Einem hysterischen Anfall nahe lief Isobel Spencer erregt auf und ab. »Der Zorn der Königin kennt keine Grenzen! Ihre Höflinge sind verkommen und sittenlos bis in die Knochen, männliche und weibliche gleichermaßen! Wenn sie erfährt, dass Pembroke dir offen den Hof gemacht hat, werden wir beide zupersonae non gratae«, jammerte sie.
Catherine saß auf dem Bett und wünschte sich innigst, William Herberts Werbung nicht ermutigt zu haben. Angesichts von Hepburns grausamer Zurückweisung hatte sie sich und der Welt beweisen wollen, dass sie einen reichen Edelmann für sich gewinnen konnte. Hätte ich mich mit Pembrokes offener Werbung nur nicht vor allen gebrüstet! Jetzt werde ich zum Gespött des Hofes! Sie sah zu Maggie hinüber, die im Eingang stand, und las Mitleid in ihrem Blick. Cat zuckte zurück. Spott konnte sie ertragen, auch wenn er ihren Stolz verletzte, mitleidige Blicke anderer Frauen jedoch würden sie vernichten.
Ein Pochen an der Tür, und Philadelphia trat ein, um die letzten Neuigkeiten zu überbringen. »Kate hat Ihre Majestät angefleht, Mary mit Mitleid zu begegnen. Der Tower ist kein Ort für ein verängstigtes junges Ding, das ein Kind erwartet. Als der giftige Zorn der Königin ein wenig nachließ, übergab sie das Mädchen der Obhut von Lady Hawkins. Den Earl of Pembroke ließ sie in den Fleet-Kerker bringen, wo er bleiben soll, bis er willens ist, ihre Hofdame zu heiraten.«
»Diese Schlampe verdient keine Nachsicht!«, zischte Isobel.
Catherine, die sich gut in die verängstigte Mary hineinversetzen könne, widersprach. »Mutter, wenn sie enceinte ist, wird sie Fürsorge brauchen.«
Philadelphia sprach Cat direkt an. »Was wirst du nun tun?«
»Ich gehe nach Hertfordshire«, sagte Cat entschlossen, als ihr einfiel, dass sie sonst nirgendwohin konnte. Hertfordshire war die rettende Lösung und dafür dankte sie Gott!
»Spencer Park ist ideal«, erklärte Philadelphia. »Du solltest mehr Zeit auf deinem Landsitz verbringen. Das Hofleben ist auf Dauer nicht bekömmlich. Die arme Kate hat sich mit der Erkältung der Königin angesteckt und sollte selbst im Bett liegen, anstatt Elizabeth zu verwöhnen.«
»Ach, du liebe Güte! Bitte, richte ihr Grüße aus. Sag ihr, dass ich ihr schreibe, sobald Maggie und ich uns in Hertford eingerichtet haben.«
»Und ich werde dir schreiben, meine Liebe, weil ich weiß, dass du alles über die köstlichen Einzelheiten der cause cele-bre erfahren möchtest.«
Als Philadelphia wieder ging, hatte Maggie bereits die Reisekoffer herbeigeschleppt. Die plötzlich mit Energie geladene Cat erledigte den Großteil des Einpackens selbst, während Isobel sich in einen Sessel fallen ließ, ganz schwach vor Erleichterung, weil sich eine Lösung für ihr verheerendes Dilemma gefunden hatte.
Patrick Hepburn hatte zu Whitehall in Robert Careys leerem Gemach neben der Suite von dessen Schwestern Kate und Philadelphia genächtigt. Der Diener, der mit einem späten Frühstück eintrat, konnte es kaum erwarten, die Einzelheiten des schockierenden Skandals, die im ganzen Palast die Runde machten, weiterzugeben.
Kaum war der Diener gegangen, machte Patrick sich tief in Gedanken über sein Essen her. Als Elizabeth ihn nach dem Turnier zu sich gewinkt und er seinen Helm abgenommen hatte, hatte er sie eingehend studieren können. In den wenigen Monaten, seit er sie zuletzt gesehen hatte, war sie zusehends gealtert, wobei er vor allem die Tatsache bemerkenswert fand, dass niemand es zfu bemerken schien oder gar erwähnte. Die Königin war für ihre Höflinge offenbar eine fixe, unabänderliche Größe. Der Finger des Todes hat sie bereits berührt.
