Zehn selige Tage der Zweisamkeit fanden ein Ende, als Isobel und ihre Schwägerin Beth auf Spencer Park eintrafen.
»Catherine, ich konnte deine Tante überreden, mir bei der Planung von Königin Annes Besuch zu helfen. Lady Hunsdon, die viel mehr Erfahrung mit vornehmen Gästen hat, bot uns großzügig ihre Dienstboten an, falls wir sie brauchen sollten. Du hast doch hoffentlich nichts dagegen?«
»Ich heiße euch beide von ganzem Herzen willkommen. Königliche Gäste zu beherbergen würde mich überfordern, wenn ich alles allein bewältigen müsste. Zum Glück ist Patrick ein wahrer Born des Wissens, was die Hofhaltung der Königin angeht. Gestern hat er den ganzen Tag damit zugebracht, mit mir jeden Raum zu inspizieren und zu entscheiden, wer wo untergebracht werden soll, was mich sehr beruhigt hat.«
»Neben den banalen Problemen der Verköstigung und Unterbringung geht es auch darum, für die gebührende Unterhaltung der königlichen Gäste zu sorgen.« Isobel stand händeringend da.
»Patrick hat mir versichert, dass der Besuch nicht lange dauern wird. Allerhöchstens zwei Nächte, ehe die Königin nach London weiterreist. Vergiss nicht, dass Anne kleine Kinder hat und ihr Hof nicht annähernd so steif ist wie jener Elizabeths. Liz Carey hat den kleinen Charles in ihre Obhut genommen, während Prinz Henry, der neun ist, und die siebenjährige Prinzessin Elizabeth ihr eigenes kleines Gefolge haben. Ich habe entschieden, dass alle Kinder im Ostflügel wohnen sollen.«
Catherines Worte erinnerte Beth an etwas. »Das ist der Trakt, der Morgensonne bekommt. Dein Vater und ich hatten als Kinder dort unsere Räume.«
»Aber dieser Flügel ist nicht mehr möbliert. Es wird nicht genug Betten geben«, jammerte Isobel.
»Könige reisen mit eigenen Betten, Mutter. Deshalb kommt die königliche Reisegesellschaft nur im Schneckentempo voran. Die Dienerschaft muss die Betten immer wieder aufstellen und abbauen.«
»Wo willst du Königin Anne und ihre Damen unterbringen?«
»Komm, ich zeige es dir. Ich gebe ihnen den gesamten ersten Stock des Westflügels mit Blick auf den Fluss.«
Als sie die Räume durchschritten, inspizierte Isobel mit kritischem Blick Teppiche und Fensterdraperien. »Die Aussieht ist aber vom obersten Stock aus besser, und die Räumlichkeiten sind dort prächtiger, meinst du nicht, Catherine?«
»Das stimmt allerdings, doch weigert Hepburn sich auszuziehen, auch nicht königlicher Gäste wegen. Lord Stewart ist unbestrittener Herr seines eigenen Haushalts.«
»Höre ich da, wie mein Name unnütz im Munde geführt wird?«
Als Cat beobachtete, wie Hepburn den Damen die Hände küsste, musste sie ihre Belustigung verbergen, so affektiert lächelten sie. Es war nicht zu übersehen, dass die Weiblichkeit jedweden Alters für seinen männlichen Charme empfänglich war.
»Beth hat uns Personal angeboten, falls wir es brauchen sollten.«
»Das ist sehr großzügig, Lady Hunsdon. Anne hat zwar ihre Damen zur Bedienung, und auch die königlichen Kinder haben Dienerschaft, aber unser Küchengesinde wird zusätzliche Hilfe brauchen. Die Verpflegung ist kein Problem, da wir unser eigenes Rindfleisch, Geflügel, Eier, Butter und Käse haben. Im Fluss wimmelt es vor Forellen, und dank deines verstorbenen Gatten verfügt Spencer Park über eine eigene Mühle, und wir haben eigenes Mehl zum Backen.«
»Ich werde aus Blackfriars das Küchengesinde der Hunsdons kommen lassen. Weiß man schon, wie viele Personen mit der Königin reisen?«
»David Hepburn soll der Gesellschaft entgegenreiten und feststellen, wie viele es sind und an welchem Tag wir mit ihnen rechnen können. Der Earl und die Countess of Bedford haben Annes Gefolge Gastfreundschaft auf Woburn Abbey geboten, das ist etwa zwanzig Meilen entfernt. Die Königin und ihre Damen können zu Mittag da sein, der Tross ist freilich viel langsamer und dürfte erst gegen Abend eintreffen.«
»Catherine, was für eine gute Hand du bei der Wahl deines Gemahls hattest. Er scheint alles im Griff zu haben«, erklärte Beth.
