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34

 

Catherine hatte keine Ahnung, wie sie gegen die Krankheit, die in Maggies Körper wütete, vorgehen sollte, doch wusste sie, dass das Delirium durch hohes Fieber verursacht wurde. Ganz instinktiv versuchte sie nun, der Kranken Kühlung zu verschaffen, und wusch sie stündlich mit kaltem Wasser. Da die schwarze Geschwulst in Maggies Leiste stark schmerzte, gab Cat sich große Mühe, ihre Glieder ganz sanft zu heben.

Und immer wieder versuchte sie, Maggie ein kaltes Getränk einzuflößen, doch lehnte die Kranke es ab oder erbrach es.

In den nächsten zwei Tagen tobte und schrie die Patientin und schlug wild um sich. Als schließlich ihre Worte immer wirrer wurden, erfassten Catherine Angst und Hoffnungslosigkeit.

Am dritten Tag gab es Perioden der Ruhe, und Maggie schien in ruhiges Dösen zu verfallen. Als Catherine die Beule kontrollierte, schien es, als sei die Schwellung zurückgegangen. Cat schöpfte neue Hoffnung, schloss die Augen und ruhte sich ein wenig aus. Als Maggie jedoch am vierten Tag nicht erwachte, wurde Cat klar, dass sie im Koma lag.

Während ihre Hoffnung dahinschmolz wie Schnee in der Sonne, saß sie am Bettrand, hielt Maggies Hand und sprach leise auf ihre geliebte Freundin ein. Sie sprach von ihrer Kindheit, als es ihre alte Amme war, die ihre Ängste immer beschwichtigt hatte. Sie sprach von gemeinsamen Freuden und sagte ihr, wie sehr sie ihre Zeit in Schottland genossen hätte. Schließlich sprach sie ihre Befürchtungen laut aus, während ihr Tränen über die Wangen strömten. »Maggie, du kannst mich nicht verlassen. Du bist die Einzige, die mich jemals lieb hatte. Geh nicht fort, bitte, geh nicht.«

 

Hepburn ritt auf Valiant durch die Nacht. Ein zweites Pferd führte er am Leitseil mit sich. Mit jeder Meile spürte er, wie die Gefahr für Catherine wuchs und damit seine Überzeugung, dass sie in Lebensgefahr schwebte.

Als es dämmerte, sah Patrick die Türme von Richmond Castle vor sich. Fünfzig Meilen hatte er nun zurückgelegt. Er versuchte nicht an die zweihundert zu denken, die noch vor ihm lagen. Während er seine Pferde tränkte, badete er im Fluss Swale, dann frühstückte er Haferkuchen und ließ seine Pferde am Ufer grasen.

Nach einer einstündigen Rast saß er wieder im Sattel. Auf seinem Ritt nach Süden, wo milderes Wetter zu erwarten gewesen war, spürte er allmählich, wie ungewöhnlich heiß es war. Er und seine Pferde schwitzten stark, weshalb er die Tiere öfter tränken musste.

In York angekommen, erfuhr er zu seinem Entsetzen, dass der schwarze Tod in der Stadt wütete. Die Opfer hatte man vor die Stadtmauern geschafft. Dort lagen sie nun sterbend oder tot auf den Feldern und in den Gräben. »Gott im Himmel, das schwarze Übel, das über Catherine dräut, ist die Beulenpest!« In Hepburn krampfte sich alles zusammen. Er bekreuzigte sich und ritt wie vom Teufel gejagt fort von diesem verfluchten Ort. Er schwor sich, fortan die Städte zu meiden, und machte erst Rast in Selby Abbey, in der Hoffnung, die isoliert lebenden Mönche würden die Krankheit nicht übertragen. Er kaufte ihnen Brot und Käse und eine bauchige Flasche Wein ab. Nachdem er die Sachen in seiner Satteltasche untergebracht hatte, ritt er ohne anzuhalten dem Lauf des Trent folgend weiter nach Süden, bis der Weiler Sutton hinter ihm lag und er Sherwood Forest erreichte.