Careys Diener hatte ihm berichtet, dass Kate sich bei der Königin angesteckt hatte und erkältet war. Die Königin ist krank, was ihre Laune verschlechtert hat, deshalb hat sie ihren Groll an Mary Fitton ausgelassen. Er hatte gewusst, dass die Situation sich zuspitzen würde, aber nicht erwartet, dass es so bald geschehen würde. Offenbar hatte die Ehrenjungfer seinen Rat beherzigt und den Namen des Mannes genannt. Da dieser Mann Pembroke war, passte alles glänzend zu seinen Plänen.
Hepburn versperrte die Tür zu Roberts Gemach und klopfte bei Kate an. Als Philadelphia öffnete, bedankte er sich für das Frühstück und drückte ihr den Schlüssel in die Hand. »Bitte, gebt Kate den Rat, ihre eigene Gesundheit über jene Elizabeths zu stellen.« Als sie zustimmend nickte, stellte er eine Frage. »Hertfordshire, nehme ich an?«
Philadelphia lächelte. »Eure Annahme ist richtig, Lord Stewart.«
Während die Kutsche die zwanzig Meilen nach Hertfordshire zurücklegte und Catherine und Maggie in warme Reisedecken gepackt, die Füße auf einem kupfernen, mit heißer Kohle gefüllten Fußwärmer, dasaßen, atmete Maggie tief durch, ehe sie das heikle Thema zur Sprache brachte. »Es tut mir Leid, dass dein Herz gebrochen ist, mein Lämmchen.«
»Mein Herz gebrochen?« Catherine lachte kurz und spröde auf. »Maggie, dein Mitleid kannst du dir getrost sparen. Ich wurde gedemütigt und in eine peinliche Lage gebracht, aber mein Herz war gottlob nie beteiligt. Männer sind verkommene, gefühllose Ungeheuer, die es mit jedem Weibsbild treiben, das dumm genug ist, die Röcke zu heben. Ich bin noch einmal glimpflich davongekommen.« Sie ballte im Muff ihre Fäuste. »Zweimal sogar.«
Ein guter Jäger lässt sein Wild nicht entkommen. Doch Maggie behielt ihre Gedanken über ihren schottischen Landsmann lieber für sich.
Als die Kutsche ihr Ziel erreicht hatte, versuchte Mr. Burke, der Verwalter von Spencer Park, sein Erstaunen zu verbergen. »Lady Catherine, was für ein unerwartetes Vergnügen.« Er wies die Diener an, sich um das Gepäck zu kümmern. »Gleich werde ich veranlassen, dass alle Kamine angefeuert und die Betten gelüftet werden. Habt Ihr spezielle Wünsche für das Abendessen?«
»Danke, Mr. Burke. Für heute Abend nichts Besonderes. Wir wollen nur etwas Warmes.«
Maggies vielsagender Blick verriet Burke, dass sie ihm in allen Einzelheiten berichten würde, was die junge Herrin zu Winteranfang auf ihr Landgut führte.
Als Catherine und Maggie ausgepackt hatten, schwand das letzte Licht des Nachmittags vom Himmel. Cat blickte aus dem Fenster auf die eisstarre Landschaft und kam sich wie im Exil vor. Der Gedanke an die einsamen Wochen, die nun vor ihr lagen, weckte in ihr beinah das Gefühl, verwaist zu sein. Sie brauchte etwas, um die Teufel des Trübsinns zu vertreiben. »Glaubst du, dass Mr. Burke Spielkarten und vielleicht sogar irgendwo Whisky versteckt hat?«
»Ich werde es herausfinden. Der Mann ist so tüchtig, dass er sicher alles Gewünschte herbeizaubern kann.«
Maggie traf auf den Verwalter, als dieser aus der Küche kam, wo er zweifellos dem Gesinde sehr genaue Anweisungen bezüglich der Bedürfnisse der jungen Herrin des Hauses gegeben hatte. »Mr. Burke, Ihr seid gewiss ratlos, weshalb wir Euch so plötzlich überfallen haben.«
»Ich nehme an, dass sich bei Hof etwas Ungünstiges ereignet hat.«
»Habt Ihr Whisky im Haus, Mr. Burke?«
Er winkte mit dem Zeigefinger und führte sie in die Bibliothek, wo er für sie beide ein Glas einschenkte. Dann rückte er ihr den Stuhl zurecht, und sie setzten sich ans Feuer.
