Das Anagramm
»Und?« sagte Mrs. Madrigal lächelnd.
»Und was?« fragte Mona.
»Wie war deine Verabredung?«
»Das geht dich nichts an. Das gehört nicht zu unserem Kuhhandel.«
Die Vermieterin zog mit schelmischem Blick eine Augenbraue hoch und konzentrierte sich dann wieder auf das Tablett voller Marihuana, das sie gerade sortierte. »War es so toll?«
Mona wurde rot. »Du weichst dem Thema aus.«
»Und das wäre?«
»Das Anagramm. Das Anagramm.«
»Aha.«
Mrs. Madrigal schaute hoch. »Du meine Güte! Macht dich die Liebe reizbar?«
»Du willst es mir nicht sagen, was?«
»Das hab ich nicht behauptet.«
»Muß ich dann vielleicht raten?«
Mrs. Madrigal reckte den Hals, um sich das Stück Papier, das ihre Tochter in der Hand hielt, genauer anzusehen. »Haben wir da etwa eine kleine Liste? Oh, wie toll! Ich fühle mich wie Rumpelstilzchen.«
Mona ließ sich stöhnend neben Mrs. Madrigal auf das Sofa sinken. »Du bist wirklich pervers!«
Mrs. Madrigal konzentrierte sich wieder auf das Marihuanatablett. »Was hast du als erstes geraten?«
Mit einem vernehmlichen Seufzen las Mona vor. »DAR-LING AMANA.«
»DARLING AMANA? Was soll das denn heißen?«
Mona runzelte verdrießlich die Stirn. »Es soll heißen, daß du ein überaus netter Kühlschrank bist.«
»Aha. Weiter.«
»A GRANDMA IN LA.«
»A GRANDMA IN LA«, wiederholte die Vermieterin. »Ach, du liebes bißchen! Welches dunkle Geheimnis sich wohl dahinter verbirgt?« Sie blickte kurz zu Mona hinüber, die genauso finster dreinschaute wie eine gewisse Puffmutter aus Winnemucca. »Nur weiter, meine Liebe. Ich finde es wunderbar!«
»A GRAND ANIMAL.«
Mrs. Madrigal brüllte vor Lachen und verschüttete fast das Dope. »Ist das nicht zu köstlich! A GRAND ANIMAL! Das bin ich wahrhaftig!«
»Hab ich’s jetzt erraten?«
»Nein.«
Mona verdrehte die Augen. »Ich hasse dieses Spiel.«
»Mach weiter. Was kommt als nächstes?«
»Ach, Scheiße, das war schon alles.«
»Wie wär’s mit LAD IN ANAGRAM?«
Mona ließ den Zettel sinken und starrte ihren Vater an. »LAD IN ANAGRAM? Du nimmst mich auf den Arm!«
Mrs. Madrigal lächelte matt. »Stimmt. Aber die Variante finde ich genauso toll.«
»Du bist krank«, sagte Mona.
»Gib mir den Stift da«, verlangte die Vermieterin.
Mona gehorchte. Die Vermieterin kritzelte fünf Wörter ans Ende der Liste, die ihre Tochter angefangen hatte: A MAN AND A GIRL.
Mona starrte fassungslos auf die Liste. »Das … das ist es jetzt?«
Mrs. Madrigal nickte.
»Mein Gott … wie sexistisch.«
»Wie bitte, junge Dame?«
»Ein Mädchen?« keuchte Mona. »Du bist eine Frau!«
Mrs. Madrigal schüttelte den Kopf. »Du bist eine Frau, meine Liebe. Ich bin ein Mädchen. Und ich bin stolz darauf.«
Mona lächelte. »Mein eigener Vater … ein Sexist!«
»Meine über alles geliebte Tochter«, sagte Mrs. Madrigal, »Transsexuelle können niemals sexistisch sein!«
»Dann … bist du ein Transsexist!«
Die Vermieterin beugte sich zu Mona hinüber und küßte sie auf die Wange. »Verzeih mir, bitte. Ich bin schrecklich altmodisch.«