Patrick wechselte einen intimen Blick mit seiner Braut. »Nein, ich bin der Glückliche, Lady Hunsdon.«
»Wir müssen an den Toren Wachen postieren, damit die Horden von Gesindel, die in die Hauptstadt strömen, der königlichen Gesellschaft nicht bis auf das Gelände von Spencer Park folgen.« .
Patrick zog eine Braue hoch. »Handelt es sich um schottisches oder englisches Gesindel, Isobel?«
Sie errötete leicht, beharrte aber auf ihrer Meinung. »Es war nicht verächtlich gemeint, Lord Stewart, doch als Schottin fühle ich mich berechtigt, Kritik zu äußern. Es sieht aus, als würden Hunderte von Armen aus den Elendsvierteln von Glasgow und Edinburgh in den Süden strömen.«
Beth nickte. »Der Bürgermeister erwägt, die Stadttore Londons vor diesem Bettelvolk zu verschließen, weil es in Scharen einfällt.«
»Das wird das Problem nicht lösen. Die verarmten Massen werden nicht in ihre Heimat zurückkehren. Im Vergleich mit den rauen Bedingungen, denen sie in Schottland ausgesetzt waren, erscheint ihnen England als das Land, in dem Milch und Honig fließen. Sie werden sich in Hütten außerhalb der Stadtmauern niederlassen und Seite an Seite mit den englischen Ärmsten der Armen betteln und stehlen«, sagte Patrick voraus.
Catherine empfand spontanes Mitgefühl mit diesen Unglücklichen. »Man kann es den Menschen nicht verargen, wenn sie sich ein besseres Leben wünschen.«
»Genau das ist es, was auch König James wollte.« Und du selbst, Hepburn, gestand er sich insgeheim ein. »Cat, du hast ein viel zu weiches Herz. Die Ehe wird dich bald davon heilen«, scherzte er.
Die Damen lachten. Es war nicht zu übersehen, wie verliebt er in seine Braut war.
Es wurde Ende April, bis Königin Anne in Begleitung von fünf ihrer Hofdamen auf den Hof von Spencer Park ritt. Ein Dutzend gut bewaffneter Knechte, bekannt als Garde der Königin, sorgte für Sicherheit. Lord und Lady Stewart erwarteten sie im Freien, um sie zu begrüßen.
Patrick Hepburn trat vor, um Anne aus dem Sattel zu heben, ein Stallbursche führte ihr Pferd weg. »Willkommen auf Spencer Park, Euer Majestät. Es ist mir ein großes Vergnügen, Euch meine Frau Catherine zu präsentieren.«
Cat knickste mit strahlendem Lächeln.
Anne wechselte einen wissenden Blick mit Hepburn. »Ihr habt keine Zeit verloren, Euch die Beute zu sichern, Patrick«, raunte sie ihm zu. Dann trat sie vor, ergriff Catherines Hand und richtete sie auf. »Ich beglückwünsche Euch zur klugen Wahl eines Schotten zum Ehemann, Lady Stewart. An einem so herrlichen Tag konnte ich einem Ritt nicht widerstehen, und ich muss gestehen, dass ich mich in England verliebt habe. Mit jeder Meile wird die Landschaft schöner, das Wetter wärmer, und die Blumen werden lieblicher. Ich danke Euch aus ganzem Herzen für Eure Gastfreundschaft.«
»Euer Majestät, es ist uns eine große Ehre, Euch zu beherbergen. Im Mai blühen die Heckenrosen, und die Bäume zeigen sich in ihrer ganzen Blütenpracht. Ihr hättet keine geeignetere Jahreszeit wählen können, um England von seiner besten Seite kennen zu lernen.«
Aus dem Augenwinkel sah Patrick, dass die Gardesoldaten die Damen der Königin aus den Sätteln hoben. Margretha aber blieb hoch zu Ross, als warte sie auf seine Hilfe. Er wusste, dass seine Heirat überraschend für sie gekommen war, nahm aber an, sie würde so viel Verstand haben, dieses fait accompli mit Anstand hinzunehmen. Es bleibt ihr auch nichts anderes übrig, dachte er gleichmütig und verbannte die Hofdame aus seinen Gedanken, während er und Cat Anne ins Haus führten.