»Lady Catherine wurde von William Herbert umworben, der kürzlich erst Earl of Pembroke geworden ist.« Als Burke sich jeglichen Kommentars, wohlwollend oder nicht, enthielt, fuhr Maggie fort: »Dieser Teufel stürzte eine Ehrenjungfer der Königin ins Unglück, und die Königin ließ ihn einsperren.«
»Soviel mir bekannt ist, war er vor allem ein Höfling ohne besonderes Interesse für sein Gut Wilton.«
Maggie staunte über Mr. Burkes Wissen. »Seine Tage bei Hofe sind vorbei, ebenso seine Hoffnung, Lady Catherine zu ehelichen. Wir wollen nie wieder von ihm sprechen.«
»Ist sie sehr unglücklich, Maggie?«
»Ach überhaupt nicht! Sie schämt sich wegen des Skandals und ist empört, dass ein Mann es wagt, eine andere anzusehen, während er ihr den Hof macht, aber das Mädelchen wird es überleben. Vergesst nicht, dass sie schottisches Blut in den Adern hat.«
»Sie ist Keltin durch und durch, wie Ihr und ich, Maggie.«
»Ja, und in ein, zwei Tagen können wir mit dem Besuch eines weiteren Kelten rechnen, wenn mein Gefühl mich nicht trügt. Nur hat dieser mehr Rückgrat, Ausdauer und Zähigkeit als das übrige Pack.« Maggie kniff ein Auge zu. »Mehr sage ich nicht. Für ein blindes Ross ist ein Zwinkern so gut wie ein Nicken.« Sie trank aus und entdeckte eine Packung Spielkarten auf dem Schreibtisch. »Die bringe ich ihr, und Ihr könnt eine Karaffe mit diesem herrlichen Maltwhisky servieren, aber erst nach dem Dinner, sonst trinkt sich Mistress Impulsiv binnen einer Stunde einen Rausch an, dass sie stocksteif umfällt.«
»Vielen Dank, dass Ihr mir alles anvertraut habt, Maggie.«
Dank Mr. Burkes eingehender Instruktionen in der Küche wurde das Dinner ein großer Erfolg. Als seine junge Herrin sich in den Salon zurückzog, brachte er die Whiskykaraffe und stellte sie diskret auf ein Beistelltischchen. Dann ging er und wies einen Diener an, ein Gästezimmer entsprechend herzurichten, begutachtete das Gemach hernach und ging sodann in die Stallungen, um einem der Pferdeknechte aufzutragen, er solle für Lady Catherine für die Dauer ihres Aufenthalts auf Spencer Park einen Zelter aussuchen. »Alle Achtung, die Ställe sind tadellos sauber. Sehr bald wird ein weiterer Gast erwartet, sorge also dafür, dass eine Box bereit ist.« Burke hob den Kopf, als er Hufschlag vernahm. »Eher als erwartet, wie es sich anhört.«
Hepburn saß gerade ab, als der Verwalter aus dem Stall kam. »Mr. Burke, kennt Ihr mich noch?« Er streckte die Hand aus. »Patrick Hepburn - ich hatte vor einigen Monaten die Ehre, mit den Brüdern Carey zusammen Spencer Park zu besuchen.«
»Lord Stewart, natürlich erinnere ich mich. Eure schottischen Besitzungen grenzen an jene des Earl of Winton, wenn ich mich recht besinne. Was für eine Ehre für Spencer Park, Euch wieder willkommen zu heißen.«
»Die Ehre ist meinerseits, Mr. Burke. Ich habe Lady Catherines Zelter aus Richmond mitgebracht und dazu noch ein Geschenk, wie jeder Gast es tun sollte, der etwas taugt. Diese Einjährigen habe ich aus einer wilden schottischen Herde herausgefangen. Ihr Blut wird Euren Bestand auffrischen.«
»Herrliche Tiere! Ein Stallknecht macht eben eine Box für Euer Pferd bereit, er soll noch einige weitere vorbereiten.«
»Das ist sehr umsichtig. Morgen werde ich kommen und die Pferde tagsüber auf die Weide lassen. Sie sind wesentlich strengere Kälte gewohnt, als es sie hier in Hertfordshire gibt.«
Hepburn nahm sein Gepäck von den Pferderücken, ehe er die Tiere den Stallknechten übergab.
