ja, genau, und ich bin der Weihnachtsmann! Haben Sie noch was von dem Kram dabei?«

Fahrig schüttelt er den Kopf, denkt aber doch kurz nach. »Weiß nicht, kann sein, im Kofferraum!« Er betrachtet interessiert seine Schuhspitzen und schwankt selbst im Stehen noch vor und zurück. Ein Wunder, dass er überhaupt geradeaus fahren konnte.

Der zweite Streifenwagen trifft ein, einer der Kollegen tastet den Jungen kurz ab und findet zwei kleine Päckchen mit Speed in seiner Hosentasche.

»Ey, das ist nicht von mir!«

Unbeeindruckt packen ihn die Kollegen in den Streifenwagen, um ihn wegen »Fahrens unter Betäubungsmitteleinfluss« zur Blutprobe auf die Wache zu bringen.

Anschließend durchwühlen meine Kollegin und ich systematisch das Auto. In zwei CD-Hüllen finde ich zwei weitere kleine Päckchen, diesmal mit Gras. Im Kofferraum entdecken wir schließlich ein ganzes Paket kleiner, aber leerer Portionsbeutelchen und eine große Tupperdose mit etwa sechshundert Gramm Marihuana.

»Toller Fang, und das nur, weil er nicht angeschnallt war!« Ich parke den Wagen am Straßenrand, schließe ihn ab, und wir fahren ebenfalls zur Wache. Das Dope hab ich in einer großen Tupperdose verstaut und in den Kofferraum verbannt, damit unser Auto nicht den Rest der Nacht danach riecht.

Auf der Wache ist der Arzt bereits eingetroffen und nimmt dem Burschen Blut ab. Der jammert, als ginge es um sein Leben. Eines haben sie alle gemeinsam, egal, wie cool sie auf der Straße sind: Wenn der Arzt die Nadel auspackt, wird gewinselt und hin und wieder sogar ein bisschen geweint.

Ungerührt betrachte ich den Jungen, tüte seinen Führerschein ein und packe seine persönlichen Sachen in ein Kistchen. Ein Telefonat mit der Kriminalwache hat ergeben, dass sie ihn wegen der Menge an Gras erst mal vorläufig festnehmen wollen: Verdacht des Handels mit Betäubungsmitteln.

All das erkläre ich ihm, und die Kollegen bieten sich an, ihn ins Gewahrsam zu fahren. Unsere Zellen auf der Wache sind ja nur für kurze Aufenthalte gedacht, und er wird warten müssen, bis der Haftrichter am nächsten Tag für ihn Zeit hat, während ich die Anzeigen wegen der Verkehrsdelikte und wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz tippe und die Kollegin das Gras wiegt und ordentlich verpackt.

Mittlerweile stinkt die ganze Wache nach dem süßlichen Zeug, und die Kollegen meckern schon, ob wir nicht was Besseres zu tun gehabt hätten, als ausgerechnet einen Haufen Gras anzuschleppen. Ich zucke entschuldigend mit den Achseln, als zwei andere Kollegen mit dem Burschen eintreffen, der mit dem Auto seiner Mutter besoffen von zu Hause abgehauen war.

»Heute scheinen wir sie ja alle zu kriegen!«, flötet unser Chef und bedeutet dem Arzt, dass er direkt eine weitere Blutprobe nehmen darf.

Der Kleine zickt ein wenig rum und zieht immer wieder seinen Arm weg, bis es dem Kollegen reicht. Er legt seinen kräftigen Arm um das Genick des Jungen und verursacht durch den Nackenhebel einen ordentlichen Druckschmerz, während ich den Arm festhalte.

»Stell dich nicht so an. Blut bekommen wir von dir auf jeden Fall, auch wenn du noch so zappelst!«, meint der Arzt und stößt ihm relativ unsanft die Nadel in den Arm.

»FOLTER!«, kreischt der Bube genau in dem Moment, als seine Mutter mit wogendem Busen und wehenden Röcken in den Raum rauscht.

»FOLTER! DIR GEB ICH FOLTER! Du hast Hausarrest, Spüldienst, und das Mofa bleibt die nächsten zehn Jahre in der Garage. Alkohol kannst du auch vergessen, Taschengeld ist gestrichen. Du kannst froh sein, dass ich dich überhaupt abholen komme!«

Wir Polizisten verlassen grinsend den Raum, damit die Mama ihre Strafpredigt ungestört fortsetzen kann. Es tut gut, auch mal Eltern zu erleben, die die Fehler bei ihren Kindern suchen und nicht uns für die Missetaten ihrer Youngsters verantwortlich machen, wie es leider häufig genug vorkommt. Wir hegen die leise Hoffnung, dass unsere beiden Kandidaten ihre Lektionen aus der heutigen Nacht lernen werden, sind aber eigentlich darauf eingestellt, dass wir den beiden ab heute häufiger begegnen werden.