Isobel und Beth erwarteten Königin Anne in der Eingangshalle. Cat stellte Ihrer Königlichen Hoheit ihre Mutter vor, und Isobel versank in einem tiefen Knicks. »Euer Allergnädigste Majestät.«
»Lady Spencer, ich glaube, Ihr seid die Tochter des Earl of Winton. Geordie hat am Geburtstag des Königs zu Holyrood Palace teilgenommen und Bure schöne Tochter an unseren Hof gebracht.« Patrick warf geschmeidig ein: »Isobel bekleidete das Amt der Obersten Kammerfrau der Königin. Elizabeth schätzte sie trotz ihrer schottischen Herkunft ungemein. Die verstorbene Königin, die sich rühmte, die prächtigste Garderobe der ganzen Christenheit zu besitzen, beharrte darauf, dass der Verdienst Lady Spencer gebühre.«
Anne schnappte sofort nach dem Köder. »Catherine muss ihr Talent für Entwürfe von Euch geerbt haben, Isobel. Was für ein Glück, dass wir einander begegnet sind. Ich glaube, dass mir als neuer Königin von England Euer Rat in modischen Belangen unschätzbar sein wird.«
»Was für eine Ehre, Majestät.« Isobel übertrug die tiefe Verehrung und Treue, die sie Elizabeth entgegengebracht hatte, sofort auf die neue, junge und stattliche Königin von England.
»Darf ich auch Lady Hunsdon vorstellen? Beth ist mit Robert Careys ältestem Bruder verheiratet«, erkläre Patrick.
Königin Anne erhob Beth aus ihrem Knicks. »Robert hat die ewige Dankbarkeit des Königs errungen. Seine Frau Liz war meine erste englische Freundin. Sie wird in Kürze mit dem kleinen Charles eintreffen, der sie über alles liebt. Ich bin entzückt, Euch kennen zu lernen, Beth.«
Catherine sah, dass die Damen der Königin diese eingeholt hatten. »Wenn Ihr mir folgen wollt, Euer Majestät, bringe ich
Euch in die vorbereiteten Gemächer.« Cat ging in den Westflügel voraus. »Der erste Stock ist allein Euch zugedacht. Das Badezimmer befindet sich am Ende des Ganges. Wenn Euer Gepäck eintrifft, sorge ich dafür, dass es hinaufgebracht wird. Lord Stewart und ich bewohnen die Räume direkt über Euch. Solltet Ihr etwas benötigen, so zögert nicht, es auszusprechen. Wir alle stehen Euch zu Diensten.«
Anne und ihre Damen staunten über die geräumigen, elegant ausgestatteten Gemächer auf Spencer Park, die in krassem Gegensatz zu den dunklen, düsteren Räumen von Holyrood standen. Alle bis auf Margretha, die Catherine aus zusammengekniffenen Augen mit einem Blick ansah, der nichts Gutes verhieß.
Arme Lady Gretha. Sie begehrt nicht nur meinen Mann, sie beneidet mich auch um mein Heim. Cat konnte sie nur bedauern. Sie lief hinunter, um Beth zu signalisieren, dass ihre Bedienten nun die Erfrischungen hinauftragen und heißes Badewasser anbieten konnten. Sie kam gerade rechtzeitig, um zu hören, wie ihre Mutter Hepburn ihren Dank ausdrückte.