Als Burke und Hepburn mit Taschen beladen zum Haus gingen, sagte der Verwalter: »Ein Gästezimmer wurde bereits hergerichtet.« Er zögerte, ehe er fortfuhr: »Steht ein lautes Feuerwerk bevor, Mylord?«
Hepburn grinste. »Das hoffe ich nicht, Mr. Burke. Ein Blitz von Lady Catherine, gefolgt von lautem Donner meinerseits, wird das drohende Unwetter wohl abwenden.«
»Sehr gut, Mylord. Ich bringe Euer Gepäck hinauf in Euer Gemach.«
Patrick folgte leise dem Licht und stand dann auf der Schwelle zum Wohnraum. »Ertränkst du deinen Kummer, Teufelsbraten?«
Catherine verschüttete den Whisky, von dem sie gerade getrunken hatte, auf die Spielkarten. Sie sprang auf, ihre Augen blitzten vor Zorn. »Wie kannst du es wagen, hier einfach so einzudringen?« Sie erhob die Stimme. »Mr. Burke! Mr. Burke!«
»Er kann dich nicht hören. Er bringt eben mein Gepäck hinauf.«
»Maggie!« Aber Cat sah, dass Maggies Stuhl leer war. Sie hatte ihre Karten auf den Tisch gelegt und war leise verschwunden. Cats Blicke waren spitz wie Dolche. »Der einzige Kummer, den ich ertränken möchte, bist du!«
»Wie schön, dass du mir noch so leidenschaftliche Gefühle entgegenbringst.«
»Dieses Gefühl heißt Abscheu! Du hast meine Leidenschaft zurückgewiesen, du Ungeheuer!«
»Verdammt, Catherine, ich habe nichts dergleichen getan!«, brüllte er sie an. »Du warst in Lebensgefahr. Ich habe dich nur zu deiner eigenen Sicherheit nach Hause geschickt.«
»Sicherheit? Kaum hattest du dich meiner entledigt, da wurde ich schon entführt.«
»Ja, und ich habe Crichton mit Schulden belastet, um das Lösegeld für dich bezahlen zu können. Das würde ich für keinen Menschen auf der Welt tun. Und welchen Dank ernte ich? Kaum bist du wieder bei Hof, fällst du schon dem nächsten reichen Laffen, der bei deinem Anblick steif wird, in die Arme.«
»Lord Stewart, Anstößigkeiten sind nicht angebracht.«
»Wie zum Teufel kannst du das mit so unbewegter Miene sagen? Du liebst und bewunderst alles, was anstößig ist - beinah so sehr wie ich.«
Nicht imstande, ihre Belustigung zu verhehlen, verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln.
»Schon besser.« Er ging näher. »Und jetzt möchte ich dich schnurren hören.« Er umarmte sie und nahm ihren Mund in Besitz.
Sein Körper war so mächtig, dass ihre Knie weich wurden und ihr Blut sich in Wein verwandelte, in berauschenden tief roten Wein. Cat öffnete seiner drängenden Zunge ihren Mund und grub ihre Nägel in seine Arme, vor Wonne leise aufstöhnend.
»Du schmeckst nach Whisky, ein Geschmack, dem kein Schotte widerstehen kann.«
»Du Teufel, du! Erst möchte ich dir am liebsten die Augen auskratzen, und im nächsten Moment möchte ich gestreichelt werden wie ein verwöhntes Kätzchen.«
Er nahm sie auf die Arme, ging ans Feuer, setzte sich mit ihr dorthin und hielt sie auf dem Schoß. Seine Zähne knabberten an ihrem Ohr. »Ich mag es, wenn meine Cat Krallen zeigt.«
»Deine Cat?«, forderte sie ihn heraus und rieb ihr Hinterteil an seinem Schwanz.
Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und blickte sie an. »Beim Turnier in weißem Samt und Pelz, da sahst du aus wie eine kostbare Perserkatze. Deine Schönheit hat mir den Atem verschlagen.«
Seine Worte ließen das Eis um ihr Herz schmelzen. »Schmeichelei bedeutet mir nichts.«
»Verlogenes kleines Biest. Schmeichelei lässt dich förmlich aufblühen. Du hörst nichts lieber, als wenn man dir sagt, du hättest die elegantesten Kleider, das prächtigste Haar, die schmälste Taille, die hübschesten Beine, üppige Brüste und die frechste Tätowierung.«
Sie schlang die Arme um seinen Nacken. »Mein Liebhaber hat dir wohl alle meine Geheimnisse verraten.« Sie berührte mit ihrer Zungenspitze seine Lippen, wohl wissend, dass es ihn reizen würde, ihren Mund zu verschlingen.
Er küsste sie besinnungslos, dann stellte er sie auf die Beine, um Whisky zu holen. Als er zu ihr zurückkehrte, merkte er, dass ihr Mund und ihre Brüste nach seiner Berührung bebten. »Ich bin eifersüchtig auf den Feuerschein, der sich über deine köstlichen Rundungen ergießt, dich überall berührt, dich wärmt und deinen Blick geradezu hypnotisch macht.«
»Das machst du, Patrick, und nicht das Feuer.«
Er zog sie auf die Liege hinunter und machte sich daran, ihr zu beweisen, dass er Recht hatte. Er küsste und schmeckte sie, er flüsterte ihr heiße Liebesworte ins Ohr und berührte sie stundenlang, bis die Kerzen flackerten und die Scheite im Feuer zu Asche zerfielen. Dann nahm er sie in die Arme, drückte sie fest an sein Herz und trug sie hinauf.
Seine Zurückhaltung forderte zwar einen hohen Tribut, doch war Hepburn zu gewitzt und berechnend, um ihr zu geben, was sie brauchte. Er stellte sie auf die Beine und drückte einen Kuss auf ihre schimmernden schwarzen Locken. »Gute Nacht, Catherine. Schlaf gut.«
Cat schwankte, schwindlig von seiner Nähe. Sie hatte vergessen, wie groß er war, hatte vergessen, wie wild ihre Reaktion auf dieses ungezähmte männliche Wesen war, das sie mehr begehrte als alles andere auf der Welt. Sie hörte, wie eine Tür geschlossen wurde, und als sie ihre Augen öffnete, stand sie allein da. »Peste!«, fluchte sie.
»Langschläferin.«
Catherine riss die Augen auf, als sie spürte, dass man ihr die Decke wegzog. Der Mann, von dem sie geträumt hatte, hielt ihre Fesseln umfasst und zerrte sie höchst unsanft aus dem Bett.
»In der Nacht hat es geschneit. Beeil dich, und zieh dich an. Ich möchte einen Rundgang auf Spencer Park machen.«
»Im Schnee?«, fragte sie ungläubig. Viel gemütlicher wäre es gewesen, hätte Patrick ihr im Bett Gesellschaft geleistet und nicht sie ihm im kalten Schnee.
»Ja, draußen ist es schön. Zieh das weiße Kleid mit dem Pelz an.«
Sie starrte die Tür an, nachdem er verschwunden war. »Er ist so flüchtig wie Quecksilber!« Allerdings war ihr klar, dass er eher einem Magneten glich, der sie unwiderstehlich anzog und sie verlockte, ihm zu folgen. Wieder ging die Tür auf, und sie machte ein langes Gesicht, als sie sah, dass es Maggie war.