»Häusliche Gewalt!«, ertönt in dem Moment die Stimme des Funkers und schickt uns und einen weiteren Streifenwagen zu einer deutsch-russischen Familie, in der es eigentlich grundsätzlich am Wochenende rappelt und die wir alle bereits kennen. An der angegebenen Adresse, einem Hochhaus in Finkenberg, wohnen die »Klitschkos«, wie wir sie nennen. Zwei Brüder, beide zwei Meter groß, jeder weit über hundert Kilo schwer und durchtrainiert bis in den letzten Muskel. Dummerweise trinken beide gerne mal einen über den Durst, und dann gehen sie sich gegenseitig ans Leder. Bisher war es zum Glück immer so, dass sie sich bei unserem Eintreffen wieder beruhigt hatten. Mir fällt nämlich auf die Schnelle heute Nacht kein Kollege ein, der es kräftemäßig mit den Brüdern aufnehmen könnte. Und selbst zu viert hätten wir meiner Ansicht nach keine große Chance gegen die beiden, ohne fiese Tricks anzuwenden.

Bereits vor dem Haus sind laute Stimmen zu vernehmen. Sie kommen aus den Fenstern im 8. Stock. Wir stürmen die Treppen hoch und kommen ziemlich außer Atem an.

Die Wohnungstür ist bereits offen, der Vater empfängt uns. »Jungs sind wieder GAGA!« Er tippt sich an die Stirn und tritt zur Seite, um uns in den schmalen Flur zu lassen.

Intelligenterweise bin ich die Erste, wofür ich mir am liebsten selbst in den Hintern getreten hätte. »Warum lasse ich eigentlich nicht den kräftigen Kollegen den Vortritt, sondern flitze wie ein wild gewordener Handfeger als Erste die Treppen hoch?«, frage ich mich, als mein Blick auf eine total verbogene Gabel auf dem Boden fällt, an der Blut klebt.

»Polizei!«, ruft mein Kollege hinter mir, und wir tasten uns langsam weiter in die Wohnung rein. Automatisch fährt meine Hand an die Waffe.

In der Küche werden wir fündig. Einer der Brüder liegt ausgestreckt am Boden und regt sich nicht, der andere hockt daneben und wimmert Entschuldigungen. Wir stürmen zu viert in den Raum, die beiden männlichen Kollegen zerren den großen Kerl von seinem Bruder weg, stellen ihn an eine Wand und tasten seine Hose nach Gegenständen ab, während meine Kollegin einen Rettungswagen verständigt und ich mich neben den Verletzten auf den Boden knie.

Auf der Stirn hat er mehrere kleine rote Punkte, aus denen langsam Blut sickert, am Hinterkopf eine große Platzwunde, aus der das Blut geradezu herauspulsiert. Die Punkte stammen eindeutig von der blutigen Gabel im Flur, also bitte ich die Kollegin, sie als Beweismittel einzusammeln.

Der Riese hat die Augen geschlossen, scheint aber halbwegs bei Bewusstsein. Sein Bruder wehrt sich zum Glück nicht, lässt sich Handfesseln anlegen und von den Kollegen aus der Wohnung führen. Irgendjemand reicht mir ein paar Mullbinden und Verbandspäckchen, und ich lege dem Verletzten einen zwar nicht schönen, aber offenbar wirksamen Druckverband am Hinterkopf an. Zweimal versucht er dabei, nach mir zu schlagen, aber seine Bewegungen sind kraftlos, und die Arme wischen folgenlos durch die Luft.

»Ich helfe Ihnen nur, halten Sie still!«, meckere ich ihn an. Da dreht er sich zur Seite und schläft einfach ein.

Als die Sanitäter eintreffen, liegt der Kerl laut schnarchend auf dem Küchenboden, und ich stehe mit blutigen Händen daneben und grinse ein wenig hilflos. Selbst als sie ihn auf die Trage laden, wird er nicht wach. Ächzend und schnaufend schaffen die Sanis ihn mit unserer Hilfe die acht Stockwerke hinunter.