Unter den dicken Eichen des abgeschiedenen und urtümlichen Waldgebietes, dessen Wildreichtum seiner Stille und Unberührtheit zu verdanken war, konnte er frische Kraft schöpfen. Die Ruhe, die ihn nun überkam, war so groß, dass er ein paar Stunden Rast einlegte. Mehr als die halbe Strecke lag hinter ihm, doch er hatte dafür zwei Tage benötigt. Patrick schwor sich, den Rest rascher zurückzulegen.

An einen Baumstamm gelehnt, saß er da und versuchte, sich vorzustellen, wo sich Catherine befand. Er war sicher, dass sie sich zur Krönung an den Hof begeben hatte, doch hoffte er inständig, sie wäre nicht mehr in London, wo die Hitze und die übervölkerten Elendsviertel der Verbreitung der Seuche Vorschub leisteten.

Hepburn streifte den Leopardenring ab, den Catherine getragen hatte, und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, während er seine Geisteskräfte darauf konzentrierte. »Komm zu mir, Cat, komm zu mir.« Als sie nicht antwortete, wusste er, dass es ihm nicht gelungen war, zu ihrem Bewusstsein durchzudringen. Sein tranceähnlicher Zustand bescherte ihm jedoch andere, sehr beunruhigende Visionen. Er sah Mr. Burke mit einem Spaten. Er sah auch einen Fluss und betete darum, dass es der Lea war und nicht der Styx. Aus Angst vor dem, was er sehen würde, tastete Hepburn sich nicht weiter vor. »Ich muss rasch nach Hertford.«

Catherine hielt Maggies Hand noch lange fest, nachdem diese ihren letzten Atemzug getan hatte. Reglos saß sie da und wollte sie nicht loslassen. Sie wagte nicht, sich zu rühren, zu denken oder zu fühlen. Jegliches Zeitgefühl war ihr verloren gegangen. Erst als Mr. Burke anklopfte, wurde sie aus ihrer Trance gerissen.

Sanft legte Cat die Hand, die sie hielt, auf Maggies Brust. Langsam stand sie auf, wobei sie vage spürte, dass ihr Rücken von der gebeugten Haltung schmerzte. Sie ging zur Tür und sagte leise, ohne sie zu öffnen. »Maggie hat mich verlassen, Mr. Burke.«

»Gottlob hat ihr Leiden ein Ende. Man muss sie rasch beerdigen, da auch ihre sterbliche Hülle noch ansteckend ist, Mylady. Wenn Ihr den Ort der letzten Ruhe bestimmt, werde ich sofort ein Grab ausheben.«

Nein! Nein! Man kann sie nicht in die Erde legen!

Catherine, mein Lämmchen, mein Geist ist mit dir.

Cat fasste sich an die Kehle. »Danke, Mr. Burke. Ich werde sie waschen und für die Beerdigung vorbereiten.«

»Die Köchin soll Wasser für Euer Bad wärmen, Mylady. Nachdem Ihr Maggie zurechtgemacht habt, müsst Ihr Euch umkleiden.«

Catherine tat nun alles Nötige, wusch behutsam ihre alte Kinderfrau und zog ihr das schneeweiße Nachthemd an, das Maggie eigenhändig genäht hatte. Die Geschwulst in der Leiste war vergangen, doch hatte sich die Schwärze über den Leib und das ganze Bein ausgebreitet, als wäre ihr Inneres vergiftet. Catherine bürstete Maggies aschgraues Haar zu einem Knoten, dann kreuzte sie ihr die Arme über der Brust. Ihre Glieder werden schon steif.

Während ihr eine einzelne Träne über die Wange glitt, öffnete sie die Tür und ging hinauf in ihr eigenes Gemach. Nachdem sie gebadet hatte, öffnete sie ihren Koffer und entnahm ihm ein schwarzes Kleid, nur um es sofort wieder wegzulegen. Maggie mag mich nicht in Schwarz! Stattdessen legte sie das weiße Seidenkleid an, das sie bei der Krönung getragen hatte. Als sie ihr Haar bürstete, bemerkte sie den bohrenden Kopfschmerz, der sie beinah blendete. Sie legte die Bürste aus der Hand, nicht mehr imstande, sich zu frisieren. Ich brauche aus der Bibliothek ein Gebetbuch. Die Andacht am Grab ... ich werde sie halten müssen.