»Mylord, ich kann Euch nicht genug danken, dass Ihr mein Loblied vor der Königin angestimmt habt. Euretwegen bin ich zuversichtlich, dass Anne mich zur Obersten Kammerfrau ernennen wird.«
Sein besitzergreifender Blick erfasste Catherine, als sie die Treppe herunterschritt. »Isobel, ihr habt mir meinen Herzenswunsch erfüllt. Ich versuche nur, diese Gunst zu erwidern.« Er legte den Kopf schräg. »Ich höre einen Wagen. Vermutlich die königlichen Kinder. Obwohl Mr. Burke im Hof und den Stallungen alles unter Kontrolle hat, wird ihm sicher meine Hilfe willkommen sein. Wundert Euch nicht, wenn Robert aus London herüberkommt, um mit Liz zusammen sein zu können.«
Da alles minuziös geplant war, verlief der Rest des Tages glatt. Die Gepäckwagen trafen vor den Königskindern ein, ihre Koffer wurden in den Ostflügel geschafft und ihre Betten aufgestellt, damit alles bereit war.
»Liz, wie schön dich zu sehen. Lass dir helfen.« Cat nahm ihr den kleinen Charles ab. »Was für ein hübscher Junge du bist. Das Kinderzimmer ist bereit, Liz.«
»Danke, Catherine. Eben sah ich Hepburn. Ich kann noch gar nicht glauben, dass ihr verheiratet seid.«
»Er ist wie ein Verrückter geritten, um an meinem Geburtstag einzutreffen. Am Tag darauf hat der König uns getraut. Patrick hat mich überrumpelt.«
»Ihr Geheimniskrämer ... so zu tun, als wäret ihr euch spinnefeind. Aber ich habe immer eine unterschwellige Zuneigung zwischen euch gespürt.«
»Meinen Glückwunsch zur königlichen Ernennung. Königin Anne könnte keine bessere Wahl für die Hofhaltung ihres Kleinen treffen, aber ist ein Prinz nicht eine sehr große Verantwortung?«
»Eigentlich nicht. Babys brauchen nur viel Liebe. Ich habe zwei Kindermädchen zur Verfügung, und Königin Anne ist eine zärtliche Mutter.«
Patrick und Robert betraten das Kinderzimmer, und Liz flog ihrem Mann entgegen. »Liebling, wie geht es deinem Bein?«
»Es bedarf dringend der Aufmerksamkeit einer Ehefrau«, neckte er sie.
Patricks Blick erfasste seine eigene Frau, die das Baby in den Armen hielt. »Auch bei mir regen sich gewisse Gedanken. Ein so schönes Kinderzimmer verlangt geradezu nach einem Hepburn-Erben.«
Bei dem Gedanken, Patrick einen Sohn zu schenken, schlug Catherines Herz schneller. Widerstrebend überließ sie den kleinen Charles wieder Liz.
»Ich habe das Dinner für acht Uhr geplant, es ist also ausreichend Zeit, um die Kinder früh zu füttern und zu Bett zu bringen. Liz, ich rechne damit, dass du und Robert für die Unterhaltung der Königin sorgen, sollte es mir bei Tisch die Sprache verschlagen.«
Patrick legte in einer beruhigenden Umarmung den Arm um sie. »Die Königin ist keine Furcht einflößende Tyrannin, und sie besteht auch nicht auf steifer Förmlichkeit. Ob du es glaubst oder nicht, sie ist fast menschlich«, scherzte er.
Den gemeinsamen Bemühungen aller an der Planung, der Zubereitung sowie an der Bedienung Beteiligten war es zu verdanken, dass das Dinner ein voller Erfolg wurde. Was auf den Tisch kam, waren durchweg selbst gezogene Erzeugnisse, angefangen von den duftenden Taglilien der Tischdekoration über die Ochsenschwanzsuppe bis hin zu Forelle, Fasan und Roastbeef. Die Erdbeeren, mit dicker saurer Sahne serviert, erwiesen sich als das absolute Lieblingsgericht der Königin und ihrer Damen.
Catherine, die Anne neben Hepburn am Kopf der Tafel platziert hatte, staunte über die Ungezwungeheit der Konversation. Alle Gäste waren bemüht, mit launigen Anekdoten für gute Stimmung zu sorgen, und es war offenkundig, dass die Königin einen köstlichen Sinn für Humor besaß. Als sie den Fasan kostete und gestand, dass sie ihn dem schottischen Moorhuhn vorzöge, war dies das Stichwort für Cat, die lustige Episode von ihrem Streifzug durch den Wald von Richmond und der Freilassung der kleinen Haselhühner zu erzählen, die mit ihrer Begegnung mit einem unzivilisierten Wilden im Schaffell endete.