Unten steht sein Vater, von dem wir endlich erfahren, was passiert ist. Der eine Bruder hat die Freundin des anderen beleidigt, beide hatten wie immer viel getrunken. Erst prügelten sie sich, dann hatte der eine die Gabel in der Hand, und der andere griff zur Bratpfanne.

Kopfschüttelnd notiere ich alles. »Sachen gibt’s!«, kommentiere ich den Einsatz, als wir wieder im Streifenwagen sitzen.

Die Kollegin zuckt mit den Achseln: »Ich bin bei denen immer nur froh, dass sie sich gegenseitig in die Fresse hauen und nicht mal plötzlich gemeinsam auf uns losgehen!«

Stumm nicke ich und fahre uns zum nächsten Einsatz. In der Nähe des Flughafens ist ein Auto in eine Rotte Wildschweine gefahren, die auf der Straße herumliefen.

Als wir ankommen, sieht die Landstraße aus wie ein Schlachtfeld. Überall Glassplitter, verbogenes Metall und Plastikteile, aber nirgendwo auch nur ein totes Wildschwein. Auch gut. Am Straßenrand steht ein Smart mit eingedrückter Front und zersplitterter Windschutzscheibe, in dem aber niemand sitzt. Suchend blicke ich mich um und sehe eine Frau, die auf dem Boden hockt und am ganzen Leib zittert.

Rasch gehe ich auf sie zu. »Binder, Polizei Köln-Porz!«, stelle ich mich vor. Ich habe kaum ausgesprochen, da springt die Frau auf, wirft sich mir in die Arme und beginnt hemmungslos zu weinen.

»Ist ja gut, ist ja gut. Ganz ruhig!« Sanft streiche ihr über den Rücken, um sie zu beruhigen und gleichzeitig unauffällig festzustellen, ob sie verletzt ist, während meine Kollegin und ich uns irritiert ansehen.

Die Kollegin geht um den Smart herum und macht plötzlich keuchend einen Schritt zurück. »Ach du Scheiße!«, entfährt es ihr. »Janine, das musst du dir ansehen!« Sie scheint sich von ihrem ersten Schreck erholt zu haben und grinst mich an.

Die Dame in meinen Armen atmet jetzt etwas ruhiger, und ich schiebe sie vorsichtig in Richtung Streifenwagen. »Setzen Sie sich solange in unser Auto. Brauchen Sie einen Rettungswagen? Soll ich jemanden anrufen?«

Sie schüttelt den Kopf, zückt dann ihr Handy und wählt eine Nummer. Ich gehe zu dem Smart, und jetzt sehe auch ich, was mir eben beim flüchtigen Blick auf den Fahrersitz entgangen war: Dort liegt eine tote Wildsau, den Rüssel auf dem Armaturenbrett, den Hintern auf dem Polster des Beifahrersitzes.

»Ach du Scheiße!«, entfährt es auch mir wenig damenhaft, und ich muss gleichzeitig ein Kichern unterdrücken.

»Das kann man wohl laut sagen.« Die Kollegin wählt bereits die Nummer der Wache, um einen Jagdausübungsberechtigten für dieses Gebiet zu verständigen, der sich um die Beseitigung des Kadavers kümmern wird. Totes oder gar verletztes Wild nach einem solchen Unfall einfach liegen zu lassen oder gar einzupacken ist verboten und kann sogar den Straftatbestand der Wilderei erfüllen.

Nach einem kurzen Blick auf die Dame in unserem Streifenwagen beginne ich mit meiner Arbeit.

Eigentlich sind für so einen Unfall keine Fotos vorgesehen, aber es glaubt uns ja doch niemand, wenn wir das nicht dokumentieren. Ich knipse also die tote Sau auf dem Beifahrersitz, dann kehre ich die Scherben und das Metall in den Straßengraben.

Kurz darauf trifft der Mann der Smart-Fahrerin ein, und sie bricht erneut in Tränen aus. Aber statt sie in den Arm zu nehmen und froh darüber zu sein, dass sie offensichtlich unverletzt ist, weist er sie nur rüde zurecht und meckert sie an, dass sie sich nicht so anstellen solle. Ich bin froh, dass sie sich zumindest an meiner Schulter kurz ausweinen konnte.

Er macht die Beifahrertür des Autos auf, schnauzt mich an, dass die Sau den Sitz versaut und warum wir die noch nicht weggeräumt hätten. Dann geht er um den Wagen herum, öffnet die Fahrertür und befördert das tote Viech mit einem Fußtritt nach draußen.