Der einzige Pferdeknecht, der geblieben war, um sich um die Ställe zu kümmern, zimmerte einen rohen Sarg, den er und Mr. Burke in den Obstgarten trugen. Dort wurde Maggies sterbliche Hülle in das frisch ausgehobene Grab gesenkt. Catherine ergriff mit zitternden Fingern eine Hand voll Erde und ließ sie auf Maggies Sarg rieseln. Sie schlug das Gebetbuch auf und sagte klar und deutlich: »Ich bin die Auferstehung und das Leben, spricht der Herr. Wer an mich glaubt, wird ewig leben.« Ein Schluchzen hinderte sie am Weitersprechen, sie musste sich erst fassen. Ihr Kopf dröhnte, ihre Ohren hämmerten, das Würgen in ihrer Kehle drohte sie zu ersticken.

Nach einem tiefen, bebenden Atemzug zwang Catherine sich fortzufahren. »Da es Gott dem Allmächtigen in seiner großen Gnade gefallen hat, die Seele unserer teuren Maggie zu sich zu nehmen, übergeben wir ihren Leib der Erde. Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. In der Gewissheit der Auferstehung zum ewigen Leben durch unseren Herrn Jesus Christus ...«

Das Gebetbuch entglitt ihren gefühllosen Fingern. Cat brach entkräftet zusammen und spürte, wie sie von einem dunklen Strudel aufgesogen wurde.

Als Mr. Burke sich bückte und sie aufhob, war jeder Blutstropfen aus seinem Gesicht gewichen. »Hoffentlich ist es nur eine Ohnmacht. Ich bete darum, dass sie nicht ...«Er war zu abergläubisch, um die gefürchteten Worte auszusprechen.

Die Köchin trat ihm in der Haustür entgegen. »Ich habe Maggies Bettzeug verbrannt und das Bett frisch bezogen. Mylady ist sicher nur erschöpft von der Pflege ihrer Dienerin. Sie ist nicht krank!«

Mr. Burke legte seine Herrin auf das saubere Bett in der Kinderstube, und als sie die Augen aufschlug, stieß er ein Dankgebet aus. »Ihr seid ohnmächtig geworden. Kann ich Euch etwas bringen, Lady Catherine?«

Sie griff sich an den Kopf und versuchte, den Schmerz wegzumassieren. »Ich bin so durstig, Mr. Burke. Würdet Ihr mir wohl etwas Wasser holen?«

Er scheuchte die Köchin in ihr Küchenreich. »Ich übernehme die Pflege. Ich weiß, dass du glaubst, diese Krankheit befiele nur Dienstboten, doch es ist besser, Vorsicht walten zu lassen. Ich bringe ihr kaltes Wasser vom Brunnen.«

Cat trank es begierig. »Der Schock, Maggie zu verlieren und sie zu begraben, hat mir alle Kräfte geraubt, Mr. Burke. Aber ich würde trotzdem lieber in einem Sessel sitzen als im Bett liegen.« Als sie aufstand, fühlte Cat sich benommen und hatte irgendwie die Orientierung verloren. Dankbar ließ sie sich in den Sessel sinken und griff nach dem Wasserglas.

Sie schloss die Augen und schlief ein. Einige Stunden später wurde sie geweckt, als Mr. Burke ihr das Abendessen brachte.

»Die Köchin hat Brühe und eine kleine Waldhuhnbrust zubereitet. Ihr müsst essen, damit Ihr wieder zu Kräften kommt, Mylady.«

Catherine fasste sich an ihre heiße Wange. »Ich kann nichts essen.« Sie versuchte ein Lächeln. »Lieber Mr. Burke, machen wir uns nichts vor. Wir beide wissen, dass ich mich mit der Pest angesteckt habe.«

 

Hepburn erwachte mit einem Ruck. Er hatte von Maggie geträumt. Sie hatte ihn an der Schulter gerüttelt. Lord Stewart, meine kleine Catherine braucht Euch! Er rieb sich die Augen und stand auf. Da der Morgen graute, musste er etwa zwei Stunden geschlafen haben. Frische Kraft durchströmte ihn, denn er wusste, dass er Spencer Park noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen konnte, wenn er sich beeilte.