»Er muss wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben«, bemerkte Anne lachend.
»Meine Jagdhunde waren es, die ihr Herz gestohlen haben«, widersprach Patrick.
Nach Tisch sorgte ein Dudelsackpfeifer für Unterhaltung.
Hepburn, der gesehen hatte, dass ein Mann der Garde einen Dudelsack mit sich führte, sicherte sich ihn für ein paar muntere Reels. Alle lachten, sangen und sprachen ungezwungen und ausgelassen dem goldenen Rheinwein zu. Anne zog sich erst um Mitternacht in ihren Westflügel zurück, ein Umstand, der dem Abend endgültig das königliche Erfolgssiegel aufdrückte.
Catherine küsste ihre Mutter und Tante Beth und bedankte sich bei ihnen für ihre Hilfe und moralische Unterstützung: »Ohne euch hätte ich es nicht geschafft.« Dann ging sie in die Küche, um dem eigenen Personal und den Leuten des Hunsdon-Haushalts aus Blackfriars ihren Dank auszudrücken. »Das Essen war köstlich, die Bedienung hervorragend. Alles war einer Königin würdig. Wenn morgen alles so gut läuft wie heute, werde ich auf ewig in eurer Schuld stehen.«
Als sie aus der Küche kam, sah sie, dass ihr Mann auf die Haustür zuging. »Alles lief wie ein Uhrwerk, Patrick. Ich danke dir, mein Zauberer.«
Er legte die Arme um sie und drückte einen Kuss auf ihre seidigen Locken. »Nein, der Löwenanteil des Erfolges ist dir zu verdanken, Liebling. Es war ein nachhaltiger Triumph, zumal für ein kleines Mädchen, dessen einziges Ziel es einmal war, das eleganteste Kleid zu tragen.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hob ihm ihren Mund entgegen. »Ich trage noch immer das eleganteste Kleid. Wohin willst du?«
»Ich habe David Hepburn gebeten, eine Patrouille auszuschicken, solange die Königin hier weilt. Ich möchte sicher sein, dass alles in Ordnung ist. Ich bleibe nicht lange aus. Gehst du schon hinauf?«
»Ich wollte noch in den Dienstbotentrakt, um nachzusehen, ob dort etwas gebraucht wird. Heute haben alle Schwerarbeit geleistet.«
Er hob ihr Kinn an und blickte ihr in die Augen. »Mr. Burke wird sich um alles kümmern. Du musst dich für morgen ausruhen. Versprich mir, dass du im Bett bist, wenn ich komme.«
Sie nickte, unendlich beglückt, dass seine Liebe sie umgab.
Patrick sah erst bei allen Pferden im Stall vorbei, dann sprach er mit David. Der junge Hepburn hatte ihn auf Crichton vertreten, und Patrick setzte volles Vertrauen in ihn. Als er sah, dass David alles im Griff hatte, kehrte er ins Haus zurück.
Ein weibliche Gestalt glitt aus der Dunkelheit der Eingangshalle und flüsterte seinen Namen. »Patrick, ich habe auf dich gewartet.«
Auch im Dunkeln erkannte er Gretha in der hoch gewachsenen Person. Hepburn besaß einige Erfahrung, wenn es darum ging, unerwünschte Annäherungsversuche des anderen Geschlechtes abzuwehren. »Du solltest nicht hier sein.« Sein Ton war abweisend.
»Gibt es einen Ort, an dem wir heute Nacht allein sein können?«, schmeichelte sie.
Patrick zwang sich zur Geduld. »Unmöglich.« Seine Antwort war grob und unverblümt. »Gute Nacht.« Damit schickte er sie fort und verdrängte sie aus seinen Gedanken. Dann nahm er zwei Stufen auf einmal, da er es kaum erwarten konnte, mit Catherine im Schlafzimmer allein zu sein.