Vorsichtig merke ich an, dass der Wagen nach dem Zusammenstoß ohnehin Schrott sei, was mir den Kommentar einbringt, dass ich als Frau von so was ja wohl überhaupt keine Ahnung hätte. Ich lächele freundlich und unverbindlich, denke mir: Arschloch, und freue mir fast ein Loch in den Bauch, als der Fahrer des Abschleppwagens den Smart auflädt und konstatiert: »Na, da ist wohl nix mehr zu machen, den können Sie nur noch verschrotten!«

Mir entweicht ein ganz unprofessionelles, aber triumphierendes »Sag ich doch!«, dann drücke ich dem freundlichen Menschen die Unfallmitteilung in die Hand. »Schöne Nacht noch!«, wünsche ich den beiden. Die Sau zerren wir von der Straße auf den Seitenstreifen, wo der Jäger sie am nächsten Tag einsammeln wird, und schon sitzen wir wieder im Auto.

»Hunger!«, stöhnt die Kollegin auf dem Beifahrersitz, und ich fahre uns zu McDonald’s, wo wir uns mit Proviant eindecken. In einer Sackgasse des Gewerbegebiets halten wir an und beginnen zu futtern, immer noch fassungslos und total fasziniert wegen der Sau im Smart.

»Himmel, stell dir vor, die hätte noch gelebt, als sie auf dem Sitz gelandet ist. Die Frau wäre Matsch gewesen!«

Ich nicke und beiße herzhaft in meinen Burger, nehme einen Schluck Cola und deute auf einen klapprigen Kleintransporter mit rumänischen Kennzeichen, der erst auf uns zufährt und dann, als er unseren Streifenwagen sieht, anhält und schnell wendet.

»Was war denn das?«, frage ich mit vollem Mund.

»Och Mensch, immer wenn ich grad esse!«

Rasch stopfen wir alles in unsere Tüten, die Kollegin hält unsere Colabecher in der Hand, während ich Gas gebe und hinter dem Transporter herfahre. »Vielleicht wieder Kabeldiebe, der Altmetallpreis ist zurzeit ziemlich hoch! Wenn ich mich richtig erinnere, wurde da letztens so ein Transporter im Zusammenhang mit Kabelklau erwähnt. Erinnerst du dich, als sie die Kupferkabel der Verkehrsbetriebe geklaut haben und stundenlang keine S-Bahn fuhr?«

Die Kollegin nickt und nimmt einen Schluck aus ihrem Colabecher, während ich auf die Taste für das »Stop«-Zeichen drücke.

Der Transporter hält sofort an, und es steigen fünf offenbar osteuropäische Männer in dunkler Arbeitskleidung und mit Lederhandschuhen aus. Sie sind freundlich – zu freundlich, finde ich – und nervös – zu nervös. Wir fordern sie auf, sich in einer Reihe am Straßenrand aufzustellen. Während ich versuche, sie durch grimmige Blicke in Schach zu halten, und mir wohl bewusst bin, dass wir ein grandioses Chaos hätten, wenn jetzt auch nur einer losrennen würde, wirft meine Kollegin einen Blick in das Auto.

»Nix! Alles leer! Wollten wohl grad erst anfangen!«, ruft sie mir zu.

»Was anfangen? Wir nur wollten nach Hause. Haben verfahren, falsche Ausfahrt genommen!« Der Fahrer lächelt mich gewinnend an.

Ich ignoriere ihn einfach. »Die Ausweise bitte!«

Alle wühlen in ihren Taschen, bis ich von jedem eine Identitätskarte in den Fingern halte und sie per Handy auf der Wache überprüfen lasse. Unser Bauchgefühl hat uns nicht getrogen: Alle sind polizeilich bekannt, wegen Einbruch und Diebstahl.

Ein weiterer Streifenwagen, offenbar ebenfalls auf dem Weg zu McDonald’s, kommt vorbei und hält neben uns an. »Sollen wir mal kurz in die Taschen gucken, Mädels?«

Ich winke die Kollegen heran, aber in den Taschen der Männer findet sich nichts wirklich Verbotenes: ein paar Schraubendreher (»Bau ich grad zu Hause Badezimmer neu auf!«), eine Brechstange (»Hab ich immer dabei, wegen gefährlich auf Straßen!«) und zwei Taschenmesser (»Ordentlicher Handwerker braucht Messer!«).

Seufzend gebe ich alles wieder heraus und notiere mir die Daten.

»Warum du schreibst uns auf? Wir nichts gemacht. Nix Zabzarab diese Mal!«

»Ja, und damit das heute Nacht so bleibt, schreib ich Sie auf. Wenn wir morgen feststellen, dass hier in der Gegend irgendwem was fehlt, dann wissen wir, dass wir bei Ihnen suchen müssen!«

»Das nicht fair, feine Frau. Das nicht fair! Auto ist leer, hast du gesehen, feine Frau!«

Schulterzuckend gebe ich die Ausweise zurück. »Was ist schon fair? Kabelklauen? Macht, dass ihr wegkommt!«

Die Männer steigen wieder ein, wir ebenfalls. Ich beiße in meinen kalten Burger und muss würgen. Mit einem lauten »Bäääh!« lasse ihn zurück in die Tüte fallen und werfe sie auf den Rücksitz. Auch die Kollegin rührt ihr Essen nicht mehr an. Auf der Wache stopfen wir beides in die Mikrowelle. Die Reste sind jetzt matschig, aber wenigstens warm. Wir futtern sie nebenher, während wir unsere Schreibarbeiten erledigen.

Langsam tritt jetzt die Nachtdienstmüdigkeit ein. Ich habe Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren, immer wieder fallen mir vor dem Bildschirm die Augen zu. Schließlich renne ich ein paarmal den Flur rauf und runter, um meinen Kreislauf in Schwung zu bringen. Was aber auch nur kurz hilft.

»Einsätze?«, frage ich den Funker, aber der schüttelt den Kopf.

»Setz dich ’nen Moment, Kleines, und mach Augenpflege!«

Ich hocke mich auf einen der Stühle und stiere auf den Fernseher. Immer wieder fallen mir die Augen zu, aber ich kämpfe wacker. Als die Leitstelle sich über Funk meldet, sitze ich sofort senkrecht, reibe mir die Augen und lausche gespannt.

Wenige Sekunden später rasen wir mit flackerndem Blaulicht durch die Nacht. Einbrecher! Der Anrufer hat Fremde beobachtet, die im Haus seiner Nachbarn, die im Urlaub sind, herumgeistern.

Adrenalin schießt mir durch jeden einzelnen Muskel, und angespannt sitze ich am Steuer. Über Funk koordiniert der Funker die anderen Streifenwagen. Aus jeder Richtung ist jemand unterwegs. Kurz bevor wir ankommen, schalte ich das Blaulicht ab. Das Martinshorn war zu der Uhrzeit eh nicht an.

Als wir aussteigen, treffen zwei weitere Streifenwagen ein. Selbst wie Einbrecher, schleichen wir durch den dunklen Vorgarten, postieren an jeder Hausseite einen Kollegen, dann gehen zwei von uns ins Haus.

Ich stehe an der Terrassentür, durch die die Täter sich offenbar Zutritt verschafft haben und durch die jetzt auch die Kollegen ins Haus gelangen. Meine Hand ruht an der Waffe, konzentriert beobachte ich die Fenster der Hausrückseite, meine, eine Bewegung im Obergeschoss zu sehen, und höre die Kollegen brüllen: »POLIZEI! KEINE BEWEGUNG

Meine Füße zucken, am liebsten würde ich ebenfalls ins Haus stürmen und helfen, irgendwas tun. Aber dann steht hier niemand mehr, und wer weiß, wer noch im Haus ist.

Die Kollegen bringen einen gefesselten Jugendlichen nach draußen und legen ihn auf dem Rasen ab, während ich weiter die Fenster nach einer Bewegung absuche und geistesabwesend meinen Fuß auf den Rücken des Jungen stelle.

»Schön liegen bleiben!«, sage ich laut, als ich merke, wie er unter meinem Fuß alle Muskeln anspannt. Ich verlagere etwas Gewicht auf das Bein, mit dem ich auf seinem Rücken stehe. »Denk nicht mal dran. Ich bin schneller, ich bin nicht gefesselt, und ich habe eine Waffe!«

Er bleibt angespannt, und ich konzentriere mich mehr auf ihn als auf die Fenster und die Rufe der Kollegen im Haus.

Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei, das Haus ist von oben bis unten durchsucht, und drei Einbrecher sitzen sorgsam verschnürt im Gras und gucken uns bockig an. Mehmet, Maurice und Andy heißen die Schätzchen, wie ich auf ihren Ausweisen, die sie freundlicherweise dabeihaben, lesen kann.