Er sattelte erst die Stute und sparte sich Valiant für später auf, da er wusste, dass auf Schnelligkeit und Kraft des Rappen Verlass war und er damit rechnen konnte, noch vor dem Abend Hertford zu erreichen. Patrick brach von Thorney Abbey auf und ritt Richtung Huntingdon.

Als er in Bassingbourn die Pferde wechselte, schienen Valiants Hufe förmlich über den ausgetrockneten Boden zu fliegen und die Meilen gierig zu schlucken. Die Sonne hatte ihren Abstieg eben erst begonnen, als er an der Stadt Hertford vorüberritt, und Hepburn frohlockte. Er würde sein Ziel tatsächlich vor Einbruch der Dämmerung erreichen.

In den Stallungen traf er nur einen Knecht an. Dieser erkannte den neuen Herrn trotz der groben Lederkleidung und der Bartstoppeln, die ihm in vier Tagen gewachsen waren. Er nahm die Zügel der schäumenden Pferde und stieß hervor: »Lord Stewart, die Pest ist hier!«

Hepburn nickte grimmig, wiewohl sich sein Herz ob der gefürchteten Worte zusammenkrampfte. »Sei so gut, und versorge meine Pferde.« Als er aus dem Stall ging, wanderte sein Blick über den Besitz. Hof und Gärten wirkten vernachlässigt, das Haus schien verlassen, als hätte das Gesinde die Flucht ergriffen.

Bei seinem Eintreten begegnete er niemandem. Speisedüfte lenkten seine Schritte in die Küche. Er trat so stürmisch ein, dass die Köchin vor Schreck ihre Suppenkelle fallen ließ. »Ich bin zurück«, sagte er kurz. Sie schenkte ihm einen Humpen Ale ein, den er dankbar entgegennahm. »Wo ist Mr. Burke?« Er leerte den Humpen und setzte ihn ab.

Die Köchin, die Angst hatte, dem dunklen und wild aussehenden Schotten, der in voller Größe vor ihr aufragte, die Hiobsbotschaft zu melden, deutete nur mit dem Finger und murmelte: »In der Kinderstube, Mylord.«

Patrick ging auf direktem Weg in den Ostflügel und öffnete die Tür zur Kinderstube.

Cat wurde aus ihrer warmen, lethargischen Stumpfheit gerissen und erblickte die dunkle Gestalt, die den Eingang ausfüllte. Der Tod! Er kommt, um mich zu holen.

»Catherine!«

An seinem gerollten R erkannte sie Hepburn sofort. »Nicht! Geh weg! Komm nicht näher!«

In der Meinung, er hätte ihr für immer Abscheu eingeflößt, ließ er sich dennoch von ihrer Abwehr nicht abschrecken. Er trat zu ihr, und nun erst sah er Mr. Burke in dem verdunkelten Raum. »Bringt mir Licht.« Er befühlte Cats heiße Stirn.

Sie wich zurück. »Rühr mich nicht an Patrick, ich könnte dich anstecken.«

Sein Herz tat einen Sprung. Will sie nicht, dass ich sie berühre, weil sie Angst um mich hat? Er nahm den Kerzenleuchter von Mr. Burke entgegen, und das Licht fiel auf ihr Gesicht. Als er sah, dass sie hochrot war und ihre Augen fiebrig glänzten, verbarg er sein Entsetzen. »Wie lange ist sie schon krank?«

»Sie ist heute ohnmächtig zusammengebrochen, als wir Maggie begraben haben.«

»Maggie ist tot? Ist sie der Seuche zum Opfer gefallen?«

»Lady Catherine hat sie gepflegt. Ich hoffe und bete, dass sie nur an Erschöpfung leidet und sich nicht angesteckt hat.«

»Ich werde dich anstecken, Patrick«, warnte Cat ihn abermals.