Der erste Mai versprach, ein herrlicher Tag zu werden. Patrick und Catherine begleiteten am Morgen Königin Anne, ihre Damen und ihre beiden ältesten Kinder auf einem Ritt über saftig grünes Spencer-Land, um sodann im Dörfchen Spencer den Dorfkindern zuzusehen, die zum hellen Entzücken der Gäste nach alter Sitte um den Maibaum tanzten.
Die siebenjährige Prinzessin Elizabeth fühlte sich zu Catherine hingezogen, nicht nur weil sie schön war und hübsche Kleider hatte, sondern weil Patricks junge Frau ihr Aufmerksamkeit schenkte und geduldig auf alle Fragen einging. Prinz Henry hielt sich an Hepburn, bis Margretha angeritten kam und sagte, der Prinz gehöre an die Seite seiner Mutter, der neuen Königin von England.
»Das war eine grobe Abfuhr«, bemerkte Patrick knapp.
»So wie gestern Eure, Mylord.«
Er bewahrte Ruhe. »Gretha, ich habe eine Frau.«
»Umso mehr wirst du die Ablenkung durch eine Geliebte brauchen«, raunte sie ihm verfühferisch zu.
Hepburn, der sie nie als Geliebte, sondern nur als gelegentliches Liebchen betrachtet hatte, wusste, dass er nun die Lage ein für alle Mal klären musste. Er sah ihr in die Augen. »Es war schon vor über einem Jahr aus zwischen uns, Gretha. Du solltest dir ein höheres Ziel stecken, als nur Geliebte sein zu wollen. Nütze deine Position bei Hof. Eine Dame mit deinen Reizen könnte leicht in eine reiche englische Adelsfamilie einheiraten.«
»So wie du es vorgemacht hast!« Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen, dann gab sie ihrem Pferd die Sporen, um die Königin einzuholen.
Am Abend zogen sich die Königin und ihr Gefolge nach einem zwanglosen Dinner früh zurück, da am nächsten Morgen ein zeitiger Aufbruch geplant war. Isobel war in ihrem Element, als sie das Einpacken der königlichen Garderobe überwachte und die Hofdamen anwies, die Gewänder in Seidenpapier und Musselin zu hüllen, damit die feinen Stoffe nicht zerdrückt wurden.
Bei Tagesanbruch wurden die Koffer zu den wartenden Wagen geschafft, die Betten wurden abgebaut und mit den zahlreichen königlichen Möbelstücken verladen, die die Hofhaltung der Königin nach London mitgenommen hatte. Cat hatte ein großes Frühstücksbüffett vorbereitet, von dem sich die Gäste selbst bedienen konnten, ehe sie die letzte Etappe ihrer Reise antraten.
Königin Anne vergewisserte sich, dass ihre Kinder und deren Beleitung wohlbehalten die Fahrt antraten, ehe sie selbst aufbrach. Ein Kurier des Königs hatte gemeldet, dass James und seine Edlen von Whitehall nach Westminster reiten würden, um die Königin dort zu empfangen und nach London zu begleiten. Die Höflichkeit gebot, dass Lord Stewart als ihr Gastgeber Anne sicheres Geleit bot, bis sie symbolisch den Händen des Königs überantwortet würde.
Catherine drängte Isobel und Beth, mit der Reisegesellschaft der Königin zurückzukehren, da Mr. Burke und seine Leute ihr helfen würden, auf Spencer Park wieder Ordnung zu schaffen. Als die beiden in die Kutsche stiegen, dankte Cat ihnen überschwänglich und sagte ihnen Lebewohl.
Trotz des Gedränges von Pferden, Stallknechten, Bediensten und Gardesoldaten konnte Catherine den dunklen Kopf ihres Mannes auf dem Hof leicht ausmachen und drängte sich zu ihm durch.
»Wenn ich jetzt nicht den entscheidenden Schritt tue und das Zeichen zum Aufbruch gebe, schlagen alle hier Wurzeln.«
Cat blickte lächelnd zu ihm auf. »Lass dir deine Ungeduld nicht anmerken.«
»Wie gut du mich kennst.« Er grinste. »James kann mich noch so drängen, nach Whitehall zu kommen, ich werde ablehnen. Ich komme noch heute nach Hause zurück, das verspreche ich. Ach, hier kommt Anne. Wenn ich sie hier hinauslotsen kann, werden die Säumigen folgen.«
Catherine sah, das Patrick die Königin in den Sattel ihres weißen Zelters hob, dann bestieg er Valiant und gab der Garde ein Zeichen.
Königin Anne griff nach den Zügeln und blickte lächelnd auf Catherine hinunter. »Danke für Eure liebenswürdige Gastlichkeit, Lady Stewart. Ich freue mich, Euch an unserem Hof zu sehen. Eure Vorschläge für ein Krönungsgewand sagen mir sehr zu. Eure eigenen Kleider sind exquisit.«
Cat versank in einem anmutigen Knicks. »Danke, Euer Majestät.«
Sie hoffte jedoch, dass es sich dabei um eine Einladung und nicht um einen königlichen Befehl handelte. Sie blieb noch stehen und sah zu, wie Hepburns zupackende Hände nach Annes Zaum griffen. Cat winkte, bis das Gefolge sich in Bewegung setzte und ihr die Sicht Versperrte. Erleichtert aufatmend hob sie ihre Röcke an und ging ins Haus, da ihr einfiel, dass sie ihr eigenes Frühstück vergessen hatte. In der Empfangshalle sah sie sich plötzlich Margretha, der Hofdame der Königin, gegenüber.
»Königin Anne ist vor fünf Minuten abgeritten. Mein Gemahl hatte es eilig ... es tut mir Leid, dass er ohne Euch aufgebrochen ist.«
»Es ist diskreter, wenn Patrick und ich nicht zusammen reiten.«
Cat erstarrte. »Was heißt das?«
»Ach, kommt, Lady Spencer, lassen wir doch die Heuchelei. Ihr müsst wissen, dass ich Hepburns Geliebte bin. Ihr habt doch nicht etwa geglaubt, dass eine Heirat das Ende unserer Affäre bedeuten würde? Im Gegenteil - unsere intime Beziehung kann nur gefestigt werden, wenn er eine Ehefrau hat.«
Catherine kämpfte gegen den Impuls an, ihrem Gegenüber die Reitgerte aus der Hand zu reißen und damit auf ihre knochigen Hüften einzuschlagen. Die Frau war offenbar grün vor Neid, weil sie Hepburn geheiratet hatte.
»Ich gestehe, dass ich erstaunt und ratlos war, als ich einige Tage vor meiner Ankunft erfuhr, dass Hepburn Euch geheiratet hat, doch als ich sah, wie groß und herrlich Spencer Park ist, war mir plötzlich klar, was diese Verbindung für ihn so attraktiv gemacht hat.«
Catherine lachte ihr ins Gesicht. »Ihr macht Euch etwas vor. Euch ist der Gedanke unerträglich, dass Patrick mich liebt.«
»Euch liebt?« Grethas Gesicht verzog sich zu einem Ausdruck belustigten Mitgefühls. »Ihr seid diejenige, der etwas vorgemacht wurde. Hepburn und der König haben einen Vertrag unterzeichnet und besiegelt, in dem Patrick eine englische Erbin seiner Wahl zugesichert wurde. James hat es Anne erzählt, die mir das Geheimnis verriet.«
»Verlogenes Biest! Pack dich fort, du angejahrtes Gerippe, ehe ich dich in den knochigen Arsch trete!«
Margretha lief bereits zur Tür, als sie einen letzten Schuss abfeuerte.
»Erwartet Euren ergebenen Mann heute Abend nicht zurück.«
Catherine bekam einen Wutanfall, der sie beinahe blind machte. Sie schloss die Augen und sah Rot. Das Rot wurde zu Purpur und dann zu Schwarz. Rasch öffnete sie die Augen und griff, aus Angst, in Ohnmacht zu fallen, nach dem Treppengeländer.
»Du hast nicht gefrühstückt«, schalt Maggie sie, als sie aus dem Speisezimmer trat. »Geh hinauf und ruhe dich aus, ich bringe dir ein Tablett hinauf.«
»Nein! Im Moment würde ich am kleinsten Bissen ersticken. Ich muss allein sein.«