»Hier, trink etwas Warmes und iss einen Happen, ehe du davonrennst und dir die Überraschung ansiehst, die Seine Lordschaft für dich vorbereitet hat.«
Catherines Augen funkelten. »Eine Überraschung? Für mich?«
»Nein, für das Küchenmädchen ... natürlich für dich, mein Lämmchen.«
Cat, die den Mund voll mit Brot und Honig hatte, sagte: »ErwilldassichdasweißeSamtkleidtrage.«
»Ich verstehe ... als Einzige unter Tausenden.« Maggie zog das Kleid aus dem Schrank.
Während sie sich hastig die Seife aus dem Gesicht wusch, ordnete sie an: »Auch das Pelzcape«, und blies dabei eine Seifenblase in die Luft.
Maggie verdrehte die Augen. »Immer mit der Ruhe, Mädchen. Lass ihn doch warten.«
»Das habe ich bis jetzt immer mit Gentlemen gemacht, aber Hepburn ist nicht wie die anderen.«
»Von Gentleman kann bei ihm keine Rede sein, aber das macht wohl seine fatale Anziehungskraft aus«, meinte Maggie wissend.
Als Catherine angekleidet war, schlüpfte sie in pelzgefütterte Stiefel, nahm ihren Muff und rannte hinunter. Sie hielt inne, um Atem zu holen, und öffnete dann mit gespielter Lässigkeit die Haustür. Ihre nonchalante Pose verflog, und sie strahlte, als sie sah, dass Hepburn sie mit den Zügeln eines Schlittengespanns in der Hand erwartete.
»Patrick, eine Schlittenfahrt! Wie aufregend!«
Er lächelte vielsagend. »Engländerin, du hast ja keine Ahnung.« Er sah, dass sie leicht errötete, und ihre erlesene Schönheit griff ihm ans Herz.
Als sie neben ihm einstieg, sah sie, dass er Kissen und Decken auf die Sitze gehäuft hatte, mit denen ihn Maggie versorgt hatte. Er hüllte sie warm ein, ließ die Zügel schnalzen, und ihre Fahrt durch das Winterwunderland von Spencer Park begann.
In Wahrheit war es Hepburn, der Cat das Anwesen vorführte.
Hunderte zottige Longhornrinder durchstreiften die verschneiten Weiden, und er erklärte ihr, dass diese Rasse sehr widerstandsfähig gegen Kälte sei. »Wusstest du, dass deine Kühe den gesamten Bedarf an Butter für den Königshof liefern? Nein? Das dachte ich mir.«
Da der Fluss Lea zugefroren war, zogen die Pferde den Schlitten über das Eis zu den Feldern des Gutshofes, die unter der Schneedecke brachlagen. »Wusstest du, dass hier vor allem Roggen und Gerste angebaut werden und Mr. Burke für das kommende Frühjahr den Anbau von Hopfen erwägt? Nein? Unwissendes kleines Ding.«
Sie lachte ihn keck an. »Du bist ein wunderbarer Lehrer. Ich liebe deine Lektionen und besonders deine Unterweisungen.«
»Gut. Meine Belehrung hat gerade erst angefangen.« Er blieb mit dem Schlitten auf einer Hügelkuppe stehen, von der aus man ungehinderte Aussicht auf Spencer Park hatte. Mein! Dann schaute er die schöne Frau an seiner Seite an und wiederholte das Wort im Geiste. Mein! Ich musste nur danach greifen und es mir nehmen.
Er fasste nach ihr und umschlang sie in einer innigen Umarmung. In Wahrheit konnte er es kaum erwarten, sie zu kosten. Entschlossen schob er die Finger unter ihr Kinn, blickte in ihr strahlendes, eifriges Gesicht und nahm dann von ihrem Mund Besitz. Feuer loderte zwischen ihnen auf, als ihr Begehren aufflammte, und sie wurde heiß und süß vor Leidenschaft.
»Catherine, ich möchte, dass du mich heiratest.« Er sah, wie ihre Pupillen sich weiteten, und wusste, dass er bekommen würde, was er wollte. »Ich weiß, dass du die Einwilligung deiner Mutter und der Königin benötigst, und bin daher gewillt zu warten, bis du großjährig wirst. Ich möchte, dass du dich heimlich schon jetzt mit mir verlobst. Dein Geburtstag ist am einunddreißigsten März. Noch ehe der April anbricht, komme ich und heirate dich. Ich gebe dir mein heiliges Versprechen, Catherine.«
»Und ich gelobe dir hiermit meine Treue!«, rief Catherine impulsiv aus.
Er nahm den Leopardensiegelring vom kleinen Finger und streifte ihn ihr auf die linke Hand. Obwohl er einen Ehe-und einen Verlobungsring hatte, nahm er einen seiner eigenen Ringe, damit sein Antrag spontan und nicht geplant wirkte.
Der Ring war zu groß für ihren kleinen Finger, er drückte ihre Hand zu, damit er nicht herunterglitt. »Ein Hepburn-Leopard«, sagte sie schwärmerisch. »Wild und ungezähmt.« Sie hob ihre Lippen, um ihr Versprechen mit einem Kuss zu besiegeln, der ihr Herz stocken ließ.
Er zog sie mit kraftvollem Arm fest an seine Seite und griff mit der anderen Hand nach den Zügeln. Zu Hause angelangt, hielt er mit dem Schlitten an der Hintertür der Halle, und wie auf ein Stichwort trat Mr. Burke mit heißem Apfelwein heraus. Patrick blinzelte ihr über den Rand seines Bechers zu. »Ich bin mit dir noch nicht fertig.«
Gestärkt von dem heißen, würzigen Getränk, fuhren sie zu den Stallungen. Er zügelte die Pferde, übergab sie einem Stallknecht, zog die Decke beiseite und sprang vom Schlitten. »Komm mit.«
Cat nahm seine Hand und ging mit ihm hinein. »Ach, Patrick.« Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie in einer der Boxenjasmine sah. »Woher wusstest du, wie sehr ich mich nach meinem Pferd gesehnt habe?«
»Ich habe das zweite Gesicht. Hast du das vergessen?«, sagte er leichthin.
Catherines Herz floss vor Dankbarkeit und Liebe über, als sie Jasmines Nase streichelte. »Meine Schöne ... du hast mir so gefehlt.«
Mit wachsender Erregung schaute sie zu, wie er die Schimmelstute und seinen eigenen Valiant sattelte. Dann hob er sie hoch und küsste sie, ehe er sie in den Sattel setzte.
Sie ritten bis zu einer Weide, die sich weit in die Länge zog, und er sagte: »Ich habe Dir ein Geschenk mitgebracht.«
Cat erblickte die zwei jungen Pferde sofort, und Trauer flammte in ihren Augen auf und geriet in Widerstreit mit dem Glück, das zugleich in ihr aufwallte. »Sie stammen aus der Wildherde, mit der wir am glücklichsten Tag meines Lebens geritten sind. Ach ... vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du sie ungezähmt bei ihrer Herde gelassen hättest.«
»Es sind Junghengste - Junggesellen. Im Frühling würde der Leithengst sie nicht mehr in der Nähe seiner Stuten dulden. Eher würde er sie töten als zuzulassen, dass sie sich mit seinen Stuten paaren.«
»Es erscheint mir so wild und grausam.«
»Das ist die tierische Natur. Die meisten Männer empfinden so, wenn es um die Gefährtinnen ihrer Wahl geht.« Er sah sie besitzergreifend an. »Ich weiß es aus eigener Erfahrung.«
Cat lächelte. Die Vorstellung, er könne bereit sein, ihretwegen zu töten, gefiel ihr.
»Komm«, forderte er sie auf. »Wir wollen wieder mit ihnen galoppieren.«
Die beiden wilden Pferde schössen davon wie der Blitz, ehe Patrick und Cat sie erreichten. Am Ende der lang gestreckten Weide machten sie in einem weiten Bogen kehrt. Valiant holte sie bald ein, Jasmine aber galoppierte die dritte Runde um das Feld, ehe sie mit den anderen drei Pferden gleichauf war. Catherines Blut geriet in Wallung, Erregung toste durch ihre Adern und weckte in ihr das Gefühl, lebendiger zu sein, als sie es je gewesen war, seit sie sich in Schottland mit den Wildpferden ein Wettrennen geliefert hatten. Wie viele Stunden noch, ehe es dunkel wird und wir ins Bett gehen und uns lieben können ? Sie warf den Kopf zurück und lachte aus schierer Lebensfreude.