Er reichte die Kerzen wieder Burke und nahm Cat in die Arme. »Ich bringe sie hinauf. Ich brauche lauwarmes Wasser für ein Bad. Die Köchin soll Engelwurz pflücken und einen Heiltrank brauen.«

Hepburns Blick ruhte auf dem zarten Geschöpf in dem schönen weißen Seidenkleid. »Entschuldige, dass ich nach Schweiß und Pferd rieche, Catherine.«

Sie schloss die Augen. Er war zu groß, zu dominierend, um gegen ihn anzukämpfen. Dazu fehlte ihr die Kraft.

Er legte sie auf ihr eigenes Bett und holte die Deckelwanne aus dem Badezimmer. Dann zündete er alle Kerzen an, die er finden konnte. Inzwischen hatte Mr. Burke zwei Eimer Wasser heraufgeschafft. Patrick nahm sie ihm ab und riet ihm, den Raum nicht mehr zu betreten. Burke ging hinunter, um noch mehr Wasser zu holen und nachzusehen, ob die Köchin das Heilkraut gepflückt hatte.

Patrick füllte die Wanne zur Hälfte und zog Catherine das weiße Kleid und die feine Batistunterwäsche aus. Von Natur aus kein sanfter Mensch, versuchte er, sehr sorgsam mit ihr umzugehen. Er hatte vergessen, wie klein und zart sie war, und sah nun, dass sie seit dem Abend, als er Spencer Park verließ, an Gewicht verloren hatte. Reue erfasste ihn, ein Gefühl, das er bisher selten empfunden hatte. Er tastete Leisten und Achseln nach Drüsenschwellungen ab und brummte befriedigt, als er keine fand.

Als er sie aufhob und ins laue Wasser setzte, wimmerte Cat, und er wünschte, seine großen Hände wären nicht so schwielig und unbeholfen. Mit mehr Geduld, als er je zuvor an den Tag gelegt hatte, wusch Patrick nun ihren Körper immer wieder ab, fest entschlossen, das Fieber zu senken.

Mr. Burke klopfte an. »Ich bringe den Kräuterabsud, Mylord.«

»Danke. Stellt ihn draußen ab.«

Als er hörte, wie Burkes Schritte sich entfernten, öffnete er die Tür und trug Krug und Becher zum Bett. Patrick stellte Cat auf die Füße, wickelte sie in ein großes Handtuch und setzte sich mit ihr auf dem Schoß aufs Bett. Er goss etwas Kräutertrank in den Becher und führte diesen an ihre Lippen.

Cat drehte den Kopf weg und äußerte mit belegter Stimme: »Nein ... ich kann nicht.«

»Das ist nicht deine Entscheidung, sondern meine. Du wirst trinken.«

Als sie zu ihm aufblickte und ihre Lippen öffnete, um zu verneinen, kippte er ihr den Kräuterabsud in den Mund. Sie würgte ein wenig und schluckte etwas. Als Cat versuchte, den Becher wegzustoßen, sah er, dass sie keinen Ehering trug. »Noch einmal... trink.«

Er verhärtete sich gegen ihr Leiden, wohl wissend, dass es noch viel schlimmer kommen würde. »Ich muss grausam zu dir sein, um dir zu helfen. Trink jetzt, Teufelsbraten.«

Matt schloss sie die Augen und öffnete die Lippen, seinem Befehl ergeben, da sie keine Kraft hatte, sich zu widersetzen.

Es dauerte fast eine Stunde, ehe der Becher leer war. Sie hatte sich nicht abgekühlt, war aber auch nicht heißer geworden. Er legte sie aufs Bett. »Jetzt ruh dich aus, Liebes.« Patrick ließ sie nicht aus den Augen, bis sie einschlief.