»Da fühlt ihr euch stark, was? Kleine Jungs prügeln!«, brüllt Maurice in unsere Richtung. Wir ignorieren ihn und teilen die weitere Arbeit auf: Personalien feststellen, Gebäude sichern, Zeugen anhören und so weiter.

Der aufmerksame Nachbar hilft beim Verschließen der Terrassentür, er besitzt auch einen Schlüssel für die Haustüre. Dann schaffen wir die drei zu den Streifenwagen. Sie wehren sich kräftig. Als Mehmet, den ich mit meinem Fuß am Boden gehalten habe, an mir vorbeigeführt wird, spuckt er mir vor die Füße und faucht mich an: »FOTZE! DRECKIGE FOTZE! Wir sehen uns wieder!«

Ich nicke und murmele leise: »Mann, dass denen echt nichts anderes einfällt als immer Fotze. Ich beschimpf doch auch niemanden als Schwanz!«

Scheinbar hat er mich gehört und brüllt, während er von einem Kollegen auf den Rücksitz geschoben wird: »SCHWANZLUTSCHENDE FOTZE! NUR WEIL ICH KEIN DEUTSCHER BIN

Einer der Kollegen antwortet lachend: »Nee, Mehmet, nur weil du eingebrochen hast! Das hat mit deiner Abstammung nicht wirklich was zu tun, und deine zwei Kumpels sind ja nun Deutsche, die sitzen aber genauso in der Patsche wie du, oder?«

»HALT DIE FRESSE, ARSCHLOCH!«, tönt es vom Rücksitz des Streifenwagens, und genervt schieben wir den Blondschopf Andy auf unseren Rücksitz. Während ich fahre, sitzt meine Kollegin hinten neben ihm.

Kaum ist er von seinen Kumpels getrennt, beginnt Andy zu wimmern. »Die Handschellen sind zu fest. Mir fallen die Arme ab. ICH STERBE

Über den Rückspiegel tausche ich einen Blick mit meiner Kollegin, die schüttelt den Kopf. »Die sind nicht zu fest, die sind genau richtig. Jetzt stell dich mal nicht an wie eine Heulsuse, wir sind ja gleich da.«

»MEINE AAAAAARME!«, jault Andy. Wir ignorieren ihn. Die Handfesseln sind natürlich nicht zu fest, aber klar ist es unbequem, mit einer Metallspange um die Handgelenke und den Armen auf dem Rücken im Auto zu sitzen. Im Vergleich dazu, wie unbequem es ist, aus dem Urlaub zu kommen und das ganze Haus durchwühlt vorzufinden, wie die Familie, die hier zum Opfer unserer Jungeinbrecher geworden ist, empfinde ich so ein bisschen Zwicken in den Armen für ihn als erträgliche Strafe.

Andy jammert weiter vor sich hin und hört erst auf, als ihm die Kollegen im Gewahrsam die Handfesseln abnehmen. An seinen Handgelenken ist nichts zu sehen, nicht mal eine Rötung oder eine Druckstelle.

Auf dem Gang begegnen wir, obwohl wir eigentlich versuchen, so etwas zu verhindern, Mehmet. »DU HÄLTST DIE FRESSE! Wenn du ein Wort sagst, hast du Probleme!«, brüllt der über den Gang zu unserem Kerlchen rüber und outet sich damit als Kopf der drei Möchtegern-Ganoven.

Als alle drei sicher in ihren Zellen sitzen, teilen wir die Schreibarbeit unter uns auf. Einer schreibt die Festnahmeanzeigen, einer die Strafanzeige zum Einbruch, wir restlichen Beamten verabschieden uns gut gelaunt wieder zur Wache.

Noch eine halbe Stunde. Ich sitze wieder im Aufenthaltsraum und starre Löcher in die Luft, warte, dass entweder noch was passiert oder dass die Kollegen der Frühschicht zur Ablöse kommen. Ich bin froh, als ich endlich den Streifenwagenschlüssel übergeben und nach Hause kann.

Die Kollegen treffen sich noch im Keller der Wache auf ein Bier, aber ich stiefele direkt zum Auto. Nach dem Nachtdienst zieht es mich immer unaufhaltsam ins Bett. Obwohl ich die Nachtschichten liebe, bin ich danach immer hundemüde. So auch heute. Ich schlafe, noch bevor mein Kopf das Kissen berührt.

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt
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