Auch Patrick lachte. »In ein paar Tagen habe ich sie so weit, dass sie einem aus der Hand fressen. Es wird ihnen hier im Süden Englands gefallen.«
Als sie der Wettrennen mit den wilden Pferden überdrüssig waren, ritt Patrick mit Cat nach Hunsdon Grange, um John Carey und seine Frau Mary zu besuchen.
John hob Catherine hoch und schwang sie herum. »Himmel! Dich habe ich nicht mehr gesehen, seitdem du ein kleines Mädchen warst ... nun, das bist du noch immer, nur bist du älter.«
»Catherine, du bist ja eine richtige Schönheit geworden«, schwärmte Mary.
»Versprich, dass du uns jede Woche besuchen wirst, solange du in Hertford bist. Bleibt ihr zum Lunch, wenn ich verspreche, dafür zu sorgen, dass die Kinder dein schönes weißes Kleid nicht mit ihren klebrigen Fingern anfassen?«
»Natürlich bleiben wir, und mit ihren klebrigen Fingern können sie anfassen, was sie wollen. Lord Stewart ist verrückt nach Kindern!«
Das Licht des Nachmittags war am Himmel verblasst, als sie zurückritten, wobei sich ihre Steigbügel fast berührten. Beide zählten die Augenblicke, bis sie hinaufgehen und die Welt ausschließen konnten.
Wieder auf Spencer Park, nahmen sie gemeinsam ein leichtes Abendessen ein. Cat hatte nicht die leiseste Ahnung, was sie aß. Sie konnte ihren Blick nicht von Patrick wenden, während das Verlangen in ihr immer unerträglicher wurde. Die Vorfreude auf das, was kommen sollte, jagte ihr Schauer über den Rücken, und die Minuten schlichen so langsam dahin, dass sie am liebsten aufgeschrien hätte.
»Du gehst zuerst hinauf«, raunte er ihr zu. »Sorge dafür, dass die Verbindungstür nicht versperrt ist.« Auch Hepburn war mit seiner Geduld fast am Ende.
»Maggie, ich gehe jetzt hinauf. Die frische Winterluft hat mich müde gemacht.« Sie stand auf und gähnte.
Maggie folgte ihr hinauf, zog die Vorhänge zu und schlug die Bettdecke zurück. »Es ist noch sehr früh. Bist du auch wohlauf, mein Lämmchen?«
»Ich fühle mich fabelhaft. Maggie, wo ist der Schlüssel zu dieser Tür?«
»Du brauchst keinen Schlüssel. Die Tür ist versperrt.«
»Mir wäre lieber, ich hätte den Schlüssel. Wo ist er?«
»In meiner Tasche.«
Catherines Augen funkelten vor eigensinniger Entschlossenheit, als sie ihre Hand nach dem Schlüssel ausstreckte.
»Du scheinst ja mit einem Wimpernschlag über Will hinweggekommen zu sein.«
»Will... wer?«, fragte Cat verwirrt.
»Hat Lord Stewart um deine Hand angehalten?«
»Das geht dich nichts an.«
»Doch - falls du den Schlüssel willst. Also, hat er dich gebeten, ihn zu heiraten?«
»O ja, ja, Maggie, aber das ist noch ein Geheimnis.«
»Eine geheime Verlobung?«
Cat nickte und zeigte ihr den Hepburn-Ring. »Versprich mir, dass du kein Wort davon verrätst?«
»Meine Lippen bleiben versiegelt.« Maggie übergab ihr den Schlüssel und verdrehte die Augen. »Als ob ihn eine versperrte Tür aufhalten würde.«
Cat umarmte sie ganz fest. »Danke. Rasch! Rasch!«
Maggie ging hinunter und hörte noch, wie Patrick Mr. Burke eine gute Nacht wünschte. Sie wartete, bis sie allein mit dem Verwalter war, dann senkte sie ihre Stimme zu einem vertraulichen Gemurmel. »Sie sind insgeheim verlobt!«
Mr. Burke behielt für sich, dass Hepburn sich ihm bereits offenbart hatte. »Danke, dass Ihr mir vertraut, Maggie.«