Mr. Burke versorgte ihn mit Essen und ließ es zusammen mit dem Wasser an der Tür stehen. Hepburn verschlang das kalte Rindfleisch, das Stück selbst gemachten Käse, einen Laib Krustenbrot und eine Kanne Ale. Dann trug er den Wassereimer in die angrenzende Kammer, entledigte sich seiner verschmutzten Lederkleidung und wusch sich den Schweiß vom Leib, ehe er sich rasierte. Er öffnete den Schrank und griff nach seinem sauberen Wams. Ich habe es an meinem Hochzeitstag getragen. Warum in Gottes Namen habe ich ihr nicht gesagt, dass ich sie liebe? Heiliger Jesus, ich habe es ihr noch immer nicht gesagt.

Er zog sich rasch an und ging wieder zu Catherine. Ihr Gesicht war vom Fieber stark gerötet, doch sie schlief noch immer. Hepburn streckte sich auf dem Boden neben seiner Frau aus.

Als Cat nach ein paar Stunden unruhig wurde und sich hin-und herwarf, stand Patrick auf. Er goss etwas von dem Kräutertrank in den Becher, wickelte sie aus dem Handtuch und setzte sie wieder ins Wasser. Sie riss die Augen auf und schrie auf ob der Unverschämtheit, einfach in kaltes Wasser getaucht zu werden, doch blieben ihre Proteste fruchtlos.

Mit dem großen Schwamm wiederholte Patrick die Waschung, dann nahm er sie auf den Schoß und brachte sie mit sanfter Gewalt dazu, das Gebräu zu schlucken. Als sie den Großteil davon getrunken hatte, war sie erschöpft, und er nahm sie in die Arme, wiegte sie und versuchte, ihr etwas von seiner Stärke aufzuzwingen. Er wollte ihr zuflüstern, dass er sie liebe, tat es jedoch nicht. Dies ist nicht die Zeit für sanfte Liebesworte. Es ist die Zeit für starke Worte, um ihren Kampfgeist zu wecken. »Zurück ins Bett, Teufelsbraten, und dass du mir ja nicht schnarchst.«

Es war schon fast Morgen, und während sie döste, packte er ihre Koffer aus und hängte ihre schönen Kleider in den Schrank und schob die Badewanne aus dem Weg in eine Ecke. Dann trat er hinaus und ging ans obere Ende der Treppe. »Burke!«

Als Mr. Burke am unteren Ende erschien, bedeutete Patrick ihm, dort zu bleiben. »Berichtet mir, was sich zugetragen hat.«

»Vor zwei Wochen wurde eines der Mädchen von der Pest befallen. Ihre Familie hat sie abgeholt, aber das Mädchen ist gestorben. Daraufhin habe ich das ganze Gesinde fortgeschickt, bis auf die Köchin, die schon einmal die Seuche überlebt hat. Dann habe ich an alle Pächter Nachricht gesandt, sie sollten sich von uns und den anderen fern halten.«

»Gut gemacht.« Patrick nickte. »Wo ist David Hepburn?«

»Auf der letzten Fahrt nach Whitehall vor der Krönung hat er erfahren, dass die nächste Lieferung von Fleisch und Käse nach Windsor gehen solle, wohin man die königlichen Kinder gebracht hatte. Er ist nicht wiedergekommen. Als Maggie erkrankte, flüchtete Lady Stewart aus London und brachte sie mit Hilfe von Lady Arbellas Kutscher zu uns. Uber vier Tage lang bestand Mylady darauf, ihre Dienerin allein zu pflegen. Maggie ist gestern gestorben, und wir haben sie in aller Eile im Obstgarten beerdigt.«

»Gott sei ihrer Seele gnädig. Ich muss hinaus und Gartenraute schneiden. Sollte Catherine erwachen, dürft Ihr nicht heraufkommen. Ich fürchte, dass sie sich angesteckt hat. Seht nach, ob es in der Küche getrocknetes Dillkraut gibt. Ich komme dann hinunter, Mr. Burke.«

Im Kräutergarten fand Hepburn keine Gartenraute und entschied, dass Wiesenraute es auch tun würde. Er lief über eine Wiese und verlangsamte seinen Schritt erst an einer Hecke, um aufmerksam nach den auffallenden gelben Blüten Ausschau zu halten. Als er sie fand, schnitt er einen großen Strauß ab und eilte zurück zum Haus. In der Küche hatte Burke den Dill entdeckt, und Patrick wusch die Wiesenraute und zupfte die blaugrünen Blätter ab, um sie mit dem Dillkraut in einen Topf mit Wasser und Wein zu tun.

»Ich werde es für Euch kochen, Mylord.« Die Köchin gab ihm ein großes Stück Fleischpastete und sah zu, wie er es verschlang. »Bringt ihr die Brühe hinauf.«

»Danke.« Mit dem Topf Brühe in der einen und einem Eimer mit frischem Wasser in der anderen Hand ging Patrick wieder hinauf.

Er fand Catherine wach und leise stöhnend vor. Wieder war sie vom Fieber gerötet, und dennoch überliefen sie Kälteschauer. Er stützte sie mit Kissen und hüllte sie in eine Decke. »Die Brühe wird dich wärmen. Ohne Nahrung kannst du nicht zu Kräften kommen.«

Ihre Augen wurden trübe. »Ich werde sterben«, flüsterte sie.

Er umfasste energisch ihre Schultern. »Nein, du wirst leben«, sagte er mit Entschiedenheit. Sein Griff wurde fester, um sie zu beruhigen und etwas von seiner Stärke auf sie zu übertragen.

Patrick breitete ein Handtuch wie eine Serviette vor ihr aus und führte einen Löffel mit Brühe an ihre Lippen. Mit unendlicher Geduld brachte er es fertig, ihr unter viel Schmeicheleien ein wenig einzuflößen. Das Frösteln hörte auf, und er sah, dass sich auf ihrer Stirn Schweißtropfen zeigten. Nun ließ er sie eine Weile ausruhen, um sie dann weiterzufüttern. Als sie nicht mehr konnte, wusch er ihr das Gesicht. Dann setzte er sich aufs Bett und hielt ihre Hand. Es drückte ihm das Herz ab, sie so zu sehen. »Meine kleiner Liebling«, murmelte er.

Während sie schlief, machte er aus ihren schmutzigen Sachen ein Bündel und deponierte es vor der Tür. Das Badewasser leerte er in einen Eimer und schüttete es in den Abtritt, dann holte er frische Bettwäsche aus dem Wäscheschrank. Mr. Burke brachte einen dampfenden Krug mit Wein, der mit Dill und Raute gekocht worden war. Patrick stellte ihn zum Auskühlen auf das Fensterbrett.

Catherine wurde im Schlaf immer unruhiger, bis sie schließlich erwachte und mit den Beinen um sich trat. »Ich sterbe!«

Er kniete nieder und zog sie an sich. »Pst, Liebling. Ich lasse dich nicht sterben.«

Sie sah ihn mit wildem und anklagendem Blick an und versuchte, ihn unter Wimmern, Stöhnen, Keuchen und Toben abzuwehren.

Die Hitze ihres Körpers verbrannte seine Arme, ihr Stöhnen zerriss ihm das Herz. Als sie anfing, ihn zu treten, hielt er ihre Beine wie in einem Schraubstock fest und untersuchte ihre Leisten nach Pestbeulen. Als er keine fand, brach ihm vor Erleichterung der Schweiß aus. Jetzt galt es, ihr Kühlung zu verschaffen. Er beschloss, sie in die leere Wanne zu setzen, um sie dann mit dem lauen Wasser zu übergießen, doch als er sie vom Bett heben wollte, schrie sie heftig auf. Ihm wurde klar, dass sie schreckliche Schmerzen leiden musste.

Patrick brachte den Eimer ans Bett und wusch sie am ganzen Körper. Er schaffte es, sie so weit abzukühlen, dass sie nicht mehr um sich schlug und ihre Schreie zu unzusammenhängendem Gemurmel wurden. Vorsichtig hob er ihren Arm, voller Angst vor dem, was er vorfinden könnte.

Patrick zuckte innerlich zurück. Beim Anblick der hässlichen dunkelroten Schwellung in ihrer Armhöhle übermannte ihn die Panik. Cat würde einen grauenvollen Tod erleiden, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte.